Glaskorrosion mechanisch entfernen Der Erfolg hängt von vielen Faktoren ab Umgangssprachlich wird Glaskorrosion als Verkalkung der Scheibe bezeichnet. Man erkennt sie an einer Trübung der Scheibe. Häufig findet sie sich an Stellen, wo Wasser sehr lange und sehr häufig auf der Scheibe steht, zum Beispiel an Wintergärten. Dort kann das Wasser meist an den letzten Zentimetern aufgrund des Rahmens nicht mehr ablaufen. Auch in Hallenbädern oder auf Scheiben, die mit Zementwasser in Kontakt kamen, ist Glaskorrosion häufig zu finden. Was sind die Ursachen und welche Möglichkeiten und Grenzen der Sanierung gibt es? Eingetrübte Glasscheiben werden häufig als verkalkte Glas scheiben bezeichnet. Dabei muss man unterscheiden, ob die Trü bung auf der Glasscheibe aufsitzt oder sich im Glas befindet. Eingetrübte Scheiben: Verkalkung oder Glaskorrosion? Wenn die Trübung auf der Scheibe aufsitzt, handelt es sich tat sächlich um eine Verkalkung. Man findet dies häufig im Sanitär bereich an Spiegeln oder Duschabtrennungen. Den auf der Scheibe aufsitzenden Kalk aus dem Wasser kann man mit einem handels üblichen Sanitärreiniger, am besten mit Amidosulfonsäure, entfer nen. Falls sich die Trübung in der Glasscheibe befindet, handelt es sich nicht um eine Verkalkung, sondern um Glaskorrosion. Dies ist zu erkennen, wenn man die Scheibe mit Sanitärreiniger oder dem Glashobel bearbeitet und sich die Trübung nicht entfernen lässt. Der Begriff der Glaskorrosion hat sich in der Fachliteratur durchgesetzt. Fachlich ist er jedoch nicht ganz richtig, da es sich bei einer Korrosion im chemischen Sinne um eine Reaktion eines Stoffes mit Sauerstoff handelt. Glaskorrosion ist jedoch eine che mische Umwandlung der Glasoberfläche. Wie kommt es zu Glas Mittelstark korrodierte Glasscheibe im Innenbereich des Hallenbades in Metzingen. rationell reinigen | 4.2015 korrosion? Dazu muss man wissen, wie sich der Werkstoff Glas zusammensetzt und auf bestimmte Stoffe reagiert. Glas besteht hauptsächlich aus folgenden Bestandteilen: 33 Quarzsand als Netzwerkbildner (SiO2; erzeugt das Kristallgitter), 33 Soda als Flussmittel zur Reduktion der Schmelztemperatur (Na2CO3; Netzwerkwandler; zerstört das Kristallgitter), 33 Kalk, erhöht die Härte und chemische Beständigkeit (CaCO3; Netzwerkwandler; zerstört das Kristallgitter), 33 Dolomit (CaMg[CO3]2; liefert Magnesium und Kalk), wie Kalk, 33 eventuell Tonerde (Al2O3) als Netzwerkbildner. Dabei bildet Quarz das feste Kristallgitter. Eventuell wird noch in geringem Maße Tonerde als Netzwerkbildner zugegeben. Durch Zugabe von Soda, Kalk und Dolomit wird das Kristallgitter wieder zerstört. Natrium und Calcium werden als Ionen in das Kristall gitter eingelagert. Dies ist vergleichbar mit einer Lösung aus Salz ionen in Wasser. Diese Ionen sind frei beweglich. Daher gleicht Glas eher einer zähflüssigen Masse als einem reinen Feststoff. Was passiert bei der Glaskorrosion? Wenn sehr weiches Wasser auf die Scheibe gelangt und auf ihr stehen bleibt, zieht das Wasser Stark korrodierte Glasscheibe im Außenbereich. Bilder: Michael Luz/Gewerbliche Schule Metzingen 17 | Topthema | Glas-, Solar- und Fassadenreinigung Die Projektgruppe der Gewerblichen Schule Metzingen beim mechanischen Entfernen der Glaskorrosion. Eingesetzt wurden drei verschiedene Polituren sowie Winkelschleifer, Winkelpolierer und Schwingschleifer. Ionen aus der Glasmasse an, insbesondere Natriumionen. Dies hängt damit zusammen, dass Wasser ein Dipolmolekül ist und eine Ionenaustauschreaktion stattfindet. Mit der Zeit befinden sich sehr viele Natriumionen an der Glasoberfläche. Diese ver binden sich mit Hydroxidionen aus dem Wasser (OH–) zu Nat DU WEISST, WAS AM ENDE DES TAGES ZÄHLT. Ready-to-use-Polituren werden am besten mit einem Winkelschleifer eingearbeitet. Je nach Produkt müssen säure empfindliche Oberflächen abgeklebt werden. ronlauge (NaOH). Die Natronlauge zerstört mit der Zeit das an sich sehr feste Quarzkristallgitter und bildet eine milchig-trübe, wasserquellbare Gelschicht an der Oberfläche. Dabei handelt es sich um Kieselgel (Silicagel). Kieselgel ist ein Komplex, der sehr gut Wassermoleküle binden kann. Es wird als Trocknungsmittel in Medikamentendosen, Verpackungen von Lederwaren, Handys etc. verwendet. Begünstigt wird die Glaskorrosion durch bereits vor handene Beschädigungen im Glas (wie Kratzer, Lufteinschlüsse), hohe Temperaturen, Luftverschmutzung (wie Stickoxide, Schwe feldioxid, Ozon), hohe Luftfeuchtigkeit und starke Laugen. Projekt: Entfernung der Glaskorrosion Professionelle Steigtechnik für Industrie und Handwerk Hymer-Leichtmetallbau GmbH & Co. KG Käferhofen 10 | D-88239 Wangen im Allgäu www.hymer-alu.de 18 Im Rahmen der Begabtenförderung wurde an der Gewerblichen Schule Metzingen ein Projekt zu Glaskorrosion und deren Sanie rung durchgeführt, und zwar im Hallenbad Metzingen. Die Schei ben sind nach Angaben des Objektbetreibers etwa 40 Jahre alt. Es konnten im Außenbereich meist leichte, in einem Bereich starke Korrosionen festgestellt werden. Im Innenbereich wurden in den unteren 70 cm mittelstarke Korrosionen festgestellt. Glaskorrosion lässt sich chemisch und mechanisch entfernen. Die chemische Entfernung mit Flusssäure wurde in diesem Fall nicht in Betracht gezogen, da Flusssäure stark ätzend und giftig ist. Die Glaskorrosion sollte mechanisch entfernt werden. Gearbeitet wur de mit folgenden Mitteln: 1. Glaspolish Compound von 3M, eine Ready-to-use-Glaspolitur zur Entfernung von leichten Fehlstellen wie Schlieren, Verätzungen und Silikonabdrücken; 2. Glaspolitur von Sonax, eine Ready-to-use-Politur zur Entfernung von leichten Kratzern auf Glasscheiben; 3. Glaspolitur von Pramol. Es handelt sich um ein Pulver. Es enthält im Gegensatz zu den Produkten von 3M und Sonax neben Schleifkörpern auch ein flusssäureabspalten des Salz. Es kann auf kleinen Flächen mit einem feuchten Lappen direkt manuell verarbeitet werden. Auf größeren Flächen rührt man es mit etwas Wasser zu einer Creme an und verarbeitet es maschinell. An Maschinen wurden eingesetzt: 1. Winkelschleifer mit Drehzahlregulierung (rund 1.200–1.700 U/min), rotierende rationell reinigen | 4.2015 Sanierte Scheibe im Innenbereich. Ein Fazit der Projektgruppe: Die Ready-to-usePolituren ließen sich leicht verarbeiten. Beim Einsatz der Politur, die säureabspaltendes Salz enthält, ergab sich ein zeitlicher Vorteil. Bilder: Michael Luz/ Gewerbliche Schule Metzingen Bewegung; 2. Winkelpolierer mit Drehzahlregu lierung (rund 1.200–1.700 U/min), oszillieren de Bewegung; 3. Schwingschleifer, oszillieren de Bewegung. Alle Maschinen waren mit einem Klett-Treibteller ausgestattet. Als Trägermate rial für die Polituren wurden Filzscheiben oder alte, saubere Mikrofasertücher eingesetzt. Es konnte im Laufe des Projektes kein Unterschied zwischen der Verwendung von Filzscheibe und Mikrofasertuch erkannt werden. Versuch mit drei Polituren Zuerst wurde eine Glasreinigung durchgeführt. Im ersten Schritt kam ein normaler Allzweck reiniger zum Einsatz. Anschließend wurde mit einem sauren Sanitärreiniger gearbeitet, um aufliegende Verkalkungen zu entfernen. Im Anschluss wurden die Scheiben begutachtet und mit einem Edding-Stift die Korrosionsstellen großzügig markiert. Dies ist wichtig, da man die Korrosionsstellen sonst bei der späteren Bearbei tung nicht mehr erkennt. Bearbeitung der Scheiben: Die Polituren von 3M und Sonax ließen sich sehr einfach verarbeiten. Da beide Produkte Ready-to-use-Polituren sind, werden sie direkt auf die Filzscheibe oder das Tuch aufgetragen und mit dem Winkelschleifer/ Winkelpolierer verarbeitet. Von Zeit zu Zeit soll te etwas Wasser zum Kühlen auf die Scheibe auf gesprüht werden. Es ist wichtig, immer wieder den Sanier-/Reinigungserfolg zu kontrollieren. Die Politur von Pramol wird als Pulver in einem Eimer geliefert. Da dieses Produkt säureabspal tende Salze enthält, müssen säureempfindliche Oberflächen vorher abgeklebt werden. Versuche rationell reinigen | 4.2015 mit Jura ergaben starke Verätzungen nach 15 Minuten. Die Pramol-Politur wird manuell mit einem Kork block und einem feuchten Tuch verarbeitet. Das Tuch wird in das trockene Pulver eingetaucht und die Scheibe kreisförmig behandelt. Bei der maschinellen Bearbeitung wird das Pulver mit etwas Wasser angerührt, bis sich eine cremige Konsistenz einstellt. Im Rahmen des Projekts wurde eine kleine Schüttelflasche verwendet. Anschließend wird die Politurpaste auf die Filz scheibe oder das Mikrofasertuch aufgebracht und verarbeitet. Auch hier muss immer wieder Wasser zum Kühlen auf die Scheibe aufgesprüht werden. Die ersten Scheiben wurden zur Übung bear beitet, bis die Korrosionen entfernt waren. Die leichten Korrosionen konnten wider Erwarten relativ schnell entfernt werden. Für ca. 0,3 m2 benötigten die Projektteilnehmer zwei bis drei Minuten. Auch die manuelle Verarbeitung der Pramol-Politur führte zu einem guten Ergebnis. Die stark korrodierte Scheibe im Außenbereich wurde in drei Felder zu je rund 0,25 m2 einge teilt. Jede Fläche wurde 90 Sekunden bearbeitet. Das Produkt von 3M wurde mit einem Winkel schleifer und die Produkte von Sonax und Pra mol wurden mit einem Winkelpolierer eingear beitet. Dabei stellten die Projektteilnehmer fest, dass die Politur von Sonax so gut wie keine Kor rosion entfernte. Der Versuch wurde daher mit dem Winkelschleifer wiederholt. Nun konnte ein gutes Ergebnis, vergleichbar mit dem Ergebnis der Politur von 3M, erzielt werden. Daraus zogen die Projektteilnehmer die Erkenntnis, dass der Einsatz von Winkelschleifern (rotierende Bewe 19 | Topthema gung) mehr Mechanik auf die Scheibe bringt als der Einsatz von Winkelpolierern (oszillierende Bewegung). Die Politur von Pramol wurde nicht mit einem Winkelschleifer ver arbeitet, um auszuchließen, dass die Säure verspritzt und Gegen stände und Mitarbeiter eventuell gefährdet würden. Im Außenbe reich war die Politur von Pramol den Produkten von 3M und Sonax überlegen. Hier ist die Politur von Pramol schneller wirksam. Im Innenbereich wurde der Boden unterhalb der Scheiben abgeklebt, damit keine Reinigungsmittel auf den Boden gelangen, da das Hallenbad ein Barfußbereich ist. Die Scheiben wurden ebenso mit den Polituren aller drei Hersteller bearbeitet. Jedoch dauerte es hier deutlich länger als im Außenbereich. Die Korrosionsprodukte ließen sich viel schlechter entfernen, obwohl die Scheiben nach der visuellen Begutachtung nur geringfügig schlechter aussahen als im Außenbereich. Die Scheiben wurden jeweils in zwei Hälften abgeteilt. Die eine Hälfte wurde entweder mit der Politur von Sonax oder 3M bear beitet und die andere Hälfte mit der Politur von Pramol. Nach einer mehrminütigen Bearbeitungszeit konnte festgestellt werden, dass die Hälften, die mit den Produkten von 3M oder Sonax bear beitet wurden, relativ gut aussahen. Es waren nur noch leichte Korrosionsrückstände auf der Scheibe. Auf den Hälften, die mit der Politur von Pramol bearbeitet wurde, konnte die Korrosions schicht nicht entfernt werden. Die Projektteilnehmer versuchten, diese Scheiben anschließend mit der Politur von 3M zu sanieren. Auch dies war nicht mehr möglich. Daraus zogen sie den Schluss, dass es auf der Oberfläche neben der Kieselgelschicht noch eine weitere Schicht geben muss, die mit den Inhaltsstoffen der Politur von Pramol zu einer sehr harten, schwer abzutragenden Schicht reagiert. Diese Korrosionsschicht entsteht wahrscheinlich durch den dauerhaften Einsatz von Desinfektionsmittel und starken Säu ren im Hallenbad. Ein Vorversuch ist immer erforderlich Das Fazit der Projektteilnehmer: Vor Glassanierungen ist immer ein Vorversuch erforderlich. Der Zeitaufwand zur Behandlung kann trotz ähnlicher Beschädigung sehr verschieden sein. Der Erfolg und Zeitaufwand hängen neben der Stärke der normalen Glaskorrosion noch von anderen Faktoren ab wie Luftverschmut zung, Temperatur, Luftfeuchtigkeit, Benetzung der Oberfläche durch starke Säuren, Laugen, Desinfektionsmittel etc. Bei der maschinellen Bearbeitung sind Winkelschleifer den Winkelpo lierern überlegen. Der Winkelschleifer muss eine Drehzahlregu lierung haben, um die Drehzahl auf 1.200–1.700 U/min zu redu zieren. Weiterhin ist ein Griff vorne am Getriebe vorteilhaft. Dies ermöglicht ein ergonomischeres Arbeiten, da relativ viel Druck auf die Scheibe aufgebracht werden muss. Die Polituren von 3M und Sonax lassen sich sehr leicht verarbei ten. Zum Sanieren einer Scheibe mit einer normalen Korrosion benötigt man jedoch mit diesen Produkten länger. Bei ihrer Ver arbeitung ist ein maschineller Einsatz erforderlich. Bei der Politur von Pramol ergibt sich ein zeitlicher Vorteil. Sie arbeitet bei der 20 Schulprojekt: Glaskorrosion und -sanierung Die Projektgruppe (v.li.): Baris Sahin, Fachlehrer Michael Luz, Leticia Ayala Lara, Gergö Galhidi, Denise Bronner, Samuel Scheerer, Jan Franke, Lothar Helwig (knieend) und Thomas Singh. Bild: Gewerbliche Schule Metzingen Im Rahmen der Begabtenförderung wurde an der Gewerblichen Schule Metzingen ein Projekt zu Glaskorrosion und deren Sanierung durchgeführt. Initiiert wurde das Projekt von Michael Luz, Technischer Lehrer an der Gewerblichen Schule Metzingen. Die Schülergruppe wurde klassenübergreifend zusammengestellt. Denise Bronner, Leticia Ayala Lara, Jan Franke, Lothar Helwig, Gergö Galhidi, Samuel Scheerer, Thomas Singh und Baris Sahin nahmen teil. Das Projekt versteht sich als Ergänzung zum Unterrichtsstoff in der Berufsschule und soll die Schüler auch motivieren, sich nach ihrer Ausbildung im Gebäudereiniger-Handwerk weiterzubilden. Eine Möglichkeit dazu ist die Fortbildung zum Gebäudereinigermeister, die ab September 2015 an der Gewerblichen Schule Metzingen startet. Weitere Informationen dazu gibt es im Sekretariat unter 07123/96550 oder im Internet auf www.gewerbeschule-metzingen.de. normalen Glaskorrosion durch das flusssäureabspaltende Salz schneller. Des Weiteren lässt sich das Produkt auf kleinen Flä chen auch manuell verarbeiten. Dies ist interessant, wenn ledig lich kleine Fehlstellen im Glas vorhanden sind. Es müssen jedoch säureempfindliche Oberflächen geschützt werden und der Einsatz geeigneter PSA wie säurefeste Handschuhe, Schutzkleidung und Schutzbrille ist zwingend erforderlich. Kratzer entfernen Im Rahmen des Projektes wurden außerdem mit dem Glassanierset von 3M Kratzer aus Glasscheiben herausgeschliffen. Das Sanierset besteht aus vier verschiedenen Schleifscheiben mit Mikrokörnung sowie der Glaspolitur. Mit einem 40er-Schmirgelpapier wurden sehr tiefe Kratzer in eine Probescheibe eingebracht. Die Kratzer wurden jeweils über Kreuz bearbeitet, bis sie aus dem vorherigen Schleifgang nicht mehr zu erkennen waren. Der Erfolg beim Aus schleifen der Kratzer konnte als „gut“ bewertet werden. Jedoch braucht man bei sehr tiefen Kratzern relativ lange, bis sich ein gutes Ergebnis einstellt. Außerdem erfordert das Ausschleifen des Glases etwas Übung, da die Gefahr besteht, das Glas zu Beginn wellig auszuschleifen. Dies führt zu ungewollten Lichtbrechungen N auf dem Glas (Prismeneffekt). Michael Luz | [email protected] rationell reinigen | 4.2015
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