auS VaterS - Carlo Meier

++ Männer & Väter ++ Kaminski-kids
Spannende
Krimis
aus Vaters
Feder
Sie sind die berühmtesten Kinderdetektive der Schweiz:
Die Kaminski-Kids. Die drei Kinder aus der erfolgreichsten
Schweizer Jugendkrimiserie stammen aus der Feder
des Zuger Autors Carlo Meier. Über 300 000 Exemplare
wurden bereits verkauft, die Bücher wurden in drei
Sprachen übersetzt. Jetzt möchte Carlo Meier auch
leseschwache Kinder erreichen und hat mit sogenannten
Short-Stories ein neues Konzept entwickelt.
Text: Mirjam Bächtold
100 FamilienSpick | 9-2016
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++ Männer & Väter ++ Kaminski-kids
«Komm mit und steh uns bei. Wir zählen auf dich!» Bereits
in der Umschlagsseite der neuen Short-Story kommunizieren die Kaminski-Kids mit dem jungen Leser. Sie stellen
sich mit einem kurzen Steckbrief vor und geben dem Leser
die Möglichkeit, dasselbe zu tun. Und dann ist man schon
mittendrin auf dem Pausenplatz mit der jüngsten der
­Kaminski-Kids, die von einem älteren Jungen erpresst wird.
In grosser Schrift und einfachen Sätzen erzählt Carlo Meier
in einer Kurzform den ersten Band seiner Erfolgsserie
nach. Immer wieder wird die Geschichte unterbrochen,
das Geschehene nochmals zusammengefasst und die Kinder werden gefragt, wie sie in der betreffenden Situation
reagieren würden.
Mit seinen ShortStories erreicht
Carlo Meier auch
leseschwächere
Schülerinnen und
Schüler.
Für leseschwache Kinder entwickelt
Vor allem diese Interaktionen sind es, welche die ShortStories von den ursprünglichen Büchern der Serie unterscheiden. Carlo Meier hat sie extra für leseschwache Kinder und solche, die Schwierigkeiten mit der Sprache haben,
entwickelt. Bei Lesungen wurde er oft von Eltern und
Lehrpersonen angesprochen. «Ich hörte häufig, dass die
Kinder nicht lesen wollen oder Bücher zu schwierig finden», sagt der Autor. Viele hätten den Wunsch geäussert
nach Büchern, die die Kinder gerne lesen. Gemeinsam mit
einer Lehrerin, einer Jugend-Mediothekarin und einer
Fachfrau für Persönlichkeitsentwicklung und Sozialkompetenz entwickelte er das Konzept für die Short-Stories.
«Die Mediothekarin sieht die Kinder jeden Tag und weiss
genau, welche Bücher sie wollen. Als erstes fragen viele, wo
die dünnen Bücher seien», sagt Carlo Meier. Deshalb haben
die Short-Stories jeweils nicht mehr als 100 Seiten. Ausserdem sind sie in einer grossen Schrift verfasst und enthalten
viele Bilder. Das wichtigste Element sind für Carlo Meier
jedoch die Interaktionen. «Viele Lehrer beobachten etwa
Mitte der dritten Klasse einen Leseknick, die Kinder haben
lesen gelernt, schaffen aber den Anschluss ans Bücherlesen
nicht.» Die Short-Story fragt sie nun konkret danach, wie
sie denken, wie die Geschichte weitergeht. Dadurch wird
eine Erwartungshaltung an die Geschichte geweckt und
das steigert das Leseverständnis. «Das Kind will wissen, ob
es mit seinen Vermutungen Recht hat und ist deshalb völlig
aufmerksam beim Lesen dabei», erklärt Carlo Meier.
Ziel wäre es, dass das Buch vor allem von Privatpersonen
gekauft wird, nicht nur von Schulen. «Ich hoffe, dass ich
mit den Short-Stories den Kindern helfen kann, eine
Hemmschwelle abzubauen und ihnen Mut machen, ein
Buch zu lesen», sagt Carlo Meier. «Wenn sie merken, dass
sie es können, werden sie hoffentlich weitere Bücher lesen.»
Beim Schreiben war es für Carlo Meier die grösste Herausforderung, in einer sehr einfachen Sprache trotzdem eine
spannende Geschichte zu erzählen. «Ich musste mich von
allen literarischen Ansprüchen verabschieden.» Es war
eine Herausforderung für den Autor, so einfach und
gleichzeitig so packend zu schreiben, dass die Kinder
In Schulklassen getestet
Die neuen Short-Stories wurden in einem Feldversuch mit
20 Schulklassen in der ganzen Deutschschweiz getestet.
Die Feedbacks der Lehrpersonen waren durchwegs positiv.
«Die Kurzzusammenfassungen sind toll. Kinder, die Mühe
haben mit dem Verständnis, werden so optimal unterstützt»,
sagt eine Lehrerin. Die Kinder schätzen die vielen Bilder
und finden es spannend, dass sie noch etwas herausfinden
können. «Es ist schön, dass das Buch nicht so dick ist, dann
muss man nicht so viel lesen. Trotzdem ist es eine spannende Geschichte», sagt eines der Kinder aus einer Testleserklasse.
9-2016 | FamilienSpick 101
1/1 ganzseitig
++ Männer & Väter ++ Kaminski-kids
Lesemuffel
zum
Bücanhimeierrelensen
Miriam Brändle ist Schulische Heilpädagogin in
St. Gallen. Sie hat den ersten Band der Kaminski-­KidsShort-Stories mit einigen Schülern der Mittelstufe
getestet und damit sehr gute Erfahrungen gemacht.
Die Reihe der Kaminski Kids
wird laufend weitergeführt.
d­ ranbleiben und das Buch bis zum Schluss lesen. Wie es
aussieht, ist ihm das gelungen: «Können wir das zweite
Buch auch noch zusammen lesen, wenn wir fertig sind?»,
fragte eines der Kinder seine Lehrerin nach der Lektüre
des ersten Buches.
Durch eigene Kinder inspiriert
Parallel zu den Short-Stories schreibt Carlo Meier auch an
der Hauptserie der Kaminski-Kids weiter. Zu dieser Serie
haben ihn seine eigenen drei Kinder inspiriert. Der ausgebildete Journalist schrieb für verschiedene Publikationen
der Schweiz und veröffentlichte Krimis für Erwachsene.
Seine Kinder fragten ihn, warum er nicht einmal ein Buch
für Kinder schreibe. «Ich fand den Vorschlag gar nicht so
schlecht, hatte aber keine Idee für einen Kinderkrimi.
­Meine Kinder hingegen schon.» Und so entstand in den
Familienferien die erste Geschichte der Kaminski-Kids.
Auch bei den weiteren Bänden bezog der Autor seine Kinder immer mit ein. «Ohne meine Kinder geht es nicht.
Wenn sie nicht mehr mitmachen möchten, höre ich auf»,
sagte er vor etwa zehn Jahren. Heute sind seine Kinder
­erwachsen, Carlo Meier aber schreibt weiter. «Mit Ideen
unterstützen sie mich nach wie vor. Aber als Testleser für
die Jugendsprache und die Kinderperspektive habe ich
neue Kinder im Team.» Zurzeit schreibt er am neuen Band
der Erfolgsserie. «Die Kaminski-Kids: Der 2. WeihnachtsFall» mit 24 Kapiteln erscheint diesen Herbst und kann als
Adventskalender gelesen werden: Jeden Tag ein spannendes Erlebnis mit den Kaminski-Kids. ++
Wie haben Sie als Schulische Heilpädagogin mit den Kindern und den
Short-Stories gearbeitet?
Miriam Brändle: Ich arbeite mit leseschwächeren Schülern. Für viele
ist es schwierig, Bücher für ihre Altersstufe zu lesen. Der Umfang und
auch die Sprache sind für leseschwächere Kinder oft zu anspruchsvoll.
Deshalb habe ich den Interessierten die Short-Stories mit nach Hause
gegeben.
Was haben Sie für Erfahrungen damit gemacht?
Einigen Kindern konnte ich die Short-Stories schmackhaft machen.
Und da sie den Mitschülern erzählten, wie spannend die Geschichte ist
und wie toll die «Aktivseiten» sind, zogen einige Kinder nach. Sie
brachten mir die Bücher auch schnell wieder zurück in die Schule, im
Schnitt nach einer Woche. Ich musste sie nicht daran erinnern – ein
Zeichen, dass ihnen die Short-Stories gefallen haben. Die Kinder
­f reuen sich jetzt schon auf weitere Bände.
Wie unterscheiden sich die Short-Stories von anderen einfachen
L­ esebüchern?
Das Problem für leseschwache Kinder in der Mittelstufe ist, dass sie in
der Bibliothek keine einfach geschriebenen Bücher finden, die inhaltlich ihrem Alter entsprechen. Die Bücher, die sie vom Niveau her verstehen können, spielen oft nicht in der Lebenswelt eines Mittelstufenkindes. Bei den Short-Stories ist das gelungen. Es ist die gewohnte,
spannende Schreibweise von Carlo Meier, aber die Sprache ist auf ein
einfaches Niveau heruntergebrochen. Ausserdem bringen die Seiten,
auf denen die Kinder selbst aktiv werden können, Abwechslung und
machen die Short-Stories noch spannender.
Ziel der Short-Stories ist, den Einstieg ins Bücherlesen zu vereinfachen.
Gelingt das? Lesen die Kinder auch andere Bücher?
Die Kinder, die die Short-Stories kennen und sie spannend fanden,
werden vielleicht eher auch einmal ein Buch der normalen KaminskiKids-Serie zur Hand nehmen und lesen. Ob die Sprache dann ihrem
Niveau entspricht, kann ich nicht sagen. Aber die Short-Stories bauen
sicher eine Hemmschwelle ab, andere Bücher zu lesen. Ich denke, sie
können Lesemuffel dazu animieren, zu versuchen, die anderen Bücher
der Serie zu lesen.
9-2016 | FamilienSpick 103