KKK11 Historie

Auf eine ungewöhnliche Entstehungsgeschichte kann die heute unter „Kletterklub
Kanzeltürmer 1911“ bekannte kleine Gemeinschaft verweisen. Denn unter diesem Namen
firmiert der Klub erst seit 1913. Aber der Reihe nach:
Zu Beginn des letzten Jahrhunderts war der Drang der Bevölkerung, sich in Vereinen zu
treffen und mit diesen die wenige Freizeit zu verbringen, viel stärker als heute. Vor allem
Turnvereine bestimmten die sportlichen Aktivitäten. Darüber hinaus wurde die Geselligkeit
vor allem in den vereinseigenen Heimen gepflegt. Mehrmals die Woche traf man sich dort,
um mit Gleichgesinnten die Abende zu verbringen und die Sonntage zu planen. So auch im
Heim des Vereins „Volkswohl“ auf der Königsbrücker Straße in Dresden-Neustadt. Hier
wurde eine Reihe Jugendlicher von dem 22-jährigen Johannes Kühn angeführt. Dieser brachte
die 15-/16-jährigen dazu, am Sonntag auch mal wandern zu gehen. So war es nur eine Frage
der Zeit, dass sich diese Gruppe am 18.11.1911 zu einer neuen Gemeinschaft formierte und
fortan „Wanderriege der Turnerschaft des Vereins Volkswohl Dresden“ nannte.
Mit Vorstand, Schriftführer und Kassierer wurden wechselweise dienstags und freitags,
anfangs im Vereinsheim, Klubabende abgehalten, jede Woche ein Plan erstellt und streng
protokolliert. Neben Ausflügen in die Umgebung wurden auch Kirmes‘ und andere
Veranstaltungen besucht. Diese Wanderungen führten 1912 aber selten in das
Elbsandsteingebirge, sondern vorrangig in das Dresdner Umland. So auch in den Rabenauer
Grund mit Dippser (links) und Paulsdorfer (rechts von diesem) Heide. Deren höchster Punkt
bildet die Erashöhe. Und nicht weit davon steht ein Felsen mit 12 m Höhe – in der Talseite. In
der Scharte hat der Eras höchstens 5 m und ist leicht zu erklimmen. Trotzdem wurde dieser
„Turm“ als Klubgipfel auserkoren, mit, mit Klublogo bestickter, Gipfelfahne und Gipfelbuch
ausgestattet und die Wanderriege in „Touristenclub Eras 1911“ umbenannt.
Bei einem Besuch des Klubgipfels musste der Diebstahl der Gipfelutensilien festgestellt
werden. Man vermutete einen konkurrierenden Kletterklub dahinter und wandte sich bei der
Suche nach diesem an den Sächsischen Bergsteigerbund. Beim SBB war von einem Klub mit
Bezug zum Eras nichts bekannt, nein, man kannte nicht einmal einen Gipfel mit diesen
Namen. Ziemlich depremiert saßen die Mitglieder beim nächsten Klubabend zusammen. Galt
es doch, um Mitglied im Bund zu werden, sich einen richtigen Klubgipfel zu wählen. Jemand
hatte eine Ansichtskarte von Kanzelstein und Kanzelturm mit, und, obwohl kaum Einer den
Fels in natura kannte, wurde Dezember 1913 abermals eine Umbenennung der Gemeinschaft
in „Kletterklub Kanzeltürmer 1911“ vorgenommen.
Mit der Anschaffung eines Seiles und dem Eintritt von Klettertalenten in den Klub konnte der
Klubgipfel im Februar 1914 erstmals bezwungen werden. Nun sah man die Gemeinschaft
häufiger im Bielatal und der Kanzelturm wurde öfter besucht. Auch das Tätigkeitsfeld des
Klubs verlagerte sich von der Umgebung Dresdens in das Elbsandsteingebirge; die
Wanderungen waren stets mit Klettereien verbunden. Es dauerte nicht lange, da wurde 1915
von Albert Lingenauer und Alfred Mücklich an der Wehlgrundspitze ein „Kanzeltürmerweg“,
heute Südostkante benannt, durchstiegen. Aber auch niedrige Begehungen, wie z.B. die
3.Begehung des Strubichweges am Falkenstein durch Lingenauer und Fritz Grasselt,
gelangen.
Neben der üblichen Fluktuation gab es 1915 den ersten Rückschlag im Klubleben: Nachdem
von einem Klubabend nach und nach mehrere Mitglieder wegen der Einberufung zum
1.Weltkrieg abgeholt worden sind, wurde die Klubkasse geschlossen und das Klubleben fast
eingestellt. Erst 1919 wurde zaghaft wieder ein solches aufgebaut. Fünf Mitgliedern hatte der
Krieg das Leben gekostet. Andere suchten ihren Platz im Leben neu. So hatten doch die
meisten Bergfreunde jetzt Familie und unternahmen mit dieser lieber Wanderungen,während
Anderen das Leistungsvermögen im Klub zu gering war. So schied auch Lingenauer aus, der
mit der ersten sportlichen Besteigung des Friensteinwächters über dem damaligen Niveau des
Klubs stand.
Aus den Gründungsjahren waren nur noch drei Bergfreunde dabei; die Anderen waren nach
dem Krieg dazugestoßen. Obwohl das Statut nur männliche Mitglieder gestattete, wurden die
Klubveranstaltungen in Familie durchgeführt und der kleine, aber feine Klub feierte seine
Stiftungsfeste in der Lochmühle im Liebenauer Grund als eine Art Tanzabend.
Ende der zwanziger Jahre nahm das klettersportliche Interesse wieder zu und mit Funktionen
im Sächsischen Bergsteigerbund (u.a. Fritz Grasselt in der Gesangsabteilung, Max Priebst
beim Hüttenausschuss, in der Samariterabteilung) wurde Mitverantwortung im Bund
übernommen. Die Fahrtenbücher zeigen steten Felsbesuch und auch am Aufbau einer
Jugendgruppe wurde sich versucht. Der Einfluss der Nationalsozialisten beschränkte sich auf
das Nötigste, sodass keine nennenswerten Probleme auftraten. Doch auch der 2.Weltkrieg
brachte das Klubleben zum Erliegen und dezimierte den Mitgliederstand.
Als 1947 zum ersten Stiftungsfest nach dem Krieg auf die Zirkelsteinhütte geladen wurde,
hatte sich der Klub bereits wieder aktiviert. Junge Bergfreunde bestimmten das
Klettergeschehen und die Älteren um den einzigsten verbliebenen Klubgründer, Fritz
Grasselt, die organisatorischen Aktivitäten. Unter seiner Vorstandschaft konnte die
Fluktuation eingedämmt werden. So ist es kein Wunder, daß die Hälfte der Neuaufnahmen
der fünfziger Jahre dem Klub heute die Treue hält.
Mit den aktiven jungen Leuten konnte ein breites hohes Leistungsniveau erreicht werden.
Dieses gipfelte in Erstbegehungen von Carl Viehrig, Jochen Hohlfeld, Friedrich Spranger und
vor allem Günter Priebst. Auch nahm mit Günter Jahr 1960 ein Kanzeltürmer an der
Himalaya-Expedition zum K 2 teil. Die wöchentlichen Klubabende wurden rege besucht,
Stiftungsfeste musikalisch (u.a. durch mehrere Sänger bei den Bergfinken, „Teufelsgeige“Spieler) und gestalterisch (vor allem durch Leo Steinfelders Werke) sowie auch andere
Klubveranstaltungen (z.B. „Kanzeltürmerlanglauf“) wahre Bereicherungen.
Gerade der Skisport nahm immer breitere Formen im Klubleben an. Ein nicht geringer Teil
der Klubmitglieder betrieb aktiv den Langlaufsport bei der BSG Motor Niedersedlitz. Kein
Problem, da in der dortigen Sektion Touristik Bergsteiger und Skiläufer vereint waren. 1967
spaltete sich eine Sektion Wintersport ab. Trotz des Zulaufes von jungen Kletterern aus dieser
zum Klub traten immer öfter Spannungen zwischen „Skiläufern“ und „Nur-Bergsteigern“ auf.
Als es zum Eklat kam, traten mit einem Mal mehrere Bergfreunde aus. Auch konnte der junge
Falk Schelzel nicht gehalten werden, da er mit seinem Klettervermögen keine Basis im Klub
mehr fand. Zwar hielt sich der Mitgliederstand bei etwa 20 Bergfreunden, aber der Klub ging
kaum gemeinsam klettern. Neue Wege erschlossen Helmut Richter, Martin Elias und Jürgen
Ruttloff ohne den Klub. Günter Priebst und Peter Freund hatten sich leistungsstarken
Kletterteams angeschlossen und Erstbegehungen mit diesem Kreis durchgeführt. Fast jeder
verbrachte die Wochenenden auf seiner ‚Hütte‘ – eine gemeinsame Unterkunft gab und gibt
es nicht.
All diese Umstände hätten in der Wendezeit den Klub fast einschlafen lassen: Durch
berufsbedingte Probleme zerstreute sich die Mitgliedschaft, und die letzten Enthusiasten
resignierten in ihrem Bemühen um ein Klubleben. Erst Mitte der neunziger Jahre stabilisierten
sich die Teilnehmerzahlen bei Klubveranstaltungen wieder. Auch Erstbegehungen, jetzt von
Heiko Lehnert, wurden im Kreise der Klubfreunde durchgeführt. Trotz, dass die traditionellen
Verbindungen zu anderen Gemeinschaften wie u.a. den Rohnspitzlern, Bergfreunden
Heidenau, Felsenbrüdern, Falkenspitzlern, CoN,...weitergeführt wird, kommt jeder wieder
gern zum Klub. Ja, es werden auch gemeinsame Touren mit anderen Klubs unternommen und
so jegliche Vereinsmeierei im Keim erstickt.
Abschließend lässt sich sagen, dass, obwohl der Klub nie mehr als ca. 20 Mitglieder
gleichzeitig hatte, bereits über 125 Bergler das Kanzeltürmerabzeichen getragen haben.
Immer wieder gelang es, junge Kletterer in das Klubleben zu integrieren. Auch derzeit
versuchen solche, den Altersschnitt zu senken, denn wenn 2011 das hundertste Stiftungsfest
gefeiert werden wird, tragen zwei Drittel der Kanzeltürmer das „Goldene Klubabzeichen“.
Dann sollte eine neue Generation den „Kletterklub Kanzeltürmer 1911“ mit Leben erfüllen
und weiterführen.