3X096-14 - Bundesstelle für Flugunfalluntersuchung BFU

Bundesstelle für
Flugunfalluntersuchung
Untersuchungsbericht
Identifikation
Art des Ereignisses:
Unfall
Datum:
11. September 2014
Ort:
Nausis
Luftfahrzeug:
Ultraleichtflugzeug
Hersteller / Muster:
W.D. Flugzeugbau Leichtbau GmbH /
D4 Fascination
Personenschaden:
beide Insassen tödlich verletzt
Sachschaden:
Luftsportgerät zerstört
Drittschaden:
Flurschaden
Informationsquelle:
Untersuchung durch Beauftragte der BFU
Aktenzeichen:
BFU 3X096-14
Sachverhalt
Ereignisse und Flugverlauf
Das mit zwei Personen besetzte Ultraleichtflugzeug (UL) startete um 13:21 Uhr1 auf
dem Flugplatz Juist mit dem Ziel Aalen-Heidenheim/Elchingen. Das UL flog in süd-
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Alle angegebenen Zeiten, soweit nicht anders bezeichnet,
entsprechen Ortszeit.
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südöstliche Richtung. Gegen 15:30 Uhr beobachtete eine Zeugin aus Nausis den
Absturz eines Flugzeuges und meldete dies der Polizei.
Ein Zeuge, der sich etwa 5 km südlich der Absturzstelle befand, wurde durch ein Geräusch auf das UL aufmerksam und sah am dunklen Himmel ein weißes Flugzeug
senkrecht spiralförmig nach unten stürzen. Dann hörte er einen lauten Knall und beobachtete aus seinem Blickwinkel wie links von der vermuteten Absturzstelle weitere
Teile zu Boden rieselten. Um 15:31 Uhr wurden letzte Radarsignale in einer Höhe
von 3 200 ft AMSL mit einer Geschwindigkeit von 120 kt über Grund aufgezeichnet.
Das UL war in der Nähe der Ortschaft Nausis im Schwalm-Eder-Kreis (Hessen) auf
den Boden geprallt. Dabei wurden die beiden Insassen getötet und das UL zerstört.
Angaben zu Personen
Der 53-jährige Pilot hatte seit dem 14.04.2004 einen Luftfahrerschein für Luftsportgeräte. Er war berechtigt, aerodynamisch gesteuerte Ultraleichtflugzeuge zu führen und
Passagiere mitzunehmen. Der Luftfahrerschein war bis zum 14.04.2019 gültig. Der
Pilot verfügte über eine Gesamtflugerfahrung von 246 Stunden und 380 Landungen
auf Ultraleichtflugzeugen. Er war im Besitz eines Tauglichkeitszeugnisses Klasse 2,
gültig bis 15.08.2015 mit der Auflage, eine Brille zu tragen. Bei der letzten Fliegertauglichkeitsuntersuchung wog er 98 kg.
Seit dem 30.05.1996 hatte der Pilot den Luftfahrerschein für Privatpiloten PPL(A). Er
war berechtigt, einmotorige kolbengetriebene Landflugzeuge zu führen. Diese Lizenz
war bis zum 27.05.2009 gültig.
Der 54-jährige Mitflieger war seit 11.04.1985 Besitzer eines Luftfahrerscheines für
Privatflugzeug- und Segelflugzeugführer. Er hatte die Berechtigungen einmotorige
kolbengetriebene Landflugzeuge, Reisemotorsegler, Segelflugzeuge mit Hilfsantrieb
und Segelflugzeuge zu führen. Die Lizenz war bis zum 21.06.2016 gültig. Des Weiteren besaß er die Kunstflugberechtigung für Segelflugzeuge und war Fluglehrer für
Segelflugzeuge. Seine Berechtigung als Fluglehrer war bis zum 13.06.2015 gültig.
Seit 23.06.2003 hatte er den Luftfahrerschein für Luftsportgeräteführer, gültig bis
23.06.2018. Er war berechtigt, aerodynamisch gesteuerte Ultraleichtflugzeuge zu
führen und Passagiere mitzunehmen. Ebenfalls erwarb er im Jahr 2003 die Berechtigung zur Ausbildung von Luftsportgeräteführern auf aerodynamisch gesteuerten Ultraleichtflugzeugen. Sie war bis zum 15.09.2015 gültig. Er war im Besitz eines Taug-
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lichkeitszeugnisses Klasse 2 ohne Einschränkungen, gültig bis 13.06.2016. Bei der
letzten Fliegertauglichkeitsuntersuchung wog er 80 kg.
Angaben zum Luftfahrzeug
Das Ultraleichtflugzeug D4 Fascination hatte die Werknummer 043 und wurde 1998
bei der W.D. Flugzeug Leichtbau GmbH gefertigt. Es war ein einmotoriger freitragender Tiefdecker in Gemischtbauweise mit einziehbarem Fahrwerk in Bugradanordnung. Es hatte eine maximal zulässige Abflugmasse von 450 kg. Das UL war mit
einem Triebwerk Rotax 912 UL des Herstellers Rotax und einem Propeller des Musters Rospeller Neuform TRX 65 ausgerüstet. Es war durch das Luftsportgeräte-Büro
des Deutschen Aero Clubs (DAeC) zum Luftverkehr zugelassen. Die letzte Nachprüfung erfolgte am 10.01.2014 ohne Beanstandungen. Bei dieser Nachprüfung wurde
eine Leermasse von 315 kg ermittelt. Die Höchstgeschwindigkeit (Vne) für das UL betrug 225 km/h (roter Strich auf Fahrtmesserskala), die Manövergeschwindigkeit (VA)
160 km/h (Beginn gelber Bereich auf Fahrtmesserskala). Es hatte eine Gesamtbetriebszeit von 316 Stunden mit 585 Landungen. Das UL war mit einem Rettungsgerät
BRS 5 UL4 can ausgerüstet.
Meteorologische Informationen
Die Flugwettervorhersage für die Allgemeine Luftfahrt (GAFOR) des Deutschen Wetterdienstes (DWD) gab für den Zeitraum und das Gebiet des Ereignisses kompakte
Bewölkung und Schauertätigkeit an. Die Sichten lagen meist bei 15 – 30 km; im
Dunst oder im Niederschlag bei 2 – 8 km. Der Bodenwind wehte aus Nordnordost mit
5 – 10 kt. In der Höhe kam der Wind aus 10° und wehte mit 15 kt. Die Temperaturen
lagen zwischen 10 und 14 °C.
Flugdatenaufzeichnung
Die Radarspur des Luftsportgerätes wurde aufgezeichnet und stand der BFU zur
Auswertung zur Verfügung. Die vorgefundene Radarspur zeigte den Flugweg, beginnend südlich der Insel Wangerooge bis zur Absturzstelle.
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Unfallstelle und Feststellungen am Luftfahrzeug
Das Hauptwrack lag etwa 650 m südlich der Ortschaft Nausis in einer Höhe von
300 m Normalnull (NN) (Anlagen Abb. 1, roter Kreis Nr. 1). Entgegen der Flugrichtung lagen in etwa 300 m Entfernung vom Hauptwrack die äußere Hälfte der rechten
Tragfläche mit Querruder (Anlagen Abb. 1, roter Kreis Nr. 2) und in etwa 400 m Entfernung der Massenausgleich des rechten Querruders (Anlagen Abb. 1, roter Kreis
Nr. 3). Hinter der Kreisstraße 117, vom Hauptwrack aus gesehen, lagen in etwa 500
bis 550 m Entfernung die Nase der inneren rechten Tragfläche (Anlagen Abb. 1, roter
Kreis Nr. 4) und der äußere Bereich der rechten Landeklappe (Anlagen Abb. 1, roter
Kreis Nr. 5).
Die rechte Tragfläche war im Bereich zwischen Landeklappe und Querruder abgebrochen. Das Querruder verblieb an der äußeren Tragfläche. Vom inneren Bereich
der rechten Tragfläche hatte sich die Beplankung der Flügelnase mit den Rippenansätzen und einem Teil der Bespannung abgelöst. Die rechte Landklappe war etwa in
der Mitte gebrochen.
Der innere Holm der rechten Tragfläche und der innere Teil der Landeklappe befanden sich am Hauptwrack. Das Hauptwrack bestand des Weiteren aus Rumpf, Motor
mit Propeller, Tank, Rettungsgerät, Cockpit, linker Tragfläche, Fahrwerk und Leitwerk. Alle Baugruppen und Bauteile waren schwer beschädigt bzw. zerstört.
Die beiden getöteten Insassen befanden sich im Wrack.
Das Wrack und die aufgefundenen Bruchstücke wurden zur weiteren Untersuchung
nach Braunschweig zur BFU transportiert. Zunächst wurden die Bruchstücke der
rechten Tragfläche zueinandergelegt und näher betrachtet. In den Anlagen zeigen
die Abb. 2 und 3 die gebrochene rechte Tragfläche. Die nach oben gebogene, gebrochene Steuerstange des rechten Querruders ist in Abb. 4 zu sehen. Auf der Unterseite der rechten Außentragfläche war der Bereich zu sehen, in dem der Querrudermassenausgleich ausgebrochen und die Bespannung aufgerissen war (Anlagen
Abb. 5).
Das Querruder war an seiner Oberseite an der Tragfläche angeschlagen. Die Umlenkung der Querruderansteuerung erfolgte durch einen Umlenkhebel, der links von
der Tragflächenrippe, die sich etwa in Querrudermitte befand, befestigt war (Anlagen
Abb. 6). Für einen Querruderausschlag nach oben wurde der Umlenkhebel rechtsherum gedreht. Dabei näherte sich der äußere Schenkel des Hebels dem hinteren
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Rand des Rippendurchbruchs. Am Durchbruch in der Rippe war ein Stück des Glasfasergewebes eingerissen (Anlagen Abb. 7).
Das Querruder war um ein zentrales Rohr aufgebaut. An diesem Rohr waren die Beschläge für die Scharniere, die Aufnahme für die Steuerung und der Massenausgleich angebracht. Das Rohr selbst bestand aus drei Teilen. Es war ein Aluminiumrohr mit einem Durchmesser von 30 mm und einer Wandstärke von einem Millimeter.
Etwa in der Mitte war ein Stahlrohr mit einem Durchmesser von 28 mm und einer
Wandstärke von einem Millimeter, die Länge betrug etwa 100 mm, eingesetzt. Im Bereich, in dem das Stahlrohr in das Aluminiumrohr eingeschoben war, war der Außendurchmesser vom Stahlrohr um etwa 0,2 Millimeter verringert worden. Die Verbindung der Rohre erfolgte durch Verkleben und Nieten aus Edelstahl. An dem Stück
Stahlrohr war die Halterung für den Querrudermassenausgleich angeschweißt. Die
Schweißverbindung und der Übergang zum Aluminiumrohr waren mit Glasfasern und
Harz überzogen. Das Halterohr vom Massenausgleich war im Bereich der Schweißverbindung aus dem Stahlrohr herausgebrochen (Anlagen Abb. 8). Zur weiteren Untersuchung wurde der betroffene Rohrabschnitt herausgetrennt. Die anschließende
labortechnische Untersuchung erfolgte am Institut für Füge- und Schweißtechnik an
der Technischen Universität Braunschweig. Dabei wurde festgestellt, dass der Bruch
entlang der Schweißnaht verlief. Die Schweißnaht lag fast vollständig auf der Seite
der Halterung für die Ausgleichsmasse und sie war sehr unregelmäßig ausgeführt.
Die Betrachtung der Bruchoberfläche zeigte Bereiche mit Bindungsfehlern, Schweißperlen und Mikrolunker (Anlagen Abb. 9 und 10). Bei den vorgefundenen Brucharten
handelte es sich um Schwingungsbrüche (Anlagen Abb. 12) und duktile Gewaltbrüche (Anlagen Abb. 10 bis 12), die als Scherbrüche ausgebildet waren. Die metallographische Untersuchung der Bruchstelle hatte weitere kleinere Risse in der Nähe
der Bruchstelle gezeigt.
Um die festgestellten Mängel in der Schweißverbindung zu verifizieren, wurde der
Massenausgleich des linken Querruders untersucht. Er befand sich nach dem Absturz im Bereich des Hauptwracks. Er war nachweislich durch den Aufschlag vom
Querruderrohr getrennt worden. Die makroskopische Untersuchung der Schweißverbindung zeigte, dass sie ähnlich unregelmäßig und mangelhaft wie die an der rechten Seite ausgeführt war.
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Medizinische und pathologische Angaben
Die beiden Insassen wurden aufgrund der Schwere der Verletzungen, die sie bei
dem Absturz erlitten hatten, getötet.
Brand
Es entstand kein Brand.
Überlebensaspekte
Der Bruch der Tragfläche erfolgte plötzlich. Unmittelbar daran anschließend war das
Flugzeug in einen Spiralsturz übergegangen. Durch diesen Umstand und die durch
die Flughöhe verbliebene geringe Zeit blieb den Piloten kaum eine Möglichkeit zum
Handeln. Der anschließende Absturz war nicht überlebbar.
Bei dem an Bord befindlichen Rettungsgerät wurde der Raketentreibsatz aufschlagbedingt am Boden ausgelöst. Der Rettungsschirm befand sich im deformierten Aufbewahrungsbehälter.
Zusätzliche Informationen
An diesem UL-Muster waren an den Querrudern Ausgleichsmassen mit einer zusätzlichen aerodynamischen Wirkung verbaut. Aufgrund ihres Aussehens ähnlich eines
Spatens werden sie aus dem Englischen kommend als Spade bezeichnet. Sie haben
zwei Aufgaben: Das Querruder hat aufgrund seiner Anbringung an seiner Vorderkante durch die Eigenmasse im Zusammenwirken mit der Schwerkraft das Bestreben
nach unten zu klappen. Um dieses zu kompensieren, ist an dem Querruder eine
Masse in entgegengesetzter Richtung, vergleichbar einer Wippe, angebracht. Dieser
Massenausgleich ist unerlässlich, da er eine Flatterneigung des Querruders unterbindet.
Die zweite Aufgabe der Spades ist die Unterstützung der Handkraft des Piloten. In
seiner Neutralstellung unter der Tragfläche ist er im ankommenden Luftstrom ausgerichtet. Wenn das Querruder durch Steuerbewegungen nach unten oder oben bewegt wird, bewegt sich der Spade mit und wird durch den Luftstrom entsprechend
von unten oder oben beaufschlagt. Dadurch entsteht eine Kraft, die die Handkraft
des Piloten unterstützt.
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Als das betroffene UL konzipiert bzw. gebaut wurde, forderten die Bauvorschriften für
Ultraleichtflugzeuge keine Betrachtung hinsichtlich der Flattereigenschaften. Dennoch wurde zumindest ein statischer Massenausgleich am Querruder geschaffen.
Beurteilung
Die Untersuchung der Unfallstelle und des Wracks ergaben, dass die rechte Tragfläche während des Reisefluges in der Luft nach oben gebrochen war. Dies belegte die
nach oben gebogene und gebrochene Querrudersteuerstange (Anlagen Abb. 4). Die
räumliche Distanz der Fundorte des rechten Tragflächenendes mit Querruder und
der Querruderausgleichsmasse und der bis auf die gebrochene Schweißverbindung
unversehrten Ausgleichsmasse wiesen darauf hin, dass sich der Verbund bereits in
der Luft im Fluge getrennt hatte.
Die Untersuchung der Bruchstelle am Stahlrohrabschnitt im Querruderrohr zeigte,
dass das Halterohr mit Ausgleichsmasse in Flugrichtung gesehen nach hinten rechts
abgerissen wurde. Der Restbruch erfolgte somit von vorn nach hinten.
Die labortechnische Untersuchung ergab, dass die Ausgleichsmasse entlang der
Schweißnaht aus dem Querruderrohr herausgerissen worden war. Die Untersuchung
der Bruchoberfläche auf der Seite des Querruderrohres zeigte Bereiche mit Bindefehlern; in diesen Bereichen hatte keine vollständige Verschmelzung des Materials
stattgefunden. Ebenso wiesen Schweißperlen und der „Schweißerpfennig“ auf eine
unzureichende Schweißung hin. Die Schweißnaht insgesamt war sehr unregelmäßig
ausgeführt. Die in der Bruchoberfläche gefundenen Schwingstreifen wiesen auf einen Bruch hin, der sich über einen längeren Zeitraum ausgebildet hatte. Der metallographische Querschliff durch die Bruchfläche im Bereich der Schwingstreifen zeigte
deutlich einen Bruchverlauf durch die Wärmeeindringzone. Es traten in diesem Bereich deutliche Kerben oder sogar Nebenrisse auf (Anlagen Abb. 13). Die duktilen
Gewaltbrüche hatten in einigen Bereichen Scherwaben ausgebildet. Dieses deutete
darauf hin, dass diese Bruchbereiche schon eine Orientierung im Bruchverlauf hatten.
Nach den labortechnischen Untersuchungen kann davon ausgegangen werden, dass
sich der Bruch der Schweißnaht aufgrund ihrer schlechten Ausführung über einen
längeren Zeitraum gebildet hat. Zum Zeitpunkt des Unfalles hatte sich der Bruc so
weit durch den Stahlrohrabschnitt gearbeitet, dass der verbliebene Rest der Luftkraft,
dem der Spade ausgesetzt war, nicht mehr entgegenwirken konnte. Die weitere Ab-
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folge des Unfalles hatte sich dann mit großer Wahrscheinlichkeit wie folgt abgespielt:
Zunächst hat sich der Spade immer weiter nach unten weggedreht. Dabei nahm die
Luftkraft durch die sich vergrößernde Fläche, die dem Luftstrom ausgesetzt war, weiter zu. Dadurch wurde das Querruder in seinen oberen Anschlag gedrückt bzw.
überdrückt. Ein Indiz dafür ist das durch den Umlenkhebel eingerissene Gewebe der
Querruderrippe (Anlagen Abb. 7). Nachdem der Anschlag erreicht war, riss der Massenausgleich ab. Danach bewegte sich das Querruder mit großer Wahrscheinlichkeit
mit hoher Geschwindigkeit nach unten. Der erhöhte Auftrieb an der Außentragfläche
hat dann zum Bruch der rechten Tragfläche geführt. Durch den fehlenden Massenausgleich am Querruder ist auch ein mögliches Querruderflattern, das in seiner Folge
zum Bruch der Tragfläche führen kann, nicht auszuschließen.
Weitere Feststellungen, die sich bei der Untersuchung ergeben haben:
Das UL war deutlich überladen. Die zulässige Abflugmasse betrug 450 kg. Allein die
Leermasse und die Körpermasse der beiden Insassen ergaben zusammen 493 kg.
Dabei wurden der Kraftstoff und mitgeführtes Gepäck und Werkzeug nicht berücksichtigt. Die aus den Radardaten ermittelte Fluggeschwindigkeit gegenüber der Luft
im Flugabschnitt vor dem Unfall betrug etwa 200 km/h. Damit lag sie weit im gelben
Bereich des Fahrtmessers, in dem Manöver nur mit Vorsicht ausgeführt werden dürfen. Die höchstzulässige Geschwindigkeit für das UL betrug 225 km/h und die Manövergeschwindigkeit 160 km/h. Das Wegdrehen des Spades nach unten und die daraus resultierende Zunahme der Luftkraft wirkte dabei wie ein sehr abruptes Manöver.
Schlussfolgerungen
Der Flugunfall ist darauf zurückzuführen, dass aufgrund eines Fertigungsmangels eine Schweißnaht brach. Der Bruch der Schweißnaht trennte die Verbindung zwischen
Querruder und Massenausgleich. Der Verlust des Massenausgleichs löste ein ungewolltes Ausschlagen des Querruders aus. Dies führte in der Folge zum Verlust eines
Großteils der rechten Tragfläche, wobei das UL in einen Spiralsturz überging und
abstürzte.
Sicherheitsempfehlungen
Als Sofortmaßnahme hat die BFU am 12.12.2014 folgende Sicherheitsempfehlung
herausgegeben:
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Empfehlung Nr.: 10/2014
Das Luftsportgerätebüro des Deutschen Aero-Clubs (DAeC) sollte sicherstellen, dass
bei Ultraleichtflugzeugen des Musters D4 Fascination und deren Derivate an den
Querrudern die Schweiß- und Nietverbindungen der Anbringung der Ruderausgleichsmasse auf ihre Güte geprüft werden und eine Korrosionsuntersuchung vorgenommen wird.
Als Maßnahme hat der DAeC am 19.12.2014 die LTA-Nr.: LSG 14-002 herausgegeben.
Da Flugzeuge des Musters D4 Fascination auch als Einzelstücke durch das LuftfahrtBundesamt (LBA) zugelassen wurden, wurde die Empfehlung auch an diese Adresse
gerichtet:
Empfehlung Nr.: 11/2014
Das Luftfahrt-Bundesamt (LBA) sollte sicherstellen, dass bei Flugzeugen des Musters D4 Fascination und deren Derivate an den Querrudern die Schweiß- und Nietverbindungen der Anbringung der Ruderausgleichsmasse auf ihre Güte geprüft werden und eine Korrosionsuntersuchung vorgenommen wird.
Das LBA hat am 14.01.2015 mit einem Informationsbrief an die Erbauer auf die Empfehlung reagiert.
Da sich bei der laufenden Untersuchung herausstellte, dass das Flugzeugmuster D4
Fascination auch als Leichtflugzeug (VLA) durch die Europäische Agentur für Flugsicherheit (EASA) zugelassen wurde, wurde die Empfehlung am 23.01.2015 auch an
diese Adresse gerichtet:
Empfehlung Nr.: 1/2015
Die Europäische Agentur für Flugsicherheit (EASA) sollte sicherstellen, dass bei
Flugzeugen des Musters D4 Fascination und deren Derivate an den Querrudern die
Schweiß- und Nietverbindungen der Anbringung der Ruderausgleichsmasse auf ihre
Güte geprüft werden und eine Korrosionsuntersuchung vorgenommen wird.
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Untersuchungsbericht BFU 3X096-14
Untersuchungsführer:
Nehmsch
Untersuchung vor Ort:
Weigand, Sobolewski
Mitwirkung:
Knoll
Braunschweig, 18. September 2015
Anlagen
Abb. 1: Luftaufnahme der Absturzstelle in Flugrichtung
Quelle: Polizei Hessen
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Abb. 2: Bruchstelle an der rechten Tragfläche von vorn
Quelle: BFU
Abb. 3: Oberseite der rechten Tragfläche mit Bruch
Quelle: BFU
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Abb. 4: Gebrochener Holm und gebrochene Querrudersteuerstange
Quelle: BFU
Abb. 5: Unterseite der rechten Tragfläche, Bereich der
herausgebrochenen Querruderausgleichsmasse
Quelle: BFU
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Abb. 6: Rechte Querrudersteuerung mit Umlenkhebel
Quelle: BFU
Abb. 7: Umlenkhebel am Anschlag Querruderausschlag nach oben,
eingerissenes Gewebe der Rippe
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Quelle: BFU
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Abb. 8: Übersicht Querruderrohr und Massenausgleich
Quelle: ifs
Abb. 9: Übersicht der Bruchfläche mit Schweißperlen am unteren Bildrand
und „Schweißerpfennig“ rechter oberer Bildrand
Quelle: ifs
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Untersuchungsbericht BFU 3X096-14
Abb. 10: Bindefehler Bildmitte und rechts unten, Gewaltbruch oben links
Quelle: ifs
Abb. 11: Gewaltbruchstruktur sowie Mikrolunker oben links und rechts der
Bildmitte
Quelle: ifs
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Untersuchungsbericht BFU 3X096-14
Abb. 12: Schwingstreifen sowie Gewaltbruchanteile
Quelle: ifs
Abb. 13: Metallographischer Querschliff am Bruch mit Nebenriss
Quelle: ifs
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Die Untersuchung wurde in Übereinstimmung mit der Verordnung (EU)
Nr. 996/2010 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Oktober 2010 über die Untersuchung und Verhütung von Unfällen und Störungen in der Zivilluftfahrt und dem Gesetz über die Untersuchung von Unfällen und Störungen beim Betrieb ziviler Luftfahrzeuge (FlugunfallUntersuchungs-Gesetz - FlUUG) vom 26. August 1998 durchgeführt.
Danach ist das alleinige Ziel der Untersuchung die Verhütung künftiger
Unfälle und Störungen. Die Untersuchung dient nicht der Feststellung des
Verschuldens, der Haftung oder von Ansprüchen.
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