PDF - Vela Solaris AG

Veröffentlicht im Tagungsband des 25. Symposium Thermische Solarenergie, Bad Staffelstein,
Deutschland, 2015
Vergleich von dezentralen solar Kombisystemen und
zentralen Solaranlagen in einem Mikronetz mit Polysun
1
Artem Sotnikov ([email protected])
Andreas Witzig ([email protected])
2
Wolfgang Streicher ([email protected])
1
Vela Solaris AG, Winterthur, Schweiz
2
Universität Innsbruck, Innsbruck, Östereich
1
Zusammenfassung
In der gegebenen Untersuchung wurde ein kleines dezentrales solares Wärmenetz
mit mehreren unabhängigen Solaranlagen mit gleicher Kollektorfläche verglichen.
Das bekannte Computer-Tool Polysun (Witzig, Marti, Brüllmann, & Huber, 2008)
wurde zu diesem Zweck erweitert. Sowohl das bestehenden Gebäudemodell als
auch das Wärmeverlust-Modell wurden entsprechend angepasst. Basierend auf
Simulationsergebnissen wurden Vorteile und Nachteile der beiden Designs
unterschieden und diskutiert.
Hintergrund
Um den Solaranteil im privaten Sektor der Energieversorgung zu erhöhen, ist es
wichtig, Fernwärme-Systemlösungen zu berücksichtigen. Alte Fernwärmesysteme
sollten modifiziert werden, um Sonnenenergie zu nutzen. Genaue und effiziente
Computerwerkzeuge sind erforderlich, um die
Planung von neuen
Fernwärmesystemen und die Analyse von bestehenden Systemen zu unterstützen.
Die Arbeit wird im Rahmen des "SHINE"-Projekts als Doktorarbeit durchgeführt.
(Jordan, et al., 2014). Die erste Erweiterung von Polysun erlaubt die Modellierung
und Simulation von kleinen dezentralen solare Wärmenetze (Bales, et al., 2014). Das
Ziel der aktuellen Arbeit ist Vorteile und Nachteile von kleinen dezentralen
Solarfernwärmesystemen im Vergleich zu Stand-alone-Solaranlagen mit neu
entwickelten Features der Polysun-Software zu zeigen.
Erweiterung der Funktionalität von Polysun
Die
Simulationssoftware
Polysun
ist
ein
bekanntes
Werkzeug
für
Solarsystemsimulation für ein freistehendes Gebäude. Das GebäudewärmeverlustModell kann mit dem thermischem Widerstanddiagramm (siehe Figur 1.) erklärt
werden, wobei die Formelzeichen gemäß Tabelle 1 verwendet werden.
Tabelle 1: Formelzeichen
Vela Solaris AG
Seite 1
Veröffentlicht im Tagungsband des 25. Symposium Thermische Solarenergie, Bad Staffelstein,
Deutschland, 2015
Formelzeichen
Einheit
Beschreibung
Tin
K
Innentemperatur des Gebäudes
Tum
K
Umgebungstemperatur entsprechend den Wetterdaten
Rh
K/W
Thermischer Widerstand der Lüftungsverluste
Rinf
K/W
Thermischer Widerstand der Infiltrationsverluste
Rg
K/W
thermischer Gesamtwiderstand des Gebäudes
Ctm
kWh/K
thermische Kapazität (Masse) des Gebäudes
Nach dem Widerstanddiagramm kann der thermische Gesamtwiderstand vom
Gebäude aus der Gleichung 1 ermittelt werden.
Rg = Rh + Rlüf + Rinf
(1)
Tin
Rh
Rlüf
Rinf
Ctm
Tum
Figur 1: Widerstanddiagram von Gebäudeverlusten
In Anbetracht der Tatsache, dass die Solarfernwärmesysteme immer wichtiger
werden, es wurde beschlossen, Polysun mit neuer Funktionalität zu erweitern, um
zentralen Solaranlagen zu simulieren. Ab Polysun 7.1 ist es möglich, Systeme mit
mehr als einem Gebäude zu simulieren. Figur 2 zeigt, wie man auswählt, welches
Heizelement mit welchem Gebäude verbunden ist. Die gleiche Methode wird
verwendet, um andere Elemente mit dem Gebäude zu verbinden, und so die
Energieverluste des Gebäudes zu simulieren.
Es ist oft der Fall, dass das Solarfernwärmesystem eine Zentraleinheit und / oder
eine oder mehrere Untereinheiten hat. Derartige Räume sind nicht beheizt. Um
diesen Fall zu simulieren, wurde eine neue Funktionalität hinzugefügt (siehe Figur 3).
In diesem Fall werden nur die Verluste berücksichtigt. Auch ist es möglich, so viele
Vela Solaris AG
Seite 2
Veröffentlicht im Tagungsband des 25. Symposium Thermische Solarenergie, Bad Staffelstein,
Deutschland, 2015
nicht beheizte Räume zu simulieren, wie es für das ausgebildete System erforderlich
ist.
Figur 2: Screenshot von Polysun 7.2. Die Zuordnung zwischen Heizelement und
Gebäude.
Figur 3: Screenshot von Polysun 7.2. Gebäude hat nur unbeheizte Räume
Vela Solaris AG
Seite 3
Veröffentlicht im Tagungsband des 25. Symposium Thermische Solarenergie, Bad Staffelstein,
Deutschland, 2015
Fallbeschreibung und Vergleichskriterien
Zwei Systeme wurden für den Vergleich ausgewählt. Das erste System ist eine
Stand-alone-Solaranlage für ein Einfamilienhaus (siehe Figur 4). Das System besteht
aus einem Kollektorfeld mit fünf Flachkollektoren (gesamte Aperturfläche ist 9 m2),
einem Gaskessel (mit einer Nennleistung 5 kW) als Zusatzheizung,
Warmwasserbedarf (73000 Liter/Jahr mit 50°C Zapftemperatur ohne Zirkulation) und
Raumheizung für 150 m2 Gebäude nach Passivhaus-Standard (U-Wert ist 0.13
W/K/m2).
Die
Stand-alone-Solaranlage
wird
mit
einem
kleinen
dezentralen
Solarfernwärmesystem verglichen (siehe Figur 5). Das System hat ein Zwei-LeiterWärmenetz (Fink, Riva, Heimrath, Halmdienst, & Kaufmann, 2007). Es umfasst eine
Zentraleinheit, in der die Wärmeerzeugung mit zugehörigen Komponenten installiert
ist (Solarkollektoren, Gaskessel und ein Pufferspeicher). Gesamte Apperturfläche
des Kollektorfelds sind 45 m2. Nennleistung des Gaskessels ist 15 kW. Durch ein
Wärmenetz ist die Zentraleinheit mit fünf Gebäuden verbunden. Jedes Gebäude hat
einen kleineren Pufferspeicher. Die Länge des Verteilungssystems ist 80 m.
Figur 4: Stand-alone-Solaranlage für ein Einfamilienhaus
Vela Solaris AG
Seite 4
Veröffentlicht im Tagungsband des 25. Symposium Thermische Solarenergie, Bad Staffelstein,
Deutschland, 2015
Figur 5: Dezentrales solares Zwei-Leiter-Wärmenetz mit Zentraleinheit
Die Vergleichskriterien sind Solaranteil, verbrauchter gesamter Brennstoff- und
Strom-Verbrauch des Systems und Systemverluste. Um die beiden Ansätze
vergleichen zu können, haben die beiden Systeme das gleiche Design auf der
Ladungsseite und ein ähnliches Design auf Angebotsseite. Der Unterschied ist die
Größe des Pufferspeichers. Der Grund dafür ist, dass in der zentrale Solaranlage der
Pufferspeicher, der in der Haupteinheit installiert wird, für die Speicherung von
Solarenergie verwendet wird. Deshalb ist die Größe dieses Speichers 3000 l und die
Größe eines kleinen Speichers, der im Gebäude installiert wird, ist 200 l. Im Standalone-System ist nur ein Speicher, der direkt für die Speicherung von Sonnenenergie
verwendet wird. Die Größe dieses Speichers ist 1000 l.
Ergebnisse
Um die beiden Systeme zu vergleichen wurde angenommen, dass es fünf Standalone-Systeme mit genau der gleichen Konstruktion und Leistung gibt. Somit sind die
endgültigen Werte für das Stand-alone-System, die zum Vergleich verwendet
werden, die Werte für ein Stand-alone-System multipliziert mit 5.
Das erste Vergleichskriterium ist der Kollektorfeldertrag. Der Kollektorfeldertrag wird
direkt am Austritt des Kollektorfeldes gemessen. In der Tabelle 2 ist die Verteilung
Vela Solaris AG
Seite 5
Veröffentlicht im Tagungsband des 25. Symposium Thermische Solarenergie, Bad Staffelstein,
Deutschland, 2015
der monatlichen und jährlichen Werte des Solarkollektorfeldertrags für beide
Systeme angegeben.
Tabelle 2: Solarkollektorfeldertrag in kWh
System
Jan
Feb
Mär
Apr
Mai
Juni
Juli
Aug
Sep
Okt
Nov
Dez
jäh
StandaloneSystem
216
273
398
416
472
451
493
486
388
305
169
166
4233
5 StandaloneSysteme
1080
1365
1990
2080
2360
2255
2465
2430
1940
1525
845
830
21165
zentrale
Solaranlage
681
823
1400
1588
1896
1786
2228
2153
1608
1082
516
512
16273
Das zweite Vergleichskriterium ist der Wert der Systemverluste, die in beiden
Systemen entstehen. Es wurde angenommen, dass die Systemverluste von Standalone-System aus den Wärmeverlusten des Pufferspeichers bestehen. Die Verluste
aus dem Pufferspeicher in der Stand-alone-Solaranlage werden mit den Verlusten
aus allen Pufferspeichern und das Rohrleitungssystem in der zentralen Solaranlage
verglichen. In diesem Fall werden einige kleinere Wärmeverluste ignoriert (wie z.B.
Wärmeverluste von Flachplattenwärmetauscher und Verluste aus den kurzen
Röhren). In der Tabelle 3 ist Verteilung der monatlichen und jährlichen Werte der
Systemverluste von beiden Systemen angezeigt.
Das dritte Vergleichskriterium ist verbrauchter gesamter Brennstoff- und StromVerbrauch des Systems. Dieser Wert umfasst den Brennstoffverbrauch des Kessels
sowie den Stromverbrauch aller Pumpen. In der Tabelle 4 ist Verteilung der
monatlichen und jährlichen Werte für beide Systeme angegeben.
Das vierte und das wichtigste Vergleichskriterium ist der solare Deckungsgrad der
Systeme. Für den gegebenen Fall wird der Deckungsgrad als Verhältnis zwischen
der gelieferten Solarenergie und der Summe der gelieferten Solarenergie und der
gelieferten Hilfsenergie definiert (Qsol/(Qsol+Qaux)). In Tabelle 5 ist die Verteilung der
monatlichen und jährlichen Werte des solaren Deckungsgrad für beide Systeme
angegeben.
Tabelle 3: Systemverluste beider Systeme in kWh
Vela Solaris AG
Seite 6
Veröffentlicht im Tagungsband des 25. Symposium Thermische Solarenergie, Bad Staffelstein,
Deutschland, 2015
Wärmeverluste
StandaloneSystem
Pufferspeicher
Summe für
5 Systeme
zentrale
Solaranlag
e
Haupttank
Tank im
Haus
5 Tanks in
Häusern
Rohrsyste
m
Gesamtverluste
Ja
n
Feb
Mär
Apr
Mai
Juni
Juli
Aug
Sep
Okt
Nov
Dez
jäh
59
62
91
104
121
124
146
145
129
99
66
58
1204
294
311
453
520
604
621
729
724
643
497
328
291
6015
122
123
159
166
179
186
196
195
185
169
136
130
1946
60
58
72
72
77
79
83
82
78
74
65
64
864
299
290
361
362
385
393
413
412
390
368
323
321
4317
524
459
476
424
430
431
446
451
438
430
483
551
5543
945
872
996
952
993
1009 1055 1058
1012
967
942
1001
11802
Tabelle 4: Verbrauchte Hilfsenergie beider Systeme in kWh
System
StandaloneSystem
5 StandaloneSysteme
zentrale
Solaranlage
Jan
Feb
Mär
Apr
Mai
Juni
Juli
Aug
Sep
Okt
Nov
Dez
jäh
1505
1019
470
141
38
38
15
16
43
164
1000
1498
5947
7523
5095
2348
703
190
192
73
82
215
819
4998
7490
29728
8025
5849
3306
1407
880
819
423
428
854
1663
5687
8032
37373
Tabelle 5: Solaranteil beider Systeme in %
System
Jan
Feb
Mär
Apr
Mai
Juni
Juli
Aug
Sep
Okt
Nov
Dez
jäh
StandaloneSystem
14.4
24.1
50.1
79.2
94.7
94.3
98.1
97.8
92.5
71.5
16.6
11.5
44.9
zentrale
Solaranlage
8.7
13.6
32.4
56.5
71.5
71.7
86.2
85.6
68.6
42.8
9.2
6.7
33.0
Vergleich der beiden Systeme
Die Ergebnisse zeigen, dass ein Stand-alone-System eine bessere Gesamtleistung
hat. Es kann von allen Vergleichskriterien gesehen werden. Die Stand-aloneSolaranlage hat einen höheren Deckungsgrad (47.2%) im Vergleich zur zentralen
Solaranlage (33.0%). Es gibt zwei Hauptgründe für solchen großen Unterschied. Der
erste Grund ist, dass die zentrale Solaranlage höhere Systemverluste hat wegen der
Einführung vom Wärmenetz. Es ist wichtig, dass der Raumwärmebedarf eines
Gebäudes (etwa 3700 kWh pro Jahr) für solche gut gedämmten Gebäude niedriger
Vela Solaris AG
Seite 7
Veröffentlicht im Tagungsband des 25. Symposium Thermische Solarenergie, Bad Staffelstein,
Deutschland, 2015
ist als die Verluste im Wärmenetz (mehr als 5500 kWh pro Jahr). Daher sollen die
Verteilverluste in der Planungsphase der zentralen Solaranlage angesehen werden.
Der zweite Grund ist der niedrige Solarkollektorfeldertrag. Ein möglicher Grund für
einen solchen geringen Sonnenkollektorfeldertrag ist ein zu kleiner zentraler
Pufferspeicher, der nicht in der Lage ist, die Solarenergie effizient genug zu nutzen.
Im Stand-alone-Solarsystem wurde die Größe des Pufferspeichers unter
Berücksichtigung 100 l des Speichers pro 1 m2 der Kollektorfläche gewählt. Für die
zentrale Solaranlage ist dieser Anteil 60 l des Pufferspeichers pro 1 m2 der
Kollektorfläche. Ein weiterer möglicher Grund dafür ist eine eher konservative Modell
eines in Polysun implementiert Großspeicher. Von Polysun 8.0 ist geplant, ein
genaueres Modell eines großen Speichers zu verwenden. In diesem Fall sollte die
zentrale Solaranlage noch einmal mit einem neuen Speicher simuliert werden und
Solarkollektorfeldertrag überprüft werden.
Aufgrund des geringeren Sonnenkollektorfeldertrags und der höheren
Systemverluste ist mehr Hilfsenergie erforderlich, um die Raumheizung und
Warmwasserbedarf zu decken (siehe Tabelle 4).
Schlussfolgerung
Basierend auf einem Vergleich der Systemergebnissen kann geschlossen werden,
dass das Stand-alone-Solarsystem für diesen Fall eine bessere Leistung als die
zentrale Solaranlage zeigt. Die Hauptgründe dafür sind die Systemverluste und der
geringere Solarkollektorfeldertrag der zentralen Solaranlage.
Trotzdem hat die zentrale Solaranlage andere Vorteile. Einige von ihnen sind, dass
 nur ein Kessel (anstelle von fünf für das Stand-alone-System) verwendet wird,
 eine zentrale Solaranlage einfach mit einem bestehendem Wärmenetz und mit
anderen Energie erzeugenden Anlagen gekoppelt werden kann,
 das Hauptequipment statt in mehreren Wohneinheiten verteilt in einer einzigen
Einheit untergebracht werden kann.
Es gibt anderer wichtiger Punkt, der bei der ersten Planung der Solaranlage in
Betracht gezogen werden sollte. Es ist die Gesamtlänge des Wärmenetzes
(Rohrlänge). Wie es in der vorliegenden Studie bewährt wurde, können die
Systemverluste eine wichtige Rolle bei der Gesamtleistung des Systems spielen.
Wenn die Dichte des Gebäudes gering (die Länge der Verteilerleitung lang) ist, sollte
ein Stand-alone-System gewählt werden. Im umgekehrten Fall kann eine zentrale
Solaranlage eine effiziente Lösung sein.
Vela Solaris AG
Seite 8
Veröffentlicht im Tagungsband des 25. Symposium Thermische Solarenergie, Bad Staffelstein,
Deutschland, 2015
Quellen
Bales, C., Nielsen, C. K., Peréz de la Mora, N., Sotnikov, A., Louvet, Y., Bava, F., et
al. (2014). Seven Phd Studies on Solar District Heat. EuroSun 2014. Aix-lesBains (France).
Fink, C., Riva, R., Heimrath, R., Halmdienst, C., & Kaufmann, H. (2007). MOSOLNET "Entwicklung von Modular Erweiterbaren Technischen Lösungen, Die
eine Wärmeversorgung von Neubaugebieten über Solar Unterstützte
Nahwärmenetze Ermöglichen". Gleisdorf.
Jordan, U., Vajen, K., Bales, C., Cortés Forteza, P. J., Frank, E., Furbo, S., et al.
(2014). SOLNET - Phd-Scholarships and Courses on Solar Heating. EuroSun
2014. Aix-les-Bains (France).
Witzig, A., Marti, J., Brüllmann, T., & Huber, A. (2008). Systemoptimierung der
Kombination von Solarkollektoren mit Wärmepumpenanlagen. Otti-Konferenz.
Kloster Banz, Bad Staffelstein (Deutschland).
Vela Solaris AG
Seite 9