20. Juli 2015 Herrn MinR Joachim Nick

VIK Verband der Industriellen
Energie- und Kraftwirtschaft e.V.
Telefon: +49 (0) 30 / 21 24 92-0
Telefax: +49 (0) 30 / 21 24 92 -30
eMail: [email protected]
Barbara Minderjahn
Geschäftsführerin
20. Juli 2015
Herrn
MinR Joachim Nick-Leptin
Referat Grundsatzangelegenheiten und
Ökonomische Fragen der Energiewende
Bundesministerium für
Wirtschaft und Energie
Scharnhorststraße 34-37
10115 Berlin
EEG-Eigenstromregelung ab 2017 – vollständige Befreiung von der EEG-Umlage weiterhin notwendig
Sehr geehrter Herr Nick-Leptin,
mit der EEG-Novelle 2014 wurde der sogenannte Eigenstrom erstmalig mit der EEG-Umlage
belastet. Eigenstrom aus Bestandsanlagen wurde von dieser Verpflichtung ausgenommen, um
dem verfassungsrechtlich gebotenen Vertrauensschutz gerecht zu werden. Die Bundesregierung evaluiert die entsprechenden Regelungen gemäß § 98 EEG bis zum Jahr 2017.
Sollte diese Evaluierung doch noch in eine Belastung von Strom aus Bestandsanlagen mit der
EEG-Umlage münden, so wäre die Eigenerzeugung in ihrer Wirtschaftlichkeit bedroht. Dies
wäre nicht nur ein unzweckmäßiger Eingriff in effiziente Produktionsprozesse, die Konsequenz
wären auch negative Auswirkungen auf Klima und Umwelt sowie auf die Wettbewerbsfähigkeit
von Industriestandorten. Zudem würden Investitionen, die im Vertrauen auf eine bestehende
Gesetzeslage für die Eigenversorgung getätigt wurden, entwertet.
Der VIK begrüßt daher, dass sich die Bundesregierung für einen Erhalt der Bestandsschutzregelung einsetzen will und vertritt die Auffassung, dass industrieller Eigenstrom aus folgenden
Gründen auch zukünftig von der EEG-Umlage befreit bleiben sollte:
VIK Verband der Industriellen Energie und Kraftwirtschaft e.V.
Hauptgeschäftsstelle Essen:
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Richard-Wagner-Str. 41
45128 Essen
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Friedrichstr. 187
10117 Berlin
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Telefax: +49 (0) 201 / 8 10 84 - 30
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Vorsitzender des
Vorstands:
Dr. rer. nat. Roland Mohr
Geschäftsführung:
Amtsgericht Essen:
Registernummer 1813 VR
UST-ID: DE 119 824 770
www.vik.de
[email protected]
Dr. Annette Loske
Barbara Minderjahn
-2-
1.
Klimaschutz und Effizienz
2.
Erhalt der Wettbewerbsfähigkeit der Industrie
3.
Gewährleistung des Vertrauensschutzes
1.
Zum Klimaschutz und zur Effizienz
Industrielle Eigenerzeugung findet zum weit überwiegenden Teil in Kraft-Wärme-Kopplung statt.
So erfolgen etwa 70 % der industriellen Stromerzeugung in effizienten KWK-Prozessen. Die
Stromerzeugung ist aber nur ein Teil der gesamten Standortversorgung von Industrieunternehmen. Von großer Bedeutung für die industriellen Prozesse ist darüber hinaus die Erzeugung
von Wärme sowie die energetische Verwertung von Restgasen, -stoffen und -energie, die in ca.
36 % der industriellen Eigenversorgung angewendet wird. Durch die gekoppelte Erzeugung in
industriellen KWK-Anlagen werden gegenüber der getrennten Erzeugung von Strom und
Wärme bis zu 18 Mio. Tonnen CO2 eingespart. Zusätzlich werden durch die Nutzung von Reststoffen oder Restgasen und anderen Restenergien Primärbrennstoffe wie Erdgas eingespart
und weitere CO2-Emissionen vermieden. In Deutschland produziert die Industrie durch die
Reststoffverstromung jährlich etwa 17 TWh Strom und spart so allein weitere 9,5 Mio. t CO 2.
Eine Belastung der Eigenstromerzeugung mit der EEG-Umlage würde die Wirtschaftlichkeit
zahlreicher KWK-Anlagen bedrohen. In der Folge könnten die betroffenen Unternehmen verstärkter dazu übergehen, ihren Wärme- und Strombedarf über entkoppelte Prozesse zu decken
– mit den oben beschriebenen negativen Konsequenzen für die Klima- und CO2-Bilanz. Denn
insbesondere der Wärmebedarf der Industrie, der laut Prognos-Studie auch im Jahr 2030 noch
bei etwa 200 TWh liegen wird, muss hierbei weiterhin mit fossilen Energieträgern erzeugt
werden. Die entsprechenden Emissionen fallen also so oder so an. Weil aber die effiziente
gekoppelte Stromerzeugung nun entfiele, müsste der für die Produktion notwendige und in der
Regel CO2-intensivere Strom nunmehr aus dem Netz zugekauft werden. Mehremissionen von
etwa 7 Mio. t CO2 wären die Folge.
Die beschriebenen Prozesse sind von der Industrie zudem aus Effizienzgründen gewählt worden. Eingriffe, die eine Entkopplung der Prozesse zur Konsequenz hätten, würden die Effizienz
mindern, was die Ziele der EU-Energieeffizienzrichtlinie konterkarieren würde.
Ziel dieser Richtlinie ist es, dazu beizutragen, das 2007 beschlossene Ziel einer EU-weiten
Steigerung der Energieeffizienz um 20 % bis 2020 zu erreichen. Der Umstieg auf eine energieeffizientere Wirtschaft soll die Verbreitung innovativer technischer Lösungen beschleunigen
sowie die Wettbewerbsfähigkeit der Industrie in der Union verbessern. Dadurch soll das Wirtschaftswachstum gefördert und hochwertige Arbeitsplätze in einer Reihe von Branchen, die mit
Energieeffizienz zusammenhängen, geschaffen werden. Explizit wurde hinsichtlich der Erschließung des vorhandenen Effizienzpotenzials bereits in den Erwägungsgründen der EU-Energieeffizienz-Richtlinie darauf verwiesen, dass die Bestimmungen der vormaligen EU-KWK-Richtlinie 2004/8/EG vom 11. Februar 2004 über die Förderung einer am Nutzwärmebedarf orientier-
-3-
ten Kraft-Wärme-Kopplung im Energiebinnenmarkt gestärkt werden sollen. Insbesondere für
hocheffiziente Kraft-Wärme-Kopplung wurden Potenziale gesehen, die Maßnahmen und
Verfahren zur Förderung von KWK-Anlagen rechtfertigten. Dabei sollte den Betriebsbedingungen von KWK-Blöcken die größte Aufmerksamkeit gelten, um möglichst große Effizienz zu
erzielen und um zu vermeiden, dass Potenziale nicht genutzt werden. Konkretisiert wurden
diese Vorgaben in Art. 14 der EU-Energieeffizienzrichtlinie selbst, die die Förderung von Effizienz bei der Wärme- und Kälteversorgung unter Kapitel III („Effizienz bei der Energieversorgung“) beschreibt. In Abs. 2 werden die Mitgliedstaaten zu einer Politik aufgefordert, die darauf
hinwirkt, das Potenzial der Verwendung insbesondere hocheffizienter KWK auf lokaler und
regionaler Ebene gebührend zu berücksichtigen. Gemäß Art. 14 Absatz 4 der EU-Energieeffizienzrichtlinie haben die Mitgliedstaaten angemessene Maßnahmen zu ergreifen, um einer
Infrastruktur für effiziente Entwicklung der hocheffizienten KWK Rechnung zu tragen.
Zur weiterführenden Argumentation verweisen wir auf das anliegende Argumentarium zur
industriellen Eigenversorgung (Anlage 1).
2.
Zum Erhalt der Wettbewerbsfähigkeit der Industrie
Energiekosten sind ein wichtiger Standortfaktor für Unternehmen der Industrie. Bereits heute
liegen die Stromkosten deutscher Unternehmen höher als die vieler europäischer und internationaler Wettbewerber. Vor diesem Hintergrund ist die industrielle Eigenerzeugung von Strom
für Unternehmen immer ein Instrument gewesen, um im europäischen und internationalen Wettbewerb bestehen zu können. Eigenstromerzeugung sichert die Stromversorgung und trägt
damit entscheidend zur Standort- und Arbeitsplatzsicherheit bei.
Dies gilt im Besonderen vor dem Hintergrund der massiven Belastungen durch die Ausbaukosten erneuerbarer Energien, die so in keinem anderen Staat weltweit oder in der EU bestehen. Jede Belastung von eigenerzeugten Strommengen mit der EEG-Umlage würde die Situation der Unternehmen im internationalen Wettbewerb verschlechtern.
Die von vielen Unternehmen in der Vergangenheit getroffenen Entscheidungen für die Eigenstromerzeugung sind als bewusste Investition in die Zukunft am Standort Deutschland zu verstehen. Hierbei ist darauf hinzuweisen, dass eine mögliche Erwägung, Unternehmen ausschließlich über die Besondere Ausgleichsregelung (BesAR) zu entlasten, nicht zielführend ist.
Die historische Entwicklung der Unternehmen in Deutschland hat dazu geführt, dass eine vielfältige Landschaft an Energieversorgungsstrukturen entstanden ist. Besondere Ausgleichsregelung und Nichtbelastung der Eigenstromerzeugung sind hierbei als zwei grundsätzlich verschiedene Konzepte der Standortsicherung zu verstehen. Dies sollen die folgenden Erwägungen
deutlich machen:
•
Die Inanspruchnahme der BesAR erfordert die Zugehörigkeit zu einer der Branchen,
die in Anlage 4 des EEG aufgelistet sind. Diese Voraussetzung wird bei weitem nicht
von allen Unternehmen erfüllt, deren Eigenerzeugung bislang nicht mit der EEG-
-4-
Umlage belastet ist. Beispiele stellen z.B. die Druckereibranche oder der Betrieb von
Industrieparks dar (vgl. hierzu Beispiele im Anhang).
•
Die mit den beiden Branchenlisten verknüpften Stromkostenintensitätsschwellenwerte
sind für viele Unternehmen nicht erreichbar. Dies kann insbesondere dann der Fall
sein, wenn das Unternehmen aufgrund seiner Struktur sehr personalintensiv ist oder
einen hohen Anteil an Forschungs- und Entwicklungskosten aufweist. Eine Anpassung
der Unternehmensstruktur, d.h. eine Aufspaltung in Einzelgesellschaften, nur aus dem
Grund, die BesAR in Anspruch nehmen zu können, wäre ineffizient. Denn damit würde
das Unternehmen gezwungen, seine Organisation zu verändern, mit der es am Weltmarkt bisher erfolgreich war. Außerdem ist die bisherige Organisationsstruktur in aller
Regel aus Effizienzgründen gewählt worden. Effizienz ist eine Zielstellung aus der Effizienzrichtlinie. Eine wirtschaftlich erzwungene Aufspaltung – samt einer damit einhergehenden Effizienzverschlechterung – um die BesAR in Anspruch nehmen zu können,
kann vom Gesetzgeber nicht gewollt sein (vgl. hierzu Beispiele im Anhang).
•
Für eine Anzahl von Unternehmen scheitert die Inanspruchnahme der BesAR an
beiden genannten Voraussetzungen.
Die betroffenen Unternehmen müssten also den Umlagensatz zahlen, der zukünftig für
Bestandsanlagen festgesetzt wird. Bei einer 20 %igen EEG-Umlage läge die Belastung bei 500
Millionen Euro, mit steigender Tendenz.
Schließlich gilt, dass auch für die Unternehmen, die die BesAR in Anspruch nehmen können,
eine Zusatzbelastung des eigenerzeugten Stroms gegenüber dem Status Quo hinzukäme.
Denn die BesAR verringert zwar die EEG-Umlage, es bleibt aber bei einer erheblichen Belastung. Das Ausmaß der Belastung ist dabei unternehmensindividuell und reicht von einer
Mindestumlage von 1 €/MWh bis zu 15 % der EEG-Umlage, was aktuell rund 10 €/MWh
entspräche.
Eine Belastung des Eigenstroms mit der EEG-Umlage würde also für alle betroffenen Unternehmen eine unmittelbare, zusätzliche Kostenbelastung bedeuten. Eine Weitergabe dieser
Kosten ist bei Produkten, die im internationalen Wettbewerb stehen, nicht möglich. Die Kostenbelastung würde damit unmittelbar zu Lasten der Gewinnmarge gehen. Dies kann nicht nur eine
komplette Aufzehrung der Gewinnmarge bedeuten, sondern würde in vielen Fällen sogar zu
einem negativen Gesamtergebnis führen.
In der Konsequenz wäre eine wettbewerbsfähige Produktion in Deutschland nicht mehr möglich, Investitionen würden unterbleiben und Standorte geschlossen.
Zur weiterführenden Argumentation verweisen wir auf das anliegende Argumentarium zur
industriellen Eigenversorgung (vgl. Anlage 1). Beispiele aus der Industrie, die die angeführten
Argumente konkret belegen, finden sich in der Anlage 2.
-5-
3.
Gewährleistung des Vertrauensschutzes
Die Ausnahme der Eigenversorgung von der EEG-Umlagenpflicht war bislang eine Konstante
im EEG, während der heutige § 61 EEG einen grundsätzlichen Systemwechsel für Neuanlagen
begründet1. Im Vertrauen auf die Rechtslage, die bis 2014 bestand, haben viele Unternehmer
eine Risikoentscheidung getroffen und sich zwischen einer Fremdbelieferung und einer Eigenerzeugung des selbstbenötigten Stroms entschieden. Sofern die Entscheidung für eine Eigenversorgung ausfiel, ging dies mit erheblichen Investitionen in den Anlagenbau einher. Das
bedeutet, es wurden Vermögensdispositionen im Vertrauen auf eine bestehende Rechtslage
getroffen. Dies begründet einen besonderen Vertrauenstatbestand, dem Rechnung getragen
werden muss, da vermögenswerte Dispositionen ansonsten rückwirkend entwertet würden2.
Diesem Vertrauensschutz sollte auch auf europäischer Ebene ein Gewicht zugemessen werden
und mindestens in eine Abwägung einfließen. Denn Investitionssicherheit ist ein Thema, welches in jedem Mitgliedstaat relevant ist. Insbesondere vor dem Hintergrund, dass Entscheidungen für Neuinvestitionen häufig nicht auf den europäischen Binnenmarkt begrenzt werden.
Bei global agierenden Konzernen werden vielmehr vermehrt Standorte erwogen, die sich
außerhalb des europäischen Binnenmarktes befinden.
Wir würden uns freuen, wenn Sie unsere Ausführungen im weiteren Prozess zur Gestaltung der
Eigenversorgungsregelung nach 2017 berücksichtigen würden. Gerne stehen wir Ihnen für
vertiefende Gespräche zur Verfügung – bitte lassen Sie uns wissen, wie wir Sie weiter unterstützen können.
Mit freundlichen Grüßen
Barbara Minderjahn
Anlagen
1
2
Ruttloff; NVwZ 2014, 1128
Ruttloff; NVwZ 2014, 1128 mit vielen weiteren Nachweisen
Industrielle Eigenstromerzeugung in Deutschland sichern
Hintergrund und Argumentation für eine Fortführung des Bestandsschutzes
Zusammenfassung und Forderungen
Industrielle Eigenstromerzeugung trägt zur Ressourcenschonung und zum Klimaschutz bei und ermöglicht den Unternehmen in Verbindung mit Prozesswärmebereitstellung eine wettbewerbsfähige und sichere Stromversorgung. Zudem können durch
Eigenerzeugung mögliche regionale Engpässe in der Stromversorgung in begrenztem Umfang ausgeglichen werden. Darüber hinaus trägt die dezentrale industrielle
Stromerzeugung dazu bei, die Anbietervielfalt im Wettbewerb zu stärken. Gerade unter den Herausforderungen der Energiewende müssen bestehende Kraftwerke mit
gesicherter Leistung für industrielle Prozesse erhalten bleiben.
Dieses Erfolgsmodell wird jedoch durch die drohende Belastung von bestehenden
Eigenstromversorgungen mit der EEG-Umlage gefährdet. Bereits heute hat die Belastung von neuen Eigenstromanlagen zu einem Stopp vieler Investitionen in die gekoppelte Erzeugung von Strom und Wärme sowie die Nutzung von in Industrieprozessen anfallenden Kuppelgasen, Reststoffen, und -energien1 bei der Stromerzeugung geführt.
Sollte auch Strom aus Bestandsanlagen mit der EEG-Umlage belastet werden, drohen ggf. sogar Abschaltungen von bestehenden Anlagen mit negativen Auswirkungen für die unmittelbare Energieversorgung industrieller Prozesse sowie
generell für Klima, Energiewirtschaft und die internationale Wettbewerbsfähigkeit von Industriestandorten. Für Betriebe bestimmter Sektoren stellt die Belastung
damit eine existentielle Bedrohung mit entsprechenden Arbeitsplatzverlusten dar.
Die deutsche Industrie sowie der DGB und seine Mitgliedsgewerkschaften fordern
daher: keine Belastung für industrielle Eigenstromanlagen! Der Bestandsschutz
muss über das Jahr 2017 hinaus voll erhalten bleiben. Damit wäre auch dem bereits
im Koalitionsvertrag verankerten Vertrauensschutz Rechnung getragen. Für Neuanlagen sollte der Regulierungsrahmen so ausfallen, dass dadurch keine Investitionshemmnisse für Neuanlagen in der Industrie entstehen.
1
z. B. Kuppelgase der Eisen- und Stahlerzeugung wie Gichtgas, Konvertergas oder Kokereigas, Grubengase, Deponiegase, Destillations- und Konversionsrückstände, Abwärme
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1
1. Hintergrund und Entwicklung zur Eigenstromerzeugung in Deutschland
In der deutschen Industrie ist die Erzeugung von Strom in eigenen Kraftwerken branchenübergreifend zu verzeichnen. Typische Industriesektoren, in denen Eigenstromerzeugung angewandt wird, sind u. a. Stahl, Chemie, Papier, Mineralölwirtschaft, Automobil- und Zuckerindustrie. Diese Branchen zeichnen sich durch einen kontinuierlich hohen
Strom- und Wärmebedarf aus. Somit findet die Eigenstromerzeugung gekoppelt mit der
Produktion von Wärme (hoher Wirkungsgrad durch Kraft-Wärme-Kopplung), sowie auch
unter Nutzung von in Industrieprozessen anfallenden Kuppelgasen, Reststoffen und
-energien statt. Diese Kraftwerke weisen grundsätzlich verglichen mit konventionellen
Anlagen zur getrennten Strom- und Wärmeerzeugung geringe CO2-Emissionen auf. Sie
tragen daher zur Energieeffizienz, Ressourcenschonung und zum Klimaschutz bei.
Momentan werden in Deutschland insgesamt ca. 46 TWh Strom in größeren (> 1 MW)
industriellen Kraftwerken erzeugt. Der überwiegende Anteil (70 %) wird in KWKProzessen erzeugt. Bei der Bereitstellung von Wärme beträgt der Anteil der gekoppelten Stromerzeugung knapp 90 %. Ein hoher Anteil (über 36 %) der Stromerzeugung erfolgt daneben durch die Verwertung von Restgasen, -stoffen und -energie.
Eigenstromerzeugung: Historisch gewachsen und produktionstechnisch bedingt
Die Erzeugung von Strom in eigenen Kraftwerken ist über Jahrzehnte aufgrund produktionstechnischer Notwendigkeiten als integraler Bestandteil insbesondere großer Verbundstandorte, wie etwa Industrieparks gewachsen. Sie wird – allein schon aus Erfordernissen der Wirtschaftlichkeit – stetig optimiert und an die Wärme- und Stromnachfrage angepasst.
Die industrielle Eigenstromerzeugung erfolgt damit im Wesentlichen nicht als Reaktion
auf den Anstieg der EEG-Umlage.
Eine exakte Darstellung des industriellen Selbstverbrauchs ist schwierig, da dieser nicht
explizit statistisch erhoben wird. Aus diesem Grund wird bei der Angabe von Strommengen in der Eigenerzeugung meist ein Korridor zwischen maximalen Eigenverbrauch
(100 % der eigenerzeugten Menge wird selbst verbraucht) und einer minimalen Verbrauchsmenge (enthält Daten zum industriellen Fremdstrombezug aus dem In- und Ausland) angegeben.
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2
Abbildung 1: Korridor des industriellen Selbstverbrauchs zwischen 2008 und 2012
Quelle: IW und EWI: Eigenerzeugung und Selbstverbrauch von Strom Stand, Potentiale und Trends. Studie im Auftrag des BDEW Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft e. V., April 2014.
Die Entwicklung der selbst erzeugten und verbrauchten Strommengen in der Industrie
seit 2008 zeigt, dass mitnichten von einer Entsolidarisierung bei der Finanzierung des
EEG gesprochen werden kann. Zwar nimmt die Anzahl der Betriebe mit Eigenstromerzeugung (auch durch verstärkte Nutzung erneuerbarer Energien) zu. Es handelt sich
dabei jedoch meist um Betriebe mit relativ geringem Stromverbrauch. Entscheidend ist
die absolute Strommenge in der Eigenerzeugung, die seit 2008 relativ konstant ist (siehe Abbildung 1). Die oft behauptete „Flucht“ in die Eigenerzeugung ist in der Industrie
demnach nicht zu beobachten.
2. Aktuelle politische Situation
Bis 2014 war Strom, der in Kraftwerken selbst erzeugt und für den Eigenbedarf verbraucht wurde, nicht Gegenstand des EEG-Umlagesystems und somit nicht mit der Umlage belastet. Mit der Novellierung des EEG im Jahr 2014 änderte sich diese grundsätzliche Systematik. Eigenerzeugter Strom ist nunmehr Teil des EEG-Umlagensystems.
Dabei gilt für bestehende Eigenversorgungen, die vor der EEG-Novelle begonnen wurden, weiterhin eine – befristete – Nicht-Belastung mit der EEG-Umlage (Bestandsschutz). Für eigenerzeugten Strom aus neuen Anlagen fällt hingegen die gesamte Umlage an. Strom aus hocheffizienten KWK-Anlagen und Anlagen zur Stromerzeugung aus
erneuerbaren Energien wird stufenweise mit der EEG-Umlage belastet. Ab 2017 fallen
hier 40 % der EEG-Umlage an.
Bisher wurde der Industrie seitens der Politik ein teilweiser Ausgleich dieser zusätzlichen Kosten im Rahmen der Novelle des KWKG in Aussicht gestellt. Mit den Ende März
diskutierten Vorschlägen des BMWi zur KWKG-Reform sollen jedoch alle Förderungen
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für die Industrie für Anlagen >50kW gestrichen werden (mit Ausnahme der energieintensiven Industrie und ETS-Anlagen) und stattdessen die Förderungen für die öffentliche
Stromversorgung erhöht werden.
Der bisher geltende Bestandsschutz für bestehende Eigenversorgungen ist grundsätzlich zu begrüßen. Mit diesem Schritt verdeutlicht der Gesetzgeber Kontinuität für klimabilanziell und energiewirtschaftlich sinnvoll gewachsene Versorgungsstrukturen an den
Industriestandorten. Mit der – für KWK-Anlagen anteiligen – EEG-Umlage für Neuanlagen und einem möglichen Förderstopp für industrielle KWK im Rahmen einer Novelle
des KWKG wird jedoch dieser sinnvolle Weg konterkariert. Die Belastung von neuen
Anlagen behindert bereits heute Investitionen und führt zu negativen Effekten bei Versorgungssicherheit, Energieeffizienz, Ressourcen- und Klimaschutz.
Europäische Kommission und Beihilferecht
Die Bundesregierung hat das neue EEG 2014 bei der Europäischen Kommission (KOM)
zur Notifizierung vorgelegt, obgleich sie selbst weiterhin der Meinung ist, dass es sich
bei der Förderung erneuerbarer Energien sowie bei der Entlastung von Letztverbrauchern von der EEG-Umlage (wie beim Eigenstrom oder der Besonderen Ausgleichsregelung) nicht um eine Beihilfe handelt. Die Europäische Kommission hat in ihrem Notifizierungsbeschluss zum EEG 2014 schließlich Einwände gegen den Bestandsschutz
hervorgebracht. Sie hat demnach den Bestandsschutz zwar grundsätzlich genehmigt,
fordert jedoch gleichzeitig eine Anpassung der Regelung bis spätestens Ende 2017. In
der Folge ist im § 98 Abs. 3 EEG ein entsprechender Prüfauftrag verankert.
Unternehmen und Beschäftigte der deutschen Industrie lehnen eine Belastung der
Eigenerzeugung strikt ab.
Auch die Bundesregierung hat sich seit der EEG-Novelle stets für die Aufrechterhaltung
des Bestandsschutzes ausgesprochen. Momentan laufen die Verhandlungen zwischen
der Bundesregierung und der Generaldirektion Wettbewerb um die Zukunft der Regulierung im Bereich der Eigenstromerzeugung.
3. Argumente für die Eigenstromerzeugung
Eigenstromerzeugung mit KWK trägt zu Klimaschutz bei
Wie oben beschrieben, findet die Eigenstromerzeugung vornehmlich in solchen Kraftwerken statt, die für die Erreichung der deutschen Klimaschutzziele – auch in Ergänzung zu den erneuerbaren Energien - notwendig sind.
Für Industrieparks und Verbundstandorte mit gekoppelter Strom- und Wärmeerzeugung
sind ein intensiver Energie- und Stoffverbund sowie darüber hinaus die Verwendung der
erzeugten Wärme in industriellen Prozessen charakteristisch. Allein die industriellen
KWK-Anlagen sparen gegenüber der getrennten Erzeugung von Strom und Wärme bis
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zu 18 Mio. Tonnen2 CO2 ein. Im Unterschied bspw. zum Gebäudebereich zeichnet sich
die Industrie durch anhaltend hohen Prozesswärmebedarf aus. Dies ermöglicht durch
die gekoppelte Erzeugung von Strom und Wärme eine effiziente Energieversorgung. Im
KWK-Gesetz wurde bislang daher auch das Ziel verankert, bis zum Jahr 2020 einen
KWK-Anteil von 25 % an der Stromerzeugung zu erreichen. Im Nationalen Aktionsprogramm Klimaschutz wird die Bedeutung der KWK-Anlagen ebenfalls unterstrichen. Auch
zum nationalen Energieeffizienzziel sollen laut Nationalen Aktionsplan Energieeffizienz
(NAPE) effiziente Anlagen zur Primärenergieverbrauchseinsparung beitragen. Die EUEnergieeffizienzrichtlinie erkennt ebenfalls eindeutig die Potentiale und den Beitrag der
KWK-Technologie für Klimaschutz und Energieeffizienz. Zudem fallen Eigenerzeugungsanlagen unter das Regime des europäischen Emissionshandels (ETS) und sind
somit Teil des zentralen europäischen Instrumentes zum Klimaschutz. Durch eine Belastung von KWK-Anlagen mit der EEG-Umlage würde der Beitrag der industriellen Eigenerzeugung unterminiert und die KWK-Ausbauziele, die Klimaschutzziele und die
Energieeffizienzziele der Bundesregierung konterkariert und somit die Energiewende
direkt gefährdet.
Ressourcenschonung durch Nutzung von Kuppelgasen, Reststoffen, und -energien
In der Industrie werden häufig Kuppelgase, Reststoffe und -energien in der Energieerzeugung wiederverwendet3. Diese Art der Strom- und Wärmeerzeugung ist unmittelbar
an die Produktionsprozesse gekoppelt und in diese integriert. Kraft-Wärme-Kopplung
spielt hier, etwa in der Stahlindustrie, aufgrund des bereits gedeckten Wärmebedarfs
eine nur geringfügige Rolle. Z.B. in der Papierindustrie werden anfallende Reststoffe
jedoch auch in separaten Kesseln zur gekoppelten Wärme- und Stromerzeugung genutzt. Beide Verfahren tragen erheblich zu Ressourcenschonung und Klimaschutz bei.
Durch die Nutzung von Reststoffen oder Restgasen und anderen Restenergien werden
Primärbrennstoffe wie Erdgas eingespart und CO2-Emissionen vermieden. In Deutschland produzieren auf dieser Basis allein die entsprechenden Branchen jährlich etwa
17 TWh Strom. Dadurch werden etwa 9,5 Millionen Tonnen CO2 eingespart4.
Eine Belastung der Stromerzeugung aus Kuppelgasen, Reststoffen und -energien mit
der EEG-Umlage würde diese ökologisch wertvolle Stromquelle erheblich verteuern und
damit einen wichtigen industriellen Beitrag für Energieeffizienz und CO2-Einsparungen
preisgeben. Investitionen werden in diesem Bereich durch die Belastung von Neuanlagen mit der vollen Umlage bereits deutlich blockiert. Eine Umlage auf Bestandsanlagen
würde zudem die Produktionsprozesse der betroffenen Unternehmen und damit ihre
2
BMWi.: Potenzial- und Kosten-Nutzen-Analyse zu den Einsatzmöglichkeiten von Kraft-Wärme-Kopplung
(Umsetzung der EU-Energieeffizienzrichtlinie) sowie Evaluierung des KWKG im Jahr 2014
3
z. B. Kuppelgase der Eisen- und Stahlerzeugung wie Gichtgas, Konvertergas oder Kokereigas, Grubengase, Deponiegase, Destillations- und Konversionsrückstände, Abwärme
4
Spezifische Emissionen Strommix Deutschland: 562g/kWh
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internationale Wettbewerbsfähigkeit erheblich belasten. Vor diesem Hintergrund ist die
weitere Nicht-Belastung mit der EEG-Umlage unverzichtbar.
Ökonomische Betrachtung: Wettbewerbsfähig keit der Industrie
Energiekosten sind ein wichtigen Standortfaktor für Unternehmen der Industrie. Bereits
heute liegen die Stromkosten deutscher Unternehmen höher als die vieler europäischer
und internationaler Wettbewerber, insbesondere in den USA.
Energie einzusparen und Strom selbst zu erzeugen, sind für Unternehmen ein Ventil,
um weiter im europäischen und internationalen Wettbewerb bestehen zu können. Eigenstromerzeugung sichert die Wärme und Stromversorgung und trägt damit entscheidend zur Standort- und Arbeitsplatzsicherheit bei.
Dies gilt im Besonderen vor dem Hintergrund massiver Belastungen durch die Ausbaukosten erneuerbarer Energien. Allein im Jahr 2015 werden die Förderkosten ca. 21 Mrd.
Euro betragen. Aufgrund der schieren Ausbaumenge wird dieser Kostenblock weiterhin
ansteigen und könnte im Jahr 2020 voraussichtlich knapp 30 Mrd. Euro ausmachen5.
Eine Belastung von eigenerzeugten Strommengen mit der EEG-Umlage würde die Situation der Unternehmen im internationalen Wettbewerb verschlechtern. Bei einer Vollbelastung würden sich die zusätzlichen Kosten für Unternehmen in der Eigenerzeugung
auf ca. 2,5 Milliarden Euro pro Jahr belaufen. Selbst bei einer anteiligen Belastung von
20% der EEG-Umlage läge die Belastung immer noch bei 500 Millionen Euro, Tendenz
steigend. Für einige Unternehmen – insbesondere solche, die aufgrund fehlender Branchenzugehörigkeit und der Unternehmensstruktur nicht die Besondere Ausgleichsregelung im EEG in Anspruch nehmen können - würde eine solche Belastung jede Gewinnmarge vernichten, eine wettbewerbsfähige Produktion in Deutschland wäre nicht
mehr möglich.
Industrielle Eigenstromerzeugung und Versorgungssicherheit
Aufgrund des steigenden Anteils erneuerbarer Energien und der damit einhergehenden
Verzerrung des grenzkostenbasierten Strommarktes werden in Zukunft große Herausforderungen auf das derzeitige Stromversorgungssystem zukommen. Mittelfristig werden zudem regionale Versorgungsengpässe und Probleme bei der Netzstabilität – vor
allem in Süddeutschland - wahrscheinlicher. Zusätzlich steigen bei einem weiter wachsenden Anteil erneuerbarer Energien auch die Netzkosten. Diese Probleme werden
durch die bereits heute zeitweise stattfindende und künftig verschärft drohende Abschaltung von industriellen Eigenstromanlagen noch verstärkt. Im Grünbuch der Bundesregierung zum Strommarktdesign sind diese Herausforderungen klar benannt. Dabei gilt: Gerade weil der Beitrag konventioneller Kraftwerke zur Versorgungssicherheit – insbesondere für industrielle Prozesse – noch über Jahrzehnte unverzichtbar bleibt, zugleich je-
5
Siehe Szenarien der Mittelfristprognose durch die Übertragungsnetzbetreiber unter
https://www.netztransparenz.de
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doch eine Wirtschaftlichkeit von Investitionen in neue Anlagen heute bei weitem nicht
absehbar ist, müssen bestehende, industrielle Kraftwerke mit gesicherter Leistung erhalten bleiben.
Fazit
Eigenstromerzeugung ist ein notwendiger und seit langem erfolgreich integrierter Bestandteil industrieller Produktionsprozesse. Sie ist eine wesentliche Voraussetzung für
die unmittelbare Sicherung industrieller Prozesse und den Erhalt der internationalen
Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen und leistet damit einen Beitrag zur Sicherung
von Industriestandorten und Arbeitsplätzen. Sie kann dabei wesentlich zur Versorgungssicherheit beim Umbau des Energiemarktes beitragen und schont gleichzeitig
Ressourcen und Klima. Selbst eine Teilbelastung der Eigenstromerzeugung mit der
EEG-Umlage ist somit aus energie-, klima- und standortpolitischen Gründen abzulehnen.
Anhang
Auswirkung der Belastung von Eigenstromerzeugung anhand von Unternehmensbeispielen:
Beispiel A: Folgen einer Belastung der Eigenstromerzeugung in einem integrierten
Hüttenwerk
Produktion 5 Millionen Tonnen Roheisen, 5,5 Millionen Tonnen Stahl.
Umsatzrendite 30 Euro / Tonne Stahl
Stromeigenerzeugung aus Kuppelgasen 1,8 TWh / a (100 % Eigenverbrauch)
Belastung der Eigenstromerzeugung mit 40 % der Umlage (2,468 Cent / kWh): 44
Millionen Euro / a, 8 Euro / Tonne Stahl, 26 % der Umsatzrendite
Belastung der Eigenstromerzeugung mit 20 % der Umlage (1,234 Cent / kWh): 22
Millionen Euro / a, 4 Euro / Tonne Stahl, 13 % der Umsatzrendite
ein Bezug des durch Kuppelgase erzeugten Stroms aus dem Netz (bewertet durch
den Durchschnittsfaktor von 562 g CO2 / kWh) würde gesamtwirtschaftlich zu einer
Mehremission von 1,01 Mio. t CO2 / a führen.
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Beispiel B: Folgen einer Belastung der Eigenstromerzeugung in einer Beispiel Raffinerie
Rohölverarbeitungskapazität 10 Mio. Tonnen / a
Indikative Nettomarge 1,6 Euro / Tonne Rohölverarbeitung6
Stromeigenerzeugung aus Destillations- und Konversionsrückständen 1 TWh / a
(100 % Eigenverbrauch)
Belastung der Eigenstromerzeugung mit 40 % der Umlage (2,468 Cent / kWh):
25 Millionen Euro / a, 2,50 Euro / Tonne Rohöl, 154 % der Nettomarge
Belastung der Eigenstromerzeugung mit 20 % der Umlage (1,234 Cent / kWh):
12 Millionen Euro / a, 1,20 Euro / Tonne Rohöl, 77 % der Nettomarge
ein Bezug des durch Destillations- und Konversionsrückständen erzeugten Stroms
aus dem Netz (bewertet durch den Durchschnittsfaktor von 562 g CO2 / kWh) würde
gesamtwirtschaftlich zu einer Mehremission von 0,56 Mio. t CO2 / a führen.
Beispiel C: Modellhafte Wirtschaftlichkeitsberechnung von typischer KWK-Anlage
verglichen mit getrennter Erzeugung von Wärme mit externen Strombezug
(Grundlage: Deutscher Brennstoffmix).
KWK-Anlage mit Gasturbosatz 50 MW elektrischer Leistung und Abhitzekessel für 71
MW Nutzwärmeleistung (Stand der Technik)
verglichen mit
Erzeugung der identischen Nutzwärmeleistung in einer kohlegefeuerten Kesselanlage und Fremdbezug der identischen elektrischen Leistung aus dem Netz (getrennte
Erzeugung).
Rentabilität der KWK-Anlage u.a. abhängig von
Brennstoffpreisen (Erdgas oder Kohle)
Strompreisen
KWK-Förderung nach KWK-G
Potentieller EEG-Belastung des selbst verbrauchten Stroms
Ergebnis:
KWK kann ressourcenschonend wie auch klimaschonend lokal Dampf und Strom
herstellen.
KWK-Anlagen bzw. KWK-Eigenstrom- und Dampferzeugung arbeiten unter den derzeitigen Rahmenbedingungen (keine Belastung mit EEG-Umlage, moderate KWK6
Quelle: Energieinformationsdienst, indikative Margenberechnung für eine Muster-HydrocrackerRaffinerie Ø 2009-2013, eigene Berechnungen
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Förderung) sowie beim derzeitigen Gaspreis-/ Strompreisniveau am Rande der Wirtschaftlichkeit
Die Kombination EE-Strom und Steinkohle (Brennstoff zur lokalen Dampferzeugung)
führt bei Herstellung der identischen Strom und Dampfleistung immer zu höheren
Emissionen
Aufgrund der niedrigen Strompreise ist die Nicht-Belastung der Anlagen mit der
EEG-Umlage notwendig, da ansonsten diese industriell erforderliche Dampfmenge
auf Basis von Steinkohle erzeugt wird, mit der Konsequenz deutlich höherer CO2Emissionen sowie der sukzessiven Außerbetriebnahme von KWK-Bestandsanlagen.
Aufgrund der hohen Investitionskosten sowie der Belastung des Eigenstroms mit der
EEG-Umlage ist die Rentabilität von neuen KWK-Anlagen gefährdet.
Beispiel D: Unternehmensbeispiel aus der Papierindustrie
Produktion 300.000 t Papier
Umsatzrendite 15 Euro / Tonne Papier
Stromeigenerzeugung in KWK aus Erdgas und Altpapierreststoffen 290 GWh / a
(100 % Eigenverbrauch)
Belastung der Eigenstromerzeugung mit 40 % der Umlage (2,468 Cent / kWh): 7,157
Millionen Euro / a, 23,85 €/t Papier Kosten, -9 €/t Verlust, Papiererzeugung unwirtschaftlich
Belastung der Eigenstromerzeugung mit 20 % der Umlage (1,234 Cent / kWh): 3,578
Millionen Euro / a, 11,92 €/t Papier Kosten , nur noch 3 €/t Rendite
ein Bezug des durch Erdgas und Reststoffen erzeugten Stroms aus dem Netz (bewertet durch den Durchschnittsfaktor von 562 g CO2 / kWh) würde gesamtwirtschaftlich zu einer Mehremission von 83.000 t CO2 / a führen.
28. Mai 2015
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Konkrete Unternehmensbeispiele
(Es handelt sich um Einzelbeispiele, die aufgrund ihrer Typik repräsentativen
Charakter haben, wobei nicht alle Branchen enthalten sind)
Unternehmen 1:
Das Unternehmen 1 deckt seinen Strombedarf am deutschen Hauptstandort vollständig
durch Eigenerzeugung, die komplett in KWK-Technologie (zu 90 % auf Basis von Erdgas, zu
10 % durch Reststoffe aus der Produktion) erfolgt. Eine Belastung des Eigenstroms mit z.B.
20 % der EEG-Umlage würde die Stromkosten um mehr als 20 % pro MWh erhöhen und
damit die Wettbewerbsfähigkeit von stromintensiven Produkten am Weltmarkt signifikant
verschlechtern.
Eine Entlastung durch die Besondere Ausgleichsregelung (BesAR) ist aufgrund des Bruttowertschöpfungs-Bezugs und des Unternehmensansatzes der BesAR nicht möglich. Denn
das Unternehmen weist aufgrund der Konsolidierung weltweiter Wertschöpfung im Konzern,
umfangreicher Forschungs- und Entwicklungsaktivitäten, globaler Funktionen für die weltweite Unternehmensgruppe und der damit verbundenn Personalkosten eine sehr hohe
Bruttowertschöpfung (BWS) auf. Deshalb wird der erforderliche Stromkostenintensitätsschwellenwert (Anteil der Stromkosten an der BWS) nicht erreicht werden. Eine rechtlich
organisatorische Trennung der relevanten energieintensiven Produktionen am Standort von
Beteiligungsergebnissen, Headquarter-Funktionen, Forschung etc. mit dem Ziel der EEGEntlastung nach BesAR ist nicht sinnvoll und vermutlich auch nicht im politischen Interesse
der Bundesregierung. Denn sie würde einen erzwungenen Eingriff in die Organisationsstruktur des Unternehmens bedeuten, die sich am Weltmarkt als äußerst erfolgreich erwiesen hat.
Unternehmen 2:
Unternehmen 2 (Chemieindustrie) deckt seinen Gesamtstrombedarf von 2,1 TWh zu 75 %
durch die Eigenerzeugung von Strom. 95 % der Eigenerzeugung erfolgt in KWK-Technologie
auf Basis von fossilen Brennstoffen sowie von Reststoffen aus der Chemieproduktion. Die
verbleibenden 5 % werden durch Wasserkraftanlagen gedeckt. Bereits heute steht die
Produktion in KWK unter erheblichem wirtschaftlichem Druck. So sind im Jahr 2014 am
größten Standort von Unternehmen 2 mehr als die Hälfte des Dampfes trotz bestehender
Wärmesenke aus wirtschaftlichen Gründen entkoppelt im Kesselbetrieb (statt in KWK)
erzeugt worden.
Die Besondere Ausgleichsregelung (BesAR) kann nur von einer Tochtergesellschaft sowie
von einem selbständigen Unternehmensteil in Anspruch genommen werden, die derzeit nicht
aus der Eigenerzeugung versorgt werden. Im Übrigen werden die Voraussetzungen für die
Inanspruchnahme der BesAR aufgrund der Mischstruktur des Unternehmens 2 nicht erfüllt.
Dies liegt insbesondere an der sehr heterogenen Stromintensität in den einzelnen Produktbereichen und dem hohen Anteil von personalintensiven Forschungs- und EntwicklungsSeite 1 von 3
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Tätigkeiten. Die Voraussetzungen der BesAR könnten auch durch Umstrukturierungen (Ausgliederungen etc.) sinnvollerweise nicht erfüllt werden. Die resultierende finanzielle Mehrbelastung (12,34 €/MWh bei einer 20 %igen Umlagebelastung) kann für den Großteil der
Produkte durch den starken internationalen Wettbewerb nicht über eine Steigerung des
Produktpreises ausgeglichen werden. Eine Belastung des Eigenstroms mit der EEG-Umlage
würde sich daher unmittelbar negativ auf das Ergebnis des Unternehmens auswirken. Die
Nettorendite des Unternehmens würde um ca. 4 % sinken.
Darüber hinaus dienen erhebliche Anteile (über 1/3) der Eigenstromerzeugung der Bereitstellung von Infrastruktur und Utilities (z.B. Kälte, Druckluft, Kühlwasser, Abwasserbehandlung) in Chemie-/Industrieparks, die von Unternehmen 2 betrieben werden. Die Bereitstellung dieser Infrastruktur/Utilities erfüllt nicht die Voraussetzung nach Anlage 4 EEG und
unterfällt daher nicht der BesAR.
Größter Abnehmer der Infrastruktur/Utilities sind energieintensive konzernfremde Unternehmen, die ihrerseits für ihren eigenen unmittelbaren Stromverbrauch der BesAR unterliegen.
Die Verteuerung von Infrastruktur/Utilities bei einer Belastung des dafür eingesetzten Eigenstroms schwächt damit nicht nur unmittelbar die Position von Unternehmen 2 als Eigenerzeuger, sondern mittelbar auch die Position derjenigen Drittunternehmen, für die Unternehmen 2 Infrastruktur/Utilities bereitstellt. Speziell bei niedermargigen, aber energieintensiven Produktionen kann eine Weiterbelastung einer EEG-Umlage auf Eigenstrom zu existenzbedrohenden Belastungen der Infrastruktur/Utilities-Kunden mit negativen Folgen für
gesamte Wertschöpfungsketten innerhalb von Verbundstandorten führen.
Unternehmen 3:
Unternehmen 3 ist ein mittelständisches Unternehmen aus der Druck-Branche und erzeugt
125 GWh Strom (80 % des Bedarfs) vollständig in KWK-Technologie auf Erdgasbasis. Eine
Entlastung über die Besondere Ausgleichsregelung kommt nicht in Betracht, da die entsprechende Branche nicht antragsberechtigt ist. Eine Belastung des Eigenstroms würde sich also
vollständig in einer Erhöhung der Stromkosten niederschlagen. Die Stromkosten würden
sich, bei einer 20 %igen EEG-Umlagebelastung, um 24 % erhöhen, die Nettoumsatzrendite
des Unternehmens würde um über 5 % sinken. Dadurch würden 25 Arbeitsplätze des Unternehmens gefährdet. Auswirkungen auf weitere Wertschöpfungsketten sind nicht auszuschließen.
Unternehmen 4:
Das Unternehmen 4 betreibt einen Industriepark und erzeugt 100 % seines Eigenbedarfs
vollständig in KWK auf Erdgas- und Kohlebasis. Eine 20 %ige EEG-Umlagebelastung würde
die Stromkosten um mehr als 20 % steigen lassen. Eine Entlastung durch die Besondere
Ausgleichsregelung kommt nicht in Betracht, da die Branche nicht antragsberechtigt ist. Für
das Unternehmen wäre damit eine Reduktion der Nettoumsatzrendite um mehr als 10 %
verbunden, die zusätzliche Kostenbelastung beliefe sich auf mehrere Tausend Euro pro
Arbeitsplatz und Jahr.
Unternehmen 5:
Unternehmen 5 ist in den Bereichen Bergbau und Chemische Industrie tätig. Der Gesamtstrombedarf beträgt 1,4 TWh. Davon werden 86 % (1,2 TWh) selbst und komplett in KWKTechnologie erzeugt. Eingesetzte Primärenergieträger sind Erdgas (84 %) und Ersatzbrennstoffe (16 %). Lediglich ein Standort (5 % des Stromverbrauchs des Konzerns) kann die
Besondere Ausgleichsregelung in Anspruch nehmen. Die übrigen Unternehmen verfehlen
die Stromkostenintensitätsschwelle. An dieser Situation würde sich auch bei einer Belastung
mit der 20 %igen EEG-Umlage nichts ändern, so dass die Stromkosten um 12,34 €/MWh
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steigen würden. Die resultierende Steigerung der Produktionskosten würde beim Hauptprodukt A 15 €/t betragen. Das entspricht einem Anteil von 5 % des Weltmarktpreises. Beim
Hauptprodukt B würden die Produktionskosten um 5 €/t steigen, was bezogen auf den
Weltmarktpreis 8 % ausmacht. Diese Erhöhungen können nicht weitergegeben werden. Das
Unternehmen wäre dadurch nicht mehr konkurrenzfähig und würde aus dem Markt gedrängt
werden: Produktionsstätten in Deutschland müssten stillgelegt werden. Das Unternehmen
geht von 3000 gefährdeten Arbeitsplätzen aus.
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