25. September 2015 Aufhebung Lohnstopp im Öffentlichen Dienst Südtirols Die Angleichung der Entlohnungen an das heutige Preisniveau kostet 167 Mio. € Die 5 wichtigsten Punkte: 1.) Das Verfassungsgericht hat eine Fortsetzung des Lohnstopps im Öffentlichen Dienst für unzulässig erklärt. Somit können die Verhandlungen im Öffentlichen Dienst mit der Erneuerung des bereichsübergreifenden Kollektivvertrages wieder aufgenommen werden. Dies haben die Gewerkschaften auf lokaler Ebene mit Schreiben vom 14. Juli 2015 eingefordert. 2.) Der bereichsübergreifende Kollektivvertrag für öffentlich Bedienstete betrifft in Südtirol etwa 35.600 Personen. Dazu gehören rund 12.000 Landesbedienstete und Lehrpersonen mit Landesvertrag und 8.000 Beschäftigte des Sanitätsbetriebes. 3.) Das AFI schätzt die Kosten für das gesamte Personal, das vom bereichsübergreifenden Vertrag betroffen ist, auf 1.575 Mio. € (die Daten beziehen sich auf das Jahr 2012, sind aber aufgrund der Aussetzung der Verhandlungen beinahe unverändert geblieben). 1 4.) Die Entlohnungen im Öffentlichen Dienst sind seit April 2010 unverändert. Von April 2010 bis Juli 2015 ist der Verbraucherpreisindex für Haushalte von Arbeitern und Angestellten ohne Tabakwaren (FOI) in Bozen um +10,6% angestiegen. 5.) Im Fall einer vollständigen Angleichung der Besoldungsstufen an das aktuelle Preisniveau in Südtirol müssen die örtlichen öffentlichen Körperschaften in Summe in ihren Haushalten weitere 167 Millionen Euro pro Jahr für Personalkosten einplanen. 2 Die Ausgangslage Der Verfassungsgerichtshof hat erst kürzlich mit Urteil Nr. 178/2015 vom 24.06.2015 die Verlängerung des Verhandlungsverbotes von Vertragserneuerungen im Öffentlichen Dienst für unrechtmäßig erklärt: Die Aussetzung der Verhandlungen sei als außerordentliche Maßnahme zu betrachten, die daher nicht andauern dürfe. Dabei äußert sich das Verfassungsgericht in keiner Weise zur Pflicht, die öffentlich Bediensteten für den Verlust der Kaufkraft infolge der ausgebliebenen Vertragserneuerungen zu entschädigen. Dennoch ist es in Hinblick auf die anstehenden Lohnverhandlungen wichtig, die Inflation im Zeitraum des Vertragsausfalles zu berechnen. Jetzt werden nämlich die Verhandlungen zwischen dem öffentlichen Arbeitgeber und den Vertretern der Arbeitnehmer wieder aufgenommen. Dies haben die Gewerkschaften ASGB, CGIL/AGB, SGBCISL, UIL/SGK, SAG und NURSING UP im gemeinsamen Schreiben vom 14. Juli 2015 eingefordert. Das Landesgesetz Nr. 6 vom 19. Mai 2015 (Personalordnung des Landes) beschreibt in Artikel 5 die Verfahren für die bereichsübergreifenden Kollektivverhandlungen und besagt in Art. 7, dass der Höchstbetrag der Ausgaben, die mit den Kollektivverträgen verbunden sind, für jedes Jahr mit eigener Bestimmung im Finanzgesetz festzulegen ist. Und genau darüber wird zurzeit diskutiert. Das AFI wurde ersucht, die Größenordnung von Lohnerhöhungen und Personalaufwand im Falle einer vollkommenen Angleichung an die Inflation zu schätzen. Anwendungsbereich Laut Art. 1 des bereichsübergreifenden Kollektivvertrages1 gilt der Vertrag für das Personal folgender Bereiche: Landesverwaltung Gemeinden, Altersheime und Bezirksgemeinschaften Landesgesundheitsdienst Institut für den sozialen Wohnbau (WOBI) Verkehrsamt der Stadt Bozen und Kurverwaltung Meran. Keine Anwendung findet der bereichsübergreifende Kollektivvertrag auf die Lehrpersonen an staatlichen Schulen und auf das ärztliche Personal. Um wie viele Personen geht es eigentlich? Die zuverlässigste Quelle für die Ermittlung der Anzahl von Personen, die vom bereichsübergreifenden Kollektivvertrag des Öffentlichen Dienstes betroffen sind, ist die ASTAT-Schrift Nr. 208 „Erwerbstätigkeit in Südtirol”, Stand 2013. Für die gegenständliche 1 Beiblatt Nr. 3 zum Amtsblatt vom 26.2.2008 – Nr. 9/I-II 3 Untersuchung wurden diese Daten in Hinblick auf den Anwendungsbereich des bereichsübergreifenden Kollektivvertrages abgeändert bzw. ergänzt. Abbildung 1: Öffentlich Bedienstete der Lokalverwaltungen, 2013 Lokalverwaltungen Daten ASTAT, Schrift Nr. 208, Übersicht 2.1 (Personen, 31.12.2013) Korrekturen AFI (Personen) Schätzung AFI (Personen) 12.191 +8.9302 21.121 Autonome Provinz Bozen Gemeinden 4.544 4.544 Bezirksgemeinschaften 1.823 1.823 Sanitätsbetrieb 8.855 WOBI (Wohnbauinstitut) -1.0103 7.845 223 223 Verkehrsämter 39 39 Landtag 61 61 Insgesamt 27.736 +7.920 35.656 © AFI 2015. Quelle: ASTAT. Ausarbeitung: AFI. Laut AFI-Schätzung findet der bereichsübergreifende Kollektivvertrag für die öffentlich Bediensteten aufgrund der Daten aus den Haushalten der Lokalverwaltungen in Südtirol Anwendung auf rund 35.600 Personen. Dabei handelt es sich um absolute Werte und nicht um VZÄ (Vollzeitäquivalente). Bekanntlich ist die Anzahl der VZÄ im Öffentlichen Dienst aufgrund der starken Verbreitung der Teilzeitstellen deutlich geringer als die absolute Anzahl an Personen. Die Kosten zu Lasten des öffentlichen Haushaltes Um die Auswirkung der Angleichung der Entlohnungen auf die Haushalte der öffentlichen Körperschaften in Südtirol abschätzen zu können, wurden die Daten des Statistischen Jahrbuches 2014 des ASTAT herangezogen. Auch in diesem Fall sind einige Ergänzungen 2 In Südtirol sind 4.861 Lehrpersonen mit Landesvertrag beschäftigt; diese sind bereits in der Kategorie „Autonome Provinz Bozen“ inbegriffen. Dazu müssen noch 8.930 an staatlichen Schulen tätige Lehrpersonen hinzugerechnet werden, da sie zum Teil durch den Haushalt der Autonomen Provinz Bozen finanziert werden (ASTAT, Schrift Nr. 208, Übersicht 2.2). Zusätzlich zur staatlich vorgesehenen Entlohnung erhalten die Lehrpersonen auch eine Landeszulage. Die entsprechenden Kosten werden von der Autonomen Provinz Bozen gedeckt. 3 Die Anzahl der Ärzte wurde nach einem Bericht des Südtiroler Sanitätsbetriebes geschätzt. 4 erforderlich (siehe Fußnoten). Es handelt sich um „Kassa“-Beträge, die jedoch nicht wesentlich von den nach dem Kompetenzprinzip geordneten Daten abweichen. Abbildung 2: Ausgaben für das Personal der Lokalverwaltungen (kassenmäßige Beträge), 2012 Lokalverwaltungen Daten ASTAT, Statistisches Jahrbuch 2014, Tab. 20.9 (2012, Mio. €) Korrekturen AFI (in Mio. €) Schätzung AFI (in Mio. €) 1.026,217 n. v. 82,0974 509,6275 944,120 509,627 257,326 -20,5864 236,740 67,028 -5,3624 61,666 541,159 -223,5926 317,5677 WOBI (Wohnbauinstitut) nicht verfügbar +10,4818 10,481 Verkehrsämter nicht verfügbar +1,8339 1,833 Landtag nicht verfügbar +2,86710 2,867 1.891,73011 -316,456 1.575,274 Autonome Provinz Bozen davon Landesverwaltung Gemeinden Bezirksgemeinschaften Sanitätsbetrieb Insgesamt © AFI 2015. Quelle: ASTAT. Ausarbeitung: AFI. 4 8% der Personalausgaben dürften sich schätzungsweise auch bei einer Änderung der Entlohnung nicht ändern (Mensaausgaben, Außendienstzulagen, Spesenrückvergütungen, etc.). 5 Die Schätzung stützt sich auf die Rechnungslegung 2012 der Autonomen Provinz Bozen. Inbegriffen sind die Personalausgaben der Landesverwaltung im engeren Sinn und des Schulbereiches, die Ausgaben für Lehrpersonal an staatlichen Schulen ausgenommen. 6 Geschätzte Ausgaben für das ärztliche Personal sowie Personalausgaben, die sich mit der Erhöhung der Entlohnung nicht ändern. 7 Schätzung der Ausgaben für nicht ärztliches Personal, die sich mit der Entlohnung ändern. Quelle der Ausgaben für nicht ärztliches Personal: Rechnungslegung des Südtiroler Sanitätsbetriebes 2012. 8 Die Schätzung geht von den durchschnittlichen Ausgaben für eine Person in der Landesverwaltung (47.000 €) mal Anzahl der Personen beim WOBI aus. 9 Die Schätzung geht von den durchschnittlichen Ausgaben für eine Person in der Landesverwaltung (47.000 €) mal Anzahl der Personen im Verkehrsamt der Stadt Bozen und in der Kurverwaltung Meran aus. 10 Die Schätzung geht von den durchschnittlichen Ausgaben für eine Person in der Landesverwaltung (47.000 €) mal Anzahl der Personen im Landtag aus. 11 Folgende Posten der Tabelle 20.9 werden nicht berücksichtigt, da besagtes Personal nicht vom bereichsübergreifenden Vertrag betroffen ist: Autonome Region Trentino-Südtirol, Gemeindebetriebe, Wohlfahrtseinrichtungen, verschiedene Konsortien, Eigenverwaltungen, sonstige örtliche öffentliche Körperschaften. 5 Laut AFI-Schätzung dürften sich die Ausgaben für das gesamte Personal, auf das der bereichsübergreifende Kollektivvertrag für öffentlich Bedienstete Anwendung findet, auf etwa 1.575 Mio. € belaufen (Stand der Daten: 2012). Dabei ist zu beachten, dass die Entlohnungen seit April 2010 unverändert geblieben sind und somit auch die Ausgaben wegen der Aussetzung der Angleichung an die Inflation nicht gestiegen sind. Der Inflationsausgleich Die Inflationsrate gibt den Kaufkraftverlust in einem bestimmten Zeitraum wieder. Das italienische Statistikinstitut ISTAT berechnet drei Indizes: den NIC (Verbraucherpreisindex für alle privaten Haushalte), den FOI (Verbraucherpreisindex für Haushalte von Arbeitern und Angestellten) und den HVPI (auf europäischer Ebene harmonisierter Verbraucherpreisindex). Die Erhebung der Verbraucherpreise erfolgt in Südtirol ausschließlich durch die Gemeinde Bozen. Die einzelnen Indizes unterscheiden sich weder aufgrund der Auswahl der Produkte noch aufgrund der erhobenen Preise, sondern einzig und allein in der Zusammensetzung der Warenkörbe, was sich in eine unterschiedliche Gewichtung der Produkte niederschlägt. Für die Verhandlungen ist der FOI ohne Tabakwaren der aussagekräftigste Index 12. Um die Entwicklung des lokalen Preisgefüges am besten abzubilden, ist der lokale und nicht der nationale Index von Bedeutung. Was die Erneuerung des bereichsübergreifenden Vertrages für den öffentlichen Dienst betrifft, wurden die Entlohnungen seit Juli 2009 nicht mehr angepasst. Im April 2010 kam es noch zu einer letzten Lohnerhöhung durch die Auszahlung der Entschädigung für Vertragsvakanz. Ab April 2010 bis zum heutigen Tag gab es dann keinerlei Lohnverhandlung mehr. Die Verbraucherpreise sind in Südtirol im Untersuchungszeitraum (April 2010 – Juli 2015) um +10,6% gestiegen. Dies kann in den Verhandlungen für die Angleichung der Entlohnungen stets als Bezugspunkt dienen. 12 Der bereichsübergreifende Vertrag schreibt eigentlich nicht vor, auf welchen Index die Ermittlungen basieren sollen, sondern verweist auf die vom ASTAT berechnete Rate. Bei den letzten zwei Vertragserneuerungen wurde für Südtirol immer der FOI ohne Tabakwaren herangezogen. 6 100 04/2010 05/2010 06/2010 07/2010 08/2010 09/2010 10/2010 11/2010 12/2010 01/2011 02/2011 03/2011 04/2011 05/2011 06/2011 07/2011 08/2011 09/2011 10/2011 11/2011 12/2011 01/2012 02/2012 03/2012 04/2012 05/2012 06/2012 07/2012 08/2012 09/2012 10/2012 11/2012 12/2012 01/2013 02/2013 03/2013 04/2013 05/2013 06/2013 07/2013 08/2013 09/2013 10/2013 11/2013 12/2013 01/2014 02/2014 03/2014 04/2014 05/2014 06/2014 07/2014 08/2014 09/2014 10/2014 11/2014 12/2014 01/2015 02/2015 03/2015 04/2015 05/2015 06/2015 07/2015 0 04/2010 05/2010 06/2010 07/2010 08/2010 09/2010 10/2010 11/2010 12/2010 01/2011 02/2011 03/2011 04/2011 05/2011 06/2011 07/2011 08/2011 09/2011 10/2011 11/2011 12/2011 01/2012 02/2012 03/2012 04/2012 05/2012 06/2012 07/2012 08/2012 09/2012 10/2012 11/2012 12/2012 01/2013 02/2013 03/2013 04/2013 05/2013 06/2013 07/2013 08/2013 09/2013 10/2013 11/2013 12/2013 01/2014 02/2014 03/2014 04/2014 05/2014 06/2014 07/2014 08/2014 09/2014 10/2014 11/2014 12/2014 01/2015 02/2015 03/2015 04/2015 05/2015 06/2015 07/2015 Abbildung 3: Tendenzielle Veränderung (a) der Verbraucherpreise für Haushalte von Arbeitern und Angestellten ohne Tabakwaren (FOI), Bozen, April 2010-Juli 2015 – in Prozent 4,5 4 3,5 3 2,5 2 1,5 1 0,5 © AFI 2015. Quelle: ASTAT. Ausarbeitung: AFI. Abbildung 4: Verbraucherpreisindex für Haushalte von Arbeitern und Angestellten ohne Tabakwaren (FOI), Vergleich Bozen-Italien, April 2010-Juli 2015 (Index April 2010 = 100) Bozen Italien 112 110 108 106 104 102 © AFI 2015. Quelle: ASTAT. Ausarbeitung: AFI. 7 Simulation Die Simulation geht von der Annahme einer vollkommenen Angleichung der Entlohnungen der öffentlich Bediensteten an die Inflation aus, und zwar vor dem Hintergrund der Überlegung, die reale Kaufkraft unverändert zu lassen. Die Hochrechnung der Personalausgaben der lokalen Körperschaften entsprechend der Entwicklung der Verbraucherpreise führt zu folgendem Ergebnis: Abbildung 5: Personalausgaben der Lokalverwaltung vor und nach der Korrektur durch die Inflation (kassenmäßige Beträge) Lokalverwaltungen Schätzung AFI vor der Anpassung (in Mio. €) Korrekturen Schätzung AFI nach aufgrund der der Anpassung Inflation (in Mio. €) (in Mio. €) Autonome Provinz Bozen davon Landesverwaltung 944,120 509,627 100,077 54,020 1.044,197 563,647 Gemeinden 236,740 25,094 261,834 61,666 6,537 68,203 317,567 33,662 351,229 10,481 1,111 11,592 Verkehrsämter 1,833 0,194 2,027 Landtag 2,867 0,304 3,171 1.575,274 166,979 1.742,253 Bezirksgemeinschaften Sanitätsbetrieb WOBI (Wohnbauinstitut) Insgesamt © AFI 2015. Quelle: AFI. Im Falle einer vollständigen Angleichung an die Steigerung der Lebenshaltungskosten im Zeitraum April 2010 – Juli 2015 betragen die Zusatzausgaben für das Personal der örtlichen öffentlichen Verwaltungen 167 Mio. € pro Jahr. 8 Schlussbetrachtungen Vorausgeschickt, dass die Verhandlungen Zuständigkeit der Gewerkschaften und der öffentlichen Verwaltung als Arbeitgeber sind, erlaubt sich das AFI einige technische Anmerkungen: Der Verfassungsgerichtshof hat den Lohnstopp im öffentlichen Dienst für unrechtmäßig erklärt, aber nicht rückwirkend: Das bedeutet, dass die öffentlich Bediensteten nicht für die ausgebliebenen Lohnerhöhungen der letzten fünf Jahre (2010-2014) entschädigt werden. Schätzungsweise haben die Lokalverwaltungen durch die ausgebliebene Anpassung der Entlohnungen des Personals in diesen fünf Jahren insgesamt 386 Mio. € eingespart. Abbildung 6: Ersparnis der Lokalverwaltungen infolge der ausgebliebenen Anpassung der Löhne an die Inflation für den Zeitraum April 2010 – Dezember 2014 Lokalverwaltungen Schätzung AFI Personalausgaben vor der Anpassung (in Mio. €) Schätzung AFI Ersparnis wegen ausgebliebener Anpassung (in Mio. €) Autonome Provinz Bozen davon Landesverwaltung 944,120 509,627 231,30914 127,02613 Gemeinden 236,740 58,00114 61,666 15,10814 317,567 77,46813 10,481 2,56814 Verkehrsämter 1,833 0,44914 Landtag 2,867 0,70214 1.575,274 385,605 Bezirksgemeinschaften Sanitätsbetrieb WOBI (Wohnbauinstitut) Insgesamt © AFI 2015. Quelle: AFI. 13 Dieser Betrag entspricht der Differenz zwischen den Personalausgaben, die bei einer jährlichen Anpassung an die Inflation des Vorjahres angefallen wären, und den tatsächlich laut Jahresabschluss getragenen Personalausgaben. 14 Die Schätzung erfolgte unter der Annahme, dass das Verhältnis zwischen Ersparnis und Personalausgaben für alle Verwaltungen gleich ist. Bei der Berechnung der Ersparnis der Landesverwaltung und der lokalen Sanitätsbetriebe ist man von den im Jahresabschluss angegebenen Personalausgaben ausgegangen. Dabei hat sich eine Ersparnis in Höhe von 24,5% der Personalausgaben vor der Anpassung ergeben. Anschließend wurde die Ersparnis für die anderen Verwaltungen ermittelt, indem die Personalausgaben vor der Anpassung mit 0,245 multipliziert wurden. 9 Ein Beispiel: ein typischer Beschäftigter im öffentlichen Dienst (6. Funktionsebene mit 4 Vorrückungen der oberen Besoldungsstufe) hat von April 2010 bis Dezember 2014 infolge der Nichtanpassung der Entlohnung an die Inflation 7.265 Euro eingebüßt, sofern er in diesen 5 Jahren keinen wirtschaftlichen Aufstieg genossen hat und es daher immer bei der vierten Vorrückung der oberen Besoldungsstufe geblieben ist. Abbildung 7: Fallbeispiel des Verlustes eines Vollzeitbeschäftigten der 6. Funktionsebene, obere Besoldungsstufe, 4 Vorrückungen Jahr t Inflation FOI Tatsächlicher Jahreslohn it Yt An die Inflation angepasster Jahreslohn15 Ŷt=Y(t-1)+ i(t-1)*Y(t-1) Verlust pro Jahr Ŷt-Yt vom 01.04.2010 bis 31.12.2010 1,7% 29.305 29.305 0 vom 01.01.2011 bis 31.12.2011 3,2% 29.305 29.803 498 vom 01.01.2012 bis 31.12.2012 3,3% 29.305 30.757 1.452 vom 01.01.2013 bis 31.12.2013 1,2% 29.305 31.772 2.467 vom 01.01.2014 bis 31.12.2014 0,3% 29.305 32.153 2.848 Gesamtverlust 7.265 © AFI 2015. Quelle: AFI. 15 Wenn nun einerseits die Einstellung der Verhandlungen bewirkt hat, dass die Entlohnungen nicht mehr an die Lebenshaltungskosten angepasst worden sind, muss andererseits auch angemerkt werden, dass der Großteil der öffentlich Bediensteten infolge einer positiven Bewertung der beruflichen Entwicklung durch den Vorgesetzten trotzdem wirtschaftlich vorgerückt ist. Der Anstieg des Verbraucherpreisindex kann als Richtwert für die Neudefinition der Besoldungsstufen dienen. Anders gesagt: Wenn die Inflation +10,6% betragen hat, müssten die Besoldungsstufen um diesen Prozentsatz erhöht werden, wenn man das Prinzip konstanter Reallöhne zugrunde legt. Zusätzlich zum Ausfall der Entlohnung für die öffentlich Bediensteten (erlittener Schaden) ist zu berücksichtigen, dass die Beschäftigten das nicht erhaltene Geld weder sparen noch anlegen konnten und somit auch Zinsen eingebüßt haben (entgangener Gewinn). Die Inflation eines Jahres wirkt sich erst auf die Löhne des nachfolgenden Jahres aus. 10 Sollten die öffentlich Bediensteten auch beachtenswerte Gehaltserhöhungen fordern, so ist doch zu bedenken, dass der Großteil davon dem Konsum zugeführt würde, was anfangs die lokale Nachfrage ankurbeln und in einem zweiten Moment die Steuereinnahmen für das Land Südtirol steigern würde (aufgrund des Autonomiestatuts verbleiben rund 90% der Steuereinnahmen im Land). Da die Fortführung des Lohnstopps für unrechtmäßig erklärt wurde, sollte der Fokus nun auf die Beseitigung von Verschwendungen im Öffentlichen Dienst gelegt werden, ohne dadurch die Qualität der Dienstleistungen zu beeinträchtigen. Die Basisdaten und Analysen wurden von der AFI-Forschungsmitarbeiterin Irene Conte ausgearbeitet. Die Schlussbetrachtungen wurden gemeinsam mit AFI-Direktor Stefan Perini formuliert. 11
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