Ausgabe 4 - Herbst 2015

AUSGABE 4 / H E R B S T 2015
J P I M MO B I L I E N P R Ä S E N T I E R T
VON DER N EU L ING GA S SE BIS Z U M NIBELU NGE N V IERT EL
Der
Grätzel
Bericht
03
04/10
15
Neulinggasse
Hauptbahnhof
& Favoritenstraße
Nibelungenviertel
und mehr
fi Pulsierendes Leben in den Parks
fi Originelle Papeterie
fi Traditionelle Wiener Küche
fi Kaffeehaus mit Schanigarten
fi Angesagter Treffpunkt für die Favoritner
fi 15 süße Minuten
fi Bahn belebt
fi Stahl- und Glaselemente auf 30.000 Quadratmeter
fi Spätphase der Wiener Secession
fi König der Vielfalt
fi Kultureller Treffpunkt mit Lesungen
fi Mediterrane Lebensfreude
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EINLEITUNG
Wiener
Grätzel
EINLEITUNG
EINE STADTEROBERUNG
MIT DEM R AD
Der bereits vierte Grätzel Bericht ist auf etwas andere
Art entstanden als seine Vorgänger. Hoch vom Fahrrad haben
wir drei Erkundigungen gestartet.
E
inmal ging es die Neulinggasse entlang zwischen Modenapark und Arenbergpark. Dann
durchforsteten wir, wie sich die Gegend um
den Hauptbahnhof entwickelt hat. Sie war schon
einmal Thema im Grätzel Bericht und wir prognostizierten ihr eine gute Entwicklung, weil Verkehrsinfrastruktur Menschenströme mit sich bringt und damit
Belebung und Wohlstand. Wir scheinen richtig gelegen zu sein. Schließlich sind wir in das pulsierende
Nibelungenviertel gefahren und haben dort eine junge, frische Szene entdeckt.
Schön, wenn Sie, liebe Leserin, lieber
Leser uns symbolisch mit dem Rad
begleiten, um diese drei Grätzeln Wiens
kennenzulernen.
Die Produktion des Grätzel Berichts war diesmal
einigermaßen herausfordernd. Es sollten zusätzlich
zum gedruckten Magazin auch wieder kurze Filme
entstehen, die das Geschriebene mit bewegten Bildern unterlegen. So radelten eine Fotografin und
die Produktionsleiterin bei der brütenden Hitze des
heurigen Sommers durch die Gegend – und waren
noch gut dran. Denn das dreiköpfige Filmteam hatte
das notwendige Equipment zu tragen und zu bedienen, keine einfache Aufgabe, wenn die TemperaturAnzeige schon mal an der 40 Grad Celsius-Marke
kratzt.
Alle drei Grätzel
verbindet ihr jeweils
eigener Charme.
Die Grätzel, die wir für Sie aufbereitet haben,
könnten unterschiedlicher nicht sein, und doch stellen sie, jedes für sich, einen typischen und klassischen
Teil Wiens dar. Die vornehme, „DIPLOMATENVIERTEL“
genannte Gegend rund um die Neulinggasse, das in
einer dynamischen Entwicklung befindliche Grät-
zel rund um den Hauptbahnhof, wo noch so vieles
gebaut und fertig gestellt wird, und schließlich eine
aufstrebende Gegend im 15. Bezirk, wo die Mieten
erschwinglich sind und sich Menschen aus den verschiedensten Ländern und viele Studierende niedergelassen haben.
Alle drei Grätzel verbindet ihr jeweils eigener
Charme und die unbedingte Zuneigung ihrer Bewohner. Die alten Damen aus dem Arenbergpark
sind ebenso davon überzeugt, in der ultimativen Gegend zu wohnen, wie der Wirt neben dem Bahnhof
oder Herr Natanov, der aus Usbekistan kam und im
Nibelungenviertel heimisch geworden ist. Er verkörpert das multikulturelle Wien und ist so etwas
wie ein kleiner Bürgermeister eines ebenso kleinen
Grätzels. Wer sieben Sprachen kann, Menschen aller
Nationen betreut und dabei immer freundlich ist,
steht für ein schönes Bild unserer Stadt.
Schwingen Sie sich also auf ein symbolisches
Fahrrad, vergessen Sie für diese Übung den Helm
und folgen Sie uns in drei schöne Gegenden unserer
Stadt. Viel Lesevergnügen!
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3. BEZIRK, NEULINGGASSE
Die
Neulinggasse
VOM MODENA- BIS ZUM ARENBERGPARK.
Die Neulinggasse zwischen Modenapark und Arenbergpark,
ist ein wahres Wohlfühl-Grätzel. Prächtige Gemeindebauten aus den
1930 er - Jahren mit klaren, teils schlichten Fassaden reihen
sich neben prachtvolle Palais und Bürgerhäuser mit ausladenden Balkonen.
G
eschäftiges Treiben auf den
Straßen, pulsierendes Leben
in den Parks und die Nähe zur
Innenstadt schaffen eine ganz besondere Atmosphäre. Viele Botschaften und
Konsulate haben sich hier angesiedelt,
was der Gegend eine internationale
Ausstrahlung verleiht. Die beiden Parks
bilden kleine Naturinseln inmitten der
städtischen Struktur.
Den heutigen Namen erhielt die
Gasse, die seinerzeit Grasweg, dann
Grasgasse hieß, im Jahr 1862 nach
Vinzenz Neuling (1795 – 1846). Dieser
Gastwirt und Bierbrauer erbte von seinem Vater, einem wohlhabenden Juwelier mehrere Besitztümer in der damals
noch dörflichen Gegend. Seinen Wohlstand verwendete er zur Förderung von
Kultur und zur Unterstützung armer
Menschen. Er veranstaltete Hauskonzerte, eröffnete ein Theater und war
Wohltäter unter anderem für zahlreiche Obdachlose nach der großen Überschwemmung, dem Donauhochwasser
von 1830.
Das tragische Intermezzo des
Nationalsozialismus bescherte ihr vorübergehend einen weiteren Gassennamen. Weil die Neulings jüdischer
Abstammung waren, wurde die Gasse
zur Schredtgasse umbenannt, was 1945
schließlich wieder korrigiert wurde.
Gleich am Beginn unseres Spaziergangs entlang der Neulinggasse an
der Ecke zum Modenapark stößt man
auf den geschichtlich und architektonisch interessanten „ALICE UND HEINRICH SCHEUER-HOF“ . In der Zwischenkriegszeit vom Schweizer Architekten
Armand Weiser erbaut, gilt der Hof
noch heute als Vorzeige-Wohnhausanlage. Das Gebäude wurde auf dem ehemaligen Grundstück des Palais SalmVetsera errichtet, in dem dann Helene
Baronin Vetsera und ihre Tochter Mary
Vetsera, deren tragisches Schicksal
viele Menschen bis heute beschäftigt,
wohnten.
Das Haus zeichnet sich durch
langgezogene Balkone und eine
verglaste Veranda im Zentrum
der Fassade zur Neulinggasse
hin aus und verfügt über
Rundbalkone an der Ecke
zum Modenapark.
Prachtvolle und schlichte Fassaden
Im Sommer 2008 wurde die Wohnhausanlage in „ALICE UND HEINRICH
SCHEUER-HOF “ unbenannt. Der Journalist Heinrich Scheuer und seine Frau
hatten viele Jahre bis zu Ihrer Deportation nach Minsk im Jahre 1942 in
der Wohnhausanlage gelebt. Mit der
Umbenennung wurde ein sichtbares
Zeichen der Erinnerung an die Opfer
des Nationalsozialismus gesetzt.
3. BEZIRK, NEULINGGASSE
Der Modenapark
ITALIENISCH MONDÄNER NAME
T
reten wir also ein, in den Modenapark. Die etwa 8.000 m2
große Parkanlage wurde im
Jahr 1700 als Ziergarten angelegt.
Nach einigen Besitzwechseln kaufte sie
Erzherzogin Beatrix d’Este von Modena
(1750 – 1829), die hier ein inzwischen
längst abgerissenes Palais besaß. Ihr
verdankt der Park also den italienischmondänen Namen „MODENA“ .
Rund um den Park, vor allem an
der Ostseite gibt es privat errichtete
Bauten aus der Zwischenkriegszeit.
Das ist eine Seltenheit aus einer Zeit,
in der die Kommune – Stichwort
„ROTES WIEN“ – großflächig baute, um
die herrschende Wohnungsnot zu mildern. In der Mitte des Parks steht die
von Josef Müllner geschaffene Skulpturengruppe „KNABE MIT PANTHERN“
oder Scherzogruppe. Die Bronzefiguren haben ein wechselvolles Schicksal
hinter sich und können jetzt, hundert
Jahre nach ihrer ersten Aufstellung
hoffen, endlich ein ruhiges Plätzchen
gefunden zu haben. Die Gruppe stand
ursprünglich im Arenbergpark, einer
der nächsten Stationen unseres Spaziergangs, wurde jedoch 1929 gestohlen, vermutlich um in der damaligen
Depression das Rohmaterial anderen
Zwecken zuzuführen.
Die von der Gemeinde Wien ersetzte Skulptur wurde von der nationalsozialistischen Verwaltung 1942 aus
dem Park entfernt und auf der Rampe
des Schwarzenbergplatzes aufgestellt.
„Scherzo“, in der Musik ein zumeist
schnell-bewegtes, heiteres und lebendiges Stück wurde ja damals wirklich
nicht gespielt. Schließlich kam das
gute Stück 1948 in den Modenapark,
wo der Jüngling jetzt auf Dauer mit
seinen Panthern spielen darf.
Originelle Papeterie
V
orbei an schönen Häuserfassaden und kleinen Geschäften stoßen wir auf die
Ungargasse, die sich links bis zur Invalidenstraße und rechts bis zum Rennweg erstreckt. Gleich rechts von unserem Weg, etwa 150 Meter von der Ecke
Neulinggasse entfernt auf Ungargasse
55 befindet sich ein kleines Geschäft
namens „PAPIER FLIEGER “. Seit einem
Jahr betreibt Katerina Widauer dort
ihre originelle Papeterie. Von Papierwaren aller Art, Schul- und Büroartikel
bis hin zu Duftkerzen und Originellem
für Küche und Tisch führt sie ein buntes Sortiment.
Genussvolles kurzes Gässchen
B
evor wir weiter zum Arenbergpark radeln, machen wir einen
Abstecher in die Posthorngasse.
Dort erschallt zwar kein Horn mehr
und auch der Postmann klingelt selten
zwei Mal, weil das Gässchen nur sehr
kurz ist. Aber hier residiert auf Haus
Nummer 6 die Labe - Station „WINKLERS
ZUM POSTHORN“. Wo früher die „FRAU
STEFFI“ das Koch- und Wirtsszepter
schwang, war auch Helmut Qualtinger
gerne zugegen und das oft bis in die
frühen Morgenstunden oder Friedensreich Hundertwasser und viele andere
Genussmenschen.
Herr Winkler, der jetzt amtierende
Wirt, ist am Modenapark aufgewachsen, lebt seit vierzig Jahren hier und
hat vor einiger Zeit die Gastwirtschaft
übernommen. Der Park hat seine Jugend begleitet, weil er dort jeden Tag
dem Fußball nachlief. Die Matches
der Parkmannschaften in den „Käfigen“
waren legendär. Wenn die Modenaparkler auf die Gymnasiasten der Stubenbastei trafen, die ihren Platz im Stadtpark hatten, ging es nicht immer nur
fair zu. Herr Winkler aber ist über jeden
Verdacht erhaben, er ist heute ein honoriger Wirt, der sein Grätzel liebt, wie die
Grätzel-Bewohner sein Wirtshaus. „Wo
kann man besser leben als hier“, fragt
er, und es ist klar, dass er das nur rein
rhetorisch meint, „Unser Grätzel ist toll
und es hat einfach alles“.
Im „WINKLERS ZUM POSTHORN“
gibt es einen wichtigen Teil von diesem
„allen“, über das der Wirt so schwärmt,
näm­lich traditionelle Wiener Küche, wie
etwa Rindsuppe mit Leberknödeln oder
Frittaten, eine feine Rübensuppe mit
Krennockerl oder „darf ’s ein Tafelspitz-
sülzchen sein?“ Auch für den klei­­
nen
Hunger gibt es Abhilfe: Schweinsbratenbrot mit Pfefferoni und Kren, geröstete Knödeln mit Ei und einen knackigen
Blattsalat dazu. Oder was sagen Sie zu
Zwiebelrostbraten mit Braterdäpfel und
Fächergurkerl? Alleine die Speisekarte
zu lesen, ist ein Genuss und die Speisen
halten das, was sie in aller Ausführlichkeit verspricht.
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3. BEZIRK, NEULINGGASSE
Der Arenbergpark
D
er nach dem Essen angesagte
Spaziergang führt uns weiter
zum zweiten großen Park des
Grätzels, dem Arenbergpark.
Er ist Zentrum und Treffpunkt in
der Neulinggasse und hat alles, was ein
Wiener Park und seine Besucher benötigen: Viel Grün, ausreichend Wege
zum Flanieren, einen großen Spielplatz
für die Kleinen, ein kleines Kaffeehaus
für die Großen, Zonen für Hunde und
ihre Besitzer – und auch die Jugend
kommt mit einem eigenen, wenngleich
kleinen Sportplatz auf ihre Rechnung.
In das Gezwitscher von Vögeln
mischt sich Kinderlachen, es riecht
nach Sonne und Natur. Hier ist immer
etwas los, im Schatten der Bäume wird
gejausnet, geplaudert und gelacht. Und
auf einer offenen, frei zugänglichen
Fläche garteln AnrainerInnen, SchülerInnen und Kindergartenkinder der
Umgebung zur eigenen Freude und
zur jener der vorbeikommenden Parkbesucher.
Die Geschichte des Arenbergparks ist von adeligen Namen geprägt.
Nikolaus Fürst Esterházy hat ihn im
Jahr 1785 nahe des früheren EsterházyPalais errichten lassen. Dieses Palais an
der Landstrasser Hauptstraße wurde
im Jahr 1958 Opfer der Stadtgestaltung.
Es wurde abgetragen, um einen Durchstich für die Neulinggasse zu schaffen,
Im Jahr 1810 wurde der Park von
Erzherzog Carl erworben. Er galt seinen Zeitgenossen als großer Held, hatte
er doch 1809 den zu diesem Zeitpunkt
noch unbesiegbar geglaubten Napoleon
in der Schlacht von Aspern zumindest
einmal zurückdrängen können. Heinrich von Kleist widmete Erzherzog
Carl schwülstige Verse wie „ÜBERWINDER DES UNÜBERWINDLICHEN“, und
heute noch steht seine Statue neben
Prinz Eugen auf dem Heldenplatz.
Doch zurück zum Park. Der ging später an eine Prinzessin aus dem Adelshaus Arenberg, die ihn im Jahr 1900
an die Gemeinde Wien verkaufte. Der
Adel verschwand von der Bildfläche des
Parks, der Name blieb erhalten.
Im Jahr 1940 wurden im Arenbergpark zwei der insgesamt sechs Wiener „FLAKTÜRME“ errichtet. Sie sollten
helfen, feindliche Flieger abzuwehren.
In einer Historie über die Flaktürme
kann man nachlesen, dass die beiden hier den Codenamen „BALDRIAN“
trugen. Viel mehr als eine minimale,
nervliche Beruhigung hatten sie, wie
wir wissen, tatsächlich nicht zu bieten.
So stehen sie heute im Park als monumentale Mahnung vor einer dunklen
Zeit. Einer von ihnen dient als Lager für das Museum für Angewandte
Kunst (MAK), in dem Gegenwartskunst
gespeichert ist. Hier werden auch
Kunstaktionen unter dem Motto „CAT –
CONTEMPORARY ART TOWER“ veranstaltet, anlässlich derer der Turm für das
Publikum offen steht.
3. BEZIRK, NEULINGGASSE
Barocker
Pavillon
zum
Verweilen
N
och heute kann man ein Relikt aus der seinerzeitigen
Gartengestaltung des Schlossparks sehen. Es ist ein kleiner barocker
Pavillon an der Neulinggasse, der in der
warmen Jahreszeit als Kaffeehaus mit
Schanigarten genutzt wird. Diese Art
von mobilen Outdoor-Locations wurde angeblich in der ersten Hälfte des
19. Jahrhunderts eingeführt. Der Name
„SCHANIGARTEN“ soll von einem Piccolo stammen, der die Tische und Sessel
bei Schönwetter aus dem Kaffeehaus zu
tragen hatte. Er hieß Hans, oder wie der
Wiener sagt „SCHANI“ und ihm wurde
vom Prinzipal befohlen: „Schani, trag’
den Garten raus“. Wenn es nicht stimmen sollte, so ist es doch schön erfunden, wie viele kleine Geschichten aus
dem großen Wien.
Setzen wir uns also in dieses Kaffeehaus, einen ganz reizenden und unprätentiösen Treffpunkt für Eltern mit
Kindern, Pensionisten und Anrainer.
Hier wird, nachdem der Garten hinausgetragen wurde, bescheiden - einfach,
aber schmackhaft aufgetischt. Wo sonst
bekommt man heute noch „Sauermilch
gespritzt“ oder dicke Butterbrote? Unbedingt probieren sollte man den tagesaktuellen Kuchen. Es herrscht absolute
Wohlfühlstimmung.
Der Park bietet aber an allen seinen Ecken ganz jenseits der Geschichte
von Adeligen und Kriegshelden spie-
lenden Kindern, Ruhebedürftigen und
Sonnenanbetern, Joggern und Hundefreunden einen angenehmen Platz zur
Entfaltung. Man könnte nicht besser in
den Tag starten, den Sonntagmorgen
genießen oder einfach eine Ruhepause
zwischen Arbeit und Einkauf einlegen.
Ein paar Schritte jenseits des Pa­
villons sitzen ein paar ältere Damen,
die sich zur gemütlichen Jause im Park
Es herrscht
absolute
Wohlfühlstimmung.
zusammen gefunden haben. Hier trifft
man sich, kommt leicht ins Gespräch
und tauscht die neuesten Nachrichten
über böse Nachbarn, vorlaute Hundebesitzer und über die Enkerln aus. „Entschuldigen Sie, ist noch ein Platzerl frei?“,
möchte eine ältere Dame wissen. Eine
Andere nickt bejahend. Seit gut dreißig
Jahren kommt sie hierher in den Park.
Ja, es gefällt ihr in dieser, ihrer Wohngegend. „Es ist ein feines Grätzel“, sagt
sie mit Überzeugung und die anderen
Damen stimmen ihr heftig nickend zu.
„Man nennt das hier ja nicht umsonst
Diplomatenviertel“, und wieder lächelt
die Damenschar erfreut.
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H A U P T B A H N H O F U N D F AV O R I T E N ST R A S S E
RUND UM DEN HAUP TBAHNHOF
Angesagter
Treffpunkt für
die Favoritner
A
merikanische Geschäftsleute
werden den Europäern oft als
Vorbild hingestellt. Sie sagen
nie, dass sie Probleme hätten, nein,
sie sprechen von Herausforderungen
und verstrahlen stets Optimismus. Es
stimmt, in unserer Kultur ist man ein
wenig zurückhaltender und feiert die
Erfolge lieber am Ende als vor dem
Anfang. Ein alter Witz bringt es auf
den Punkt. Sagt ein Wiener Kaufmann
zum Anderen: „Wie geht das Geschäft?“,
antwortet der Andere: „Wer redet von
gehen? Tragen muss man es!“
René Ringsmuth ist ein erfolgreicher Wiener Wirt. Sein Gasthaus in der
Johannitergasse, wenige Schritte vom
Hauptbahnhof entfernt war immer
schon der angesagte Treffpunkt für die
Favoritner, die Bewohner des zehnten
Bezirks. Der zum europäischen Knotenpunkt mutierte Bahnhof beschert
ihm jetzt viele neue Kunden. Dennoch
ist er zurückhaltend, renommiert nicht
mit seinen Erfolgen, sondern bleibt
bescheiden: „Früher war es sehr hart,
heute ist es immer noch hart. Aber natürlich ist es leichter geworden, es sind
in der Umgebung viele Hotels entstanden und es kommen Gäste aus Nah
und Fern“. Tatsächlich ist die Kombination von wunderbarer, traditioneller
Wiener Küche und dem belebten Platz
eine Erfolgsgarantie. Wer zur Mittagszeit oder am Abend zum „RINGSMUTH “
René Ringsmuth – Wirt des Gasthaus „Ringsmuth“
essen gehen will, ist gut beraten einen
Tisch zu reservieren. Das Publikum ist
bunt, wie der Fahrplan der Bahn vis á
vis. Geschäftsleute aus der Umgebung
treffen auf Rucksacktouristen, Wanderer, die auf ihren Zug warten auf Gäste
aus der Umgebung.
Bahn belebt, das ist eine alte Weisheit. Mit dieser Ansicht treffen wir
uns im Übrigen mit den Amerikanern. Präsident Lincoln hat bereits im
Laufe des Bürgerkriegs den Bau einer
Eisenbahnverbindung nach Kalifornien
genehmigt, mit der klugen Strategie,
das große Land auch faktisch zu verbinden. Bahn verbindet Menschen, aber sie
bringt auch und vor allem Wohlstand.
Der imposante Knoten Hauptbahnhof
macht das Reisen über alle Grenzen
einfacher, lässt Nord und Süd, West und
Ost zusammenkommen.
H A U P T B A H N H O F U N D F AV O R I T E N S T R A S S E
15 süße Minuten
N
icht nur weit entfernt wohnende Menschen, die neuerdings ohne mühsames
Umsteigen Wien im Zug passieren
können, profitieren vom Hauptbahnhof. Auch die unmittelbare Umgebung
verändert sich rasch. Daniel Colakovic
hat auf der inneren Favoritenstraße, im
Haus Nummer 45 ein Café Bistro namens „15 SÜSSE MINUTEN“ eröffnet. Ja,
die Nähe zum neuen Bahnhof sei die
Motivation gewesen, neben seinem in
der Nachbarschaft gelegenen Bäckereibetrieb dieses junge, frische Lokal
aufzumachen. Während René Ringsmuth mit seiner traditionellen Küche
auf Haubenniveau punktet, sind es hier
die Angebote für ein jugendliches Publikum, das die Plätze füllt. Da gibt es
den „VEGANEN MONTAG“, den „FRISCH
und den „SCHNITZEL MITTAuf der Facebook-Seite des
Lokals postet Wisanu Tuntawiroon aus
Bangkok seinen Teller voll mit Mohnnudeln und beweist bestens, wie sich
die Gegend zum Treffpunkt von Nah
und Fern entwickelt. In Abwandlung
eines alten Spruches kann man sagen:
FREITAG“
WOCH“ .
„Reisen und
Essen bringt
die Leute
zusammen.“
Der Platz für ein Café am nördlichen
Ende der inneren Favoritenstraße ist
auch deshalb gut gewählt, weil ganz in
der Nähe, an der Ecke zur Kolschitzkygasse ein Denkmal an Georg Franz
Kolschitzky erinnert. Er hat angeblich das Kaffeetrinken in Wien eingeführt. Der Überlieferung nach hätte er
in waghalsiger Manier die türkischen
Truppen während der Belagerung von
1683 ausgekundschaftet und dafür nach
dem Abzug der Feinde einige Säcke
Kaffee bekommen. Eine andere Version
spricht davon, dass die Türken einen
Teil ihres Kaffeevorrats einfach vergaßen, Kolschitzky sich diesen angeeignet
und gleich auch ein Kaffeehaus eröffnet
hätte.
Am Ende der inneren Favoritenstraße in Sichtweite des Bahnhofs befindet sich der Südtiroler Platz, dessen
Name daraufhin weist, dass hier ein
wichtiger Verkehrsweg nach Süden verlaufen ist. Heute fahren die Autos ein
wenig weiter westlich über die Triesterstraße, die ihren Zielort ebenfalls im Namen trägt, zur A 2, der „Südautobahn“.
Der Südtirolerplatz ist heute ebenso weitläufig wie unattraktiv. Das soll
sich nach Plänen der Stadtregierung
bald ändern. Es ist an eine begrünte
Begegnungszone gedacht, die hier ein
neues Eingangstor in Richtung Zentrum bilden soll.
Das wird die Wohngegend
an der Grenze vom vierten
zum fünften Bezirk attraktiver
gestalten und auch neue,
hochwertigere Geschäfte
anziehen.
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H A U P T B A H N H O F U N D F AV O R I T E N S T R A S S E
Äußere Favoritenstraße
D
ie Stadt Wien ist ab Beginn des 19. Jahrhunderts aus ihrem historischen Kern, in
den ungefähren Grenzen des heutigen
1. Bezirks, in die Vorstädte hinausgewachsen.
Die Hauptachsen vom Zentrum in alle
Himmelsrichtungen nennt man hierzulande „Ausfallstraßen“. Sie sind die wichtigsten Verkehrswege
auch nach dem Schleifen der Stadtmauer in den
1860 er-Jahren geblieben.
Vom städtischen Zentrum aus konnte man mit der
Kutsche und später mit dem Auto hinaus ins Grüne fahren, oder von den Dörfern in die große Stadt
gelangen.
Wikipedia lehrt uns, dass solche Ausfallstraßen
stellenweise Sichtachsen auf markante Stadtkörper
(historische Altstädte, Schlösser usw.) ausbilden. In
Stadtrandzonen allerdings würden sie in vielen
Fällen nicht sonderlich einladende Eingangsberei-
che einer Stadt prägen, die in der Wahrnehmung eines Besuchers eher als unattraktiv und vernachlässigt
erschienen.
Die Favoritenstraße ist in früheren
Zeiten beides gewesen, attraktiver Weg
durch den Bürgerbezirk Wieden und
Arme-Leute-Straße in den weiter
entfernten Bereichen im Arbeiterbezirk
Favoriten.
Hier im 10. Wiener Gemeindebezirk haben sich die
ersten „Gastarbeiter“ angesiedelt. Es waren das zugewanderte Böhmen, die so genannten „ZIEGELBEHM “,
die in den Ziegeleien südlich der Stadt schlecht bezahlte Arbeit fanden.
Eine gelungene Infrastruktur- Maßnahme hat
die Straße bereits vor rund vierzig Jahren zwischen
dem Columbusplatz und dem Reumannplatz
deutlich attraktiviert. Parallel zum Bau der Untergrundbahn U 1 wurde dort eine Fußgängerzone
eingerichtet, die belebter nicht sein könnte. Auch
hier weht internationaler Flair, wohnen doch viele
vom Balkan oder aus der Türkei zugewanderte Menschen in den kleinen Seitengassen. Vor etwa zehn
Jahren wurde die Fußgängerzone von der Landgutgasse bis zum Südtiroler Platz erweitert und reicht
heute über 900 Meter voll von Geschäften, Lokalen
und einem großen Markt. Wer sich oft schon gefragt
hat, warum keine Bäume die Einkaufsstraße säumen,
dem sei gesagt, dass wegen der relativ knapp unter
dem Straßenniveau liegenden U-Bahn-Trasse eine
Bepflanzung nicht möglich ist.
Columbus
UND SIR FRANCIS DRAKE
S
pazieren wir also die Favoritenstraße nach Süden, oder „stadtauswärts“, wie die Wiener
sagen, erreichen wir gleich einmal
den Columbusplatz. Wo Columbus
draufsteht, muss es immer auch etwas zu entdecken geben. Hier ist
es das Haus Nummer 6, das dem
großen Seefahrer gewidmet ist. Der
„COLUMBUSHOF“ wurde 1892 erbaut
und vor rund dreißig Jahren prächtig renoviert. Die Fassade des späthistorischen Hauses ist im obersten
Geschoß reich bemalt. Dort sieht
man auch Reliefs von Columbus und
einem anderen berühmten Seefahrer, Sir Francis Drake, der ein ziemlicher Brandschatzer und Plünderer war,
worüber aber die offizielle Geschichte den noblen Mantel des Vergessens
legt. Wir brauchen nicht zu plündern,
sondern machen einen Abstecher ins
Columbus-Center, wo ebenso große
Brandschatzer
und
Plünderer
Betriebsamkeit herrscht, wie auf der
Favoritenstraße. Hier gibt es alles, was
der Mensch braucht oder zu brauchen
glaubt.
Späthistorisches Haus – der „Columbushof“
H A U P T B A H N H O F U N D F AV O R I T E N S T R A S S E
Der Hauptbahnhof
V
or sechs Jahren wurde mit
dem Umbau der früheren
Südbahnhofs begonnen. Mit
dem Fahrplanwechsel im Dezember
2015 ist die unmittelbare Bautätigkeit
abgeschlossen und werden alle Fernzüge hier durchkommen oder von hier
abfahren. Mussten früher Reisende, die
vom Westen kamen und in den Osten
oder Süden wollten, am Westbahnhof
samt ihrem Gepäck in die Straßenbahn oder in ein Taxi steigen und zum
Südbahnhof fahren, so gibt es heute
dank neuer Tunnelverbindungen eine
direkte Anbindung der beiden Strecken. Heute fährt man daher beispielsweise von Graz nach Prag um eine
ganze Stunde schneller als früher.
Der Bahnhof hat auch als Gebäude imponierende Ausmaße. Das Rautendach aus Stahl- und Glaselementen mit seinen 30.000 Quadratmetern
überspannt 200 Meter. Im Gebäude
Gastronomische Vielfalt
Mit der
Raaberbahn
nach Wien
W
eiter südlich stoßen wir auf
die Raaber-Bahn-Gasse. Die
Raaberbahn, früher RaabÖdenburg-Ebenfurter Bahn war auch in
den finsteren kommunistischen Zeiten
unseres Nachbarlandes immer eine Art
„Joint Venture“ zwischen Österreich und
Ungarn. Als „Györ-Sopron-Ebenfurte
Vasút“ markiert sie die Stationen ihres
Weges. Ihre Züge fahren auch heute
noch vom Hauptbahnhof ab und bringen niederösterreichische, burgenländische und ungarische Pendler an ihr Ziel.
So haben die Zeiten der Monarchie zumindest, was die Verkehrswege betrifft,
ein wenig überlebt.
Die nächste Station unseres Spaziergangs ist der Keplerplatz. Der Umstand, dass ein Platz mitten in Favoriten
nach dem Astronomen, Mathematiker
und Philosophen benannt ist, deutet
darauf hin, dass ein dem Prinzip der
Aufklärung verpflichtetes Bürgertum
den Arbeitern in Favoriten ihre Bildung
aufdrängen wollte. Dank der U-BahnStation kennen heute viele Wiener
Johannes Kepler und die meisten
von ihnen wissen wohl, dass sich die
Planeten um die Sonne bewegen. Viel
ist vom Platz nicht zu berichten. Die
größte Sensation der letzten Jahre spielte sich Anfang Oktober ab, als eine Frau
eine leblose Fledermaus in der MetroStation entdeckte und sie unter großer
Beteiligung des umstehenden Publikums in ein Taschentuch eingewickelt
zur Polizei brachte. Dem Vernehmen
nach konnte die herbei gerufene Tierrettung das Opfer wieder zum Leben
erwecken.
befinden sich außer den Bahnsteigen
noch ein 20.000 Quadratmeter umfassendes Einkaufszentrum mit rund
90 Gastronomiebetrieben und Geschäften. Der Bahnknotenpunkt kann
durch eine Vielzahl von innerstädtischen öffentlichen Verkehrsmitteln erreicht werden. Acht S-Bahnlinien, die
U-Bahn, drei Straßenbahnverbindungen
und zwei Buslinien schaffen ein neues,
innerstädtisches Zentrum.
In Richtung Osten entstehen
derzeit viele Büro- und
Wohngebäude, deren Mieter
von der guten Infrastruktur
profitieren werden und
die ihrerseits eine Garantie
für die Aufwertung des
gesamten Viertels rund um
den Hauptbahnhof sind.
Der Hauptbahnhof wird in den nächsten
Jahren seine Wirkung über die gesamte
Favoritenstraße ausdehnen und neue Geschäfte
und Wohnviertel werden der Gegend einen
kräftigen Schub geben.
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15 . B E Z I R K , N I B E L U N G E N V I E R T E L
Wie die
Nibelungen
nach Wien
kamen
V
or rund hundert Jahren wurde ein Teil des
ehemaligen Exerzier- und Paradeplatzes
auf der „SCHMELZ“ verbaut. Im heutigen
15. Wiener Gemeindebezirk Rudolfsheim-Fünfhaus
enstand eine neues Grätzel, das Nibelungenviertel.
Die vier- bis fünfgeschossigen Bürgerhäuser, die damals errichtet wurden, widerspiegeln die Spätphase der Wiener Secession. Ganz im Gegensatz zum
friedlichen Anspruch der Secessionisten, der Wiener
Jugendstil-Künstler wurden den Gassen des Viertels
Namen aus dem kriegerischen Nibelungenlied gege-
ben. Alberich, Brunhilde, Dankwart, Gunther, Giselher und Kriemhild sind hier unter anderem verewigt.
Das Grätzel heißt folgerichtig Nibelungenviertel und
beherbergte damals wie heute ganz sicher deutlich
weniger Römer und Germanen als Menschen anderer Herkunft.
Wie im Nibelungenlied bildet auch im gleichnamigen Viertel Kriemhild, besser der nach ihr benannte, von Pappeln gesäumte Platz gemeinsam mit der
Allee der Markgraf-Rüdiger-Straße den Mittelpunkt.
Viele „Völker“ leben im Grätzel friedlich zusammen.
Kleingartenverein „Zukunft Schmelz“
NIBELUNGENVIERTEL UND MEHR
Das heimliche Zentrum
E
iner von ihnen und so etwas
wie ein Prototyp des Mehrsprachigen und der Freundlichkeit
ist Schamael Natanow. Er führt ein Geschäft auf der Hütteldorferstraße, oder
besser er hält dort Hof als König der
Vielfalt. Seit 33 Jahren ist er im Grätzel präsent, kennt es wie seine Westentasche – und wer in der Nähe wohnt,
kommt zu ihm. „Viele der Leute, die hier
wohnen sind meine Stammkunden. Wir
kennen uns schon lange“, sagt Natanow
nicht ohne Stolz.
Im Jahr 1982 hat Natanow „WAREN
ALLER ART“ , das Geschäft an der Ecke
zur Tannengasse übernommen. Es war
früher eine Glaserei, ein ganz kleiner
Laden, den er in diesen mehr als drei
Jahrzehnten stetig erweiterte. Mit nun
bereits rund 350 Quadratmeter und
einer Länge von ungefähr vierzig Meter ist das Geschäft heute schon riesig
groß. Wenn Herr Natanow in diesem
Tempo weitermacht, wird er bald die
zweihundert Meter entfernte Stadthalle erreicht haben. Es gibt nichts, was
Schamael Natanow in seinem Geschäft
nicht hat und von jedem Produkt hat er
viel. Sind es doch beinahe 700 Artikel,
die er führt. Jeder Zentimeter Wand
oder Bodenfläche ist genutzt, dicht sind
Elektrogeräte, Werkzeuge, Töpfe, Kunststoffbehälter, Kluppen, Wolle, Geschirr
und vieles mehr aneinander gereiht.
Der einzige, der sich wirklich in dieser
Fülle zu Recht findet, ist Herr Natanow
selbst. „Mischa, geh nach hinten, rechts
oben sind die Pfannen. Die dunklen mit
dem roten Griff. Nicht dort, nein weiter
unten“, so dirigiert er seine Mitarbeiter,
die bereitwillig ihrem stets freundlichen
Chef folgen.
ich da, viele Kunden kennen mich. Und
mögen mich. Wenn ich nicht da bin,
fragt Kunde, wann kommt Papa und
kommt selber erst wieder, wenn ich da
bin“, sagt Natanow verschmitzt auf die
„Viele der Leute,
die hier wohnen
sind meine
Stammkunden.
Wir kennen uns
schon lange.“
Herr Schamael Natanow in seinem Geschäft „Waren aller Art“
Vielen seiner Kunden fällt erst angesichts der Warenfülle im Geschäft ein,
was sie alles noch so brauchen könnten. Es ist einfach alles da. Und wenn
es tatsächlich mal einen Engpass bei
ausgefallenen Wünschen gibt, notiert
er die Telefonnummer des Nachfragers
und besorgt das Gewünschte prompt.
Man sagt, es gäbe nichts, was er nicht
beschaffen könne. „Fast 90 Prozent bin
Frage, ob er angesichts seines Alters an
den Ruhestand denke. Sein Sohn hat
die Firma bereits übernommen, aber
ans Aufhören denkt Schamael Natanow
keineswegs, er geht immer noch jeden
Tag ins Geschäft.
Natanows Publikum ist bunt, wie
auch der fünfzehnte Bezirk. Alle schätzen ihn und kommen gerne. „Ein Paket
Kaffee, Chef,“ ruft ein Stammkunde, und
Das Buch lebt
E
in weiteres Zentrum des
freundlichen Miteinanders und
beliebter Treffpunkt ist die
Buchhandlung „BUCHKONTOR“ am
Kriemhildplatz, Ecke Markgraf Rüdiger-Straße, einer durch eine Allee und
mit Grünflächen und Bänken geteilten
Straße. Auf dem Platz ist immer viel los,
im Schatten der Bäume wird geplaudert, junge Leute auf ihren Fahrrädern
drehen dort ihre Runden und ältere
Damen mit Hut und Herren mit Spazierstock schlendern des Weges einher.
In das geschäftige Treiben mischt sich
helles Lachen vom nahen Kindergarten am Platz.
Ulla Harms, die Buchhändlerin
im Nibelungenviertel hat ihren „BUCHKONTOR“ nun schon seit 2009 hier
Natanow lässt ihm rasch das Gewünschte bringen. Der Handel mit Kaffee, der
eigenen Marke „AMIGOS“ ist neben dem
Geschäft eine gute Einnahmequelle. Das
schwarze Gold wird schon seit 28 Jahren in Italien produziert und von Natanow nach Serbien, Bosnien, Ungarn und
Kroatien weiter verkauft. Seine Kunden
fühlen sich bei ihm wohl und bleiben
oft für einen kleinen Plausch. Verständigen kann sich Schamael Natanow mit
vielen in ihrer Muttersprache, spricht er
doch seine in Usbekistan erworbene
am Kriemhildplatz. Das Buchkontor
ist seitdem stetig gewachsen und hat
sich als die Institution für Bücher, ausgewählte Papierprodukte, sowie als
kultureller Treffpunkt mit regelmäßigen Lesungen und Veranstaltungen für
Groß und Klein im Nibelungenviertel
etabliert.
Hier wird auf das Eindrucksvollste bewiesen, dass der
Abgesang des Buches eine
glatte Fehlmeldung darstellt.
„Es ist ein Super-Grätzel. Ich bin sehr
froh, dass ich hier bin“, so Ulla Harms
voll Enthusiasmus. Ursprünglich suchte
sie nur ein Büro, eine Buchhandlung ist
es letztendlich geworden.
Ulla Harms – Die Buchhändlerin
Muttersprache Persisch, dazu Hebräisch, Russisch, Serbokroatisch, Polnisch,
Englisch, ein wenig Italienisch und natürlich Deutsch. Kein Wunder, dass sich
Menschen aller Herkünfte bei ihm so
wohl fühlen. Eine ältere Dame aus dem
Bezirk kommt zwei Mal in der Woche
ins Geschäft. Mal um Batterien zu tauschen, dann um Nähseide oder Knöpfe
zu kaufen, oder eben einfach für eine
nette Plauderei mit dem Chef.
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14
NIBELUNGENVIERTEL UND MEHR
Die Zukunft
PR ÄSENTIERT SICH IN GROSSER VIELFALT
B
iegt man an der Ecke der Buchhandlung von Ulla Harms links
ab und spaziert den Kriemhildplatz entlang und weiter in die Gun-
therstraße, stößt man an deren Ende
an den Eingang zum Kleingartenverein
„ZUKUNFT SCHMELZ“ . Ein kleines Dorf
mitten in der Stadt. Das Areal des
Kleingartenvereins hat alles, was man
zum Verweilen benötigt: Viel Grün, Vogelgezwitscher wie am Land, Spazierwege, Bänke um die Ruhe zu genießen
und mitten drinnen das „SCHUTZHAUS
ZUKUNFT AUF DER SCHMELZ“ .
Dieses Gasthaus mit seinem
prächtigen, von großen Bäumen beschatteten Garten füllt sich mittags
und abends mit Studierenden, die im
Viertel wohnen und mit den Bewohnern des nahe gelegenen Kleingartens.
Dazwischen sitzen Geschäftsleute im
Anzug und junge Familien mit ihren
kleinen Kindern. Es herrscht das pralle Leben ohne große soziale Grenzen
und in schöner Harmonie. Bekannt
ist das Schutzhaus aber weit über das
Nibelungenviertel hinaus. Der lang-
Schutzhaus „Zukunft auf der Schmelz“
Und es gibt ihn doch
– DEN WIENER GREISSLER
S
pazieren wir von der Schmelz die
Schweglerstraße entlang bis zur
Märzstraße, dann erreichen wir
bald das Geschäft von Ünsal Yildiz.
„ÜNSAL FEINKOST“ und die daneben liegende, mit dem Geschäftslokal
verbundene Bäckerei befinden sich direkt gegenüber der U3-Station Schweglerstraße. Ünsal Yildiz, Bäcker aus Leidenschaft macht alles selbst. Fladenbrot,
Bagels, Börek und Baklava – beste, frisch
zubereitete Handarbeit. Betritt man das
Geschäft in der Märzstrasse 44, wird
man vom Duft der Süßspeisen, des Obstes und des frischen Fladenbrots betört. In den Regalen liegen getrocknete
Maulbeeren, Granatäpfel, verschiedene
Melonen, Passionsfrüchte und vieles
mehr. In der großen Glasvitrine im vorderen Teil des Geschäftes gibt es Ziegenkäsespezialitäten, selbst gemachte
Pistazienrouladen, diverse Baklavas und
eine große Auswahl an Oliven und in
Öl eingelegtes Gemüse, alles appetitlich
und mit viel Liebe zum Detail präsentiert. Nur einen Blick in das Geschäft zu
werfen, ohne etwas mitzunehmen hat
noch kaum jemand geschafft. Zu groß
ist hier die Versuchung.
„Entschuldigen Sie, kann ich mal
zu dem schönen Obst?“, möchte eine
Dame wissen, der wir den Weg dorthin versperren. Der Chef lächelt, unterbricht unser Gespräch und fragt, ob
er ihr behilflich sein kann. Sie verneint,
schwärmt über das so appetitlich angerordnete Obst und geht glücklich beseelt
mit wunderschönen und wie wir aus
einem Selbsttest wissen – wohlschmeckenden Früchten zur Kasse.
Obst und Gemüse werden hier
seit 1993 durch Ünsal Yildiz von ihrer
appetitlichsten Seite präsentiert. Seine
Stammkunden kennt er per Namen,
ebenso wie ihre genüsslichen Vorlieben und weiß genau, was sie üblicherweise einkaufen. „Meine Kunden wünschen den persönlichen Kontakt, legen
auf kulinarische Besonderheiten viel
Wert und kommen deshalb zu uns“,
so Ünsal. Das wegen der vielen Supermärkte schon ausgestorben geglaubte
Institut des „WIENER GREISSLERS“ hat
hier schöne Auferstehung gefeiert.
Bäcker Ünsal Yildiz
gestreckte Gastraum dient als Ort für
viele Kulturveranstaltungen. Da werden die Tische aneinandergereiht, bis
riesige Tafeln entstehen, an denen links
und rechts das vergnügte Publikum
Platz findet. Vor dem Kunstgeschehen
werden Schnitzel und Bier serviert,
wenn es klassisch zugehen soll, oder
ein „Schutzhaus Burger mit Erdäpfelspalten“, Spareribs, Palatschinken und
andere Wiener Spezialitäten von der
umfangreichen Speisekarte.
Zu erleben gibt es hier Konzerte, einmal für Jung, einmal für ein
bisschen Älter und auch Kabarett. Im
Herbst stehen ein „FRANK SINATRA
TRIBUTE“ , Chris Lohner, die „STEHAUFMANDERLN“ oder die „GENARATION M’S
GLAMOROUS DISCO SHOW“ auf dem
Programm. Die Homepage des Schutzhauses verrät noch mehr über die kulturelle Vielfalt.
NIBELUNGENVIERTEL UND MEHR
Wo die
Pizza durch
die Lüfte
fliegt
Q
uert man den Reithofferpark
kommt man an dessen Ende
in die Goldschlagstraße. In
das abebbende Stimmengewirr vom
Park mischt sich hier das Klirren und
Klappern von Besteck und Geschirr, es
riecht nach frischem Oregano, Basilikum und feiner Tomatensauce. Das Restaurant „IL TAVOLIERE“ mit der auffällig
roten Fassade gegenüber des Parks in
der Goldschlagstraße 34 ist ein beliebter Treffpunkt im Grätzel. Hier im
Restaurant oder sommers im kleinen
straßenseitigen Gastgarten wird bei
Spaghetti, Pizza und feinem gegrillten
Fisch geplaudert und gelacht. Seit mehr
als drei Jahren verwöhnt Ivan Mascia
seine Gäste mit authentischer, bodenständiger italienischer Küche und ausgezeichneten Weinen. Die mediterrane
Lebensfreude und die luftige Atmosphäre seiner Heimat Apulien sind spürbar.
Im Il Tavoliere gibt es beispielweise eine
wunderbare Zuppa di Pesce, feinstes
Trüffel-Risotto und herrliches Tartare
vom Branzino.
Im Gespräch entdecken wir eine
besondere Fähigkeit von Maestro Mascia. Er ist ein Großmeister unter den
Pizza-Artisten. Weil wir von dieser
Kunstfertigkeit noch nie gehört haben,
trägt der Meister einen Tisch auf die
Straße und gestaltet eine Vorführung. Er
beginnt mit einem dicken, im Umfang
kleinen Teigstück zu jonglieren. Die Augen können den Ereignissen kaum folgen, so schnell wirft er den Teig in die
Höhe, lässt ihn um die Faust gewickelt
rund um seinen Körper kreisen und erreicht auf wunderbare Weise, dass das
eben noch unförmige Stück mehr und
mehr einer Pizza zu gleichen beginnt.
Unter den Beinen durch, wieder in den
Himmel geworfen, aufgefangen und
Er ist ein Großmeister unter den
Pizza-Artisten.
plötzlich hat er eine riesige, gleich förmige Flade in der Hand, ohne Riss und
Tadel. In Italien, so lernen wir, gibt es eigene Meisterschaften für Pizza-Artisten,
an denen mitunter auch unser Wirt
teilnimmt. Während sich die Menschen
zerstreuen, die der Aufführung von Ivan
Mascia stauend zugeschaut haben, trägt
er Tisch und Pizza ins Restaurant.
„Ich muss jetzt aber wirklich
kochen“, verabschiedet er sich
von uns. Die Abendgäste
kommen bald und dann will
alles perfekt vorbereitet sein.
Ivan Marcia – der die Pizzas
durch die Luft wirbeln lässt
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Ist das nicht
ein wunderbares
Grätzel?
H
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