Friedensgespräche – Teil 2 Frieden in meiner Beziehung – den Krieg gegen meinen Partner / meine Partnerin beenden Sabine Knoll, freie Journalistin, Autorin und Leiterin des Österreich-Büros der „spirituellen Friedensbewegung“ im Gespräch mit dem Mitbegründer der Bewegung und spirituellen Lehrer Bruno Würtenberger. Sabine Knoll (S. K.): Liebesbeziehungen sind ein großes Thema in puncto Krieg und Frieden im täglichen Leben. Wenn ich mir meinen Freundeskreis anschaue – und auch meine eigenen Erfahrungen – ist Nähe und Distanz häufig ein ganz zentrales Thema. Sehnsucht nach Nähe und Angst vor Nähe zum Beispiel. – Wie siehst du das? Bruno Würtenberger (B. W.): Am Anfang steht die Beziehung mit sich selbst, dann zu seinem Partner oder seiner Partnerin, Familie und FreundInnen, danach zu den Menschen generell und dann die Beziehung zu Gott. Daneben stehen wir in Beziehung zu den Tieren, zur Natur, zum Planeten etc. Und überall spielt diese Sehnsucht und auch diese Angst eine gewichtige Rolle. Wie sich ein Mensch in jedem Bereich von Beziehungen verhält, lässt auf die anderen Bereiche schließen. Deshalb beginnt der Mensch am besten dort, wo ihm die Dinge oder Menschen am nächsten sind. Ja, ich habe Dinge erwähnt, denn der Mensch steht auch in Beziehung zu Dingen wie Geld, Haus, Garten, Auto, Computer, Spielzeug, Teddybärchen etc. Und er steht auch in Beziehung zu seiner Nahrung, zur Luft die er atmet, zum Wasser das er trinkt und zu allem was er anfassen, sehen, fühlen oder sich vorstellen kann. Aber ich glaube nicht, dass du soweit gehen wolltest, oder? S. K.: Nein, ich möchte gerne bei der Zweierbeziehung bleiben. Ich sehe immer wieder Spiele wie: „Ich gehe auf dich zu, du fühlst dich bedrängt, weichst einen Schritt zurück. Ich denke mir, der will abhauen, du fühlst dich noch mehr bedrängt, gehst noch einen Schritt weiter zurück.“ – Also, nicht du persönlich natürlich. – Das funktioniert so lange, bis entweder eine(r) das Spiel durchschaut und stehen bleibt oder bewusst einen Schritt in die andere Richtung geht, bis sich alles wieder einpendelt – oder bis die Beziehung zerbricht. Weil eine(r) sagt: „Ich habe keine Luft mehr bekommen.“ oder: „Allein sein kann ich alleine besser.“ B. W.: Ja, genau so beginnt’s. Und das ist genau der Bereich, wo es kritisch wird. Es ist jener Bereich, wo man besitzen möchte, was man liebt. In anderen Beziehungen geht es natürlich nicht bloß ums Besitzenwollen, sondern auch ums Bestimmenwollen. Die Menschen glauben, dass wenn jemand ihre Wünsche erfüllt, sie von ihm oder ihr geliebt werden. Sie vermögen es nicht mehr, die reine Liebe zu spüren oder sie gar zu genießen. Sie verwechseln Liebe einfach mit Befriedigung menschlicher Bedürfnisse wie Familie, Essen und Trinken oder Sex. Solche Beziehungen enden meist unschön und wenn sie nicht enden, verenden sie schon zu Lebzeiten und verkommen zu Kompromissen und Lebensgemeinschaften. Das Resultat sind ein Haufen kranker Menschen, welche in allen möglichen Dingen ihre Ersatzbefriedigung suchen, bis hin zur Zuwendung durch Medikamente. Das Ende ist immer ein Alleinsein. S. K.: Also sind Nähe und Distanz auch bloß menschliche Bedürfnisse? – Und wie kann das Spiel gelingen? Vorbilder gibt es kaum noch. Die meisten von uns wissen lediglich: Wie meine Eltern nicht. Aber wie? Frauen spielen nicht mehr Heimchen am Herd. Ich denke, die Antwort für mich heißt: Partnerschaftlich und in Liebe. – Wie heißt sie für dich? B. W.: Für mich heißt sie: Zuerst partnerschaftlich, in Liebe und Ehrlichkeit mit mir selbst und von da aus in Liebe, Wahrhaftigkeit und vertrauensvoll mit dir. S. K.: Finde ich schön. Weil ja beides zusammenhängt. Was ich bei mir nicht schaffe, kann ich auch bei anderen, in meiner Beziehung nicht schaffen. Ich kann nur ehrlich, liebe- und vertrauensvoll zu dir und anderen sein, wenn ich es zu mir selbst bin. – Ich denke mir, da sind wir beim Spiegel. Solange ich nicht durchschaue, dass mir auch im Gegenüber immer nur ich selbst begegne, projiziere ich fleißig und mache alle anderen – und ganz besonders meinen Partner / meine Partnerin – für mein Unglück verantwortlich. Und da fängt die Lüge schon an – oder die Ehrlichkeit mir selbst gegenüber. B. W.: Das kann ich nur bestätigen... Das Schlüsselwort ist wie immer und überall: Ehrlichkeit. S. K.: In keiner anderen Beziehung ist der Spiegel natürlich so nahe wie in einer Liebesbeziehung. Siehst du das als Chance oder manchmal eher als Bürde? B. W.: Es ist in jedem Fall eine Chance, doch manchmal ist man einfach nicht gewillt, sie zu erkennen oder anzunehmen. Denn eine Chance beinhaltet ja auch immer, dass ich an mir arbeiten muss, und das ist nicht immer so angenehm und nicht immer so einfach, wie den Partner / die Partnerin für irgend etwas verantwortlich zu machen. Man sollte die Chance nützen, denn wenn ich sie in meiner persönlichen, privaten Beziehung nicht nütze, dann beginne ich die Herausforderung, das Problem, in die Welt hinaus zu projizieren und wenn es mir dann von dort wieder gespiegelt wird, dann ist das mitunter sehr hart und erbarmungslos. Die nächste Stufe, wenn ich sie auch dort noch nicht wahrnehmen will ist, Krankheit. Somit: Krankheit als Chance. Und diese ist noch viel schwieriger zu nehmen als die anderen Möglichkeiten – im schlimmsten Falle endet das Versäumnis dieser Chance im Tod. Und dann: Auf zum nächsten Leben mit den selben Herausforderungen, so lange, bis es klappt. S. K.: Wie arbeitest du selbst mit dem Spiegelgesetz und wo sind die Themen bei dir, die du in puncto Beziehung noch „Herausforderungen“ nennen würdest? B. W.: Ich sehe alles, das ganze Leben, alles was ich sehe, höre, fühle und erlebe, als Projektion meiner selbst. Meine persönlichen Themen sind z. B. Anspruchslosigkeit und das gegenseitige Bewahren von absoluter Integrität, Ehrlichkeit und das Loslassen von allem, was ich behalten möchte. Wenn mir ein Mensch lieb ist, sei es Partnerin, Kind, Freunde, dann ist mein erstes Bestreben, sie zu unterstützen im Weiterkommen auf dem Weg zu sich selbst. Und dies ist manchmal damit verbunden, sie loszulassen oder sie auch auf einem Weg zu unterstützen, den ich selbst vielleicht nicht gehen würde. Jedem Menschen erlauben, auf seinem Weg, nicht auf meinem, glücklich werden zu können, ist für mich hin und wieder eine Herausforderung, da ich, wie viele andere Menschen auch, immer wieder mal der Überzeugung bin, es besser zu wissen... S. K.: Tut dir das manchmal weh, loszulassen, wenn du eigentlich gerne festhalten wolltest? B. W.: Oh ja...! S. K.: Wenn wir – wie im ersten Teil der Friedensgespräche besprochen – davon ausgehen, dass wir uns im Grunde alles selbst erschaffen, dann erschaffen wir uns also auch diese Chancen zum Loslassen oder haben sie vielleicht sogar mit dem Partner / der Partnerin vor unserer Erdenreise so geplant? B. W.: Ja natürlich. S. K.: Die Probleme fangen nur an, wenn wir uns gegen die eigenen Kreationen wehren oder vom Partner / der Partnerin erwarten, dass er / sie unsere „Defizite“ aus der Kindheit etc. wettmachen kann. Mir scheint, das ist auch manchmal ein Problem: zu erwarten, dass in einer Beziehung der / die andere unsere alten Wunden heilen kann. Schön, wenn es passiert und er /sie uns dabei unterstützen mag, aber es ist nicht sein / ihr Job sozusagen. Wie siehst du das? B. W.: Ja, ich sehe das genau so. Wir erwarten leider immer, dass andere unseren Job machen. Würden sie das tun, dann würden wir vom Leben nichts profitieren. Mein Motto: Gib alles, erwarte nichts! S. W.: Interessant finde ich auch, dass ich manchmal dachte, mich und meine Bedürfnisse in einer Beziehung zu kennen, dann aber mit einem Partner, der plötzlich meine „Rolle“ gespielt hat, draufgekommen bin, es ist ganz anders. Zum Beispiel dachte ich lange, ich wäre für die Nähe in meinen Beziehungen zuständig und käme immer an distanzierte Partner (äußerlich, weil nie da – oder innerlich, sich nicht einlassend). – Erst, als ich dann mal die andere Seite hautnah erfahren habe – und selbst mit sehr viel Nähe oder auch Einengung, so wie ich das empfunden habe – konfrontiert war, konnte ich mein eigenes Distanzbedürfnis wahrnehmen und mir eingestehen. Erst dann war plötzlich auch Verständnis für meine früheren Partner da. – Ist das oft ein Problem deiner Meinung nach, dass man gewissermaßen auf Rollen in einer Beziehung „abonniert“ ist und keine Wahl mehr hat, auch mal einen anderen Standpunkt einzunehmen oder andere Bedürfnisse zu spüren? Und wie kommt man da raus, ohne die Beziehung zu verlassen? B. W.: 99,999 % aller Menschen leben nicht nach freier Wahl in ihren Beziehungen, sondern reagieren aufgrund ihrer alten Muster entweder so oder so. Sie sind meist nicht mehr fähig, verschiedene Standpunkte einzunehmen oder die wahren eigenen Bedürfnisse zu spüren. Sie wehren sich praktisch nur noch gegen irgendwelche Erfahrungen, welche sie nicht machen möchten. Und das führt natürlicherweise genau dazu, dass sie sie erfahren. Ein Kreislauf. Um da auszusteigen, bedarf es kompetenter Unterstützung von Menschen, welche diesen Weg bereits gegangen sind und ganz genau wissen, wie man die Dinge handhabt. Bei uns lernen das die Leute im Avatar-Training, das 9 bis 10 Tage dauert. 9 bis 10 Tage nur für dich, eintauchen und entdecken der eigenen Bewusstseinsstrukturen. Erkennen, durchschauen, lösen. Die Alternative: Die Dinge im Leben lernen. Nachteil: Viel teurer, viel schmerzvoller, viel langsamer. Jeder hat die freie Wahl zu entscheiden... S. K.: Ich möchte noch ein bisschen beim Spiegel bleiben. – Die größten LehrmeisterInnen für mich waren oft Menschen, die mich auf die Palme getrieben oder tief berührt, auch verletzt haben. Erst wenn ich hingeschaut und untersucht habe, was ich ihnen genau vorwerfe, habe ich verstanden, was es mit mir zu tun hat. – Entweder etwas, das ich an mir selbst nicht sehen mag, oder etwas, das ich gerne leben würde und mir noch nicht zugestehe. – Welche Rolle spielen Spiegel noch in deinem Leben? B. W.: Wenn man mal mit dem Spiegel angefangen hat, wird er einfach immer größer! Man wird durch Bewusstseinserweiterung nicht spiegelfrei, sondern noch viel eher bereit, auch die ganz kleinen Details von sich wahrzunehmen. Das ist also das Harte an der Geschichte mit der Erleuchtung. Dennoch, gerade das garantiert, dass man immer verständnisvoller, toleranter und großzügiger wird. Spirituelle Lehrer und Lehrerinnen, welche so wahnsinnig kleinlich sind, haben sich selbst noch nicht genügend erforscht. S. K.: Und trotzdem geht das manchen Menschen zu weit, alles als Spiegel zu sehen. Speziell, wenn ihnen andere wirklich Schlimmes angetan haben – wie etwa Vergewaltigung oder Kindesmissbrauch. Was sagst du solchen Menschen? B. W.: Es würde ihnen augenblicklich besser gehen, wenn sie das könnten! S. K.: Und wenn sie es nicht können? B. W.: Wenn sie es nicht können, so gehen sie vermutlich den Weg des Opfers und werden durch das viele Mitleid, welches ihnen entgegen gebracht wird, in ihrer Rolle noch bestätigt. Das garantiert in den meisten Fällen Probleme für ein ganzes Leben oder noch länger. S. K.: Klingt hart. – Was hältst du von der Theorie, dass wir uns für einander sozusagen in Liebe zur Verfügung stellen und die Wesen, die mich am meisten lieben, mir auch die unsympathischten Rollen spielen, damit ich z. B. was ich vor meiner Geburt gewählt habe, in diesem Leben zu erfahren, auch tatsächlich erleben kann? Weil ich z. B. selbst in einem anderen Leben jemand weh getan habe und die andere Seite erleben möchte – um dann vielleicht die Wahl zu treffen, künftig in Liebe zu leben. B. W.: Klingt gut. Aber es muss nicht zwingend sein, dass ich davor, in einem anderen Leben, jemandem weh getan habe. Das muss nicht sein. Es kann auch einfach aus Interesse an einer neuen Erfahrung abgemacht werden. Sonst müsste Jesus ja einiges auf dem Kerbholz gehabt haben... S. K.: OK. Das geht jetzt vielleicht wirklich zu weit bzw. sprengt unser Thema. – Gehen wir stattdessen zu einem anderen Tabu, der Sexualität. – Selbst, wenn Menschen es schaffen, einander nicht als Besitz zu betrachten, ist die Sexualität da oft eine Ausnahme oder der Bereich, wo es „heiß“ wird. Nämlich dann, wenn sich eine(r) verliebt bzw. mit jemand anderem ins Bett legt. – Warum ist die Sexualität so ein Mysterium? Geht es da um die Verschmelzung, die erlebt werden kann? – Nach dem Motto: Das sollst du nur mit mir erleben? Was meinst du? B. W.: Ich glaube, dass die Sexualität ganz gezielt verteufelt wurde, als man(n) erkannte, wie wehrlos und verführbar und anfällig der Mensch in diesem Bereich ist. Man hat uns indoktriniert, damit jede(r) schuldig wird. Nur sich schuldig fühlende Menschen lassen sich so einfach manipulieren und steuern und nur schuldige Menschen brauchen einen Erlöser. Jede Religion oder andere Glaubensgemeinschaft, die uns einen Erlöser oder eine Erlöserin in Aussicht stellt, ist mit Vorsicht zu genießen. Gerade eben haben die Amerikaner den Irak „erlöst“, das gefällt mir gar nicht, das tut vielen Menschen immer weh, erlöst zu werden... Der Mensch muss sich selbst erlösen durch die Befreiung von jeglichen Bewertungen, gerade im sexuellen Bereich. Wenn er auf einen Erlöser wartet, dann verstrickt er sich in eine fast nie enden wollende Reihe von Reinkarnationen. Im Sex sind die meisten Menschen so intolerant, weil sie Angst davor haben, ein anderer könnte besser, schöner, zärtlicher sein. Jede(r) möchte sich für den besten Mann oder die beste Frau halten... aber, über den Daumen gepeilt, sind wir alle gleich. Wo immer Sexualität verdrängt oder unterdrückt wird, ufert sie früher oder später aus. Deshalb auch die vielen Übergriffe immer gerade dort, wo sie keinesfalls vorkommen sollten: in kirchlichen Kreisen, religiösen Vereinigungen, Kinderheimen, Familien oder anderen Abhängigkeitsverhältnissen. Abhängigkeit ist das Problem schlechthin. Deshalb empfehle ich jedem, an seiner persönlichen Freiheit zu arbeiten. S. K.: Also ist freie Liebe – oder die Freiheit der Liebe – auch freie Sexualität? Das verbinden viele damit, sich nicht festzulegen und jede Nacht in ein anderes Bett zu steigen. Kann das nicht auch zum Freibrief fürs „Rumbumsen“ werden oder zur Ausrede für Beziehungsphobische? – Oder ist die Freiheit der Liebe auch die Freiheit, sich für Treue zu entscheiden und monogam zu leben, wenn ich das will? Wohl wissend, dass das – bei Freiheit als Prinzip – für meinen Partner / meine Partnerin dann nicht automatisch genauso sein muss? B. W.: Natürlich auch die Freiheit, sich für Monogamie zu entscheiden. Und auf jeden Fall mit so wenig Ansprüchen an den Partner wie möglich. Das Rumbumsen ist eine Übergangsphase, in der man das ganze Unterdrückte integriert, um zum Normalzustand zurück zu finden. Letztlich endet Sexualität sowieso in einem zärtlichen Zusammensein, bei dem der eigentliche Akt immer unwichtiger wird. Die Menschen lieben den Orgasmus, weil er einige erleuchtungsähnliche Momente vermitteln kann. Das Highlight findet nicht statt, weil jemand seinen Samen ergießt, sondern weil man während dem Orgasmus nicht denken kann. Nicht denken zu können, ist Erleuchtung pur – reines Fühlen, sonst nichts. Das Einzige, was man dabei zu denken im Stande ist, ist: Ahhh... und Ohhh... Irgendwie erinnert mich das an Amen und Om. S. K.: Danke für das Gespräch! Buchtipps zum Thema: Bruno Würtenberger: Klartext. Wie Du werden und erreichen kannst, was Du sein und haben möchtest. Eigenverlag, Zürich. Byron Katie mit Stephen Mitchell: Lieben was ist. Wie vier Fragen Ihr Leben verändern können. – Goldmann-Verlag, München. Christa Kössner: Schlüssel zum Glücklich-Sein. Das Spiegelgesetz. Ennsthaler-Verlag, Steyr. In der nächsten DAR – Teil 3 der Friedensgespräche: Frieden mit meiner Umwelt – den Krieg gegen die Familie und FreundInnen beenden
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