Amis ernähren sich nicht nur von Fast Food

REGIONEN
Mittwoch, 4. Juli 2012
BE R N
W E S T S CH WEI Z
NOR DW E S TSC HW E I Z
Von der Rasse Angus
begeistert.
Peter (l.) und Werner
Schmid lassen nichts anbrennen. Als passionierte Angus-Züchter haben
sie schon Auszeichnungen gewonnen. Doch stehen bleiben ist Rückschritt,
sagen die beiden. Auf dem Betrieb in Detligen BE
werden die besten Tiere einem Markertest unterzogen und selektioniert. Damit soll die schon gute
Fleischqualität noch besser werden.
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Suonen sind keine
Walliser Erfindung.
Im Wallis gehören sie
zum
Landschaftsbild:
die Suonen. Doch wer
denkt, diese speziellen
Wasserleitungen seien
eine Schweizer Erfindung, der irrt sich. Ähnliche Bewässerungssysteme findet man auch in Nepal, im
Südtirol oder im Iran. Die ältesten schriftlichen Hinweise zur Förderung von Wasser finden
sich im alten Persien.
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Keine Schonzeit
für Rabenkrähen.
Der Bauernverband Aargau (BVA) begrüsst es,
dass die Schonzeit für Rabenkrähen nicht auf fünfeinhalb Monate verlängert wird. Der Bund hatte die Ausdehnung im Zusammenhang mit einer Anpassung der Jagdverordnung
vorgeschlagen. Das wäre problematisch gewesen, weil
Krähenschwärme in Mais- und Gemüsefeldern mehr
Schäden hätten anrichten können.
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Z EN T R A L SC H WE I Z
N ORD OS TS CH WE IZ
SÜ DO S TSC HW EI Z
Lagermenge bei Tafelkernobst überschritten.
«Der Druck am Markt ist
riesengross.» So schätzte
Xaver Stocker, Präsident
der Arbeitsgemeinschaft
Zentralschweizer Obstproduzenten, die Situation treffend ein. Schwerpunkte bildete die grosse Apfel-Lagermenge trotz lediglich mittlerer Ernte. Als Kontrast faszinierte Andy
Barmettler (Bild) die Gäste beim Betriebsrundgang
mit seiner Straussenhaltung.
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Zusammenführung
zweier Unternehmen.
Die
Regionalzentrum
PZB AG hat die natürli
Bieri AG übernommen
und beide Firmen zusammengeführt. An der
Generalversammlung in Bauma ZH haben die Aktionäre der Totalrevision der Statuten mit Zweck- und
Namensänderungen zu «natürli zürioberland ag» genehmigt. Im Anschluss kamen die Aktionäre in den
Genuss eines Käsebuffets.
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Keine
Lieferverträge.
Vreni und Dionis Zinsli
sind die Pächter der Sennerei Sufers GR. Die
Verarbeitungsmenge der
Biosennerei
beträgt
150 000 Liter Geiss-, 15 000 Liter Schaf- und 250 000
Liter Kuhmilch. Lieferverträge gibt es keine, dafür
ein gutes Verhältnis zu den Bauern. Bei Schwankungen beim Käseabsatz waren die Bauern schon einmal
freiwillig zu Eingeständnissen bereit.
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RE G I O - F O K U S : Toggenburger «Chällerhocker» – in Amerika eine geschätzte Delikatesse
«Amis ernähren sich nicht nur von Fast Food»
Nach neun Tagen in Amerika ist der Käser Walter
Räss mit vielen Eindrücken wieder ins Toggenburg zurückgekehrt. Erfreut durfte er feststellen,
dass Delikatessen und damit verbundene Geschichten gut ankommen.
Die richtige Bezeichnung sei
«Cheese from Switzerland»,
wobei in Amerika kaum jemand auf Produkte aus der
Schweiz warte. «Auch die
Amerikaner stellen guten Käse
her. Auffallend sind die zahlreichen
Weissschimmelkäse
sowie Produkte aus Ziegenund Schafmilch.» Beeindruckt
war Walter Räss auch vom
Wettbewerb für Käsefachverkäufer. Das Ganze sei als zehnstündige Show aufgezogen
worden. Gewonnen hat nach
zwei Durchgängen letztendlich
ein Verkäufer aus Washington
DC – «sogar aus einem der
Fachgeschäfte, welches ich besuchen durfte», freut sich der
Toggenburger.
ADI LIPPUNER
Sehen und gesehen werden, dieses Motto gilt auch in Amerika,
wenn es um grosse Messen geht.
«Allerdings ist die Dimension
der Fancy-Food-Messe in Washington DC nicht mit unseren
Vorstellungen zu vergleichen.»
In einer riesigen Halle präsentierten 2400 Aussteller aus der
ganzen Welt vom 17. bis 19. Juni
ihre Produkte. «Viele haben
ganze Länderstrassen gestaltet,
Beispielsweise die Italiener,
Spanier, Österreicher, Franzosen, Griechen und Ägypter»,
blickt Walter Räss zurück.
Spannende Gespräche
Aus der Schweiz dagegen waren vier Käsehändler und zwei
Sortenorganisationen sowie der
amerikanische Ableger eines
grossen Schweizer Milchverarbeiters vor Ort. «Es ist schade,
dass die Möglichkeit, unsere
zahlreichen Schweizer Delikatessen einem so grossen Publikum zu präsentieren, nicht mit
einem gemeinsamen Schweizer
Auftritt genutzt wurde.» Doch
Walter Räss will nicht den verpassten Chancen nachtrauern,
sondern sich über die spannenden Gespräche und neu geknüpften Kontakte freuen.
«Aufgefallen ist mir, jedenfalls
bei den Messebesuchern, dass
selbst junge Leute gute Produkte zu schätzen wissen. Sie ernähren sich nicht nur, wie wir
oft meinen, von Fast Food.» Der
Tufertschwiler weilte auf Einladung seines Käsehändlers in
Amerika und ist überzeugt, dass
gute Produkte dank persönlicher Kontakte auch «ennet dem
Eine Million Kilo Milch
Das Stand-Team an der Fancy-Food-Messe in Washington DC: Adam Moskowitz, Larkin USA, Logistik USA; Jonathan
Richardson und Sarah Zaborowski, Columbia Cheese, Importeur; Walter Räss, Tufertschwil; Konrad Heusser, Mundig GmbH,
Exporteur und Patricia Katcherian, Larkin Europa, Logistik Europa (von links). (Bild: zvg)
WET T B E WER B DE R KÄS E FA CH VE R KÄ UFER
Im Rahmen der «FancyFood»-Messe in Washington
DC fand auch ein Wettbewerb
für Käsefachverkäufer statt.
Rund 40 Personen aus verschiedenen
Bundesländern
beteiligten sich daran und
wurden auf Herz und Nieren
geprüft. Zuerst hatten die Teilnehmenden rund 20 Fragen
über Käse zu beantworten.
Dann wurden fünf Käsesorten
degustiert und beschrieben.
Anschliessend galt es, einer
Dreier-Jury einen Käse präsentieren seine Vorzüge aufzählen, diesen anzuschneiden
und zu verpacken. Weiter
mussten die Teilnehmenden
ein Stück Käse auf ein Viertel
US-Pfund, also 113,5 Gramm
genau, abschneiden. Und zum
Abschluss hatten sie «Show»-
mässig ein Wort, das sie persönlich mit Käse verbindet, zu
präsentieren. Auch hatten sie
im Rahmen einer Story zu erklären, weshalb sie Käseverkäufer geworden sind. Und zu
guter Letzt galt es, innerhalb
von 15 Minuten Häppchen auf
den Tisch zu zaubern. Dass dabei Kombinationen mit Käse,
Fleisch und Schokolade aufgetischt wurden, zeigte Walter
Räss die kulinarischen Unterschiede zwischen der Schweiz
und Amerika auf. Sieger nach
einem rund zehn Stunden dauernden Wettbewerb war dann
Adam Smith, «cowgirls creamery,» Washington DC, ein
Käsefachverkäufer aus einem
der Geschäfte, die Walter Räss
auf seiner Tour besuchen
konnte. adi
grossen Teich» vermarktet werden können.
«Amerikaner verbinden Delikatessen gerne mit einer Geschichte. Sie wollen nicht einfach einen feinen Käse aus einem fernen Land kaufen, sondern auch einiges dazu erfahren», erzählt Räss. Diese Aufgabe, den Wiederverkäufern und
ihren Mitarbeitern Geschichten
und Emotionen aus dem Toggenburg zu vermitteln, nahm
der Tufertschwiler gerne wahr.
«Die Verkäufer wollten wissen,
ob die Kühe bei uns wirklich jeden Tag draussen sind und wie
die Herstellung und Pflege unseres während acht bis zehn
Monaten gelagerten Käses erfolgt. Auch mit den Leuten der
Sortenorganisation Appenzeller Käse und den Berufskollegen aus dem Greyerzerland sowie den Käsehändlern habe es
gute Gespräche gegeben. «In-
teressant ist auch, dass sich die
Amerikaner
immer
einen
‹Brand›, also eine Marke wünschen», dies die Bilanz nach
dem Amerika-Aufenthalt.
Schweizer Delikatessen
Bei der Tour durch verschiedene Delikatessengeschäfte traf
Walter Räss im New Yorker
Stadtteil Manhattan in einer
Käsetheke auf Greyerzer aus
der Schweiz, «Scharfer Max»,
«Unterwasser» und den von
ihm produzierten «Chällerhocker». Dabei handelt es sich um
gut gereifte Käse. Doch sei der
Begriff «Swissness» in Amerika
kaum anzutreffen.«Mir ist auch
eingeschärft worden, nie den
Begriff ‹Swiss Cheese› zu verwenden. Darunter verstehen
die Amerikaner einen Grosslochkäse. Dieser muss aber
nicht zwingend aus der Schweiz
kommen.»
In der Käserei Räss in Tufertschwil wird pro Jahr eine
Million Kilo Milch zu Käse
verarbeitet. Bildete die Eigenkreation «Chällerhocker» früher einen kleinen Anteil, hat
sich das «Nischenprodukt» inzwischen etabliert. «Rund die
Hälfte sind Appenzeller, der
Rest ‹Chällerhocker›.» Bewältigt wird die Arbeit von Annelies und Walter Räss und einem zu 80 Prozent angestellten Mitarbeiter – inzwischen
packt auch das mittlere der
drei Kinder, der 16-jährige
Christian, einen Tag pro Woche im Betrieb mit an.
Exportiert wird der Käse aus
Tufertschwil, zusammen mit
anderen Delikatessen aus ganz
Europa, via Paris. «Einmal pro
Woche wird ein Container beladen, dieser geht dann auf
dem Seeweg nach New York
und von dort werden die Produkte an die Wiederverkäufer
verteilt» , erklärt Walter Räss.
Speziell wichtig sei für den Käsehändler vor Ort die Exklusivität. Nur so sei es möglich,
Produkte aus dem oberen
Preissegment, verbunden mit
Emotionen und Geschichten,
an die anspruchsvolle Kundschaft zu bringen.