Die ultimative Ausrede geliefert

VILLINGEN-SCHWENNINGEN
Samstag, 18. April 2015
Verwaltungsgericht kippt Demoverbot
Kundgebung von SBH-Gida auf dem Münsterplatz darf stattfinden / Kubon „enttäuscht“ / Böck „entsetzt“
Das Verwaltungsgericht Freiburg hat gestern das von Oberbürgermeister Rupert Kubon
verhängte Verbot einer PegidaKundgebung am Sonntag gekippt und damit einem Eilantrag
von SBH-Gida entsprochen.
Villingen-Schwenningen. Das Verwaltungsgericht Freiburg hat entschieden, dass die für den 19. April
angemeldete Demonstration der
SBH-Gida auf dem Villinger Münsterplatz stattfinden darf. Es hat damit dem von der Anmelderin der
Versammlung beim Verwaltungsgericht gestellten Eilantrag entsprochen, der sich gegen das durch die
Versammlungsbehörde, die Stadt Villingen-Schwenningen,
verhängte
Verbot richtet. Da der Offene Antifaschistische Treff VS keinen Eilantrag
beim Verwaltungsgericht eingereicht
hat, bleibt das Demoverbot für diese
Gruppierung bestehen. Oberbürgermeister Kubon bestätigte, das
Demonstrationsverbot gegen die extremen Linken nicht aufheben zu
wollen.
Der Offene Antifaschistische Treff
ließ gestern am späten Abend in
einer Stellungnahme gegenüber der
NECKARQUELLE wissen: „Wir haben uns dagegen entschieden, gegen
das Versammlungsverbot zu klagen,
da uns hierzu die Zeit, die Erfahrung
und die finanziellen Mittel fehlen.“
Wie Sprecher Robert Hertkamp mitteilte, werde es keinen Protest
„gegen den rassistischen Aufmarsch
im Rahmen einer legalen, angemeldeten Kundgebung geben.“
Die Begründung des Gerichtes:
Laut Pressestelle des Verwaltungsgerichtes wird der Beschluss wie folgt
begründet: Nach dem Versammlungsgesetz könne die zuständige
Behörde eine Versammlung nur verbieten oder von Auflagen abhängig
machen, wenn nach den erkennbaren Umständen die öffentliche Sicherheit oder Ordnung bei Durchführung der Versammlung oder des
Aufzugs unmittelbar gefährdet sei.
Ein Publikumsmagnet: der verkaufsoffene Sonntag in Villingen.
Es müssten tatsächliche Anhaltspunkte beziehungsweise nachweisbare Tatsachen vorliegen, bloße Verdachtsmomente und Vermutungen
reichten nicht.
Für eine „unmittelbare Gefährdung“ der öffentlichen Sicherheit sei
erforderlich, dass der Eintritt eines
Schadens für die Schutzgüter der öffentlichen Sicherheit mit hoher
Wahrscheinlichkeit zu erwarten sei,
heißt es in einer Pressemitteilung
des Gerichts. An einer solchen hinreichenden Gefahrenprognose fehle
es hier. Die Stadt Villingen-Schwenningen habe nicht vorgetragen, dass
angesichts des Verlaufs der fünf vorangegangenen Demonstrationen der
SBH-Gida sowie der Gegendemonstrationen eine Eskalation zu befürchten wäre, die mit polizeilichen Mitteln nicht mehr beherrschbar sei. Sie
habe insbesondere keine polizeili-
chen Erkenntnisse vorgelegt, die
eine solche Befürchtung stützen
würden. Im Übrigen müssten sich
behördliche Maßnahmen bei Störungen der öffentlichen Sicherheit,
insbesondere Gewalttaten, die lediglich von Gegendemonstrationen beziehungsweise sonstigen Personen
ausgehen, die sich gegen die Kundgebung wenden, primär gegen die
störenden Gegendemonstrationen
richten. Es sei Aufgabe der zum
Schutz der rechtsstaatlichen Ordnung berufenen Polizei, in unparteiischer Weise auf die Verwirklichung
des Versammlungsrechts hinzuwirken.
Dass – wie die Stadt vortrage – bei
der Versammlung der Redner Michael Stürzenberger auftrete, der extrem islamfeindlich sei, rechtfertige
ebenfalls kein Verbot. Die Stadt habe
weder behauptet noch belegt, dass
NQ-Archivfoto
von diesem Redner Äußerungen von
strafrechtlicher Relevanz zu erwarten
seien. Erwartete Meinungsäußerungen könnten jedoch nur dann Anlass
für Maßnahmen gegen eine Kundgebung sein, wenn sie einen Straftatbestand erfüllten.
Die Tatsache, dass am 19. April
verkaufsoffener Sonntag sei, führe
ebenfalls zu keiner anderen Beurteilung. Die Stadt habe keine polizeilichen Erkenntnisse vorgelegt, wonach
bei einer Durchführung der Veranstaltung konkrete Gefahren für die
Besucher der Innenstadt drohten.
Der Hinweis, dass nahegelegene Geschäfte und Gaststätten bei der
Durchführung der Veranstaltung
durch Absperrungen wirtschaftlich
beeinträchtigt würden, rechtfertige
kein Verbot. Denn insoweit sei der
Schutz der Meinungs- und Versammlungsfreiheit vorrangig.
Die ultimative Ausrede geliefert
Pressesprecher Nicolas Lutterbach erhält den „Goldenen Stadttrottel 2015“
„Es dauert so lange wie es dauert.“ Mit diesem Satz habe der
städtische Pressesprecher Nicolas Lutterbach seinem Chef,
Oberbürgermeister Rupert Kubon, die ultimative Ausrede für
alle Baustellen der Stadt geliefert, befanden Thomas Moser
und Michael Schopfer.
MARTIN ZIMMERMANN
Villingen-Schwenningen. Ein Satz,
der zum geflügelten Wort wurde.
„Dieser Satz hängt nun als Entschuldigung an jedem Schlagloch“ , befanden die Kabarettisten. „Zwar kannte
fast jeder unserer Zuschauer den
Spruch, doch fast keiner kannte den
Urheber. Das wollen wir ändern“,
sagten die beiden Kabarettisten bei
der Übergabe des Preises gestern im
Villinger Rathaus. „Der erste goldene
Stadttrottel geht an den lebenden
Stolperstein Rupert Kubons. Ein
Mann wie ein Darmgeschwür, unsichtbar und doch genau so teuer“,
verkündete Moser in seiner Laudatio
und überreichte Lutterbach eine goldene Elchfigur mit einer langen Nase
sowie zwei Karten für den Jahresrückblick der Kabarettisten. Der
34-Jährige studierte Historiker Lutterbach nahm die Auszeichnung mit
Humor und revanchierte sich bei den
Kabarettisten mit Snickers-Schokoriegeln (. . . wenns mal wieder länger
dauert). „Wenn ich schon mal so eine
Auszeichnung bekomme, dann nehme ich sie auch an“, so der gebürtige
Mit einem humorvollen „Ich hab das Ding“ hebt Nicolas Lutterbach den von Michael Schopfer (links) und Thomas Moser vergebenen
„Goldener Stadttrottel“ in die Höhe.
Foto: Martin Zimmermann
Karlsruher, der aus diplomatischen
Gründen nicht in einem der beiden
Stadtteile sondern im neutralen
Schwarzwald wohnt.
Schopfer und Moser wollen den
erstmals vergebenen „Goldenen
Stadttrottel“ zu einer Dauerinstitution machen. Nicolas Lutterbach zähle auch in den nächsten Jahren zu den
heißen Favoriten und könnte zum Titelhamster werden, so die beiden Lokalhumoristen. „Sie sind ja noch
jung. Sie können den Preis ja noch ein
paar Mal bekommen“, witzelte
Schopfer. „Wenn ich den Preis nicht
meiner Bewerbungsmappe für den
Posten des Pressesprechers des Berliner Flughafens beilege“, konterte Lutterbach.
Die beiden Kabarettisten ließen
durchblicken, dass Lutterbach drauf
und dran sei, auch den nächsten
„Trottel“ zu gewinnen . „Der Tipp mit
den Gummistiefeln im Schwenninger
Moos rechtfertigt zumindest mal eine
Nominierung für den Goldenen
Stadttrottel 2015“, verriet Moser. Kollege Schopfer gab zu Bedenken, dass
es mit den Bürgermeistern starke
Konkurrenz gebe.
Neben dem von den beiden Kabarettisten ausgewählten Trottel ließen
Schopfer und Moser in ihren Vorstellungen auch von ihren Zuschauern
einen „Bürger-Stadttrottel“ wählen.
Dabei setzte sich Bürgeramtsleiter
Ralf Glück vor dem „eigentlich von allen favorisierten“ Ersten Bürgermeister Rolf Fußhoeller und Oberbürgermeister Rupert Kubon durch. „Wir
sind uns nicht so ganz sicher, ob Herr
Glück so cool ist wie Herr Lutterbach
und den Preis annimmt oder ob er
den Marcel Reich-Ranicki macht und
die Ehrung verweigert “, sagte Moser.
Die Reaktion der Stadt: Die Stadt
Villingen-Schwenningen kann Beschwerde gegen diesen Beschluss
beim Verwaltungsgerichtshof BadenWürttemberg in Mannheim einlegen, wird dies aber nicht tun. Oberbürgermeister Rupert Kubon reagierte enttäuscht auf die Entscheidung aus Freiburg. „Das ist sehr unbefriedigend. Aber ich respektiere
das Urteil. Wir haben versucht, mit
dem Verbot vor allem ein politisches
Signal zu setzen. Ich halte es nach
wie vor für nicht akzeptabel, dass
eine absolute Splittergruppe die ganze Stadt in negativen Beschlag
nimmt“, erklärte Kubon.
Die Reaktion des Einzelhandels:
Rainer Böck vom Villinger Einzelhandel zeigte sich gestern auf Anfrage „entsetzt“ über den Beschluss des
Verwaltungsgerichtes Freiburg. „Das
ist für mich nicht nachvollziehbar.
Wir müssen kuschen, wenn ein paar
Chaoten bei uns demonstrieren wollen.“ Wenn die Stadt die Genehmigung erteile, werde man versuchen,
die für den Kindersonntag geplanten
Veranstaltungen auf den Platz der
Neuen Tonhalle zu verlegen. Falls
dies nicht möglich sei, dann müssten
diese Programmpunkte ausfallen.
„Wir wollen mit den Kindern nicht
zwischen die Fronten geraten“, so
Rainer Böck.
Polizei ist präsent: Unabhängig
davon, ob die Versammlungen tatsächlich stattfinden, hat sich die
Polizei auf die angemeldeten Versammlungen und auf den hohen Besucherandrang des verkaufsoffenen
Sonntags konzeptionell eingestellt,
teilt das Polizeipräsidium Tuttlingen
mit. Man wolle mit eigenen und
unterstellten Kräften des Polizeipräsidiums Einsatz aus Bruchsal und
Göppingen erneut einen reibungslosen Ablauf der Versammlungen und
des Aufzugs gewährleisten. „Die Einsatzkräfte der Polizei sind bestrebt,
einen reibungslosen Ablauf der Versammlungen und der Kundgebungen, sowie die Sicherheit der Bürger
des verkaufsoffenen Sonntags zu gewährleisten.“
coh
Bei 30 Autos
Reifen zerstochen
Villingen-Schwenningen. Zwei bislang unbekannte Täter haben am
Freitag, in den frühen Morgenstunden, an mindestens 30 Fahrzeugen
die Reifen zerstochen, teilt die Polizei
mit. Die beschädigten Fahrzeuge waren in der Saarlandstraße, Warenburgstraße, Großherzog-Karl-Straße,
Herdstraße, Langstraße und in der
Zähringer Straße in Villingen abgestellt. Eine Anwohnerin der Langstraße hatte, zwischen vier und fünf Uhr,
offensichtlich die beiden Täter gesehen, nachdem sie das Zischen von
entweichender Luft wahrgenommen
hatte.
Die tatverdächtigen Männer waren
etwa 20 Jahre, groß und schlank. Sie
trugen Flaschen in der Hand. Sie waren mit Kapuzenpullis und dunklen
Hosen bekleidet. Der Sachschaden ist
eb
laut Polizei beträchtlich.
VOM TAGE
Dies ist die Woche der Komplimente. Nachdem sich zuerst der
Enkel über die Fahrkünste der
Großmutter anerkennend geäußert hatte, folgte nun die zwei
Jahre ältere Enkelin. Das Mädchen
umarmte die Großmutter und ließ
sie wieder los mit den Worten:
„Oma, du riechst so gut“. Das bezog sich weniger auf ein Parfum als
vielmehr auf die Tatsache, dass die
Oma gerade Pfannkuchen gebacken hatte. Und die isst das kleine
Mädchen gern.