Bauen im Winter - Bundesanzeiger Verlag

Bauen im Winter
Ausführungsregeln, Risiken
und mögliche Schäden
Jedes Jahr zur Winterzeit, wenn Bauwerke durch organisatorische Unregelmäßigkeiten oder durch ungünstige Wetterverhältnisse nicht vor dem Wintereinbruch und dem Beginn der Frostperiode fertiggestellt werden konnten, stellen sich
Bauherren die Frage: Soll ich die Bauarbeiten in der Winterzeit bis zum Frühjahr einstellen oder unter den besonderen
Bedingungen des Winterwetters, mit erhöhtem Aufwand, weitermachen?
Darf man in den Wintermonaten überhaupt Bauarbeiten ausführen und wenn ja, unter welchen Umständen? Muss die Winterbaustelle beheizt werden, und was ist dabei zu beachten?
Vordergründig sollte hier erst einmal die Kosten-Nutzen-Frage beantwortet werden. Was kostet es, die Baustelle für zwei
Monate stillzulegen? Welche zusätzlichen Zinsen aus der Baufinanzierung fallen dadurch an, welche zusätzlichen Mietkosten
können entstehen? Preissteigerungen sind zu berücksichtigen
und nicht zuletzt auch möglicherweise eintretende Schäden.
Dem sind die Kosten für Abdeckungen, Einhausung, Beheizung
und Belüftung und der verminderten Bauleistung gegenüberzustellen, und nicht selten erweist sich das nahende Ende des eigenen Mietvertrags als ausschlaggebende Entscheidungshilfe.
Bei Außentemperaturen von mehr als 5 Grad Celsius sind fast
alle Bauarbeiten ohne größere Vorkehrungen und Schutzmaßnahmen durchführbar. Sinkt die Temperatur unter diese Marke, müssen allerdings Maßnahmen zum Schutz der Bauteile getroffen
werden. Oft genügen einfache Abdeckungen mit Planen oder das
Verschließen von Tür- und Fensteröffnungen. Manchmal müssen
aber auch Dämmmaßnahmen getroffen, oder die Bauteile müssen
erwärmt werden, um die Arbeiten fortsetzen zu können.
Kann die Baustelle schnee- und eisfrei gehalten werden, genügt es vielleicht, temperierte Baustoffe (Mörtel, Beton, Steine,
beheizbare Schalungen etc.) zum Einsatz zu bringen. Komfortabler ist es aber, den Bau einhausen zu lassen und zu beheizen.
Dann kann auch im Winter gut gebaut werden.
Wer feuchte Bauteile erwärmt, der muss, wie bei allen Winterbaustellen, mit hohen Wasserdampfkonzentrationen in der Luft
rechnen. Oft liegt der Ursprung solcher Feuchte im Kellergeschoss. Regenwasser war während der Rohbauarbeiten in das
Mauerwerk eingedrungen, oder nasse Baustoffe sind verbaut
worden. Auch Estrich- und Innenputzarbeiten bringen sehr viel
Wasser in den Bau ein. Beim Heizen im Winter ist dann darauf zu
achten, dass sich der entstehende Wasserdampf nicht an kühlen,
feuchtigkeitsempfindlichen Stellen niederschlägt und dort das
Schimmelpilzwachstum fördert. Feuchtigkeitsempfindliche Bauteile müssen also geschützt oder abgeschottet werden. Darüber
hinaus sind Lüftungsmöglichkeiten vorzusehen, am besten im Geschoss unter den Dachflächen und gegenüberliegend, damit die
feuchtwarme Luft durch Querlüftung von selbst abziehen kann.
Als besonders empfindlich gegen hohe Wasserdampfbelastungen haben sich Materialien wie Dämmstoffe, Holz und Gips-
Abb. 1: zeigt den Befall von Dematiaceae (Schwärzepilze) auf Holzfaserdämmplatten (Bild: © Josef Reis)
Abb. 2: zeigt den Befall von Aspergillus versicolor (Pinselschimmel) und Stachybotrys chartarum (Schlauchpilz) auf Holzfaserdämmplatten (Bild: © Josef Reis)
1 | 2015 Der Bausachverständige
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BAUTECHNIK
Josef Reis
BAUTECHNIK
kartonplatten erwiesen. Schimmelpilze benötigen zum Wachstum organisches Substrat wie Zellulose in Holz, Papier und Holzfaserplatten oder Kunststoffe, wie in den Bindemitteln der mineralischen Dämmwollen oder dem zu Platten aufgeschäumten
Polystyrol. Kommt dann die Wärme der Baubeheizung zu feuchter Luft oder nassen Bauteilen hinzu, können sie sich schnell ausbreiten und besonders großflächig auftreten. Wenn es also nur
ums Trocknen geht, ist es meist ausreichend, für Luftbewegung
mit Hilfe großer Ventilatoren zu sorgen und auf Erwärmung
ganz zu verzichten. Zwar gibt es auch Schimmelpilzarten, die
schon bei sehr tiefen Temperaturen siedeln. Diese treten aber
viel seltener auf. Die feuchte Luft muss jedoch immer so schnell
wie möglich heraus aus dem Bau.
Die Trocknungsvorschriften von Putz und Estrich sind aber in
jedem Fall einzuhalten. Das bedeutet, man muss sie ungefähr
eine Woche vor Zugluft schützen. Beide benötigen gewisse
Wassermengen zum Erhärten, die man ihnen nicht entziehen
darf. Und dass der Estrich erst nach der vollständigen Trocknung
des Putzes eingebaut werden darf, muss für alle Bauleute selbstverständlich sein. So werden extrem hohe Wasserdampfkonzentrationen von vornherein vermieden. Wenn dann noch Dämmungen und Dachkonstruktionen durch funktionierende
Dampfsperren geschützt werden (Diffusionswiderstand beachten), steht dem Weiterbau auf der beheizten Baustelle nichts
mehr im Wege.
Doch wenn zur Beheizung des Baus Geräte benutzt werden,
die Gas oder Heizöl verbrennen, sind auch die als Quelle des
unerwünschten Wasserdampfs nicht zu unterschätzen. Pro Liter
verbrannten Gases können bis zu 0,97 Liter Wasser entstehen,
und beim Heizöl liegt dieser Wert mit bis zu 0,9 Litern nur unwesentlich darunter. Eine ganze Menge Wasserdampf wird so entstehen, der mit der Feuchte, die den erwärmten Bauteilen entzogen wird, abgeführt werden muss. Zu berücksichtigen ist
auch, dass bei der Verbrennung von Heizöl oder Gas große Mengen an Kohlenmonoxyd entstehen können. Wenn die sich
(schwerer als Luft) in schlecht belüfteten Kellerräumen sammeln,
kann es sehr gefährlich werden.
Elektroheizgeräte, die ihre Wärme mit einem Luftstrom verteilen, sind also wesentlich unproblematischer. Bei deren Wärmeerzeugung entsteht kein zusätzlicher Wasserdampf, der mit
beseitigt werden müsste.
Abb. 3: Schimmel auf Dachsparren (Bild: © Josef Reis)
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Aber hier sei noch einmal darauf hingewiesen: Bei jedem Einsatz von Heizgeräten ist darauf zu achten, dass die wasserdampfgesättigte Luft schnellstens nach draußen kommt. Ist das auf natürlichem Wege, über Entlüftungsöffnungen, nicht ausreichend
sicherzustellen, müssen Absauggeräte eingesetzt werden.
Bauen im Winter
Auch wenn solche Arbeitsplatzvoraussetzungen schon fast als
komfortabel zu bezeichnen sind: Wer in Deutschland baut, hat
Regeln und Normen zu beachten und zu erfüllen, und dabei ist
auch noch zwischen Rohbau-, Ausbau- und Sanierungsarbeiten
zu unterscheiden.
Bei den Rohbauarbeiten sind die Normen DIN 1045 Betonarbeiten und DIN 1053 Maurerarbeiten zu erfüllen, und beide schließen Bauarbeiten unterhalb von 5 Grad Celsius Lufttemperatur grundsätzlich aus. Dass Ausnahmen von der Regel möglich sein müssen, beweist die Bautätigkeit in den nördlich gelegenen Ländern, in denen sonst ja nur Massivbauarbeiten in fünf
bis sechs Monaten im Jahr möglich wären. In manchen Ländern
wird sogar bei Frost und Schneefall gemauert und betoniert,
und das ohne Einhausungen. Besondere Vorkehrungen und die
Zugabe von Frostschutzmitteln machen das möglich. Diese Bauweisen sind aber in Deutschland weder normiert, noch als
gleichwertig anerkannt. Damit bleibt nichts anderes übrig, als
sich bei Bauarbeiten im Winter an die deutschen Normen zu
halten.
Betonarbeiten
Die Baustelle, oder genauer gesagt der Ort, an dem der Beton
eingebracht wird, muss frost-, eis- und schneefrei sein. Beim Betonieren der Bodenplatte darf der Untergrund nicht gefroren
sein. Für die Frostsicherheit der Bodenplatte genügt es, wenn
unterhalb der Betonschicht eine 8 cm dicke Wärmedämmschicht
eingebaut ist. Doch sind immer die Angaben der Wärmeschutzberechnung zu beachten. Man darf eben nicht auf gefrorenen
Boden betonieren.
Abb. 4: zeigt einen Neubau im Winter. Zwischen der Blechverwahrung der
Gaube und der Dichtungsplane ist ein Schlitz, durch den der Treibschnee in die
Dachdämmung eingedrungen ist. Die Ränder der OSB-Platte sind durch die
Winterfeuchtigkeit aufgequollen.
In die Dehnungsfuge läuft Tauwasser.
Der Wandanschluss des Pflanztrogs ist zu niedrig und das Schlagregenwasser
der OSB-Platten läuft, da die Klemmleiste fehlt, dahinter. (Bild: © B. Azh)
Der Bausachverständige 1 | 2015
BAURECHT | MIETRECHT
Frank-Georg Pfeifer
Richtlinie VDI 2077
– Anwendung auch bei ungedämmten Rohren
in Wänden und Estrich –
Urteil des AG Bayreuth
vom 19.08.2014 – 102 C 1359/131
1. Für die Anwendung des Rechenverfahrens der VDI-Richtlinie
2077 zur Ermittlung der von den Heizkostenverteilern nicht erfassten Rohrwärme kann es keinen Unterschied machen, ob die
Rohre nach dem Wortlaut des § 7 Abs. 1 S. 3 HeizkostenV tatsächlich frei – d.h. ohne jegliche Umhüllung – in den Wohnungen verlaufen oder, wie in einer Mehrzahl der hierzulande
vorhandenen Mietwohnungen, ungedämmt im Estrich oder in
den Wänden und damit nur von Mauerwerk umhüllt verlegt
wurden; auch diese Rohre sind ungedämmt.
2. Erfassen infolge der Rohrwärmeabgabe die Heizkostenerfassungsgeräte – an den Heizkörpern – nur 25,9 % des Gesamtwärmeverbrauchs, dann reduziert sich das von § 7 Abs. 1 S. 3
HeizkostenV dem Vermieter eingeräumte Ermessen auf Null,
sodass die genannte VDI-Richtlinie 2077 zwingend anzuwenden
ist.
3. Ist bei einer Heizkostenabrechnung das zur Ermittlung der
Heizkosten gebotene Korrekturverfahren nach VDI-Richtlinie
2077 zunächst nicht angewandt worden, so braucht der Vermieter eine im Übrigen formell ordnungsgemäße Heizkostenabrechnung nicht neu zu erstellen. Es genügt, die Abrechnung
nach der VDI-Richtlinie 2077 inhaltlich zu korrigieren.
Zum Inhalt der Entscheidung
Die beklagte Mieterin bemängelte, dass bei der Verteilung der
Heizkosten das Korrekturverfahren gemäß VDI-Richtlinie 2077
unterblieben war. Diese Korrektur führte im Prozess zur Reduzierung der zu zahlenden Heizkosten um 191,49 €.
Aus den Gründen:
Allerdings greifen die Einwände der Beklagten hinsichtlich der
auf der Basis 70/30 berechneten Heizkosten zumindest zum Teil
durch. Nach den vom Gericht eingeholten Sachverständigengutachten wird hier ein wesentlicher Anteil der in den Wohnungen angegebenen Heizwärme wegen freiliegender ungedämmter Heizungsrohrleitungen nicht erfasst, konkret hat der
Sachverständige hier einen Wert von nur 25,9 % des von den
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Leitsätze des Autors
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Heizkostenzählern tatsächlich erfassten Wärmeverbrauchs ermittelt.
Nach Empfehlung des Sachverständigen sei daher die Heizkostenabrechnung unter Berücksichtigung der VDI-Richtlinie
2077 zu erstellen, um im Ergebnis eine faire Verteilung der Verbrauchskosten der Heizung zu erlangen.
Nach den vom Sachverständigen durchgeführten Ermittlungen beliefen sich dann die Verbrauchskosten für den streitigen Zeitraum bei Anwendung des Korrekturverfahrens nicht
auf 590,07 €, sondern auf 398,64 €. Der Differenzbetrag hinsichtlich der Verbrauchskosten in Höhe von 191,49 € ist daher
von den ermittelten Heizkosten im Ergebnis abzuziehen. Das
Gericht schließt sich insoweit nicht der Ausführung der Beklagten an, wonach bei Bejahung der erforderlichen Anwendung
der VDI-Richtlinie eine erneute Abrechnung zu erfolgen habe.
Die Abrechnung selbst ist im Übrigen in formell ordnungsgemäßer Weise erfolgt, sie ist lediglich inhaltlich zu korrigieren.
Richtig ist, dass nach § 7 Abs. 1 S. 3 HeizkostenV bei erhöhter
Rohrwärmeabgabe unterhalb des kritischen Wertes von 34 %
grundsätzlich eine Ermessensentscheidung des Vermieters gegeben ist, ob er die Berechnung nach den anerkannten Regeln der
Technik unter Anwendung der VDI-Richtlinie 2077 vornehmen
will oder nicht.
Angesichts des hier doch deutlichen Abweichens vom Grenzwert von 34 % ist das Gericht aber der Auffassung, dass sich
insoweit die Ermessensentscheidung des Vermieters auf Null reduziert hat und er, um eine sachgerechte Verteilung der Heizkosten zu ermöglichen, unter Anrechnung dieser Grundsätze abrechnen muss, (vgl. insoweit auch LG Leipzig, Beschl. v.
07.10.2013 - 2 S 66/13, WuM 2014, 30). Nach Auffassung des
Gerichts kann es für die Anwendung der entsprechenden Richtlinie auch keinen Unterschied machen, ob die Rohre tatsächlich
frei – d.h. ohne jegliche Umhüllung – in den Wohnungen verlaufen oder wie in einer Mehrzahl der hierzulande vorhandenen
Mietwohnungen, ungedämmt im Estrich oder in den Wänden
und damit nur von Mauerwerk umhüllt verlegt wurden, auch
diese sind ungedämmt.
Die für die Monate Januar und Februar 2012 noch zu erstattenden Betriebskosten errechnen sich daher wie folgt (es folgt:
tabellarische Aufstellung). Nur in dieser Höhe (von 323,07 €)
war die Beklagte zur Zahlung weiterer Betriebskosten zu verur-
Der Bausachverständige 1 | 2015
Rohrwärme und die Korrektur von
Kostenverzerrungen2
Das Bayreuther Urteil gibt Anlass, näher auf die Frage der erheblichen Rohrwärmeabgabe einzugehen. Das Phänomen tritt
überwiegend, aber eben nicht ausschließlich bei Einrohrheizungen auf. Die Ausführungen des Urteils sind also für Zweirohr- und Einrohrheizungen bedeutsam.
Dabei sind Einrohrheizungen nicht nur auf die neuen Länder
beschränkt. Nach fachlicher Einschätzung sind deutschlandweit
mindestens 1,5 Millionen Wohnungen mit einer Einrohrheizung
ausgestattet.
1) Analoge Anwendung des § 7 Abs. 1 S. 3 HeizkostenV
Die wichtigste Aussage des Urteils (Leitsatz 1) liegt darin, dass
§ 7 Abs. 1 S. 3 HeizkostenV nicht nur – seinem Wortlaut nach
– für ungedämmte freiliegende, sondern – analog – auch für
solche Rohre angewandt wird, die ungedämmt in Wänden oder
Estrich verlaufen.
Ebenso hatte zuvor auch schon das AG Emmendingen3 entschieden, § 7 Abs. 1 S. 3 HeizkostenV sei – in Verbindung mit
der VDI 2077 – auf den Fall der ungedämmt unter dem Estrich
verlegten Leitungen analog anzuwenden. Der Gesetzgeber
habe die Problematik ungedämmt unter Putz oder Estrich verlegter Rohrleitungen nicht gesehen.
a) Verbrauchskostenanteil von 50 % oft unbehelflich
Zu Erläuterung: Generell ist für Gebäude, in denen die freiliegenden Leitungen zu mehr als der Hälfte ungedämmt sind, ein
verbrauchsabhängiger Anteil von 50 vom Hundert angemessen.
Trotz dieser Umlage mit 50 %-igem Verbrauchsanteil kann es
dennoch zu unzumutbaren Kostenverschiebungen kommen,
weil Wohnungen leer stehen und sich hierdurch das Problem der
unerfassten Wärmeabgabe ungedämmter Leitungen noch zusätzlich verschärft; z.B. bei den Einrohrheizungen bzw. Heizungen nach dem Rietschel-Henneberg-System. Recht einfach
hat es sich im Jahre 2001 das AG Berlin-Neukölln4 mit der Argumentation gemacht, die Einrohrringleitung gebe zwar Heizenergie ab, dies diene aber »einer gewissen Grundversorgung der
Wohnräume, ... die dann beim Aufdrehen der Thermostatventile
an den einzelnen Heizkörpern ...zu einem entsprechend geringeren Energieverbrauch führt.«
b) Keine Heizkostenverteiler an freiliegenden Rohren
Das schlichte Anbringen von Heizkostenverteilern an den Heizungssteigeleitungen hilft nicht weiter. Abgesehen von der offenen Frage, ob dies überhaupt zulässig ist, spricht vor allem das
Wirtschaftlichkeitsgebot des § 556 Abs. 3 BGB dagegen. Denn
dann müsste je nach baulichen Gegebenheiten bei einer vertikalen Einrohrversorgung in jeder Etage zusätzlich zu den Heiz2
Zugleich Besprechung der Urteile des AG Bayreuth vom 19.08.2014, Az. 102
C 1359/13 und des AG Emmendingen, Urt. v. 10.04.2012 - 3 C 115/10.
3
AG Emmendingen, Urt. v. 10.04.2012, Az. 3 C 115/10.
4
AG Neukölln, Urteil v. 15.02.2001, Az. 3 C 351/00, WuM 2003, 325: Die
verbrauchsabhängige Heizkostenabrechnung wird durch das Vorhandensein
einer Einrohrheizung nicht ausgeschlossen. Die Wärmeabgabe durch die Einrohrringleitung kommt der Grundversorgung der Wohnung zugute (Leitsatz).
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kostenverteilern an den Heizkörpern an allen vertikalen Rohrsträngen ein Heizkostenverteiler angebracht werden.
Abhilfe bietet hier je nach den Einzelumständen die in der
VDI 2077 geregelte messtechnische Erfassung mittels Referenzrohr, das sog. Pilotrohrverfahren. Hier ist ein Referenz-Leitungsstrang mit einem Heizkostenverteiler auszustatten. Bei im Estrich
oder in den Wänden verlaufenden Rohren scheidet ein Anbringen von Heizkostenverteilern schon bautechnisch indes aus.
Bei nicht isolierten Rohrleitungen und infolgedessen nicht erfassbarem Wärmeverbrauch war nach älterer Rechtsprechung
von der verbrauchsorientierten Heizkostenabrechnung abzugehen und eine wohnflächenbezogene Heizkostenumlage vorzunehmen.
Mit der Heizkostennovelle von 2009 wurde ein anderer Weg
eingeschlagen: Ist nämlich infolge solchermaßen ungedämmter
Leitungen ein wesentlicher Anteil des Wärmeverbrauchs, das sind
zumindest 20 %, nicht erfassbar, so können gemäß § 7 Abs. 1
S. 3 HeizkostenV die erwähnten unzumutbaren Kostenverzerrungen nach »anerkannten Regeln der Technik« korrigiert werden. Verfassungsrechtliche Bedenken gegen die Verweisung des
§ 7 Abs. 1 S. 3 HeizkostenV auf »anerkannte Regeln der Technik«
haben das LG Berlin und das LG Karlsruhe5 abgelehnt. Als anerkannte Regel der Technik kommt die VDI 2077, Beiblatt »Verfahren zur Berücksichtigung der Rohrwärmeabgabe« in Betracht.
c) VDI 2077 rechtlich bestätigt
Mit dem Urteil des AG Bayreuth (Leitsatz 1) sowie der Entscheidung des AG Emmendingen ist nunmehr per Rechtsprechung
klargestellt, was schon zuvor – allerdings nicht rechtsverbindlich
– in Kapitel 1 (Seite 2, Anwendungsbereich) der VDI 2077 bestimmt wurde:
»Die Richtlinie VDI 2077 [Beiblatt] gilt in Zusammenhang mit
der Verbrauchsabrechnung für solche Heizanlagen, bei denen
konstruktionsbedingt eine nennenswerte, in der Regel nicht erfasste Wärmeabgabe von Rohrleitungen an die zu beheizenden
Nutzeinheiten erfolgt. ... Dabei ist es technisch unerheblich, ob
diese Rohrleitungen freiliegend oder nicht sichtbar im Estrich
bzw. unter Putz geführt werden.«
Im gleichen Sinne äußert sich die unter dem 12.11.2012 an
die Arbeitsgemeinschaft Heiz- und Wasserkostenverteilung in
Bonn gerichtete »Sachverständige Stellungnahme zur Anwendung der Richtlinie VDI 2077 – Beiblatt Verfahren zur Berücksichtigung der Rohrwärmeabgabe« auf waagerechte Einrohrheizungen etc.
Es heißt dort im Resümee: »Die Richtlinie bezieht sich bei ihrer Anwendung also auf die Ursache des Problems, nämlich die
unerfasste Wärmeabgabe von Rohren, wobei die Art der Leitungsführung (freiliegend/nicht freiliegend) keine Rolle spielt.«
2) Lösung des AG Bayreuth sachgerecht
Dass der vom AG Bayreuth und zuvor schon vom AG Emmendingen sowie von der VDI 2077 beschrittene Weg der Einbeziehung auch der in Wänden und Estrich liegenden ungedämmten
Rohre sachgerecht ist, zeigt folgende Überlegung.
a) Ungewollte Fußbodenheizung
Dadurch dass diese ungedämmten Rohre im Fußboden vom Zementestrich sozusagen eingehüllt sind, wird von ihnen mehr
5 LG Berlin, Urteil v. 05.10.2012, Az. 63 S 11/12, WuM 2013, 227; LG Karlsruhe,
Urteil v. 20.02.2014, Az. 9 S 248/13, juris, unter II. 2. der Urteilsgründe
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BAURECHT | MIETRECHT
teilen. Im Übrigen war die Klage abzuweisen. Da die Beklagte
sich in Verzug befunden hat, hat sie auch die anteiligen Anwaltskosten in Höhe von 83,54 € zu bezahlen.