Grußwort von Botschafter Rolf Schütte zu Ehren von Meinhard von Gerkan, St.-Petri-Kirche in Riga, 26.11.2015 Meine sehr geehrten Damen und Herren, sehr geehrter Herr Professor von Gerkan, es ist mir eine große Ehre, als deutscher Botschafter in Lettland heute Abend hier in der Rigaer St.-Petri-Kirche einige Worte zu dem Mann sagen zu dürfen, für den dieses Gotteshaus nicht nur ein prägender Teil der wunderschönen Silhouette der Altstadt von Riga und eine UNESCO-Weltkulturerbestätte ist, sondern auch eine ganz wichtige persönliche Bedeutung hat. Meinhard von Gerkan wurde hier in St. Petri vor 80 Jahren getauft. Er verbrachte jedoch nur die ersten vier Jahre seines Lebens in Riga. 1939 wurde seine Familie, wie viele andere Deutschbalten in Lettland, im Rahmen der Vereinbarungen nach dem deutsch-sowjetischen Grenz- und Freundschaftsvertrag nach Posen umgesiedelt. Insgesamt 64.000 Deutschbalten verließen zu dieser Zeit das Land. Wenn ich es recht sehe, dann sind Meinhard von Gerkans Erinnerungen an die frühe Kindheit in Riga spärlich, doch prägten ihn für immer das nahe Meer und der Hafen. Bis heute fühlt er sich von diesem Elementen angezogen. Seine weitere Kindes- und Jugendjahre waren von Flucht, vielen Orts- und Schulwechseln und dem Verlust beider Elternteile geprägt. Heimisch wurde er später in Hamburg – wieder nahe Meer und Hafen -, wo er sich nach dem Architekturstudium in Berlin und Braunschweig endgültig niederließ. Mit seinem Studienkollegen Volkwin Marg gründete er das „Architekturbüro von Gerkan, Marg und Partner“, kurz „gmp“, welches später das bedeutendste Architekturbüro Deutschlands werden und nationale sowie internationale Erfolge feiern sollte. Nach vielen Jahren begab sich Meinhard von Gerkan 1988 selbst auf Spurensuche nach Riga. Vieles war ihm unbekannt, gab es doch nur vage frühkindliche Erinnerungen. Mit dem Taxi fuhr er durch die Straßen, in der Hoffnung etwas wiederzuerkennen. Dies gelang ihm leider nicht Auch das Kirchenbuch der St.Petrikirche konnte ihm keine Auskunft geben, wo seine Familie in Riga gelebt hatte. Erst später fanden Freunde den Wohnort der Familie heraus. Sie lebten in der ehemaligen Dorotheenstraße 42, die heute Eduards Smiļģis iela heißt. Das hölzerne Ferienhaus der Familie von Gerkan stand in Melluzie in Jurmala. Die Verbundenheit zu Riga und den baltischen Wurzeln blieb Meinhard von Gerkan jedoch immer erhalten. Als ihn 1995 die Anfrage erreichte, ein Projekt in Riga zu verwirklichen, sagte er sofort zu. Bei seinen Entwürfen zur Erweiterung der Villa Marta und der Villa Alexandra in Jurmala griff er die regionale lettische Holzbautradition auf und interpretierte diese neu. In ihrer modernen Übersetzung fügen sich die Gebäude in den Kieferwald ein. Auch das Straßenbild von Riga hat er mit mehreren Gebäuden wie dem Bankhaus Citadeles Moduli geprägt und sich auf diese Weise in seiner Geburtsstadt verewigt. Sein Meisterstück aber ist wohl die Villa Guna am Strand von Jurmala, die 2008 vom Chicagoer Athenaeum Museum of Architecture and Design ausgezeichnet wurde. Man kann also von einer Rückkehr sprechen: Nach vielen Jahren ist Meinhard von Gerkan zu seinen Wurzeln zurückgekehrt und ist wieder Teil dieser Stadt geworden. Aber nicht nur Meinhard von Gerkan hat sich auf die Suche nach seinen Ursprüngen in Riga und Jurmala begeben. Wir in der Botschaft haben es auch getan. Mit tatkräftiger Unterstützung von guten Freunden im „Domus Rigensis“ und hier besonders durch das Engagement und die akribische Suche von Dr. Manfred von Boetticher, den ich unter unseren Gästen besonders herzlich begrüße, ist es uns gelungen, Kopien des Passes der Mutter von Meinhard von Gerkan, der gebürtigen Dagmar Walter, zu beschaffen. In diesem Pass sind auch Sie, lieber Herr von Gerkan, verzeichnet. Ich freue mich, Ihnen heute Abend Faksimile-Kopien dieser Dokumente überreichen zu können. Ich verbinde dies mit allen guten Wünschen für Sie persönlich. Möge Ihre Schaffenskraft uns weiter mit Meisterwerken der Architektur beglücken, vielleicht auch hier in Ihrer Heimatstadt Riga! Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
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