Situation auf den Märkten – notwendige Massnahmen

 Situation auf den Märkten – notwendige Massnahmen Stand 20.8.2015, RM 1.
Ausgangslage Seit Mitte 2014 sind die Preise für Agrarprodukte stark unter Druck, sowohl im In‐ als auch im Aus‐
land. Der Druck hat sich in den vergangenen Wochen noch akzentuiert. Der Preisdruck ist Folge von mehreren Faktoren: Eine generelle hohe Produktion bei gedämpfter Nachfrage im asiatischen Raum setzt die Weltmarktpreise unter Druck. Das Einfuhrembargo von Russland für Lebensmittel aus der EU erhöht den Druck insb. auf die europäischen Märkte für Milch, Schweine‐ und Rindfleisch sowie Obst und Gemüse zusätzlich. Der vollzogene Ausstieg aus der Milchquote und die Antizipation des geplanten Ausstieges aus der Zuckerquote in der EU setzen Milch‐ und Zuckermarkt wegen hoher Produktionsmengen zusätzlich unter Druck. Die ausgesprochen angespannte Preissituation im Aus‐
land überträgt sich in wichtigen Märkten auch auf die Schweiz. Die starke Frankenaufwertung hat den Druck noch verschärft. Die prekäre Situation auf den Märkten hat die Bauern in Deutschland und Frankreich zu Protesten auf die Strasse getrieben. Copa‐Cogeca hat für den 7.9.2015, am Tag der Sitzung der EU‐
Agrarminister, zu einer Grossdemonstration in Brüssel aufgerufen. 2.
Situation in der Schweiz 2.1 Generelle Situation Die folgende Tabelle zeigt die Entwicklung der wichtigsten Preisindikatoren: Tabelle 1: Entwicklung der Preise 2015 zu 2014 Verände‐
rung Produzentenpreis Landwirtschaft Produzentenpreis Lebensmittel / Getränke / Tabak‐
waren Importpreis Lebensmittel & alkoholfreie Getränke Konsumentenpreis Preise Lebensmittel, Produktionsmittel2 alkoholfreie Getränke Juli15 ‐ 7.6%
‐ 1.9%
‐ 6.1%
‐ 1.5% Juli14 ‐ 8.2% ‐ 1.2% ‐ 3.6%
‐ 0.7% Jan‐Juli15 Jan‐Juli 141 1
Mittelwert der Veränderungsraten gegenüber den Vorjahresmonaten; 2 Werte Juni ‐2.4 %
‐ 1.9 %
Der Index der Produzentenpreise für Landwirtschaftsgüter liegt rund 8 % unter dem Vorjahresmo‐
nat. Es ist davon auszugehen, dass der Produktionswert der Landwirtschaft 2015 mehrere 100 Mio. Fr. unter dem Vorjahr liegen wird. Die Frankenaufwertung führt dazu, dass importierte Lebensmittel günstiger in die Schweiz kommen. Der Importpreisindex für Lebensmittel und alkoholfreie Getränke liegt rund 3.5% unter dem Vorjahr. Die Importeure können Wechselkursgewinne realisieren bzw. von tiefen Einkaufspreisen im Ausland profitieren. Es kann festgestellt werden, dass im Detailhandel und auf Stufe der Verarbeitung bei den Lebensmit‐
teln keine Preiserosion stattgefunden hat. Der Index der Konsumentenpreise für Lebensmittel und alkoholfreie Getränke liegt weniger als 1% unter dem Vorjahr. Die Frankenaufwertung und die damit verbundenen Diskussionen um den Einkaufstourismus haben zu keiner substantiellen Senkung der Produzentenpreise der Lebensmittelhersteller und der Konsumentenpreise geführt. Das zeigt sich auch an den Detailhandelsumsätzen, die im ersten Halbjahr (‐1.3%) bei den Lebensmitteln weit we‐
niger stark zurückgegangen sind als im Non‐Food‐Sortiment (‐3.2%). Aus der Entwicklung der Preisin‐
dices muss gar gefolgert werden, dass Lebensmittelhersteller und Verarbeiter insgesamt die Margen ausbauen konnten. Die Vorleistungen sind günstiger geworden. Insbesondere wurden Treibstoffe billiger. Die Preise für Dünger liegen ebenfalls stark unter dem Vorjahr. Andere Vorleistungen wie Pflanzenschutzmittel oder Ausrüstungsgüter/Maschinen sind nur unwesentlich günstiger (1‐%). D.h. dass die Wechselkurs‐
gewinne sich bei diesen Kategorien, die mehrheitlich importiert werden, noch nicht in Form von tie‐
feren Preisen für die Landwirte auswirken. Fazit: Aus der Entwicklung des Gesamtmarktes kann beschlossen werden: … (I)… dass bei den Verkaufspreisen von Lebensmitteln kein grosser Preisdruck feststellbar ist und dass daher die vorgenommenen Preissenkungen bei den Produzentenpreisen zurückgenommen werden können bzw. dass Spielraum für Produzentenpreiserhöhungen vorhanden ist. (II) … dass bei den landwirtschaftlichen Produktionsmitteln die Einkaufsvorteile wegen der Franken‐
aufwertung noch nicht bei allen Produktionsmitteln weitergegeben werden. 2.1 Situation auf den Teilmärkten Die Lage auf den einzelnen Teilmärkten präsentiert sich wie folgt: Produkt Lage Bemerkungen Tierproduktion Milchmarkt 
Rindfleisch 
Kalbfleisch 
Schweinefleisch 
Lamm 
Milchpreise sind insb. für Molkereimilch stark unter Druck. Die Preise liegen bei 54.6 Rp./kg (Mai) und damit rund 10 Rp./kg oder 18% unter Vorjahr. Hochgerechnet auf 1 Jahr liegt der Einnahmeausfall bei den Milchproduzenten bei rund 350 Mio. Franken. Auf den internationalen Märkten hat der Preisdruck in den letzten Wochen weiter zugenom‐
men. Die Schweizer Produktionsmenge liegt gut 2% unter Vorjahr. Die Absatzsituation ist sehr erfreulich. In der ersten Jahres‐
hälfte wurden leicht mehr Kühe, Rinder, Munis und Ochsen (+0.7%) geschlachtet bei sehr erfreulichen Marktpreisen (+5‐10% gegenüber Vorjahr). Gegenüber dem Vorjahr liegen die Einnahme aus der Rindfleischproduktion hochgerechnet auf 1 Jahr ca. 50 Mio. Fr. über Vorjahr. Trotz tiefer Produktion in der ersten Jahreshälfte (‐5%) war der Absatz harzig. Die Preise liegen auf dem Niveau des Vorjahres. Die Marktsituation ist sehr unbefriedigend. Bei einer Mehr‐
produktion von 2.4% liegen die Preise in der ersten Jahres‐
hälfte ca. 1 Fr./kg SG oder 25% unter Vorjahr. Hochgerech‐
net auf 1 Jahr liegen die Einnahmeausfälle bei den Schwei‐
nemästern bei ca. 250 Mio. Franken. Der Markt verläuft erfreulich. Die Produktion liegt in der ersten Jahreshälfte 6.4% unter Vorjahr, die Preise liegen ca. 10% über Vorjahr. Aussicht 2015 ↘→ → →↗ ↘ → Geflügel 
Eier 
Pflanzenbau Getreide 
Ölsaaten 
Kartoffeln 
 Zuckerrüben 
Gemüse 
Obst / Früchte 
Weintrauben 
Futterpflanzen 
Der Markt verläuft weiterhin positiv. Bei einer leicht stei‐
genden Produktionsmenge von +1.3% sind die Preise stabil. Der Markt verläuft grundsätzlich gut. Bei etwas höheren Produktionsmengen (+ 2%) sind die Produzentenpreise stabil. Das heisse Sommerwetter hat den Absatz gedämpft. → Die Getreideernte ist relativ gut verlaufen. Die qualitativ gute Ernte liegt bei Brotgetreide bei 400‘000 ‐ 420‘000 t, die Richtpreise liegen auf dem Niveau des Vorjahres. Die Gers‐
tenernte wird auf 190‘000 t geschätzt. Die Rapsernte 2015 ist gut mit einer Menge von 82‘000 – 85‘000 t. Aufgrund des Druckes auf dem Öl liegen die Raps‐
preise ca. 6% unter Vorjahr. Aufgrund der Trockenheit im Sommer und der Nässe im Frühling wird mit einer eher kleinen und Ernte gerechnet, die die Qualitätsanforderungen der Abnehmer teilweise nicht erfüllen wird. Verlässliche Aussagen sind derzeit nicht möglich. Die Frühkartoffelkampagne verlief befriedigend. Die mittleren Preisbänder liegen 1 Fr. unter Vorjahr. Aufgrund der Trockenheit wird mit einer eher kleinen Ernte gerechnet, die Zuckergehalte sind vielversprechend. Der A‐
Richtpreis 2015 liegt 3 Fr./dt oder 6% unter dem Rübenpreis 2014. Der Schweizer Preis ist aufgrund des sehr tiefen Zu‐
ckerpreises in der EU weiter stark unter Druck. Der Gemüsemarkt verläuft insgesamt stabil. Probleme biete der trockene Sommer. Die Ernten von Obst /Früchten werden insgesamt als nor‐
mal eingeschätzt. Die Preise sind insgesamt stabil. Es wird eine qualitativ sehr gute Ernte erwartet. Probleme gibt es mit Ertragsausfällen auf Grund des Spitzmittels Moon Privilege. Die Erträge im Frühjahr/Frühsommer waren durchaus gut. Wegen der Trockenheit gibt es im Sommer grosse Ernteaus‐
fälle, auch beim Mais wird es voraussichtlich Ernteeinbus‐
sen geben. → → → ↘ ↘ → → → ↘ Die Situation auf den Teilmärkten präsentiert sich sehr unterschiedlich. Stark unter Druck sind insb. die Milch‐ , Schweine und Zuckermärkte. Aufgrund des trockenen Sommers müsse aus heutiger Sicht zudem grössere Ausfälle bei der Kartoffelernte und beim Futterbau erwartet werden. Die übrigen Märkte verlaufen stabil, teilweise gar erfreulich. Fazit: Aus der Entwicklung der Teilmärkte kann geschlossen werden: … (I)… dass unterstützende Massnahmen insb. bei der Milch, bei den Schweinen und beim Zuckermarkt nötig sind. (II) … dass infolge der Trockenheit allenfalls Massnahmen bei der Futterversorgung und bei den Kar‐
toffelproduzenten nötig sind. 3.
Massnahmen Der angespannten Situation auf den Märkten ist mit folgenden Massnahmen zu begegnen: 3.1 Massnahmen der Marktakteure Der SBV stellt an die Marktpartner folgende Forderungen:  Kein weiterer Druck auf die Produzentenpreise / Spielraum für Preiserhöhungen nutzen: Die Entwicklung der Preisindices zeigen, dass die Konsumentenpreise in der Schweiz kaum unter Druck sind und die Senkung der Produzentenpreise von den Verarbeitern und Handel nicht wei‐
tergegeben werden mussten. Das gibt Spielraum, um die Produzentenpreise zu erhöhen.  Weitergabe Währungsvorteile bei den Produktionsmitteln: Die aufgrund der Frankenstärke tie‐
feren Einkaufspreise bei importierten Produktionsmitteln sind noch nicht vollumfänglich bei den Landwirten angekommen. Die Einkaufsvorteile wegen der Frankenaufwertung sind nun unverzüg‐
lich weiterzugeben. 3.2 Massnahmen der Politik Der SBV stellt an die Marktpartner folgende Forderungen:  Schoggigesetz‐Versprechen einlösen: Es sind ausreichend Mittel zur Verfügung zu stellen, damit die vom Bundesrat versprochenen Rohstoffpreisdifferenzen über das Schoggigesetz zu 85% aus‐
geglichen werden können.  Rasche Umsetzung Swissness: Um die Lebensmittel im Markt besser zu positionieren und Kon‐
sumententäuschung zu verhindern, muss die Swissness‐Vorlage rasch in Kraft gesetzt werden.  Schutz vor Dumpingimporten: Das System des Grenzschutzes gegenüber der EU muss für Zucker angepasst werden, um künftig den Import von Zucker zu Dumpingpreisen zu unterbinden.  Dämpfung Einkommensverlust Milchwirtschaft: Es ist zu prüfen, ob über zusätzliche gezielte Massnahmen die sehr grossen Einnahme‐ und Einkommensverluste der Produzenten von Molke‐
reimilch gedämpft werden können.  Überbrücken Liquiditätsengpässe: Wegen den tiefen Preisen fehlt auf den Betrieben teilweise die Liquidität. Es ist zu prüfen, ob über eine Aufschiebung der Rückzahlung von Investitionskrediten oder über die Gewährung von Mitteln über die Betriebshilfe, Betriebe mit Liquiditätsengpässen unterstützt werden können.