Geschichte und Geschichten - Spaziergänge durch die Hofer Vergangenheit von Arnd Kluge, Stadtarchiv Hof Urheberrechtlicher Hinweis Der Text darf unter Hinweis auf die Quelle und den Autor für wissenschaftliche, publizistische und unterrichtliche Zwecke kostenfrei verwendet werden. Eine Reproduktion der Bilder bedarf der vorherigen Genehmigung durch das Stadtarchiv Hof und ist gebührenpflichtig. Die Einstellung ins Internet (auch teilweise oder in bearbeiteter Fassung) ist nicht erlaubt. Spaziergang 10: Stationen der Gastlichkeit Der Spaziergang startet am Jugendzentrum Q an der Hans-Böckler-Straße 4 in unmittelbarer Nähe zum sogenannten Q-Bogen. Gastwirtschaft Feldschlößchen: Die Gastwirtschaft wurde 1864 eröffnet. Ihren Namen erhielt sie wohl wegen ihrer einsamen Lage inmitten von Wiesen und Feldern. Ähnlich wie beim Anspann auf der anderen Seite der Eisenbahnstrecke wurde die „Traiteurwirtschaft“ (einfache Speisewirtschaft) außer von Nachbarn vor allem von durchreisenden Fuhrleuten besucht. Seit den 1880er Jahren war das Feldschlößchen ein beliebtes Ausflugslokal, in dessen Biergarten mit stattlichen alten Bäumen man bei schönem Wetter gern Platz nahm. Im Jahr 1934 verschönerte der Maler Georg Max Hofmann die Fassade mit schlichten Ranken, stumpfen Rot- und matten Gelbtönen, wie es in einem Zeitungsbericht damals hieß. Gaststätte Feldschlößchen, 1941 Jugendzentrum Q: Nachdem das Feldschlößchen zu Beginn der 1980er Jahre geschlossen worden war, erwarb die Stadt Hof das Gebäude. Seit langem hatte man in Hof den Mangel eines Jugendzentrums empfunden. Der Bau der Freiheitshalle hatte es ermöglicht, ab 1974 in deren Kellern einen Jugendtreff einzurichten. Doch erst 1990 wurde mit dem „Q“ im früheren Feldschlößchen ein „richtiges“ kommunales Jugendzentrum eröffnet. Das Gebäude musste zu diesem Zweck erheblich renoviert und umgebaut werden. Die alten Bäume des Biergartens sind noch vorhanden. Durch die Eisenbahnunterführung „Q-Bogen“ führt der Weg und am Kurt-Schumacher-Platz halbrechts durch die Bayreuther Straße zur Bismarckstraße, weiter zur Ecke Bismarckstraße/Pfarr. Die ältesten Gasthöfe in Hof: Ob es in Hof im Mittelalter Gasthöfe gegeben hat, ist unbekannt. Man darf es vermuten, weil durchreisende Kaufleute ja irgendwo übernachten mussten. Die Lage der Hofer Altstadt an einer Saalefurt bei der Lorenzkirche weist auf die Bedeutung der Reisekaufleute seit der hochmittelalterlichen Besiedlung hin. Eine Übernachtungsstätte für Kaufleute dürfte in der Nähe dieser Furt bestanden haben. Man hat den Gasthof „Rotes Ross“ (gegenüber vom „Strauß“) als Keimzelle der Siedlung vermutet. Außerhalb der Kaufmannschaft und des Militärs wurde, abgesehen von Pilgern, im Mittelalter kaum gereist; ihr Bier tranken die Hofer wegen des Kommunbrauwesens in Privathäusern (siehe unten), ihren Wein im Rathausgewölbe, wo die Stadtverwaltung 1594 eine Weinstube einrichtete, so dass kein großer Bedarf an Gasthäusern bestand. Die ersten Erwähnungen von Hofer Gasthöfen stammen aus dem frühen 17. Jahrhundert. Die ältesten Gasthöfe waren danach das heutige Hotel Strauß und das Rote Ross, in der Neustadt der Goldene Löwe (Ludwigstraße 36) und das Brandenburger Haus (Ludwigstraße 14) sowie der Grüne Baum (Unteres Tor 4). Wahrscheinlich im 18. Jahrhundert kamen der Goldene Hirsch und das Weiße Lamm (Altstadt), der Goldene Schwan (Pfarr) und der Schwarze Adler (Ludwigstraße 13) hinzu, da sich der Reiseverkehr belebte. Die alten Gasthöfe lagen an den Hauptdurchgangsstraßen. Die Aufzählung der Namen zeigt, dass sie oftmals nach Tieren oder Pflanzen in Verbindung mit einer Farbe benannt wurden, ohne dass man der Namenwahl eine tiefere Bedeutung unterlegen dürfte. Naturmotive boten sich als Namengeber an, weil sie leicht auf den Auslegern (Wirtshausschildern) darstellbar waren, wie es das Schild des Goldenen Hirschen im Museum Bayerisches Vogtland schön zeigt. Hotel Strauß: Der Gasthof „Zum scharfen Eck“ existiert mindestens seit dem Beginn des 17. Jahrhunderts an der scharfen Ecke der Bismarckstraße und der Pfarr. „Scharfes Eck“ ist eine in der hiesigen Gegend weit verbreitete Bezeichnung alter Gastwirtschaften. Im 19. Jahrhundert wurde der Gasthof zeitweise „Zum wilden Mann“ genannt (nach den wilden Männern im damaligen Hofer Stadtwappen, das sich an der Hauswand zur Pfarr befindet); seit 1889 heißt er „Zum Strauß“ nach dem damaligen Direktor Strauß der Hofer Aktienbrauerei, die den Gasthof erworben hatte. Noch 1836 war das Haus sehr klein; es bestand im wesentlichen aus Gast- und Wohnstube und Küche im Erdgeschoss sowie zwei Zimmern und einer Kammer im ersten Stock. Das heutige Gebäude geht auf einen Neubau nach einem Brand von 1846 zurück, der 1926 aufgestockt und 1969/70 umgebaut wurde. Seit der Mitte des 19. Jahrhunderts wurde der Gasthof zu einem der führenden Hotels Hofs ausgebaut. Die Bismarckstraße hoch bis Hausnummer 21 (Haus „Admira“; ehemalige Vereinshalle/Silberspindel). Vereinshalle, auf der ältesten Hofer Ansichtskarte, 1888 Vereinshalle/Silberspindel: In der Mitte des 19. Jahrhunderts besaß Bäckermeister Georg Wilhelm Laubmann an dieser Stelle den „Püttners- oder Laubmannsgarten“. Die Anlage bestand aus dem Gar- ten, den man von der Bismarckstraße über eine Treppe erreichte, und einem flachen Wirtschaftsgebäude dahinter. 1875 begann man mit dem Bau eines Ball- und Konzertsaals, um 1900 wurde das heute noch bestehende Vorderhaus gebaut. In dieser Zeit errichteten viele Gastwirtschaften Säle, um den zahlreichen neuen und stark wachsenden Vereinen Versammlungsräume zu bieten. Folgerichtig wurde die Gastwirtschaft 1886 in „Vereinshalle“ umbenannt, die 1938 nach einem Umbau den Zweitnamen „Silberspindel“ erhielt. Nachdem 1936 die Adolf-Hitler-Halle (heute: Freiheitshalle) gebaut worden war, und die Ballkultur allmählich zurückging, sank die Bedeutung des Betriebes rasch. Die Silberspindel fiel schließlich dem allgemeinen Niedergang des Gaststättengewerbes zum Opfer. Zeitweise zur Diskothek mutiert, wurde sie gegen Ende der 1980er Jahre endgültig geschlossen. Das Haus wurde schließlich zu einem Wohn- und Geschäftshaus umgebaut. Die historistische Fassade wurde prächtig renoviert. Die Bismarckstraße hoch bis zur Hausnummer 10 (Gaststätte „Trompeter“). Gaststätte „Trompeter“: Seit 1863 befindet sich hier eine Bierwirtschaft mit Abgabe von warmen Speisen. Der Name „Trompeter“ wurde 1898 eingeführt. Der damalige Wirt soll als Trompeter in der Stadtkapelle gearbeitet haben. Der alte Wirtshausausleger ist als einer von wenigen am Originalstandort erhalten. Weiter hoch bis zur Altstadt, Standort: Marienkirche. Jakobusbruderschaft und Pilgerherberge Zum Pilgrim/Zur Sonne: Neben Soldaten und Kaufleuten waren bis zum 18. Jahrhundert die Pilger die wichtigste Reisegruppe. Seit dem 15. Jahrhundert besaß der Jakobuskult in Franken zahlreiche Anhänger. Im Jahr 1487 bildete sich eine Jakobusbruderschaft in Hof aus Menschen, die nach Santiago de Compostela gepilgert waren; sie stifteten einen Altar und eine Messe zu St. Michaelis und richteten eine Pilgerherberge ein in einem Haus, das ungefähr an der Stelle der heutigen Marienkirche stand. Hof lag an einem Seitenarm eines Hauptpilgerwegs nach Santiago, so dass Bedarf an einer solchen Übernachtungsmöglichkeit bestand. Da die Pilger sich oftmals mit wenig Geld auf den weiten Weg nach Spanien machten, konnten sie nicht in jeder Stadt in einem teuren Wirtshaus übernachten. Die Jakobusbruderschaft wandelte sich nach der Reformation zu einem Geselligkeitsverein („Fröhliche Jacobsbrüder“), der sich regelmäßig sonntags nach dem Gottesdienst zu Gespräch, Spiel und gemeinsamem Essen traf. Vereinszeichen war eine silberne Jacobsmuschel am Ärmel. Noch 1589 bestand das Pilgerhospiz. Später begegnet das Haus als Gasthof „Zum Pilgrim“ und schließlich „Zur Sonne“. Nach diesem Namen, nicht nach dem Himmelsgestirn – das sich an dieser Stelle nicht häufiger zeigt als anderswo – wurde der Sonnenplatz benannt. Die „Sonne“ ging unter, als der Stern der katholischen Kirche in Hof aufging: Die Wirtschaft wurde abgerissen, um der Marienkirche Platz zu machen, deren Grundstein im Jahr 1864 gelegt wurde. Wärschtlamo-Brunnen: Am Sonnenplatz neben der Marienkirche steht der Wärschtlamo-Brunnen. Er zeigt einen ambulanten Würstchenverkäufer (hoferisch: „Wärschtlamo“) mit seinem holzkohlegeheizten Messingkasten. Hofs Beitrag zur „Fast Food“ geht auf die 1870er Jahre zurück. Seither zogen die Wurstverkäufer in Lederjacke und Schürze bei Wind und Wetter durch die Straßen, zu den Fabriken, auf die Schulhöfe oder nachts zu den Kinos, um den kleinen Hunger für kleines Geld zu stillen. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde aus dem ambulanten ein stationäres Gewerbe mit Standplätzen an Hauseingängen, in die man sich bei schlechtem Wetter zurückziehen kann. Der Beruf behauptete sich gegen die starke Konkurrenz anderer Fast-Food-Angebote, wenn auch fast ausschließlich in Hof. Durch die Altstadt (Fußgängerzone) bis zum Central-Theater, Altstadt 8, ehemals Hotel „Zum Weißen Lamm“. Hotel „Zum Weißen Lamm“: Vermutlich im 18. Jahrhundert entstand der Gasthof „Zum Weißen Lamm“ in der Altstadt. In ihm logierte u.a. der nach Hof verbannte Freiheitskämpfer Johann Georg August Wirth (siehe Spaziergang 4) Der Gasthof wurde 1914/15 zu einem Hotel mit Café und Lichtspielhaus umgebaut und trug seither den Namen „Reichshof“. Seit 1927 befindet sich an der Stelle des Hotels das Kino „Central-Theater“. Streit um die Braurechte der Altstädter im 18. und 19. Jahrhundert: Das Braurecht besaßen nach dem Stadtprivileg seit dem Mittelalter die Bürger der Hofer Neustadt, nicht aber die der Altstadt, welche es selbst nach der Eingemeindung im Jahr 1811 nicht ohne Widerspruch der (Alt-) Neustädter ausüben konnten. Stattdessen herrschte in der Altstadt – wie in der gesamten näheren Umgebung Hofs – der Bierzwang: Die Menschen mussten ihr Bier in der Hofer Neustadt holen. Allerdings versuchten die Altstädter wiederholt, diese Einschränkung zu umgehen. Während des Dreißigjährigen Krieges tranken sie zeitweilig Bier aus Rehau und Naila. Zwischen 1769 und 1780 gab es Auseinandersetzungen zwischen dem Hofer Magistrat und dem Besitzer des Gasthofs „Weißes Lamm“ um das Braurecht. Der Gasthofbesitzer konnte zu seinen Gunsten sein Bürgerrecht in der Neustadt und den Biermangel (wegen wucherischer Bestrebungen der Neustädter, die das Bier künstlich verknappten) anführen und erhielt eine Sondergenehmigung vom Landesherrn. Später wollten die Altstädter sogar ein eigenes Brauhaus einrichten, was ihnen aber nicht erlaubt wurde. Wer in der Altstadt brauen wollte, berief sich auf das Bürgerrecht in der Neustadt, das er oder ein Vorgänger gehabt habe, oder auf eine Erlaubnis aus „undenklichen Zeiten“. Vielfach ignorierten die Altstädter einfach die Rechtslage und ließen es auf einen langwierigen Rechtsstreit ankommen. Der Streit wurde nie entschieden, er wurde in der Mitte des 19. Jahrhunderts obsolet, als das Kommunbrauwesen von gewerbsmäßigen Brauereien abgelöst wurde. An der Ecke Altstadt/Poststraße vorbei, wo das Hotel „Zum Goldenen Hirschen“ stand, Hotel „Zum Goldenen Hirschen“: Seit dem Beginn des 18. Jahrhunderts (angeblich 1702) gab es an der Ecke der Altstadt und der Poststraße (heute: Altstadt 2) den Gasthof „Zum Goldenen Hirschen“, das erste (und größte) Haus am Platze, in dem Fürsten und andere „bessere Leute“ abstiegen. Auf seinen Reisen in die böhmischen Bäder zwischen 1806 und 1823 übernachtete Goethe mehrmals im Goldenen Hirschen. Er rühmte die „hübsche Lage“ des Gasthofs oberhalb der Stadt, „große Lebendigkeit, hübsche Mädchen, muntere Kinder, viel Beweglichkeit“ sowie „durchaus Wohlhäbigkeit“. Als sich das Reise- und Übernachtungsgeschehen nach 1880 zum neuen Hauptbahnhof und den Hotels im Bahnhofsviertel verlagerte, verlor der Goldene Hirsch seine Bedeutung. Das Haus wurde 1892 geschlossen und 1902 abgerissen zugunsten eines Bankgebäudes. links durch die Poststraße und wieder links zur Marienstraße 5 (CVJM). Blaukreuzheim (Marienstraße 5): In dem Haus Marienstraße 5 befand sich seit 1864 eine Weinwirtschaft. Der Verein des Blauen Kreuzes kaufte das Haus 1925. Er widmete sich der Bekämpfung der Trunksucht, der Jugendarbeit und der Betreuung weiblicher Gefangener. Von 1926 bis 1939 bewirtschaftete der Verein die Gastwirtschaft, in der man ausschließlich alkoholfreie Getränke erhielt. Die Gastwirtschaft wurde 1939 geschlossen, der Verein 1961 aufgelöst. Heute befindet sich an dieser Stelle der CVJM. Schon in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts hatte es erste Organisationen von Alkoholgegnern gegeben. Seit den 1880er Jahren erlebte die „Mäßigkeitsbewegung“ einen großen Aufschwung. Als evangelische Einrichtung wurde 1884 das Blaue Kreuz gegründet. Die Antialkoholiker eröffneten in Städten alkoholfreie Gastwirtschaften, die jedoch gegenüber den stark expandierenden traditionellen Wirtshäusern und den neu aufkommenden Brauereien kaum eine Chance hatten. – Ein anderes Beispiel einer „Reform-Wirtschaft“ ist die Gaststätte „Naturheilverein“ (Plauener Straße 25). Hier war allerdings nicht die Gaststätte selbst ein Reformanliegen wie beim Blauen Kreuz, sondern ihr Träger: Der Naturheilverein betrieb seit 1900 Kleingärten samt „Licht- und Luftbad“ an der Plauener Straße. Die Gaststätte wurde 1906 ins Leben gerufen zur Unterhaltung der Mitglieder und Besucher. Licht- und Luftbäder als Ausdruck der Lebensreformbewegung gibt es seit der Mitte des 19. Jahrhunderts, Kleingärten gewannen seit dem Ende des 19. Jahrhunderts an Verbreitung. Zurück zum Konrad-Adenauer-Platz und an der Stadtpost vorbei geradeaus die Lessingstraße hinab zum Schießgraben 2 (Schießhäuschen). Schlappentag: In einem alten Hohlweg, der parallel zur heutigen Straßenführung der Schützenstraße bzw. des Schützenwegs westwärts den Berg hinauf führte (ungefähr in Verlängerung des heutigen Parkplatzes), übten die Hofer im Spätmittelalter das Schießen mit der Armbrust oder dem Gewehr. Sie erhielten hier 1440 eine Schießhütte. An deren Stelle befindet sich das heutige Schießhäuschen, dessen Kern auf einen Bau von 1787 zurückgeht. Am Schießhäuschen findet alljährlich am Montag nach Pfingstmontag der Hofer „Nationalfeiertag“, der „Schlappentag“, statt. Er wird auf die Anordnung des Landesherren an die Hofer Bürger nach dem verheerenden Hussitensturm des Jahres 1430 zurückgeführt, regelmäßig mit Waffen die Stadtverteidigung zu üben. Der Montag nach Pfingsten markierte den Beginn der Schießsaison. Als die militärische Technik und Organisation über das Konzept städtischer Bürgerwehren hinweggingen, wurden die Schießübungen zunehmend unbeliebt und der Kreis der Verpflichteten immer weiter verringert, doch erst das Königreich Bayern schaffte die Verpflichtung im Jahr 1869 ab. Seit 1876 veranstaltet der Schützenverein, der jetzt entstand, den Schlappentag als eine Kombination aus Schützenfest, Umzug durch die Straßen und Bierfest. Nachdem das Traditionsfest zwischenzeitlich im Streit zwischen zwei Brauereien zermahlen zu werden drohte, findet es jetzt wieder in der gewohnten Form statt. Abwärts bis zur Kreuzung, dort rechts in den Sigmundsgraben zur Hausnummer 27 (Gasthof „Alte Wallachei“). Hofer Gastwirtschaften im 19. und 20. Jahrhundert: Ihre große Zeit erlebten die Gastwirtschaften im 19. und 20. Jahrhundert. Während der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts gab es in jedem zwölften Haus in Hof eine Wirtschaft. Der Aufschwung des Gastgewerbes hatte mehrere Gründe: Die Bevölkerungszahl vervielfachte sich seit dem Beginn des 19. Jahrhunderts. Offenbar war genug Geld in der Bevölkerung vorhanden, um die vielen Wirte zu unterhalten. Knapper, überbelegter Wohnraum trieb die Menschen aus ihren Behausungen. Das Kommunbrauwesen wurde von professionell betriebenen Brauern verdrängt, die ihr Bier in Wirtshäusern ausschenkten. Schließlich waren die Wirtschaften „Kommunikationsbörsen“. Nach dem Zweiten Weltkrieg kam es zu gegenläufigen Tendenzen: Zunächst traten an die Stelle deutscher Gastwirte allmählich ausländische aus den Urlaubsländern der Deutschen, bald ging die Zahl der Wirtschaften zurück. Stagnierende, teils zurückgehende Bevölkerungszahlen, ein weiter wachsender Wohlstand, der größeren und komfortableren privaten Wohnraum und eine Ausweitung des Freizeitangebotes (nicht nur das Fernsehen) zur Folge hatte, und neue technische Möglichkeiten des Biervertriebs (Flaschenbier) hatten ein anhaltendes Wirtschaftssterben zur Folge. Gasthof „Alte Wallachei“: Mindestens seit 1838 bestand die Gastwirtschaft am Sigmundsgraben. Angeblich soll sie ihren Namen vom ersten Pächter erhalten haben, weil dieser als Handwerksbursche bis nach Ungarn gewandert sei. Die „Alte Wallachei“ wurde 1964 geschlossen, das Haus zeigt noch die Aufschrift. Zeitweise gab es auch eine „Mittlere Wallachei“ in der Karolinenstraße 46. Durch den Sigmundsgraben zur Hausnummer 10 (Gasthof „Elefant“). Gasthof „Elefant“: Eine hübsche Geschichte verbindet sich mit dem Namen dieser Gastwirtschaft, die vor wenigen Jahren geschlossen wurde. Der Hofer Anzeiger schrieb am 22. September 1894: „Eine ganze Elephantenhaut, in einem Stück gegerbt, das man bei uns wohl kaum gesehen. Herr Dampfgerberbesitzer Johann Nikol Weidner hat das in Deutschland bisher noch nicht zu Stande gebrachte Wagnis, eine ganze Elephantenhaut zu gerben, in seinem Fabrikanwesen an der Schleizer Straße ausgeführt. Es wird der Bewohnerschaft von Hof bekannt sein, daß in einer Menagerie, wenn wir nicht irren, war es die von Berg u. Montenegro, die vor etwa neun Jahren in der Einsteighalle des alten Bahnhofs untergebracht war, ein Riesenelephant, genannt „Lumbo“, der größte Elephant der damals in Deutschland zu sehen war, umgestanden ist. Herr Weidner erwarb damals die Haut, ließ sie sorgfältig abziehen und den Gerbprozeß durchmachen. Nach fast neun Jahren konnte nun endlich die Haut aus der Grube genommen werden. Daß die Sache nicht leicht war und viel Zeit, Geduld, Arbeit und Kosten erforderte, ist einleuchtend. Überrascht aber wird jeder über die schöne Gerbung sein, die jede Hautfalte zeigt. Die im Zurichtsaal des Weidnerschen Fabrikanwesens über ein mächtiges Holzgerüst gespannte Haut hat ihr dunkles Pigment nicht verloren und sieht fast wie die Haut am lebenden Thier aus. Sie wird nur noch getrocknet, etwas zugerichtet und dann in Leipzig ausgestellt und dem Verkauf unterstellt werden. So lange sie sich noch hier befindet, wird Herr Weidner wohl kaum den Interessenten den Zutritt zu dem Schaustück wehren. Das bißchen Haut am Rüssel ist nur kartenblattdick, durchschnittlich wohl zwei Zoll und an den stärksten Stellen, am Rücken, vielleicht bis zu vier Zoll dick. Sie wiegt circa 20 Centner.“ Als die Gaststätte 1899 unweit der Gerbergasse in dem neuerbauten Haus des Dampfgerbereibesitzers Weidner in Betrieb genommen wurde, taufte man sie zur Erinnerung „Zum Elefanten“. Am Ende des Sigmundsgrabens links in die Straße Unteres Tor bis zur Hausnummer 4 (Gasthof „Zum Grünen Baum“). Gasthof „Zum Grünen Baum“: Die ersten Mitteilungen über den Gasthof stammen aus dem Jahr 1639. Von 1683, als Hof an die Postverbindung zwischen Leipzig und Nürnberg angeschlossen wurde, bis 1848 befand sich hier der „Poststall“, die Station zum Pferdewechsel mit Speise- und Übernachtungsmöglichkeit für die Gäste. Im Jahr 1836 gab es in einem Seiten- und einem Hintergebäude Unterbringungsmöglichkeiten für 44 Pferde, während den Reisenden nur wenige Zimmer und Kammern zur Verfügung standen. Im Jahr 1840 brannte die Anlage ab. Den neu errichteten Gasthof nannte man „Bayerischer Hof“, um Gäste aus Bayern, zu dem Hof seit 1810 gehört, anzulocken. Vor einigen Jahren wurde der Betrieb eingestellt. Durch die Straßen Unteres Tor und Vorstadt zur „Meinels Bas“ (Vorstadt 13). Gasthof „Meinels Bas“: Die Familie Meinel stammt aus Rehau, wohin sie vielleicht aus dem Egerland gekommen war. Seit dem 15. Jahrhundert hielten sich Familienmitglieder in Hof auf, wo sie verschiedene Handwerke ausübten, seit dem 17. Jahrhundert waren die Hofer Meinel Weiß- und Sämischgerber in der Hospital-Vorstadt. Im Jahr 1822 erwarb Johann Georg Meinel das Haus Vorstadt 13, wo seine Frau Kunigunda Barbara eine Schankwirtschaft eines Kommunbrauberechtigten („Wohnzimmerbetrieb“) hatte. Sie soll wegen ihres freundlichen Wesens von ihren Gästen die „Bas“ genannt worden sein. Die Familie Meinel, die seit dem 18. Jahrhundert einen Felsenkeller im ehemaligen städtischen Steinbruch am Sand besaß, weitete in der Mitte des 19. Jahrhunderts ihr Brauvolumen weit über den Eigenbedarf aus, wozu sie seit 1863 das Brauhaus am Sand benutzte. Im Jahr 1904 wurde die Brauerei Meinel am heutigen Standort gegründet. Die Gaststätte „Meinels Bas“ hat den vielleicht schönsten Biergarten Hofs. Über die Untere Steinerne Brücke und rechts in die Straße Sand zum ehemaligen städtisches Kommunbrauhaus III (Sand 5). Das ehemalige städtische Kommunbrauhaus, Sand 5 Kommunbrauhäuser: Die kommunbrauberechtigten Hofer ließen ihr Bier in einem von bis zu sechs privaten Kommunbrauhäusern herstellen, die sich (je zwei) in der Ludwigstraße, Karolinenstraße und Auguststraße befanden. Für Weißbier ließ die Stadtverwaltung 1714 am Oberen Tor ein kommunales Brauhaus einrichten, das 1776 an den Schlosshof verlegt wurde. 1804/5 kam am Schlosshof ein kommunales Braunbier-Brauhaus hinzu, 1863 ein drittes kommunales Brauhaus am Sand 5. Seit den 1870er Jahren wurden die Kommunbrauhäuser eines nach dem anderen geschlossen, weil die Bürger die Kosten und das Risiko des Brauens immer seltener auf sich nahmen und stattdessen ihr Bier bei anderen Brauern kauften, welche mit der Zeit eigene Braustätten bauen ließen. Als letztes Kommunbrauhaus Hofs wurde das am Sand 5 im Jahr 1908 geschlossen. Es wurde von Hans Richter übernommen, dem Wirt des „Bayerischen Hofs“. Seine Brauerei bestand bis zu seinem Tod im Jahr 1923. Zurück zur Schleizer Straße, durch diese rechts bis zur Lessingstraße. Entstehung der Brauereien am Stadtrand (Felsenkeller): Für die Situierung der modernen Brauereien wurde es am Ende des 19. Jahrhunderts wichtig, ausreichend Lagermöglichkeiten in dunklen, kühlen Felsenkellern zu haben, da man noch nicht über Kühlanlagen verfügte, sondern mit Eis kühlte, das man im Winter aus Teichen oder von der Saale holte. Die heute noch bestehenden Hofer Brauereien, die aus dieser Zeit stammen, befinden sich aus diesem Grund am Stadtrand: Zeltbräu, Meinelbräu, Scherdelbräu im Norden, Bürgerbräu im Süden Hofs. Brauerei Weidner: Von 1901 bis 1974 wurde an der linken Seite der Schleizer Straße (ungerade Hausnummern) die Brauerei Weidner betrieben, die von der Ludwigstraße 21 hierher zog. Die Brauerei wurde von EKU in Kulmbach aufgekauft und stillgelegt, die Gebäude wurden 1980 abgerissen. Die Gastwirtschaft „Weidners Keller“ (Schleizer Straße 35) erinnert an die Brauerei. Brauerei Zeltbräu: Die miteinander verschwägerten Kommunbrauer und Bäcker Johann Jakob Benkert und Johann Friedrich Zelt erwarben 1856 einen Felsenkeller an der Schleizer Straße. Als die vorhan- denen Kommunbrauhäuser für den wachsenden Braubedarf der Familie Zelt immer weniger ausreichten, ließ man 1902 ein eigenes Brauhaus bauen. Die Zeltbräu braut das Starkbier zum Schlappentag. Die Lessingstraße links bis zum Unterkotzauer Weg, rechts in den Unterkotzauer Weg. Scherdel-Brauerei: Mitglieder der Familie Scherdel kamen 1830 aus Schwarzenbach an der Saale nach Hof. Als Bäcker verstanden sie sich auf den Umgang mit Hefe und somit auf den Gärprozess der Bierbrauerei. Georg Matthäus Scherdel braute seit 1831 in Kommunbrauhäusern jährlich siebzig- bis achtzigmal, um Gastwirte außerhalb Hofs, teils in den umliegenden Dörfern, teils in Sachsen, zu beliefern. Da ihm die Kommunbrauhäuser nicht immer wie gewünscht zur Verfügung standen, baute er sich 1862 eine eigene Brauerei am Unterkotzauer Weg 9, in dessen Nachbarschaft (Hausnummer 11) das Fischersche Mulzhaus stand und Scherdel einen Felsenkeller besaß. Im Laufe der Zeit erwarb die Brauerei die gesamte Nachbarschaft. 1937 wurde ein Schwimmbecken für die „Gefolgschaft“ am Schützenweg gebaut, das noch existiert. Als nach dem Zweiten Weltkrieg die Absatzgebiete in Sachsen und Thüringen wegfielen, erlitt die Brauerei erhebliche Einbußen, doch es gelang ihr, neue Vertriebswege im In- und Ausland zu erschließen. Mit einem Ausstoß von mehreren 100.000 Hektolitern Bier im Jahr ist sie derzeit die mit Abstand größte Brauerei Hofs, inzwischen als Teil des Kulmbacher Bierimperiums.
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