Ausarbeitung - Fachbereich Mathematik und Informatik

Westfälische Willhelms-Universität Münster
Fachbereich 10 Mathematik und Informatik
Seminar „Graphentheorie“
Sommersemester 2015
Dozent: Dr. Thomas Timmermann
Die
Ramsey-Zahlen
01.06.15
Kirsten Voß
[email protected]
Zwei-Fach- Bachelor
Mathematik und Anglistik
Fachsemester 6
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Inhaltsverzeichnis
1) Einleitung
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2) Ramsey Zahlen
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3) Anwendung: Konvexe Polygone
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4) Quellen- und Abbildungsverzeichnis
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1) Einleitung
Frank Plumpton Ramsey, geboren 1903 in Cambridge und gestorben 1930 in London war ein
englischer Mathematiker, nach dem die Ramsey Theorie und die dazugehörigen Ramsey
Zahlen benannt wurden. Er schrieb 1925 eine Ausarbeitung mit dem Thema Foundations of
Mathematics, welcher einige weitere Werke folgten.
In dieser Ausarbeitung mit dem Thema „Ramsey-Zahlen“ beziehe ich mich auf die Werke
von Béla Bollobás,John M. Harris, Jeffry L. Hirst, und Michael J. Mossinghoff, Reinhard
Diestel und Manfred Dobrowolksi und habe wichtige Sätze und Beweise zusammengefasst.
Frank Plumpton Ramsey beschäftigte sich im Wesentlichen mit der Erweiterung des
Schubfachprinzips1.
In der Literatur wird das Thema der Ramsey-Zahlen oft mithilfe eines Beispiels eingeleitet.
Es geht hier um das sogenannte Partyproblem.
1.1)
Das Partyproblem
Es soll eine Antwort auf folgende Frage gefunden werden:
Auf einer Party kennen sich zwei Besucher oder sie kennen sich nicht. Wie viele
Menschen müssen mindestens auf einer Party sein, sodass sich mindestens 3 Besucher
kennen oder sich mindestens 3 Besucher nicht kennen?
Um sich einer Antwort zu nähern kann man nun annehmen, dass drei Besucher auf der Party
sind. Dazu identifiziert man die drei Besucher mit den drei Knoten des K3. Analog geht man
für vier Besucher vor. Um nun zu zeigen, dass drei bzw. vier Besucher nicht ausreichen, färbt
man die Kanten des K3 bzw. K4 in den Farben blau und rot. Rot soll dabei für eine
Bekanntschaft der beiden verbundenen Personen und Blau für eine Nicht- Bekanntschaft der
beiden verbundenen Personen stehen. Ein einfarbiges Dreieck in einem Graphen würde nun
also für Bekanntschaft bzw. Nicht- Bekanntschaft stehen.
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Geht auf das Prinzip zurück, bei dem n>m Elemente auf m Schubfächre verteilt werden. In einem Schubfach
sind dann mindestens zwei Elemente.
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Wir versuchen also ein solches einfarbiges Dreieck zu vermeiden um sicherzugehen, dass
weder eine Bekanntschaft, noch eine Nicht-Bekanntschaft zwischen drei Personen möglich
ist.
Im Graphen K3 (ein Dreieck) ist es möglich, die Kanten so zu färben, dass kein einfarbiges
Dreieck entsteht. Ebenso im Graphen K4.
Auch für den Graphen K5, der also 5 Besucher auf der Party repräsentiert, ist dies möglich,
wie Abbildung 1 zeigt.
1 Abbildung
Für sechs Personen auf der Party kann man analog vorgehen. Wir versuchen ein einfarbiges
Dreieck zu vermeiden und färben die Kanten des dazugehörigen Graphen K6. Dazu färben wir
drei Kanten, weil wir wissen, dass andernfalls ein blaues Dreieck entstehen würde.
(Schubfachprinzip). Allerdings entsteht dennoch ein einfarbiges Dreieck, wie Abbildung 2
zeigt.
2 Abbildung
Wir haben also gezeigt, dass mindestens sechs Personen auf der Party sein müssen, damit
mindestens drei Personen sich kennen bzw. nicht kennen.
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Hinsichtlich der Theorie von Ramsey würde man die Fragestellung wie folgt formulieren:
Bestimme eine Zahl n, sodass der vollständige Graph Kn bei jeder Blau-Rot-Färbung einen
Graphen K3, der nur aus blauen Kanten besteht, oder einen K3, der nur aus roten Kanten
besteht, enthält.
2) Die Ramsey-Zahlen
2.1 Definition: Seien s und t positive ganze Zahlen. R(s,t) ist dann die kleinste ganze Zahl n
sodass jede Färbung der Kanten mit zwei Farben von Kn entweder einen
roten Graphen Ks oder einen blauen Graphen Kt als Teilgraphen enthält
Allgemein kann man für Ramsey- Zahlen bermerken, dass gilt R(s,t)= R(t,s). Falls in diesem
Fall s=t gilt, wird die Ramsey-Zahl R(s,s)= R(s) diagonal genannt. Definiert man in diesem
Fall die Ramsey-Zahl, so folgt folgende Bemerkung.
2.2 Bemerkung: Die diagonale Ramsey Zahl R(s) ist die kleinste ganze Zahle n, sodass jeder
̅ s als induzierten
Graph der Ordnung mindestens n entweder Ks oder 𝐾
Teilgraphen besitzt.
Am Beispiel R(1,3) wird die Definition einer Ramsey- Zahl verdeutlicht und nachvollzogen.
2.3 Beispiel: Berechnung von R(1,3)
Um bei einer Färbung mit zwei Farben des Kn einen roten K1 bzw. einen
blauen K3 zu erhalten, benötigt man nur einen Knoten, also einen K1. Also ist
die kleinstmögliche Zahl n=1.
2.3 Bemerkung: Allgemein gilt R(1,t)=1
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Beweis:
Ein Teilgraph, der nur einen Knoten hat, ist automatisch einfarbig.
Soll nun davon ausgehend, ein einfarbiger K2 gefunden werden, so lässt sich durch eine
Unterscheidung von zwei Aspekten, analog zum Partyproblem, die Ramsey Zahl berechnen.
2.4 Bemerkung: Es gilt R(2,t)=t
Beweis:
Wir wollen zeigen, dass t die kleinste Zahl ist, sodass jede Färbung mit zwei
Farben eines Kt entweder einen roten K2 oder einen blauen Kt enthält. Dazu
zeigen wir folgende zwei Punkte:
1. Es gibt eine Färbung, sodass Kt-1 weder einen roten K2 noch blauen Kt
enthält.
2. Jede Färbung der Kanten von Kt enthält entweder einen K2 oder Kt als
Teilgraphen.
Zu 1. Ein Graph mit t-1 Knoten enthält keinen roten K2, wenn alle Kanten blau
sind; außerdem trivialerweise keinen blauen Kt.
Zu 2. Wir nehmen eine beliebige Färbung an. Wenn eine Kante rot ist, erhalten
wir einen roten K2. Andernfalls einen blauen Kt
Wie bereits im Partyproblem berechnet, folgt dass die kleinste Zahl, sodass ein einfarbiger K 3
entsteht, sechs beträgt.
2.5 Bemerkung: Es gilt R(3,3)=6
Beweis:
Dies haben wir durch das anfängliche Partyproblem gezeigt. Die anderen Fälle,
für unterschiedliche Färbungen der Kanten, gelten analog.
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2.6 Definition: Ein Graph wird trivial genannt, wenn er entweder vollständig oder leer ist.
Um die Existenz der Ramsey-Zahlen zu beweisen, wurde von Frank Plumpton Ramsey im
Jahr 1930 folgender Beweis geliefert, welcher sich auf diagonale Ramsey- Zahlen bezieht.
2.7 Theorem: Ramsey (1930)
Für jedes s Є ℕ existiert ein n Є ℕ, sodass jeder Graph von mindestens
̅ s als induzierten Teilgraphen besitzt.
Ordnung n, entweder Ks oder 𝐾
Beweis2:
Die Behauptung ist trivial für s≤ 1.
Sei s ≥2 und n:= 2s-3 und G ein Graph von mindestens Ordnung n.
Wir definieren uns eine Folge von Mengen V1,…,V2s-2. Und wählen Knoten vi
Є Vi mit folgenden Eigenschaften:
i)
lVil = 22s-2-i
ii)
Vi ⊆ Vi-1\ {vi-1}
iii)
Vi-1 ist benachbart zu allen Knoten in Vi oder zu keinem Knoten in Vi
(i=2,…,2r-2)
Es sei V1 Є V(G) eine Menge von 22s-3 Knoten und wähle v1 Є V1 beliebig.
Dann gelten im Fall i=1 die Aussagen i) und ii) trivialerweise.
Wir nehmen an, dass Vi-1 und vi-1 Є Vi-1 so gewählt wurden, dass i)-iii) für i-1,
wenn 1<i≤ 2r-2, gelten.
Da l Vi-1/{vi-1} l = 22s-1-i -1 ungerade ist, hat Vi-1 eine Teilmenge Vi, die i)-iii)
erfüllt. Wähle vi Є Vi beliebig. Unter den 2s-3 Knoten v1,…,v2s-3 gibt es s-1
Knoten für die dasselbe gilt, wie für vi-1 in iii) nämlich benachbart zu allen
Knoten in Vi zu sein oder zu keinem.
̅ s in G, weil
Diese s-1 Knoten und v2r-2 induzieren entweder einen Ks oder 𝐾
vi,…,vsr-2 Є Vi für alle i gilt.
2
Hinweis: Im Vortrag wurde der Satz für 2s-1 Knoten bewiesen.
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Das folgende Theorem wurde einige Jahre später als Alternative für den obigen Beweis
geführt. Dieser Satz gibt ebenfalls eine untere Abschätzung für Ramsey Zahlen an, die
mithilfe der Propabilistischen Methode verfeinert werden kann. Außerdem folgt, dass die
Ramsey- Zahl R(s,t) endlich ist.
2.8 Theorem: R(s,t) ist endlich für alle s,t≥2. Wenn s<2 und t<2 ist, dann gilt:
Beweis:
i)
R(s,t)≤R(s-1,t)+ R(s,t-1)
Ii)
R(s,t) ≤ (𝑠+𝑡−2
)
𝑠−1
Aus dem Beweis von i) und ii) folgt, dass R(s,t) endlich ist.
i)
Wir nehmen an, dass R(s-1,t) und R(s,t-1) endlich sind. Sei
n= R(s-1,t)+ R(s,t-1) und seien die Kanten des Kn rot und blau gefärbt.
Wir müssen nun also zeigen, dass in diesem Graphen ein roter Ks oder
ein blauer Kt vorhanden ist. Sei x ein Knoten in Kn.
Da d(x):= n-1= R(s-1,t)+R(s,t-1) gibt es also
Mindestens n1= R(s-1,t) rote Kanten, die inzident zu x sind,
Mindestens n2= R(s,t-1) blaue Kanten, die inzident zu x sind.
Wegen Symmetrie können wir o.B.d.A den ersten Fall annehmen.
Sei Kn1 ein Teilgraph von Kn, aufgespannt durch n1 Knoten, welche mit
x durch rote Kanten verbunden sind. Falls Kn1 einen blauen Kt enthält,
sind wir fertig. Andernfalls beinhaltet Kn1 nach Definition von R(s-1,t)
einen roten Ks-1, welcher mit x zusammen einen roten Ks ergibt.
ii)
Folgt direkt aus i) und einer Induktion. Man benutzt hier die
Rekursionsformel des Binomialkoeffizienten.
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3) Konvexe Polygone
Der Anwendungsbereich der konvexen Polygone ist mit der Ramsey Theorie verwandt.
Anstatt Kantenfärbungen von vollständigen Graphen werden nun beliebige Mengen von
Punkten in der Ebene betrachtet. Diese Punkte sollen unterschiedliche Eigenschaften haben,
sodass die folgenden Theoreme von Paul Erdos, George Szekeres und Esther Klein gelten.
3.1 Defintion: Eine Menge S von Punkten in der Ebene ist konvex, falls jedem Paar a, b von
Punkten in S eine Verbindungslinie hat, welche ganz in S liegt.
3.2 Definition: Die konvexe Hülle einer endlichen Menge von Punkten S in der Ebene ist
definiert als der Schnitt aller konvexen Mengen, die S enthalten.
3.3 Definition: k Punkte befinden sich in allgemeiner Lage, wenn keine drei Punkte auf einer
Geraden liegen.
Um auf das Theorem hinzuführen, welches die Ramsey Zahlen zum Beweis benötigt, wurden
um das Jahr 1930 von Esther Klein, Paul Erdős und George Szekeres Theoreme aufgestellt.
Unter anderem das sogenannte Happy Ending Problem3 führte später zu einer
Verallgemeinerung, bei der die Theorie der Ramsey- Zahlen essentiell ist.
3.4 Theorem: (Esther Klein 1930, Happy Ending Problem)
Eine beliebige Menge von fünf Punkten in der Ebene, die sich in allgemeiner
Lage befinden, enthält eine vierelementige Teilmenge, dessen komplexe Hülle
ein Viereck ist.
Beweis:
Wir nehmen an, dass fünf Punkte in der Ebene liegen, ohne dass drei auf einer
Geraden liegen. Wenn ihre konvexe Hülle ein Fünf- oder Viereck ist, folgt die
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Das Theorem wurde Happy Ending Problem genannt, weil es zu der Hochzeit von George Szekeres und Esther
Klein führte.
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Aussage. Wir nehmen also an, dass ein Dreieck entsteht. Seien a und b zwei
Punkte der Menge innerhalb des Dreiecks und sei l die Linie, die a und b
verbindet. Da die Punkte in allgemeiner Lage sind, liegen zwei der Knoten des
Dreieckes auf einer Seite von l. Wir nennen sie c und d. Also ist die konvexe
hülle und {a,b,c,d} ein Viereck.
3.5 Theorem: Sei S eine Menge von n Punkten in der Ebene, die sich in allgemeiner Lage
befinden mit der Eigenschaft, dass jede vierelementige Teilmenge von S die
Knotenmenge eines konvexen Viereckes ist. Dann ist S die Menge an Knoten
eines konvexen n-Ecks.
Beweis:
Sei H die konvexe Hülle von S und sei a Є S im Inneren von H. Sei b Є S mit a
≠b. Teile nun H in Dreiecke, indem b zu jedem Knoten zugeordnet wird. Dann
liegt a im Inneren einer dieser Dreiecke und benennen die zugehörigen Knoten
b,c, und d. Dann ist {a,b,c,d} eine vierelementige Teilmenge von S, dessen
konvexe Hülle ein Dreieck ist, was der Annahme widerspricht.
Im Jahr 1935 beschäftigten sich Paul Erdős
und George Szekeres dann mit einer
Verallgemeinerung dieser Theoreme.
3.6 Theorem ( Erdos und Szekeres, 1935):
Für jede positive ganze Zahl N, hat jede ausreichend endlich große Menge an
Punkten, die sich in allgemeiner Lage befinden, eine N-elementige Teilmenge
die die Ecken eines konvexen Polygons in dieser Ebene bilden.
In dem Beweis zu diesem Theorem wird eine Verallgemeinerung des Ramsey Theorems
genutzt. Hierbei kann nicht nur die Version des Ramsey Theorems der Färbung mit zwei
Farben verwendet werden, sondern es wird eine allgemeine Aussage für N- Färbungen
benötigt um dieses Theorem ausreichend zu beweisen. Ein Beweis dieser Art kann in "A
combinatorial problem in geometry“ nachgelesen werden
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4) Quellenverzeichnis
Béla Bollobás. Graph theory, volume 63 of Graduate Texts in Mathematics. Springer-Verlag,
New York, 1979. An introductory course.
Erdős, P.; Szekeres, G. (1935), "A combinatorial problem in geometry", Compositio
Mathematica 2: 463–470.
John M. Harris, Jeffry L. Hirst, and Michael J. Mossinghoff. Combinatorics and graph
theory. Undergraduate Texts in Mathematics. Springer, New York, second edition, 2008.
Manfred Dobrowolksi, Mathematische Exkursionen,Oldenbourg Verlag, München, 2010,
Gödel, Escher und andere Spiele
Reinhard Diestel. Graph theory, volume 173 of Graduate Texts in Mathematics. SpringerVerlag, Berlin, third edition, 2005.
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Abbildungsverzeichnis
Abbildung1:
http://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/thumb/9/98/RamseyTheory_K5_no_mono_
K3.svg/210px-RamseyTheory_K5_no_mono_K3.svg.png (04.05.15)
Abbildung2:
http://graphics8.nytimes.com/images/2013/03/31/crosswords/party-problem/party-problemblog480.png (04.05.15)
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