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NORDICO Stadtmuseum Linz
Presseunterlage
MARTINSKIRCHE, KREUZRITTER
UND FLASCHENBIER
Linzer Archäologie aus 1200 Jahren
13. November 2015 bis 28. März 2016
NORDICO Stadtmuseum Linz, A-4020 Linz, Dametzstraße 23
T+43 (0)732.7070.1901 www.nordico.at
Inhalt
Ausstellungsdaten …………………………………………….…….…….……………… 3
Allgemeiner Text zur Ausstellung ……………………………………………………….. 4
Kunst- und Veranstaltungsprogramm ….…………………….……….……..….….…….
5
Wand- und Objekttexte ….…..…………………………………………….……………... 7
Kindertexte ……………………………………………………………………………….. 15
Wand- und Objekttexte im Linzer Zimmer …………………………………………….. 17
Pressebilder ………………………………………………….….….………………….…. 18
Seite 2
Ausstellungsdaten
Ausstellungstitel
MARTINSKIRCHE, KREUZRITTER UND FLASCHENBIER
Linzer Archäologie aus 1200 Jahren
Ausstellungsdauer
13. November 2015 bis 28. März 2016
Pressekonferenz
Donnerstag, 12. November 2015, 10 Uhr
Eröffnung
Donnerstag, 12. November 2015, 19 Uhr
Ausstellungsort
NORDICO Stadtmuseum Linz, 1. OG
Kuratoren
Erwin M. Ruprechtsberger und Otto H. Urban
Ausstellungsteil
URBAYERISCHES IN OBERÖSTERREICH
Kurator: Alexander Binsteiner (Urbayerisches in OÖ)
Ort: Linzer Zimmer, EG
Ausstellungsarchitektur
mia2/GNIGLER/WILHELM/Architektur, Mitarbeit: Nina Bammer
Kontakt
Dametzstr. 23, 4020 Linz, Tel. +43(0)732/7070-1901;
[email protected], www.nordico.at
Öffnungszeiten
Di–So 10–18 Uhr; Do 10–21 Uhr
Am 8., 24., 25. Und 31.Dezember 2015 sowie am 1. Jänner 2016 ist
das NORDICO geschlossen. Am 6. Jänner und am 27./28. März ist
geöffnet.
Eintritt
€ 6,50 ermäßigt € 4,50
Pressekontakt
Nina Kirsch, Tel. +43(0)732/7070-3603; [email protected]
GesprächspartnerInnen bei der Pressekonferenz:
Bernhard Baier, Kulturreferent und Vizebürgermeister der Stadt Linz
Andrea Bina, Leiterin des NORDICO Stadtmuseum Linz
Erwin M. Ruprechtsberger, Kurator und Linzer Stadtarchäologe
Otto H. Urban, Kurator und ao. Univ.-Prof. am Institut für Urgeschichte und Historische
Archäologie der Universität Wien
Alexander Binsteiner, Kurator des Ausstellungsteils Urbayerisches in OÖ, Geoarchäologe
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Allgemeiner Text zur Ausstellung
Spannende archäologische Fundstücke wurden bei den jüngsten Ausgrabungen und
Bodenuntersuchungen im Linzer Stadtbereich zu Tage gebracht. Vom frühen Mittelalter bis über
das Ende der Monarchie hinaus erstrecken sich die Zeugnisse, denen diese Ausstellung gewidmet
ist.
Den zeitlichen Einstieg in die Ausstellung bilden bedeutende Gräberfunde aus dem 7. Jahrhundert
aus Linz-St. Peter und -Zizlau. Die reichhaltigen Grabbeigaben wie Waffen oder seltener Schmuck
zeugen vom Wohlstand der damaligen Bevölkerung, die durch die verkehrsgünstige Lage an
Traun und Donau florierenden Salzhandel betreiben konnten. Einen weiteren Schwerpunkt bilden
das Modell des Zentralbaus der bekannten Linzer Martinskirche und die Skizze für ein
Rekonstruktionsmodell, das die gewaltigen Dimensionen der größeren Vorgängerkirche andeutet.
Ein Animationsfilm der Linzer Künstlerin Edith Stauber über die Martinskirche schlägt eine Brücke
in die heutige Zeit.
Bislang noch nicht gezeigte Schwerter aus der Karolinger- und Kreuzritterzeit und andere
Alltagsgegenstände beleuchten das Mittelalter. Die hochmittelalterlichen Schwerter, die in der
Donau und Traun gefunden wurden, sorgten in den letzten Jahren für beträchtliches Aufsehen in
den Medien. Auf die Ergebnisse aktueller metallurgischer Analysen, die die hohe Qualität der
damaligen Waffenschmiede bezeugen, wird ebenso eingegangen wie auf die noch nicht restlos
entschlüsselten Inschriften.
Durch Rohkeramik mit Herstellermarke (Signatur) einer Linzer Töpferwerkstatt, die sich am Graben
befand, ist die frühe Neuzeit vertreten. Weitere, teils recht ausgefallene Funde aus dem Umkreis
des alten Rathauses ermöglichen Einblicke in die Zeit vom Spätmittelalter bis ins 19. Jahrhundert.
Aus der Zeit um 1800 ist ein mächtiges, naturgetreues Grabenprofil des napoleonischen
Schanzwerks (mit Kanonenstellung) zu sehen. Einige ausgewählte Waffen und Kriegsutensilien
liegen aus dieser Zeit ebenfalls vor. Die Datierung der Kanonenstellung Napoleons sichern einige
ebenfalls ausgestellte Münzen. Eine davon wurde erst im August 2015 auf der Keplerwiese
gefunden und wird hier zum ersten Mal gezeigt.
Sachkultur bis etwa 1930 mit ausgegrabenen Haushaltswaren aller Art, Pfeifenköpfen und anderen
kuriosen Alltagsgegenständen schließen die weite Zeitreise ab. Darunter auch zahlreiche
Bierflaschen aus lokalen und regionalen Brauereien, die bis in das 20. Jahrhundert ihren eigenen
Gerstensaft brauten. Gar manches Stück wird Schmunzeln hervorrufen …
Anhand von Foto- und Videomaterial wird den BesucherInnen ein Einblick in die alljährlich
stattfindenden archäologischen Grabungen auf der Keplerwiese beim Linzer Schloss gegeben.
Über 20 Jahre lang wurde dort und an anderen Orten vom NORDICO Stadtmuseum in
Kooperation mit der Universität Wien archäologische Forschung betrieben. Immer wieder kam
dabei Überraschendes zu Tage.
URBAYERISCHES IN OBERÖSTERREICH
Präsentation im Linzer Zimmer
Zahlreiche interessante Fundstücke konnten bei Grabungen zwischen dem Mondseeland und dem
Mühlviertel in den letzten Jahren zu Tage gebracht werden. Neben Schmuck, Gefäßen und
Pfeilspitzen befinden sich bayerische Feuersteine aus der Jungsteinzeit unter den Exponaten.
Diese zeugen von ausgeklügelten Hornsteinabbautechniken und einem ausgeprägten Handelsnetz
im Herzen Europas.
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Kunstvermittlungs- sowie Veranstaltungsprogramm
VERANSTALTUNGEN
VORTRAG
Donnerstag, 26. November, 19 Uhr
Urbayerisches in OÖ. Jungsteinzeitliche Steinimporte und Stadtarchäologische Forschungen:
Ergebnisse – Erlebnisse – Kuriositäten: Darüber referieren die beiden Archäologen Alexander
Binsteiner und Erwin M. Ruprechtsberger anlässlich ihrer Ausstellungen im NORDICO.
Dauer 1 Stunde, Anmeldung erbeten unter T 0732 7070 (Teleservice Center der Stadt Linz),
Eintritt frei
FÜHRUNGEN
MIT KUNSTVERMITTLER/IN
Kombinierte Führung durch die Ausstellungen Martinskirche, Kreuzritter und Flaschenbier und
100% Linz
Dauer 1 Stunde, Führungsbeitrag € 3 zzgl. Eintritt
Keine Anmeldung erforderlich. Begrenzte TeilnehmerInnenzahl
Jeden Dienstag, 16 Uhr
Jeden Sonntag, 15 Uhr
SeniorInnen empfehlen wir die Führungen am SeniorInnentag. Die TeilnehmerInnenzahl ist
begrenzt.
KURATORENFÜHRUNGEN
mit Erwin M. Ruprechtsberger
Dauer 1 Stunde, Führungsbeitrag € 3 zzgl. Eintritt
Keine Anmeldung erforderlich. Begrenzte TeilnehmerInnenzahl
Dienstag, 17. November, 16 Uhr
Dienstag, 19. Jänner, 15 Uhr (Die Martinskirche und ihre Erforschung, Treffpunkt: Martinskirche,
Römerstraße 1)
MIR ALLE SAN IN LINZ DAHAM
Tandemführung durch die Ausstellungen Martinskirche, Kreuzritter und Flaschenbier und 100%
Linz mit einer/m KulturvermittlerIn und einer Kulturlotsin von ibuk. Verein für interkulturelle
Begegnung & Kulturvermittlung, Eintritt und Führung frei
Dienstag, 24. November, 16 Uhr
Sonntag, 13. Dezember, 15 Uhr
KIRCHENRAUM ERLEBEN
Freitag, 27. November, 15 Uhr
Gabriele Eder-Cakl, die Leiterin des Bildungs- und Begegnungszentrum Haus der Frau, führt in die
Martinskirche und die Stadtpfarrkirche Linz (mit Turmbesteigung).
Dauer 2 Stunden, Treffpunkt: NORDICO Stadtmuseum.
Anmeldung erbeten unter T 0732 7070 (Teleservice Center der Stadt Linz)
FÜHRUNG FÜR GEHÖRLOSE
Samstag, 5. Dezember, 16 Uhr
Eintritt und Führung für Gehörlose frei
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KINDER & FAMILIE
GEHEIME BOTSCHAFTEN AUS 1200 JAHREN
In der Ausstellung gibt es einen kleinen Parcours mit Texten extra für Kinder.
SENIOR/INNEN
SeniorInnentag
Jeden Dienstag ab 15 Uhr Eintritt frei
SCHULE & MUSEUM
SCHÜLER/INNENFÜHRUNGEN
max. 15 TeilnehmerInnen, Eintritt frei für SchülerInnen im Klassenverband
GRABEN IN LINZ
alle Schulstufen
Dauer 1 Stunde, Führungsbeitrag € 3 pro SchülerIn
100% LINZ – ARCHÄOLOGISCH
alle Schulstufen
Dauer 1,5 Stunden, Führungsbeitrag € 4 pro SchülerIn
LEHRER/INNEN-INFORMATIONSVERANSTALTUNG
Dienstag, 17. November, 17 Uhr
Seminar-Nr. PH OÖ 27F5KMP007
PROGRAMM K 3 – KULTURVERMITTLUNG MIT LEHRLINGEN
Expédition archéologique
Vive l´imagination! (Es lebe die Fantasie)
Die NORDICO Kulturvermittlung führt zur Ausstellung (in Zusammenarbeit mit Kulturkontakt
Austria) ein K 3 Projekt mit BerufschülerInnen in Linz durch. Dabei werden Lehrlinge ausgehend
von ihrer eigenen Lebens- und Arbeitswirklichkeit zu einem Austausch mit KünstlerInnen motiviert.
In einer gemeinsamen archäologischen Expedition (frz. Expédition archéologique) mit der
Künstlerin Claudia Czimek und der Kunstvermittlerin Alexandra Aichbauer durch Zeit, Raum und
archäologische Techniken werden die Artefakte der Ausstellung neu betrachtet und interpretiert.
Somit entstehen gegenwärtige, individuelle „Artefakte zum Quadrat“.
Das Programm ist kostenlos. Berufschulklassen melden sich bei Interesse bitte bei:
[email protected] (Dunja Schneider)
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Wand- und Objekttexte
RAUM 1
THEMA 1: GRÄBER
WANDTEXT
Gräberfunde aus dem 7. Jahrhundert
Ab 500 n. Chr. stehen kaum Funde zur Verfügung. Erst im frühen 7. Jahrhundert werden
archäologische Zeugnisse greifbar. Außerhalb des Stadtzentrums von Linz befanden sich kleine
Ansiedlungen im Mündungsbereich der Traun. Beim Bau der Reichswerke AG „Hermann Göring“
(heute voestalpine) wurden Gräber entdeckt, die ab dem Jahr 2010 nochmals untersucht wurden.
Diese Gräber zeigen einen bestimmen Wohlstand an, der mit dem Salzhandel zusammenhing. Die
verkehrsgünstige Lage an Traun und Donau sicherte der dortigen Bevölkerung die
Lebensgrundlage. Die Gräber der damaligen Elite sind vor allem durch teils reichhaltige Beigaben
gekennzeichnet. In Männergräbern waren es häufig Waffen, in Frauengräbern Schmuck (Armreife,
Glasperlenketten, Anhänger u.a.). Die wissenschaftliche Auswertung des kleineren Gräberfeldes
von St. Peter (heute voestalpine) liegt seit Kurzem (Linzer Archäologische Forschungen, Bd. 46)
vor.
OBJEKTE
Ein Grab wird für NS-Propaganda missbraucht
Das Grab 7 von Linz-Zizlau wurde 1941 beim Bau der Reichswerke AG „Hermann Göring“ (heute
voestalpine) entdeckt. Es enthielt Waffen und ansehnliche Gürtelbeschläge mit Silbertauschierung
(Einlagen aus Silberfäden). Als Besonderheit ragt eine awarische Riemenzunge aus Silber aus
dem frühen Mittelalter hervor. Sie zeigt ein einander gegenüber sitzendes nacktes Paar. Die
eigenartige Darstellung lässt sich weder stilistisch noch werkstattmäßig festlegen. Sie gilt als völlig
singulär.
Der Linzer Publizist und Nationalsozialist Karl Itzinger (1888–1948) verfasste damals ein
propagandistisches Manuskript über den Bestatteten im Grab 7, den er Eginolf nannte und zum
Helden erklärte, indem er vom Kampf der Baiuwaren gegen die Awaren erzählte.
In Itzingers Propagandageschichte stirbt der Baiuware Eginolf den Heldentod, weil er „seine und
unsere Heimat gegen den Feind aus dem Osten beschirmt“ hatte.
Das Manuskript befand sich im Besitz des damaligen Ausgräbers und Gaupflegers für
Bodenaltertümer, Alfred Mück (1912–1945). Es wurde in der Literaturzeitschrift Stillere Heimat
1941 veröffentlicht.
(Vgl. Marianne Pollak, Archäologische Denkmalpflege zur NS-Zeit in Österreich, Wien – Köln – Weimar 2015, S. 209210, 314-321).
Awarischer Reiter
Die im Grab 74 in Linz-Zizlau vorhandenen Gegenstände, vor allem die Rosettenbeschläge und
dreiflügeligen Pfeilspitzen, waren bei Awaren üblich. Das Modell gibt einen awarischen Reiter in
typischer Bekleidung und Ausrüstung wieder.
Modell: Helga und Georg Rösel
Grabmodell Pferd und Reiter
Das Modell liefert eine Vorstellung, wie Ross und Reiter in einem der frühmittelalterlichen Gräber
von Zizlau (heute voestalpine) bestattet lagen. Das Pferd, dem der Schädel fehlt, lag zu Füßen des
Toten. Die Beschläge des Zaumzeugs, Trense und Steigbügel sind erhalten. Der bestattete Reiter
trug einen Gürtel mit silbertauschierten Beschlägen. Er hatte unter anderem einen Kamm, Messer
und ein Feuerschlageisen bei sich.
Modell: Manfred Pertlwieser
Restaurierung: Franz Gillmayr
Seite 7
„Warlord“
Der in Grab 7 des frühmittelalterlichen Gräberfeldes von Zizlau (heute voestalpine) bestattete Tote
war ein Waffenträger. Er könnte als Warlord (Kriegsherr) bezeichnet werden.
In der damaligen lokalen NS-Berichterstattung wurde er Eginolf genannt. Der Tote ist mit seinen
Waffen, Lang- und Hiebschwert, Messer und Schild, bestattet worden. Den Gürtel zierten
silbertauschierte Beschläge.
Möglicherweise hatte er auch eine Lanze. Diese ist im Grab allerdings nicht nachgewiesen.
Zwei Keramiktypen
Der dunkelgraue Topf mit Bauchknick weist eine Stempelverzierung auf. Die Gefäßform ist in
frühmittelalterlichen (baiernzeitlichen) Gräbern in unterschiedlichen Varianten bezeugt. Der
kleinere Topf mit Wellenband-, Punkt- und Rillendekor gibt einen Gefäßtyp wieder, der ab dem 7.
Jahrhundert weite Verbreitung fand. Er ist bei uns in slawischen Siedlungen und Gräbern
nachgewiesen.
RAUM 2
THEMA 2: MARTINSKIRCHE
WANDTEXT
Martinskirche − vom 7. zum 8. Jahrhundert
Abgesehen von Grabbeigaben besitzen wir aus dem 7. und 8. Jahrhundert kaum Funde. Umso
bedeutender ist eine Urkunde aus dem Jahr 799. Sie erwähnt eine zu Ehren des Heiligen Martin in
„Linze“ oberhalb der Donau errichtete Kirche. Das hohe Alter der bekannten Martinskirche haben
Ausgrabungen bestätigt. Als älteste Kirche gilt ein aus zwei Kammern bestehender, rechteckiger
Bau. Er wurde vom Ausgräber St. Martin I genannt. Darin sollen auch die Steine mit dem
Flechtbandmuster aufgestellt gewesen sein, von denen einer erhalten geblieben ist. Er wird in
dieser Ausstellung gezeigt. Der andere kam nach der Auffindung abhanden und ist seitdem
verschollen.
OBJEKTE
Goldblatt- und Bronzekreuz
Die beiden Kreuze wurden in Männergräbern im frühmittelalterlichen Friedhof von
St. Peter (heute voestalpine) gefunden. Sie gelten als die einzigen Hinweise, die auf das frühe
Christentum des 7. Jahrhunderts schließen lassen. Das hauchdünne Goldblattkreuz war
ursprünglich an einem feinen Gewebe befestigt, das man dem Toten im Brust- oder Kopfbereich
als sichtbares Zeugnis seines Glaubens vor der Bestattung aufgelegt hatte.
Das andere, viel kleinere Kreuz befindet sich auf einem Bronzebeschlag, der in Form eines
Breitkreuzes gestaltet ist. Innerhalb dessen wurde ein sogenanntes Kruckenkreuz (Kreuz mit
Querbalken an den Enden) eingeritzt. Auf einem so unscheinbaren Beschlag – er gehörte zu einer
Schwertscheide – ist dies außergewöhnlich. Der Träger des Schwertes hatte offensichtlich die
Hoffnung, dass ihm das Kreuzzeichen auf der Waffe im Kampf Schutz und Hilfe gewähren würde.
Ein bislang nicht erkannter Wall auf der Keplerwiese
In memoriam Reg.Rat. Rudolf Stöger, langjähriger Cheftopograph und Geodät (Vermessungsingenieur) der Linzer
Archäologischen Forschungen, gestorben 2014
Ein von Nikolaus von Paccassi 1768 angefertigter Plan zur Erweiterung des Linzer Schlosses
weist einen auffälligen Wall mit westlich vorgelagertem Graben auf. Denselben Eindruck vermittelt
auch die Sepia-Zeichnung von Joseph Kenner um 1824. Dargestellt ist eine typische
Abschnittsbefestigung, die zum „Castrum“ des frühen „Linze“ gehört haben könnte. Von einem
Castrum (Festung, Befestigung) bei der Martinskirche ist in der Urkunde aus dem Jahr 799 die
Rede. Diese Hinweise rücken die schon häufiger behauptete frühmittelalterliche Anlage im Bereich
der Keplerwiese in greifbare Nähe.
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Das überholte Modell des Zentralbaus
Dieses Modell geht auf Ausgrabungsergebnisse der Jahre 1978/79 zurück. Bogenförmige
Mauerreste, eine Apsis, bestehendes Mauerwerk der jetzigen Martinskirche und Pfeiler wurden in
einen baulichen Zusammenhang gebracht, um daraus eine Rekonstruktion abzuleiten. Diese
wurde in ein Modell umgesetzt, das in der oberösterreichischen Landesausstellung 1985 erstmals
vorgestellt worden ist.
Das geplante neue Modell des Zentralbaus
In memoriam Dipl. Ing. Dr. Christine Ertel (1953–2015), die als Grabungsarchitektin und Ausstellungsmitarbeiterin auch
in Linz viele Jahre gewirkt hat
Bei umfangreichen Ausgrabungen in der und um die Martinskirche 1976–1979 fand man
Mauerreste, die älter als der jetzt stehende Sakralbau waren. Als frühmittelalterliche
Vorgängerkirche wurde ein rechteckiges, in zwei Kammern geteiltes Gebäude von circa 10 mal 5
Metern entdeckt. In karolingischer Zeit soll, so die Meinung einiger Fachleute, ein gewaltiger
Zentralbau mit kreuzförmigem Grundriss (Länge ca. 25) m errichtet worden sein. Eine
maßstabgetreue Rekonstruktion dieses groß dimensionierten Bauwerks wurde 1985 erstmals
vorgestellt.
2014 begann ein Vorhaben, dessen Ziel die Erarbeitung eines neuen
Rekonstruktionsmodells gewesen wäre. Christine Ertel hatte in Zusammenarbeit mit der
Ausstellungsleitung bereits erste Ideen geliefert, die dem Zentralbau ein anderes Aussehen
verliehen als das herkömmliche Modell. Ihr frühzeitiger und unerwarteter Tod hat die Realisierung
des Rekonstruktionsmodells verhindert. Es hätte in dieser Ausstellung seine Premiere gehabt.
Edith Stauber
(geb. 1968 in Linz, lebt in Linz)
Linz / Martinskirche, 2014
Video, 3 Min.
Courtesy Künstlerin
Im Animationsfilm der Künstlerin Edith Stauber besucht ein junger Mann im Frühling die
Martinskirche. Er hat ein Smartphone dabei und macht Fotos. Nach der Eingangstüre verwehrt ihm
eine Gittertüre den Zutritt. Wir haben das Gefühl, seinem Blick in den Kircheninnenraum auf
Glasfenster und Fresken zu folgen und beobachten dadurch, wie beiläufig er das Gesehene
wahrnimmt: Es sind kurze, nicht wirklich greifbare Momente. Die Situation in der heutigen
Martinskirche, als Sehenswürdigkeit im Zeitalter der digitalen Reproduzierbarkeit, wird hier treffend
beschrieben.
THEMA 3: MITTELALTERFUNDE
OBJEKTE
Keramik aus romanischer und gotischer Zeit ist mit einigen Beispielen in der Ausstellung vertreten.
Dazu zählt ein Topf. Seine Bodenunterseite weist eine Töpfermarke in Form eines Rades auf.
Als einziges eventuell in karolingische Zeit datierbares Fundobjekt kann ein Topffragment mit
Wellenbandzier gezeigt werden. Es entspricht Gefäßen, die vom 8. bis zum 9./10. Jahrhundert weit
verbreitet waren.
Als seltenes Fundstück ist ein Schreibgriffel aus Eisen von der Keplerwiese zu erwähnen. Sein
flaches Ende wurde zum Glätten der Wachsschicht der Schreibtafel verwendet, sein spitzes, um
Buchstaben einzuritzen.
Einige Buchstaben in gotischer Schrift sind auf einem Ziegelstück eingeritzt: UO und VI stehen
am Ende der Inschrift.
Seite 9
Ferner sind Ofenkacheln überliefert. Eine davon ist mit einem Wappen versehen, das in vier
Felder unterteilt ist. Eine fünfblättrige Rosette füllt das Bildfeld links unten. Das Wappen konnte
noch nicht genau bestimmt werden.
THEMA 4: KREUZRITTERSCHWERTER
WANDTEXT
„Kreuzritter“-Schwerter
Hochmittelalterliche Schwerter, die in der Donau und Traun gefunden wurden, sorgten für
beträchtliches Aufsehen in den Medien. Die genauen metallurgischen Untersuchungen und
Analysen beweisen, dass die Waffenschmiede der damaligen Zeit ein hohes fachliches Können
besaßen. Die Schwerter wurden „Kreuzritterschwerter“ genannt, weil sie in die Zeit der Kreuzzüge
datieren. Ein Zusammenhang mit diesen ist jedoch nicht nachgewiesen.
OBJEKTE
Schwert Steyregg und Schwert Ebelsberg
Der Griff des Schwertes (Hilze) aus der Donau in Steyregg bestand aus Buchenholz. Darüber
waren Leinenstreifen gewickelt, wodurch die Hilze gut in der Hand lag.
Die metallurgischen Untersuchungen zeigten verschiedene Herstellungsvorgänge auf. Die
mittelalterlichen Schwerter hatten aufgrund der verwendeten Materialien eine hohe Qualität und
Elastizität: durch einen weichen, kohlenstoffärmeren Klingenkern und eine harte, mit Kohlenstoff
angereicherte Klingenschneide.
Die Inschriften der Klinge (Klingeneinlagen) der Schwerter aus Donau und Traun sind etwas
Besonderes. Beide sind lesbar, konnten aber bislang noch nicht interpretiert werden.
Am Ebelsberger Schwert sind es, inmitten von jeweils einem Kreuz, die Buchstaben RNII. Am
Schwert aus dem Donauschotter von Steyregg lesen wir RSRS.
Der gute Erhaltungszustand des Steyregger Schwertes ist der natürlichen Ummantelung im FlussSediment in feuchter und sauerstoffarmer Umgebung zu verdanken. Ausgehend von der
Stahlmasse des Schwertgriffs haben sich verschiedene Eisenoxide und Eisenhydroxide gebildet,
die das Schwert wie eine Schutzhülle umgaben. Restaurator Franz Gillmayr legte diese in einem
langwierigen Prozess frei.
RAUM 3
THEMA 5: ALTES RATHAUS
WANDTEXT
Funde vom alten Rathaus in Linz
Archäologische Sondierungen im Hof des Alten Rathauses und umfassende Renovierungsarbeiten
im gesamten Rathaus förderten zahlreiche Gegenstände des Alltagslebens früherer Zeiten zutage.
Die ältesten Funde stammen aus dem Spätmittelalter, die jüngsten aus dem 19. Jahrhundert. Die
Alltagsgeräte sind aus verschiedenen Materialien wie Ton, Holz, Leder, Gips, Metallen, Glas,
Papier, Stein etc. hergestellt.
Das Viertel zwischen Pfarrkirche und Hauptplatz, Rathaus- und Domgasse entstand in gotischer
Zeit. Bauliche Veränderungen erfolgten nach und nach. Das Rathaus wird 1415 erstmals erwähnt,
besaß aber vermutlich einen Vorgängerbau. Ab dem frühen 19. Jahrhundert wurden Häuser
dazugekauft. Sie bilden das Alte Rathaus von Linz. Es wurde ab 1987 renoviert.
(Alter Plan des Häuserviertels)
Seite 10
OBJEKTE
Die Schwarzhafnerplatte mit Pseudoinschrift am Rand aus dem 15./16. Jahrhundert wird einem
Erzeugnis der Gmundner Keramikherstellung gegenübergestellt. Auch auf diesem könnte man mit
einiger Fantasie buchstabenähnliche Zeichen, die an arabische erinnern, erkennen.
Spätgotische Topfkacheln sind die Vorläufer glasierter Ofenkacheln aus der Renaissance- und
Barockzeit. Kunstvoll ausgeführte Mensch-, Tier- und Ornamentreliefs sind zu sehen. Ein
Fragment zeigt ein detailliertes Männerporträt.
Im Fundmaterial fallen kleine Porzellan-Salbtiegel auf. Im Hausrat befanden sich Gegenstände
aus Holz wie gedrechselte Becher, Näpfe, Löffel, Spatel und Köcher. Auch Gewichte für Waagen
spielten eine Rolle: z. B. ein gotischer Zehnpfunder, ein barocker Sechspfunder aus Untersberger
Marmor und ein eisernes Gewicht von 1,18 kg.
Kuriosa
Eines der jüngsten Fundstücke aus dem Alten Rathaus ist ein blau verzierter Porzellanteller aus
Altrohlau bei Karlsbad der Firma Nowotny, um 1850.
Ein weiteres Kuriosum: Ein Medizinfläschchen aus Pressglas mit der Augsburger Lebensessenz
des Johann Georg Kiesow. Er verkaufte sein Heilmittel im frühen 19. Jahrhundert und konnte auf
ein kaiserliches Privileg von Maria Theresia und Kaiser Franz I. verweisen, das ihm die Herstellung
des „Lebenselixiers“ und dessen europaweiten Versand erlaubte.
Auf dem hier ausgestellten Fläschchen ist auf einer Seite folgender, stellenweise kaum oder
schwer lesbarer Text eingepresst:
LEBENS
ESSENZ
VERFERTIGET
IN
AUGSBURG
VON J. G.
KIESOW
KHURBAYR
RATH U.D.
MIT ROEM
KAISERL. MA
ALLERGNAE
DIGSTEM
PRIVILEGIO
EXCLUSIVO
THEMA 6: TÖPFEREIFUNDE
WANDTEXT
Töpfereifunde vom Graben 5
(Übersichtsplan nach alten Darstellungen des Rathausviertels)
Eine archäologische Untersuchung am Graben Nr. 5 brachte einen unerwarteten Befund, durch
den eine Hafneroffizin (Töpfer-Werkstatt) für die Zeit um 1600 erstmals genau lokalisiert werden
konnte. Gefunden wurde eine Grube mit reichhaltigem Verfüllmaterial, das größtenteils aus
Keramik bestand; genauer aus reduzierend (d. h. bei hoher Rauchentwicklung) gebranntem Ton,
dem Graphit beigemengt worden war. Außer Ofenkacheln waren es unterschiedlich große Töpfe
und Krüge. Alle weisen ein und dieselbe Hafnermarke auf: ein Wiederkreuz (Kreuz mit drei
Querbalken auf einem Sockel). Diese eingestempelten Töpfermarken sind an den Rändern der
Gefäße deutlich sichtbar.
Seite 11
RAUM 4
THEMA 7: NAPOLEONSCHANZWERK
WANDTEXT
Eine Kanonenstellung aus der Zeit Napoleons
Bei Ausgrabungen auf der Keplerwiese am Linzer Schlossberg konnten einzelne Abschnitte eines
Grabens untersucht werden, der zu einer Kanonenstellung Napoleons gehörte. Von dieser wurde
Urfahr am 5. Mai 1809 beschossen und schwer beschädigt. Den Grund dafür lieferte der
Kreishauptmann von Urfahr. Er hatte das Ultimatum des französischen Generals DominiqueJoseph-René Vandamme missachtet. Nach der Schlacht in Ebelsberg am 3. Mai 1809 hätten
Boote zur Übersetzung der französischen Truppen nach Urfahr bereitgestellt werden sollen.
Stattdessen ließ sie der Kreishauptmann versenken. Als Reaktion folgte der Beschuss Urfahrs
vom Schlossberg und von der Donaulände aus.
OBJEKTE
Die Sepia-Zeichnung von Joseph Kenner
Die Zeichnung entstand um 1824 und zeigt einen Rundblick etwa vom jetzigen Weg beim
Keplerdenkmal bis zum Steilabfall zur Donau. In Richtung Westen hielt der Künstler eine
Erdschanze mit einem Graben davor und im Hintergrund die Martinskirche fest. Durch die
archäologischen Untersuchungen wurde es möglich, Graben und Schanzwerk als
napoleonzeitliche Kanonenstellung zu identifizieren und zu verorten. Funde aus dem Graben
sichern die Zuweisung auch in zeitlicher Hinsicht ab.
Darin eingezeichnet sind außerdem „zwey Eisgrübeln“ in Rundform, versehen mit quadratischem
Außenbau. Dabei handelt es sich um zwei Keller, die bis in das 18./19. Jahrhundert benutzt
wurden.
Auf der Sepia-Zeichnung von Joseph Kenner sind sie als quadratische Bauten mit Zeltdach
wiedergegeben.
Profil des Grabens in natürlicher Größe
Breite (ca. 3 Meter) und Tiefe (ca. 2,5 Meter) des Grabens der napoleonzeitlichen Kanonenstellung
kamen 2003 am deutlichsten zum Vorschein. Diese Gelegenheit wurde intensiv genutzt, um in
einem mühsamen und sehr heiklen Arbeitsvorhaben (Leitung: Restaurator Franz Gillmayr) das
Erdprofil des Grabens abzunehmen. Der Graben hatte eine flache Sohle.
Die jeweiligen Schichtungen (Straten) der späteren Verfüllung zeichnen sich im Profil scharf ab.
Zuletzt wurden Lehm- und Erdplanierungen um 1960 vorgenommen. Damals wurde die später so
genannte Keplerwiese zu einer Erholungsfläche umgestaltet.
Waffen, Uniformknöpfe und Münzen
Bajonette und Kanonenkugeln gehörten zu einem Komplex von Waffen und Kriegsgeräten,
gefunden in einem Haus an der Landstraße. Dort dürften sie versteckt gelagert gewesen sein.
Einige Kanonenkugeln aus napoleonischer Zeit waren mit Schwarzpulver gefüllt. Den explosiven
Inhalt verschloss ein fester Stöpsel.
Die beiden Uniformknöpfe sind dem französischen Militär zuzuordnen. Einer dem 53. LinienInfanterie-Regiment um 1805-1809, der andere der Kriegsmarine, letztes Drittel 19. Jahrhundert.
(Bestimmung: Dr. Siegfried Bernkopf).
Die Datierung der napoleonischen Kanonenstellung sichern einige Münzen. Die zuletzt, während
der August-Grabung 2015 gefundene, ist ein Kreuzer des Kaisers Franz II. (I.), geprägt in Prag im
Jahr 1800. (Bestimmung: Doz. Dr. Bernhard Prokisch, OÖ. Landesmuseum).
Seite 12
THEMA 8: NEUZEITLICHER MÜLL
WANDTEXT
Müll im Keller
Bei Ausgrabungen auf der Keplerwiese stießen ArchäologInnen auf zwei annähernd runde
Steinfundamente, die zunächst nicht gedeutet werden konnten. Erst die genauere Betrachtung des
Stadtplans von 1771 brachte eine Klärung. Darin eingezeichnet sind nämlich „zwey Eisgrübeln“ in
Rundform, versehen mit quadratischem Außenbau. Demnach handelt es sich um zwei Keller, die
bis in das 18./19. Jahrhundert benutzt wurden.
Auf der Sepia-Zeichnung von Joseph Kenner sind sie als quadratische Bauten mit Zeltdach
wiedergegeben. Offenbar war ihr runder Baukern oberirdisch ummantelt worden. Als einer von
mehreren Benutzern kann der Schlosswirt angenommen werden, worauf auch die ausgestellten
Funde verweisen.
Ab dem frühen 20. Jahrhundert erfolgte die Verfüllung der Keller mit Abfall. Dieser stellt heute ein
kulturgeschichtlich nicht uninteressantes Material dar, das bisweilen kurios anmutet. Eine Auswahl
von „Müllfunden“ des 19./20. Jahrhunderts wurde für diese Ausstellung getroffen, darunter auch
viele Bierflaschen.
OBJEKTE
„Bier-Archäologie“
Bis in das 20. Jahrhundert produzierten viele lokale und regionale Brauereien den überaus
beliebten Gerstensaft. Die letzten Ausgrabungsjahre bescherten dem Bierliebhaber zwar nicht den
geschätzten Inhalt, dafür aber eine Reihe von Flaschen mit und ohne Verschluss, die in Linzer
Brauereien gefüllt worden waren. Sie besitzen bereits einen Liebhaberwert. Mehrmals sind auf
dem gepressten Glas in erhabenen Buchstaben die Brauereien genannt.
Sandgasse 8
Poschacher Bier
Linzer Aktienbrauerei
Hanns Karlinger Linz
Poschacher Bier Gregor Wöss
Anton Kneidinger Linz
Fr. Schonka Linz Humboldstr. 4 Linz
Poschacher Brauerei in Linz Ag
Linzer Kaufmännischer Wirtshausverein
H. Karlinger Poschacher Bier Linz Sandgasse 8
Brauerei Wilhering Josef Niklas, Linz
Brauerei Niklas Wilhering. Diese Brauerei hat zunächst in Wilhering, dann in Linz produziert, bis
der Betrieb 1926 stillgelegt wurde.
Die Konkurrenz aus Böhmen hatte in Linz ein Depot, wie auf einer Flasche vermerkt steht:
Budweiser Bierdepot Linz J. Smeykal.
Offenbar weniger beliebt als Bier war Sodawasser: Erste Linzer Sodawasserfabrik C. Ulrich.
Seite 13
RAUM 5
THEMA: ARCHÄOLOGISCHES SAMMELSURIUM DES 18./19./20. JAHRHUNDERTS
OBJEKTE
Bemalte und unbemalte Pfeifenköpfe aus Porzellan und Ton, einige davon mit Sprüchen
versehen:
„Der Alte vom Berge“
„Lebe froh“
„Erinnerung an das Kaiserjubiläum 1848-1898“
„50 jähr Regierungsjubiläum Franz … Gott erhalte Franz den Kaiser“
„… der Hasenschmirl“
„[Wer einen] Apfel schält und er isst ihn net
und einer a Dirndl hat und er küsst sie net
einer ins Wirtshaus geht und er trinkt kan Wein
muß a rechter Patznli[ppl sein].“
Eine Auswahl an Haushalts-Porzellan
Bemalte Bauernschüssel, 18. Jahrhundert, mit Spruch im Inneren:
„Treue [Liebe geht nicht unter]
„Treue [Liebe ist]frisch und [munter]
Durch die Angaben auf den Objekten erfahren wir von Produzenten, die aus anderen Ländern
nach Linz lieferten, wie z. B. Firma Milicich aus dem Ort Zara, Adriaküste, bekannter Produzent
von Maraschino-Likör oder von Johann Georg Ecothe aus Berlin, der auf einem Salbtiegel
verzeichnet ist.
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Kindertexte
Geheime Botschaften aus 1200 Jahren
Guten Tag! Darf ich mich vorstellen? Ich bin Archäologe und beschäftige mich mit sehr alten
Fundstücken, die ich beim Ausgraben unter der Erde entdecke. Komm mit und begleite mich durch
1200 Jahre. Taschenlampe nicht vergessen, denn es warten geheime Botschaften auf dich. Halte
einfach nach mir Ausschau.
Die Gegenstände in diesem Raum sind Grabbeigaben. In früherer, längst vergangener Zeit legte
man dem Verstorbenen Besitztümer mit ins Grab. Und dies in voller Absicht. Der Verstorbene
sollte auf seiner Reise ins Jenseits unbedingt noch ein paar wichtige Dinge bei sich haben. Je
mehr Gegenstände dem Toten beigegeben wurden, desto reicher war seine Familie.
Grabbeigaben waren also ein Zeichen für Wohlstand. Sie geben uns wichtige Informationen über
das Leben der Menschen zu dieser vergangenen Zeit. In Männergräbern findet man mitunter
Waffen, in Gräbern von Frauen Schmuck.
Wirf einen Blick auf das Grabmodell!
Dieses Modell zeigt das Grab eines Reiters und dessen Pferdes. Den Pferdefreunden und
Reitbegeisterten unter euch werden sofort die Trense und der Steigbügel auffallen, die man bei
genauem Hinschauen erkennen kann.
Ein Schild zum Schutz und ein Speer zur Verteidigung im Kampf − zwei wichtige Waffen eines
Kriegers im Mittelalter, die über Leben oder Tod entschieden.
Kennst du die Martinskirche in Linz? Im Video der Künstlerin Edith Stauber kannst du sie dir
etwas genauer anschauen. Die Kirche sah nicht immer so aus wie heute. Im Laufe der Zeit wurde
sie zerstört und wieder aufgebaut und dabei immer etwas verändert. Das fand man durch
Ausgrabungen in und um die Kirche heraus.
Nicht nur alte Gegenstände geben uns Informationen über die Vergangenheit. Weißt du, was eine
Urkunde ist? Ein Schriftstück, also geschriebene Wörter auf Papier. Eine Urkunde hast du
zuhause, nämlich deine Geburtsurkunde. Diese gibt Auskunft über die Zeit und den Ort deiner
Geburt. In einer Urkunde aus dem Jahr 799 wird die Linzer Martinskirche erwähnt. Die
Martinskirche ist also schon sehr alt. Dieser Stein mit dem schönen Flechtmuster war einmal Teil
der Martinskirche. Wirklich steinalt, dieses Stück!
Die beiden Kreuze sind etwas ganz Besonderes. Sie wurden in Männergräbern gefunden und sind
Hinweise für eine Religion, nämlich das Christentum. Das sehr wertvolle Goldblattkreuz wurde
dem Toten als Zeichen seines Glaubens vor dem Begräbnis aufgelegt.
Es war genau und fein gearbeitet. Auch das viel kleinere Bronzekreuz erforderte viel Arbeit. Es
befand sich auf der Scheide des Schwertes und sollte dessen Träger im Kampf beschützen.
Ein Archäologe möchte über die Vergangenheit Bescheid wissen. Deshalb führt er Ausgrabungen
durch. Er sucht nach Hinweisen, wie die Menschen früher gelebt haben.
Keramikfunde wie Töpfe oder Ofenkacheln, Münzen oder so etwas Besonderes wie der
Schreibgriffel aus Eisen liefern Hinweise auf den Alltag der Menschen und was sie zu
vergangenen Zeiten gemacht haben.
Mit dem Schreibgriffel wurde auf einer Wachstafel geschrieben. Die Buchstaben hat man
eingeritzt. Mit dem flachen Ende wurde zuletzt die Wachsschicht der Schreibtafel wieder geglättet.
KINDERSTATION
Donauschotter
Hast du schon einmal von Kreuzrittern gehört? Diese Ritter waren Christen und wurden Kreuzritter
genannt. Den Christen waren das Land und die Stadt Jerusalem heilig. Sie wollten sie es nicht
teilen. Denn auch die Moslems erhoben Anspruch auf dieses ihnen heilige Land. Und weil beide
Glaubensgruppen ziemlich stur und ganz und gar nicht tolerant gegenüber dem jeweiligen anderen
Glauben waren, gab es sinnlose Kriege. Diese wurden Kreuzzüge genannt. Vielleicht haben mit
diesen Schwertern, die in der Donau und der Traun gefunden wurden, Kreuzritter gekämpft. Mit
Sicherheit lässt sich das aber nicht sagen. Die Schwerter sind sehr gut erhalten. Aus einem guten
Grund:
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Greif mal hinein, da kannst Du spüren, worin die Schwerter im Fluss fest eingepackt waren. Das
Trennen der Schwerter von der dicken Steinschicht (Hülle) dauerte sehr lange und erforderte
große Konzentration.
Die Fundstücke hier nennt man Schwarzhafnerkeramiken, eine besondere Art des
Töpferhandwerks. Der Ton, der dabei vom „Hafner“, also vom Töpfer, bearbeitet wurde, ist mit
Erde gemischt und durch das Brennen dunkel gefärbt. Habt ihr einen Kachelofen zuhause, in dem
das brennende Holz knistert und durch den es in der kalten Jahreszeit wohlig warm wird? Man
kann auch Ofensetzer oder Kachelofenbauer zu diesem Beruf sagen.
Hier kannst du flache und hohe Gefäße dieser Hafner- Keramik sehen: Töpfe, einen Kerzenhalter
und eine Öllampe. Gebrannte Gegenstände aus Ton nennt man übrigens Keramiken. Durch das
Brennen im Brennofen wird der Gegenstand hart und wasserbeständig. Zu der Zeit, als diese
Fundstücke gemacht wurden, haben die Töpfer die Tongegenstände in Gruben gebrannt. So ein
Brennvorgang dauerte bis zu drei Tage. In einem modernen Brennofen, wie es ihn heute gibt, geht
das schneller. Ein solcher Ofen wird bis zu unvorstellbaren 1400 Grad heiß.
Kennst du das Alte Rathaus in Linz? Beim Renovieren dieses Gebäudes ab 1987 waren auch
Archäologen dabei. Dabei fand man einige Gegenstände aus dem damaligen Alltag. Zum Beispiel
Teller, Kochgefäße und Vorratsgefäße, manche aus Ton oder aus Holz, Objekte aus Leder, Gips
oder Metall. Manche Fundstücke sind schon ziemlich alt und stammen aus dem Spätmittelalter.
Andere Gegenstände sind etwas jünger. Kannst du erkennen welche Fundstücke aus dem
Spätmittelalter sind?
In dem kleinen gläsernen Fläschchen war übrigens eine Essenz mit dem viel versprechenden
Namen „Lebenselixier“ enthalten. Das weiß man, weil auf einer Seite ein Text eingepresst ist, den
man aber nur schwer lesen kann. Vielleicht kannst du herausfinden, wo dieses besondere Elixier
angefertigt wurde.
KINDERSTATION
Töpfermarken stempeln
In der Nähe vom NORDICO ist der Graben. Kennst du diese Straße? Dort wurde bei einer
archäologischen Untersuchung einer Grube mit Keramik entdeckt. Das ist ein wertvoller Hinweis
auf eine Töpferwerkstatt.
In der Grube fand man Ofenkacheln, unterschiedlich große Töpfe und Krüge.
Etwas Besonderes ist die Töpfermarke auf den Gefäßen. So eine eingestempelte Töpfersignatur
ist ein Zeichen des Töpfers. Dadurch gab er sich zu erkennen. Damit sagte er also: Das habe ich
gemacht!
Hier kannst du auch ein Zeichen in den Ton stempeln. Probiere es ruhig einmal aus!
KINDERSTATION
Flaschen und Kronkorken zum Reingreifen
Was könntest du alles finden, wenn du in eurem Garten in der Erde gräbst? Wahrscheinlich
ähnliche Dinge wie hier drinnen. Oder?
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Wand- und Objekttexte im Linzer Zimmer
URBAYERISCHES IN OBERÖSTERREICH
Ein Handelsnetz der Jungsteinzeit im Herzen Mitteleuropas
Spannende Grabungsfundstücke zwischen dem Mondseeland und dem Mühlviertel, darunter
bayerische Feuersteine aus der Jungsteinzeit, zeugen von ausgeklügelten
Hornsteinabbautechniken und einem ausgeprägten Handelsnetz im Herzen Europas.
In Bayern lagen in der Jungsteinzeit (5.500–2.200 v. Chr.) wichtige Abbaugebiete von
Jurahornsteinen. In der Altmühl-Donau-Region und am Donaurandbruch wurde der begehrte
Rohstoff der Steinzeit in mehreren Hornsteinbergwerken abgebaut. Es entstanden erste
Handelsrouten, auf denen die bayerischen Hornsteine bis nach Böhmen gehandelt wurden.
Einer der Wege führte die Händler auf der Donau auch nach Oberösterreich.
Bayerische Hornsteine in Oberösterreich zwischen Mondseeland und Mühlviertel
Die bayerischen Hornsteinbergwerke von Baiersdorf, Arnhofen und Flintsbach lieferten ihre
Rohstoffe auch in die jungsteinzeitlichen Siedlungen von Oberösterreich.
Das Hornsteinbergwerk von Arnhofen
Eines der größten Abbaugebiete von Jurahornsteinen in Europa lag in Arnhofen im
niederbayerischen Landkreis Kelheim. In den hornsteinführenden Schichten des Oberen Jura
wurden aus rund 20.000 Schächten (hochgerechnet) etwa eine Million Platten- und
Knollenhornsteine im Tage- und Schachtabbau aus der Tiefe gefördert. Die Arnhofener Bergleute
vertrieben ihre Produkte ab dem 6. Jahrtausend v. Chr. über die Grenzen Bayerns hinaus. Dabei
legten sie Entfernungen bis zu 400 Kilometer zurück. Ihr Weg führte sie auch donauabwärts bis
nach Oberösterreich in den Linzer Raum.
Der Hornsteinabbau von Baiersdorf
In Baiersdorf, Landkreis Kelheim, nahe Schloss Prunn im Altmühltal, legten steinzeitliche Bergleute
im 4. Jahrtausend v. Chr. einen Tagebau an. In mannstiefen Eingrabungen gewannen sie
hochwertige Plattenhornsteine zur Herstellung von großformatigen Sichelblättern und Messern.
Die Baiersdorfer Plattenhornsteine fanden sich in vielen der Siedlungen des Alpenvorlandes. In
den Pfahlbausiedlungen der Mondsee-Kultur Oberösterreichs sind bis zu einem Drittel der Sicheln
und Messer aus den bayerischen Platten hergestellt worden.
Der Hornsteinabbau von Flintsbach
Nahe der Ortschaft Flintsbach im Landkreis Deggendorf, Niederbayern, finden sich die Spuren
eines weiteren jungsteinzeitlichen Hornsteinabbaues in Bayern.
Das hochwertige Silexmaterial aus Flintsbach fand vorzugsweise zu Beginn der Jungsteinzeit
Verwendung.
Im Raum Linz kennt man den Flintsbacher Knollenhornstein vor allem in der
linienbandkeramischen (Kultur der Linienbandkeramik 5500-4900 v. Chr.) Siedlung von Rutzing
und Haid, aber auch aus der mittelneolithischen (mittlerer Abschnitt der Jungsteinzeit 4900-4400 v.
Chr. Kreisgrabenanlage von Ölkam. Im Mühlviertel ist er auch in der Chamer Kultur (bayerischböhmische Kultur am Ende der Jungsteinzeit 3500-2700 v. Chr.) verbreitet.
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Pressebilder
Die Pressebilder, darunter auch Ausstellungsansichten, stehen für die Dauer der Ausstellung
auch auf www.nordico.at zum Download bereit.
Lizenzfreie Nutzung nur im Rahmen der aktuellen Berichterstattung zur Ausstellung.
1. Schwert aus der Kreuzritterzeit um 1200
Flussfund aus der Donau bei Linz mit
Gesteinsresten, die ihn umschlossen haben.
Foto: Norbert Artner
2. Edith Stauber
Filmstill aus "Linz/Martinskirche", 2014
4. Bierflaschen, einst gefüllt
mit Linzer Bier, 20. Jh.
(Siedlungsfund)
Foto: Norbert Artner
5. Piktogramm Martinskirche, Kreuzritter
und Flaschenbier
Grafik: Nina Bammer, 2015
7. Kreuz aus Goldfolie,
7. Jh. n. Chr. (Grabfund)
Foto: Norbert Artner
8. Grabung auf der
Keplerwiese, 2014
Foto: Norbert Artner
3. Martinskirche Linz
Foto: Norbert Artner
6. Silberbeschlag einer Gürtelzunge mit
Liebesszene, 7. Jh. n. Chr. (Grabfund)
Foto: Norbert Artner
9. Grabung auf der Keplerwiese, August 2015
Foto: Erwin M. Ruprechtsberger
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10. Arnhofener Plattenhornsteine
Rohplatten aus dem Bergwerk
11. Grabinventar aus dem Gräberfeld
von Rutzing
Perlen und Gürtelschließe aus SpondylusMuscheln, Kette aus Hirschgrandeln und
eine Pfeilspitze aus Arnhofener Hornstein
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12. Sehr seltener Feuersteindolch
aus Arnhofener Plattenhornstein,
3500–2700 v. Chr.
Gefunden in Kirchdorf am Inn