Wenn der Krieg Kinderseelen zerstört

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REGENSBURG
Dienstag, 13. Oktober 2015
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Wenn der Krieg Kinderseelen zerstört
Unikinik bildet Traumahelfer aus, damit Flüchtlinge Kriegserlebnisse verarbeiten können
REGENSBURG
www.donau-post.de
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Die Polizei meldet
Papiertonnen angezündet
Unbekannte zündeten in der
Nacht zum Montag vier Papiertonnen in der Dietrich-BonhoefferStraße an. Diese waren zur Abholung am Montagmorgen bereitgestellt worden. Obwohl die Berufsfeuerwehr das Feuer schnell unter
Kontrolle hatte, waren die Container vollständig zerstört. Der Schaden wird auf 5000 Euro beziffert.
Fremder klettert auf Balkon
Am Sonntagabend, gegen 23.30
Uhr, meldete ein Bewohner der
Grunewaldstraße eine fremde Person auf seinem Balkon. Diese sei geflüchtet, nachdem sie offensichtlich
entdeckt worden war. Die alarmierten Polizeibeamten fanden daraufhin in der Umgebung einen etwa
25-jährigen Mann, der sich in einem
Gebüsch versteckt hatte.
Der Verdächtige wies sich bei der
Kontrolle mit einem belgischen
Ausweis aus, der sich als Fälschung
herausstellte. Da weder seine Person noch seine Absichten feststehen, wurde der Mann nach Rücksprache mit der Staatsanwaltschaft
bis zur Aufklärung der Ungereimtheiten inhaftiert.
Fahrgast bei Bremsung verletzt
Sonntagnachmittag
ist
eine
78-jährige Rentnerin in der Ostpreußenstraße in einem Linienbus
des RVB gestürzt. Die Frau wollte
an der Haltestelle Ostpreußen-/
Aussiger Straße aussteigen und war
bereits von ihrem Sitzplatz aufgestanden. Wegen eines entgegenkommenden Autos musste der Busfahrer
abrupt abbremsen. Der 28-jährige
Autofahrer fuhr an einem geparkten Wagen vorbei und missachtete
die Wartepflicht. Durch den Sturz
wurde die Frau mittelschwer verletzt. Sie wurde in ein Krankenhaus
gebracht.
R e g e n s b u rg . Viele Flüchtlingskinder haben schlimme Dinge erlebt. Um sie damit nicht alleinzulassen und auch spätere psychische
Erkrankungen zu vermeiden, wollen Professor Dr. Thomas Loew und
Beate Leinberger von der Psychosomatischen Abteilung des Uniklinikums Regensburg (UKR) Laien zu
Traumahelfern ausbilden. Für das
Pilotprojekt, das im November beginnt, können sich noch Freiwillige
melden.
„Ein Viertel der Flüchtlingskinder – und das sind derzeit in Regensburg um die 500 – dürften traumatisiert sein“, erklärt die Kinderund Jugendtherapeutin Beate Leinberger. Gerade heute hatte sie ein
Kind in ihrer Praxis, das seit dem
Bombardement
übermäßig
erschrickt, immer Schweißausbrüche
und Angstattacken bekommt, wenn
es Flugzeuge hört. Die Internationale Klassifizierung der Krankheiten (OCD) bezeichnet Trauma als
ein „belastendes Ereignis mit außergewöhnlicher Bedrohung, die bei
fast jedem eine tiefe Verzweiflung
hervorrufen würde.“ Während in
der akuten Belastungssituation wie
einem Bombenanschlag erstmal die
Abläufe wie Flucht ganz normal
funktionieren, treten oft nach 24
Stunden nach dem traumatischen
Erlebnis oft akute Belastungsstörungen wie Schwitzen, Herzrasen
oder Unruhe auf. Später können –
häufig durch einen Trigger ausgelöst – noch zahlreiche weitere
Symptome auftreten.
Der Trigger ist ein Schlüsselreiz,
den das Gehirn im Alltag mit dem
längst vergangenen traumatischen
Erlebnis in Verbindung bringt und
Symptome - sogenannten posttraumatische Belastungsstörungen hervorruft. Wie das Flüchtlingskind
Indem traumatisierte Flüchtlingskinder mit Figuren – wie hier dem Panzer und den Plastiksoldaten – Kriegsszenen nachspielen, können sie schlimme Erinnerungen nach und nach aufarbeiten.
(Foto: Leinberger)
in der Praxis von Leinberger Flugzeugsgeräusche mit dem Bombardement in Syrien in Verbindung
bringt. Wenn das der Fall ist, dann
ist eine professionelle Behandlung
dringend nötig.
Schwierig: Therapeutische
Hilfe für Flüchtlingskinder
Doch die Möglichkeiten für eine
reguläre therapeutische Unterstützung sind für Flüchtlinge schwierig,
fährt Leinberger fort. „Zu viele bürokratische Hürden, dann die Kostenübernahme und zuletzt macht
auch oft der lange Anfahrtsweg einen Strich durch die Rechnung.“
Schlimm, findet die dunkelhaarige
Kindertherapeutin, die in Straubing-Bogen in der eigenen Praxis
viel mit traumatisierten Kindern
Gestohlenes Auto entdeckt
Am Samstag, gegen 17 Uhr, wurde auf der Autobahn A3 an der Anschlussstelle
Universität
der
29-jährige Fahrer eines in Bulgarien
zugelassenen Mercedes E320 kontrolliert. Dabei wurde festgestellt,
dass die originale Fahrgestellnummer verändert und das Fahrzeug zur
Sicherstellung ausgeschrieben war.
Deshalb wurde die Weiterfahrt unterbunden und der Wagen beschlagnahmt. Gegen den Fahrer wurde unter anderem ein Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts auf Hehlerei eingeleitet.
Elternabend Pubertät
Regensburg. Mit einem Referat
zur „Pubertät“ führt die Psychologin Nicola Bock von der Beratungsstelle der Diakonie in einen Elternabend am heutigen 13. Oktober, um
19 Uhr, in der Realschule Am Judenstein, in ein gewichtiges Thema
ein, welches früher oder später alle
Eltern bewegt. Infos unter der Telefonnummer 0941/2977111.
Bestattungen heute
In Regensburg
Oberer katholischer Friedhof:
10.15 Uhr, Christa Heller, 57 Jahre;
Unterer katholischer Friedhof:
10 Uhr, Ursula Stiersdorfer, 93 Jahre;
11 Uhr, Karl Riemann, 80 Jahre;
Friedhof Reinhausen:
10.30 Uhr, Heribert Windl, 88 Jahre.
Die Infoveranstaltung mit Prof. Thomas Loew und der Kindertherapeutin Beate
Leinberger vom UKR war mehr als gut besucht.
(Foto: Lehner)
arbeitet. Denn wenn traumatisierte
Kinder nicht therapeutisch unterstützt werden, kann sich das häufig
durch das ganze Leben ziehen und
gravierende Konsequenzen auf
Schul- und Berufserfolg haben und
sich auf die Beziehungsfähigkeit
auswirken. Und nicht zu vergessen,
die hohen Kosten für spätere
psychologische Behandlungen, betont Leinberger. Ganz abgesehen
davon, dass „wir gerade viel zu wenige Kindertherapeuten haben, um
in den nächsten Jahren die große
Anzahl an Flüchtlingskindern adäquat psychologisch zu versorgen“.
Pilotprojekt: Laienhelfer für
traumatisierte Flüchtlinge
Deshalb kam in diesem Punkt
Nichts-Tun für Leinberger und
Loew nicht in Frage. Wenn die regulären therapeutischen Möglichkeiten für die Flüchtlinge nicht zur
Verfügung stehen, muss ein Ersatzplan her: die Ausbildung von Laien
zu Traumahelfern. Was in Deutschland ein Pilotprojekt ist, wird in Afghanistan und Südamerika schon
lange praktiziert. Da die Therapeutendichte in Südamerika gleich null
ist, müssen die Kapazitäten vor Ort
genutzt werden: Hilfsbereite und
engagierte Laien, die sich mit den
Basics von Traumata und mit deren
Umgang auseinandersetzen und somit jungen Menschen helfen, ihre
verletzte Seele zu heilen.
Ab November soll das Projekt mit
einem Nachmittag pro Woche beginnen. Die Kinder und Jugend-
lichen zwischen sechs und 18 Jahren
sollen dabei in drei Altersgruppen
betreut werden.
Im Zentrum steht dabei, dass sie
auf spielerisch-künstlerische Weise
traumatische Erlebnisse verarbeiten können. Die jüngeren Kinder
können dabei mit eine Kiste voll Figuren – wie Bäume, Häuser, aber
auch Soldaten – spielerisch aktiv
werden und Szenen arrangieren.
„Die meisten von ihnen fangen sehr
schnell an, mit Soldaten schlimme
Ergebnisse nachzustellen“, erklärt
Leinberger. Der Laienhelfer begleitet das Spiel durch seine Anwesenheit und dokumentiert es schriftlich
und mit Fotos. Ältere Kinder und
Jugendliche sollen statt der Sandkiste mit den Figuren durch Malen
schlimme Ereignisse thematisieren.
Danach folgt ein Austausch der Laienhelfer mit einem professionellen
Kinder- und Jugendtherapeuten:
Dabei sollen sich die Laienhelfer
untereinander mit ihren Fragen und
Belastungen unter professioneller
Anleitung austauschen.
-el■ Laienhelfer werden
Wer sich für das Projekt interessiert,
kann sich auf www.gewiss-ev.de informieren. Wer die Beschaffung der
Materialien, wie die erwähnten
Sandkisten, finanziell unterstützen
möchte, kann dies auf folgendem
Konto: Raiffeisenbank Sinzing,
Kontoinhaber: GewiSS e.V., IBAN:
DE28750690780000233137 BIC:
GENOF1SZV Verwendungszweck:
Traumahilfe für Flüchtlinge.
Abgeordnete informieren sich bei der Medbo
Astrid Freudenstein und Ute Bertram beschäftigen sich mit psychischen Erkrankungen
R e g e n s b u rg . Vergangene Woche besuchte Ute Bertram (CDU),
Berichterstatterin für Psychiatrie
und Psychotherapie der CDU/CSUBundestagsfraktion, zusammen mit
der Regensburger CSU-Abgeordneten Dr. Astrid Freudenstein das Regensburger Bezirksklinikum der
Medizinischen Betriebe des Bezirks
Oberpfalz (Medbo). Auf Einladung
von Professor Rainer Rupprecht,
dem Ärztlichen Direktor der Universitäts-Psychiatrie am Bezirksklinikum, diskutierten sie gesundheitspolitische Themen.
Auf der Tagesordnung stand –
laut eines Pressetexts vom Montag –
zum einen die geplante Novelle des
Psychotherapeutengesetzes.
Die
Vor- und Nachteile einer sogenannten Direktausbildung, welche eine
Neuordnung entsprechender Studiengänge zu Folge hätte, wurden
ebenso diskutiert wie der zukünftige Status der derzeitigen Psychologen im Praktikum sowie deren mögliche Vergütung.
Neben Klinikdirektor Rupprecht
nahmen an der Diskussion auch die
Leitende Psychologin Dr. Monika
Sommer sowie auch Psychologen im
Praktikum teil – also die direkt Betroffenen.
Einen weiteren Schwerpunkt der
Diskussion stellte das neue Entgeltsystem PEPP (Pauschalierendes
Entgeltsystem für Psychiatrie und
Psychosomatik) dar, welches derzeit
Gegenstand intensiver Diskussionen zwischen Parteien und Fachverbänden ist. Die Abgeordneten
konnten sich ein Bild von der Wirklichkeit einer psychiatrischen Großklinik machen, insbesondere die
Diskussion mit Patienten auf verschiedenen Stationen der Klinik
wurde als Bereicherung des Besuchs
dargestellt.
Professor Thomas Baghai stellte
die Personallage psychiatrischer
Kliniken am Beispiel der Regensburger Klinik dar. An die Politik
wurde die Bitte formuliert, mögliche Alternativen einer Neuordnung des Entgeltsystems sorgsam
zu prüfen, da Psychiatrie und Psychosomatik angesichts der Häufigkeit dieser Erkrankungen eine enorme gesundheitspolitische Heraus-
forderung darstellten. Auf großes
Interesse stieß auch die Vorstellung
des bayerischen Modells der Psychiatrischen
Institutsambulanzen
durch Dr. Michael Ziereis, tätig in
Wöllershof, welches sich seit vielen
Jahren flächendeckend als praxistauglich in Bayern erwiesen habe.
Rupprecht bedankte sich bei den
Abgeordneten für ihr Kommen und
die engagierte Diskussion und hofft
auf gute Nachrichten aus Berlin.
Dr. Astrid Freudenstein (l.) und Ute Bertram informierten sich bei Professor Rainer Rupprecht über die Situation in der Psychiatrie.
(Bild: Medbo)