Nr. 23 Juli 2015 Scharfer Infrarotblick auf das Schwarze Loch im Zentrum der Milchstraße -68 „Das Zentrum der Milchstraße ist unser nächstgelegenes Laboratorium, um die Physik supermassiver Schwarzer Löcher und ihre Wechselwirkung mit der unmittelbaren Umgebung zu erforschen.“ Im Zentrum unserer Milchstraße befindet sich ein Objekt; Astronomen bezeichnen es als Sagittarius A* oder Sgr A*. Das etwa 26 000 Lichtjahre von der Erde entfernte Gebilde ist nicht sichtbar, konzentriert auf engstem Raum aber etwa vier Millionen Sonnenmassen. Wissenschaftler gehen daher davon aus, dass es sich um ein sogenanntes Schwarzes Loch handelt. Durch seine enorme Schwerkraft beeinflusst es einen kleinen Haufen von etwa 40 Sternen – den so genannten S-Cluster. Sterne, die ihm nahe kommen, zwingt es zu sehr hohen Umlaufgeschwindigkeiten. Zudem saugt es Materie aus seiner Umgebung an. Die heizt sich auf und beginnt zu leuchten. Mit dem adaptiven Optik-System NACO Fig. 1 am Very Large Telescope (VLT) der Europäischen Südsternwarte auf dem Cerro PaBevorzugte Ausrichtung IRS 7 ranal in Chile hat eine Arbeitsgruppe der Edward G. Krubasik, Präsident der der Polarisation Universität zu Köln nun polarisiertes Infra- Deutschen Physikalischen Gesellschaft IRS 3 rotlicht von Sgr A* über die Jahre 2004 bis IRS 10E 2012 hinweg genauestens beobachtet [1]. Wahrscheinlich Fig. 3 wird das Licht durch schnelle IRS 6E Elektronen in starken Magnetfeldern erzeugt. Die PolarisatiRichtung eines on – die Schwingungsrichtung möglichen Jets des Lichts also – dürfte durch Richtung des die Orientierung des MassenWinds in die stroms auf das Schwarze Loch IRS 9 Mini-Cavity IRS 12N hin bedingt sein (Fig. 1) und N 5 arcsec stimmt mit den Richtungen E eines vermuteten Winds oder Die bevorzugte Richtung der Polarisation der Lichtauseines Düsenstrahls (Jet) von brüche von Sgr A*. Im Schnittpunkt der cyan-farbenen Sgr A* überein. Linien befindet sich das supermassive Schwarze Loch. Über die Jahre hinweg kam Einige Sterne des zentralen Sternhaufens sind mit es zu mehreren Lichtausbrü- Bewegung der Wolke G2 um das Schwarze Loch im Namen gekennzeichnet (IRS bedeutet Infrarot Strahler). Zentrum der Milchstraße (Kreuz). Beobachtungen mit chen (Fig. 2). Deren Polarisati- dem VLT der ESO zeigen, dass die Wolke nahezu unbeDie dunkelblauen Pfeile weisen in Richtung des vermuteten Winds (Windfront rot gestrichelt) respektive des onsgrad und -richtung haben schadet blieb. Die Farben zeigen an, dass sie sich erst hochenergetischen Gasstroms (Jets) von Sgr A* [1]. sich dabei kaum verändert. von uns entfernt (rot) und sich uns danach genähert Offenbar blieb der Massen- hat (blau). strom zum Schwarzen Loch Fig. 2 hin erstaunlich konstant. Die Wechselwirkung von Sgr A* mit seiner Umgebung lässt sich ebenso anhand der Bewegung der Nachbarsterne beobachten [2]. Ein Objekt im S-Cluster leuchtet hell im Infraroten. Es ist offenbar von Staub und Gas eingehüllt und wird deswegen Dusty S-Cluster Object (DSO; Fig. 3) oder einfach G2 genannt [3, 4]. Neue Daten, die die Arbeitsgruppe mit einem Spektrografen auf dem Paranal aufnahm, zeigen, dass dieses Objekt im Mai 2014 bis auf 160 Astronomische Einheiten an das Schwarze Loch herankam. Das entspricht etwa der vierfachen Entfernung des Pluto von der Sonne. Kurz vor der engsten Annäherung entfernte es sich mit 2700 ± 60 km/s von uns, kurz nachher kam es mit 3320 ± 60 km/s auf uns zu. Es gab aber keine Anzeichen dafür, dass G2 Gas verloren hätte, auseinandergezogen oder gar zerstört worden wäre: Es hat die extreme Annäherung an das Schwarze Loch offenbar unbeschadet überstanden. Auch das Schwarze Loch blieb von dem Vorgang völlig unbeeinBeispiel eines Ausbruchs polarisierten Lichts von druckt: es ließ keine Anzeichen erhöhter Aktivität erkennen. Sgr A*. Während der Phasen intensiver Helligkeit sind Wäre G2 eine ausgedehnte, diffuse Staub- oder Gaswolke, wäre sie zumindest die Strahlungsstärke und die Polarisation wohldefi- stark verformt worden [5]. Stattdessen weisen die Beobachtungen darauf hin, niert. dass das Objekt ein junger Stern ist, der im Schwerefeld von Sgr A* entsteht. 6 227 600 1117 1790 2603 3565 4685 5942 7347 Quellen [1] – [5] auf: www.physikkonkret.de Bilder: ESO/A. Eckart Deutsche Physikalische Gesellschaft Die Deutsche Physikalische Gesellschaft e. V. (DPG), deren Tradition bis in das Jahr 1845 zurückreicht, ist die älteste nationale und mit mehr als 62.000 Mitgliedern auch die größte physikalische Fachgesellschaft weltweit. Sie versteht sich als Forum und Sprachrohr der Physik und verfolgt als gemeinnütziger Verein keine wirtschaftlichen Interessen. Die DPG unterstützt den Gedankenaustausch innerhalb der wissenschaftlichen Gemeinschaft mit Tagungen und Publikationen. Sie engagiert sich in der gesellschaftspolitischen Diskussion zu Themen wie Nachwuchsförderung, Chancengleichheit, Klimaschutz, Energieversorgung oder Rüstungskontrolle. Sie fördert den Physikunterricht und möchte darüber hinaus allen Neugierigen ein Fenster zur Physik öffnen. In der DPG sind Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, Studierende, Lehrerinnen und Lehrer, in der Industrie tätige oder einfach nur an Physik interessierte Personen ebenso vertreten wie Patentanwälte oder Wissenschaftsjournalisten. Gegenwärtig hat die DPG neun Nobelpreisträger in ihren Reihen. Weltberühmte Mitglieder hatte die DPG immer schon. So waren Albert Einstein, Hermann von Helmholtz und Max Planck einst Präsidenten der DPG. Die DPG finanziert sich im Wesentlichen aus Mitgliedsbeiträgen. Ihre Aktivitäten werden außerdem von Bundes- und Landesseite sowie von gemeinnützigen Organisationen gefördert. Besonders eng kooperiert die DPG mit der Wilhelm und Else Heraeus-Stiftung. Die DPG-Geschäftsstelle hat ihren Sitz im Physikzentrum Bad Honnef in unmittelbarer Nähe zur Universitäts- und Bundesstadt Bonn. Das Physikzentrum ist nicht nur ein Begegnungs- und Diskussionsforum von herausragender Bedeutung für die Physik in Deutschland, sondern auch Markenzeichen der Physik auf internationalem Niveau. Hier treffen sich Studierende und Spitzenwissenschaftler bis hin zum Nobelpreisträger zum wissenschaftlichen Gedankenaustausch. Auch Lehrerinnen und Lehrer reisen immer wieder gerne nach Bad Honnef, um sich in den Seminaren der DPG fachlich und didaktisch fortzubilden. In der Bundeshauptstadt ist die DPG ebenfalls präsent. Denn seit ihrer Vereinigung mit der Physikalischen Gesellschaft der DDR im Jahre 1990 unterhält sie das Berliner Magnus-Haus. Dieses 1760 vollendete Stadtpalais, das den Namen des Naturforschers Gustav Magnus trägt, ist eng mit der Geschichte der DPG verbunden: Aus einem Gelehrtentreffen, das hier regelmäßig stattfand, ging im Jahre 1845 die „Physikalische Gesellschaft zu Berlin“, später die DPG hervor. Heute finden hier Kolloquien und Vorträge zu physikalischen und gesellschaftspolitischen Themen statt. Gleichzeitig befindet sich im Magnus-Haus das historische Archiv der DPG. Deutsche Physikalische Gesellschaft e. V. Geschäftsstelle Hauptstraße 5 53604 Bad Honnef Tel.: 02224 / 92 32 - 0 Fax: 02224 / 92 32 - 50 E-Mail: [email protected] www.physikkonkret.de Die Deutsche Physikalische Gesellschaft dankt Andreas Eckart vom Max-Planck-Institut für Radioastronomie und Universität zu Köln für die wissenschaftliche Beratung
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