Betagte Koffer auf kultiger neuer Reise

36 | KARRIERE
NEUE AM SONNTAG
3. JÄNNER 2015
KARRIERE | 37
NEUE AM SONNTAG
3. JÄNNER 2015
IUNICUM ICONIC&UNIQUE
Aus alten
Tennisschlägern werden
Spiegel.
Betagte Koffer
auf kultiger
neuer Reise
Iconic
(kultig)
& Unique
(einzigartig).
Das junge Unternehmen Iunicum in Zwischenwasser steht für handgemachte Einzelstücke. Nicht nur
Gepäckstücken wird neues Leben eingehaucht.
DANIELLE BIEDEBACH (TEXT)
KLAUS HARTINGER (FOTOS)
B
ekanntlich reist es sich ja
besser mit leichtem Gepäck. Und so handhaben es
auch die drei Jungunternehmer
Sarah und Martina Schachenhofer sowie Klemens Seyr. Die
kreativen Köpfe aus Zwischenwasser und Bozen veredeln
betagte und geräumige Gepäckstücke lieber zu einzigartigen
Designermöbeln.
„Wir kreieren handgefertigte
Stücke. Unsere Kunden sollen
ein Objekt zu Hause haben, das
kein zweites Mal existiert“, erklärt der 30-Jährige Seyr aus
Bozen. Mobiliar, Spiegel, Accessoires oder Polster werden
über die Homepage der im Oktober gegründeten Firma vertrieben. Diese ging vor zirka
vier Wochen online.
Der Großteil der Unikate
sind Koffermöbel. Dabei wird
den alten Gepäckstücken – wie
beispielsweise auch Truhen –
neues Leben eingehaucht. Diese bekommen Beine, Polsterung und einen Bezug. Dazu
suchen die kreativen Köpfe spezielle, farblich passende Stoffe
aus. Jedes Möbel bekommt
damit einen ganz individuellen
Touch. Denn die Kreation soll
am Ende dominant im Raum
sein. „Das Möbelstück soll gesehen werden. Auffallen“, sagt
Sarah Schachenhofer.
Die drei Partner arbeiten in
Kooperation mit Produktionsunternehmen. „Mein Vater ist
beispielsweise Tapezierer und
Raumausstatter. Das Familienunternehmen in Bozen existiert
seit 1939. Er ist für uns beratend
tätig und übernimmt schließlich auch das Polstern der Sitzmöbel“, erklärt Seyr.
Bei Spiegeln etwa arbeitet
das Team wiederum mit Glasern zusammen. Im Endeffekt
sind sie gestalterisch tätig.
Geben kreative Impulse. Die
ausführende Kraft ist dann der
jeweilige Experte. Geistreiche
Ideen werden mit professionellem Handwerk-Know-how
kombiniert.
Die Gepäckstücke, die neue
Verwendung finden sollen,
stammen mitunter aus dem 19.
Jahrhundert. „Wir haben Exemplare auf denen k.u.k. Monarchie geschrieben steht“,
erzählt Schachenhofer begeistert. Oder etwa Schiffskoffer, welche noch von Überseereisen zu Zeiten des Ersten
Weltkriegs stammen. In so
manches der betagten Stücke
wurden
Zeitungsausschnitte
hinein geklebt. Damit lässt sich
ein ungefähres EntstehungsDatum bestimmen. Jeder Koffer
trägt eine Geschichte in sich.
Der frühere Reiseweg oder der
einstige Eigentümer lässt sich
oft durch Aufkleber oder Aufschriften erraten. Manche Geschichte jedoch wird wohl ewig
ein Gehemnis bleiben.
Hinter IUNICUM stehen: Sarah
Schachenhofer (links), Klemens
Seyr sowie Martina Schachenhofer (nicht im Bild).
Eine alte Truhe wird zum Sitzmöbel und zur Aufbewahrungsmöglichkeit.
Besagte Kleber, Beschriftungen oder Kratzer dürfen die
Gepäckstücke „behalten“. „Das
ist authentisch, und Patina gehört zu solch alten Stücken“,
sind sich Schachenhofer und
Seyr einig.
Hauptquellen für das „Rohmaterial“ sind Flohmärkte.
Europaweit. Fündig geworden
sind die drei Unternehmer
bereits in Frankreich, Italien,
Deutschland, Österreich und
in der Schweiz. „Wir durchstöbern Trödelmärkte und kaufen
die Gepäckstücke gezielt. Selektiert wird gründlich. Nicht
jedes Modell erwerben wir“,
betont Seyr. Ästhetisch und
schön müssen die Objekte der
Begierde sein. Das Maß dafür
ist immer die Antwort auf die
Frage: Würden wir diesen Koffer selbst zu Hause aufstellen?
Dachbodenschätze
Neben den Flohmärkten finden sich teilweise noch Einzelstücke auf Dachböden von Verwandten der Firmengründer.
„Seit die Homepage online ist,
kommen auch Kunden auf uns
zu, um uns die Einzelstücke anzubieten“, ergänzt Schachenhofer.
Das Erbstück von Oma und
Opa wird dann also in Form
eines besonderen Elements zurück ins Haus gebracht. Von
der Anfrage über den Design-
Vorschlag bis hin zum fertigen
Einzelstück vergehen einige
Tage intensiver Handarbeit.
Am Ende ist dann ein Sitzmöbel entstanden, welches nicht
nur schön anzusehen, sondern
auch funktionstüchtig ist.
„Mein Lieblingsstück ist eine alte Truhe aus Frankreich,
welche wir in der Provence
entdeckt haben. Das edle Stück
stammt aus dem 19. Jahrhundert.
Die Truhe wurde so umgestaltet, dass die eigentliche Funktion beibehalten wurde“, erzählt
Schachenhofer. Unter der herausnehmbaren Sitzfläche ist
noch immer Stauraum.
Preisklasse
„Die individuell designten
Stücke werden ihrer Preisklasse gerecht“, sagt Seyr. Denn
Qualität aus professioneller
Handarbeit steht bei diesen
Unikaten klar im Vordergrund.
Dass sie kein „Easy-click-andbuy“-Produkt verkaufen ist
den drei Jungunternehmern
Aufschriften lassen die Geschichte hinter den Gepäckstücken erahnen.
bewusst. Darauf waren sie von
Anfang an vorbereitet. Allesamt sind sie neben „Iunicium“
voll berufstätig. Als Produktund Marketingmanager sowie
im Controlling. Für die drei
Geschäftspartner heißt das
konkret: An den Abenden und
an Wochenenden wird weitergearbeitet. Und dieser Einsatz
scheint sich auszuzahlen: „Bisher haben wir ausschließlich
positives Feedback bekommen“.
Die Firmen-Idee ist entstanden, als Sarah Schachenhofer
und Klemens Seyr die neue
Wohnung in Zwischenwasser
einrichten wollten. Das Paar
war recht wenig daran interessiert, Massenware aus großen
Einrichtungshaus-Ketten
aufzustellen. „Man kommt
in fremde Häuser oder Wohnungen, und überall sieht es
ähnlich aus“, erklärt die 28-Jährige ihre Vorliebe für individuelle Einrichtungsgegenstände. „Im Grunde fing alles mit
einem kleinen Kasten im Gang
an. Wir haben uns kurzerhand
entschlossen, das Möbel selber
zu bauen“, ergänzt Seyr. So ist
eines zum anderen gekommen.
Bald entstand der erste Koffersessel, den die beiden für
die eigenen vier Wände anfertigen ließen. „Das war der
Eyecatcher schlechthin. Und
die Anima­tion, das Projekt zu
starten.
Ziel ist es, in Zukunft neben
dem Vertrieb der Unikate auch
eine Plattform für Produzenten
zu sein. Ein digitaler Treffpunkt, in dessen Rahmen jeder
Interessierte sein fachliches
Know-how zur Verfügung stellen kann. „Und zwar so, dass
Designer und Produzenten
aus dem zentraleuropäischen
Raum
zusammenarbeiten
können“, beschreibt Seyr die
Zukunftspläne. Gerade auch in
Vorarlberg gebe es zahlreiche
spannende
Handwerksbetriebe, welche die Plattform
letztlich nutzen könnten, um
ihre einzigartigen Produkte zu
vertreiben.
Und bis dahin laufen die
Jungunternehmer weiter mit
offenen Augen durch die Welt.
Stets auf der Suche nach neuen
kreativer Ideen und alten Koffern. Im Gepäck haben sie ihr
Faible für das Ausgefallene.
INFORMATION
IUNICUM
Ein Online-Shop für Qualitätsprodukte, anspruchsvolles
Design und handgemachte
Unikate
Eröffnung: November 2015
Inhaber: Martina Schachenhofer, Sarah Schachenhofer,
Klemens Seyr
Standort: Boden 7,
6835 Zwischenwasser
Kontakt: [email protected]
www.iunicum.at