Orientierungsdaten 2006: Einzelhandel und

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BETRIEBSFÜHRUNG
Zahlen und
Entwicklungen
Die Orientierungsdaten
Baden-Württemberg ‘05
liegen vor: die erfolgreichen Handelsbetriebe
konnten ihren Umsatz
steigern, die großen Einzelhandelsgärtnereien
ihre Rentabilität.
D
ie Orientierungsdaten Baden-Württemberg fassen die Auswertungen der Gewinn- und Verlustrechnungen des Jahres 2005 von 59 Einzelhandelsgärtnereien und 108 Handelsbetrieben (in der Mehrzahl Blumenfachgeschäfte) zusammen. Das
Ministerium für Ernährung und Ländlichen Raum Baden-Württemberg finanziert diese Aktion seit über 25 Jahren und ermöglicht somit den Teilnehmern eine aktuelle Standortbestimmung und weiteren Interessierten wertvolles Datenmaterial.
Die Umsatzentwicklung der vergangenen Jahre setzte sich auch im Jahr 2005
fort: Überdurchschnittlich erfolgreiche
Handelsbetriebe konnten ihren Umsatz stärker als andere Facheinzelhandelsbetriebe steigern. Auch der durchschnittliche Umsatz der Handelsbetriebe wuchs, während selbst die überdurchschnittlich erfolgreichen Einzelhandelsgärtnereien – wie schon in den
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Floristik international 6/2006
Vorjahren – Umsatzrückgänge verzeichnen mussten.
Nimmt man allerdings die Rentabilität
als Maßstab, so sind die Einzelhandelsgärtnereien mit einem Umsatz über
500 000 A die Gewinner unter den
Facheinzelhändlern. Selbst die reinen
Handelsbetriebe mit einem Umsatz
über 500 000 A mussten trotz der erwähnten Umsatzsteigerung einen
Rückgang der Rentabilität hinnehmen.
Allerdings liegt ihr Reinertrag noch im
– knapp – positiven Bereich, während
kleinere Facheinzelhändler mit ihrem
Umsatz die Summe aller betrieblichen
Aufwendungen (inklusive des kalkulatorischen Lohnansatzes für die FamilienArbeitskräfte) nicht
abzudecken vermochten. Reinerträge im
negativen
Bereich
sind die Folge. Dies trifft nun im dritten Jahr in Folge auf 70 % aller Einzelhandelsgärtnereien und Handelsbetriebe zu.
Ist der Reinertrag negativ, wird kein
Überschuss erwirtschaftet, um das eingesetzte Kapital zu verzinsen. Auch für Tilgungszahlungen und Erweiterungsinvestitionen ist dann kein Geld mehr vorhanden. Für die Weiterentwicklung eines
Einzelhandelsbetriebes müssen die Reinerträge in der Regel positiv sein.
Betrachtet man die langfristige Entwicklung der Werte der beteiligten Einzelhandelsgärtnereien, erkennt man,
dass sowohl die durchschnittliche Mitarbeiterzahl als auch die Umsatzhöhe
seit dem Jahr 2000 anhaltend sinken.
Die um etwa eine halbe Arbeitskraft
kleineren Betriebe setzen 50 000 bis
70 000 A weniger um, was allerdings
dem Umsatz einer ganzen Arbeitskraft
entspricht.
Häufig besteht ein sehr direkter Zusammenhang zwischen der Arbeitsproduktivität und der Rentabilität. Sowohl
Einzelhandelsgärtnereien als auch
Handelsbetriebe mit weniger Umsatz
als 250 000 A zahlen im Durchschnitt
mehr Lohn an ihre angestellte Arbeitskraft als diese an Netto-Arbeitsproduktivität erwirtschaftet. Allerdings
gibt es auch in dieser Umsatzklasse bei
beiden Betriebsformen ein erstes Drittel, bei dem die Arbeitsproduktivität
hoch genug ist, um gewinnbringend
eine Fremd-Arbeitskraft anzustellen.
Daraus wird deutlich, dass man auch in
kleineren Einzelhandelsbetrieben produktiv und meist auch rentabel wirtschaften kann.
Dennoch schaffen es die umsatzstärkeren Facheinzelhändler offensichtlich
leichter, das Verhältnis von Netto-Arbeitsproduktivität und den gezahlten
Löhnen so zu gestalten, dass für die angemessene Entlohnung der FamilienArbeitskräfte und die
Verzinsung des Kapitals hinreichend Überschüsse erwirtschaftet werden. Unter hinreichend
werden Größenordnungen von 5000
bis 7500 A (pro Arbeitskraft) verstanden. Diesen Wert schaffen im Durchschnitt einzig die Einzelhandelsbetriebe mit einem Umsatz von mehr als
500 000 A.
Rund 29 % aller Einzelhandelsgärtnereien und 32 % aller ausgewerteten Handelsbetriebe zahlten im Jahr 2005 allerdings mehr Lohn an die Angestellten als
diese an Netto-Arbeitsproduktivität erwirtschaften konnten. Hält dieser Zustand an, muss man von einer akuten
Existenzgefährdung ausgehen.
Betrachtet man die Entwicklung des
Verhältnisses der beiden angesprochenen Kennzahlen, wird deutlich, dass es
den Einzelhandelsgärtnereien seit fünf
„Im Durchschnitt:
weniger Mitarbeiter,
weniger Umsatz“
BETRIEBSFÜHRUNG
Reinertrag in % vom Betriebsertrag
Reinertragsentwicklung
wortlich dafür sind in erster Linie die
umsatzstarken Betriebe.
Die Konsequenz ist, dass die durchschnittliche Lohnquote bei den Handelsbetrieben im vergangenen Jahr
erstmalig unter die 30 %-Marke
rutschte, während sie bei den Einzelhandelsgärtnereien kontinuierlich ansteigt und im vergangenen Jahr bei
39 % (des Betriebsertrags) ankam.
Die Lohnquote drückt aus, wie viel an
Arbeitsaufwand (bare Löhne und kalkulierte Lohnansätze) ein Betrieb investieren muss, um einen Euro Umsatz zu machen (Arbeitsintensität).
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Christoph Hintze, LVG Heidelberg
Datenverarbeitung: Karl-Ernst Simon, Zentrum für Betriebswirtschaft im Gartenbau, Hannover
Die Entwicklung des Reinertrags im gärtnerischen
Facheinzelhandel Baden-Württembergs lässt erkennen, dass die Einzelhandelsgärtnereien im Durchschnitt
ab dem Jahr 2002 in den negativen Bereich rutschten,
aus dem sie auch 2005 nicht herauskamen. Der Durchschnitt der Handelsbetriebe befindet sich bereits seit
vielen Jahren im negativen Bereich. Nach einem seit
dem Jahr 2000 anhaltenden Rückgang des Reinertrags
konnten die überdurchschnittlich erfolgreichen Endverkaufsbetriebe im vergangenen Jahr erstmals wieder eine Umkehr des Abwärtstrends erreichen.
Der langfristige Verlauf des Reinertrags der überdurchschnittlich erfolgreichen Handelsbetriebe lässt
ein Verharren im Bereich von 2 bis 4 % (vom Betriebsertrag) erkennen. Absolut gesehen konnten diese
Betriebe infolge des stürmischen Umsatzwachstums
allerdings hinreichend Überschüsse erwirtschaften, die
eine Weiterentwicklung möglich machen.
Jahren nicht mehr gelingt, die NettoArbeitsproduktivität zu steigern. Die
Unternehmer reagieren, indem sie seit
2003 den durchschnittlich gezahlten
Lohn nicht mehr erhöhen. Die reinen
Handelsbetriebe konnten dagegen ihre
Arbeitsproduktivität im gleichen Zeitraum fortlaufend und – dies ist entscheidend – in stärkerem Maße steigern
als die gleichfalls steigenden Lohnaufwendungen pro Arbeitskraft. Verant-
Floristik international 6/2006
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