Euklidische Beweise für Primzahlen in einigen arithmetischen Progressionen Bis zum jetzigen Zeitpunkt sind für die Aussage, dass in jeder arithmetischen Progression l mod k mit ggT(l, k) = 1 unendlich viele Primzahlen enthalten sind, nur Beweise bekannt, die analytische Methoden verwenden. Ein Ziel ist es, dass man die komplette Aussage beweist ohne gröÿere analytische Hilfsmittel zu benutzen. Wir werden hier zumindest für einige arithmetische Progressionen einen Beweis liefern können, der auf solche Hilfsmittel verzichtet. Die Idee hinter einem euklidischen Beweis ist es, dass man sich ein Polynom konstruiert, welches einem hilft eine neue Primzahl ≡ l mod k zu nden unter der zuvor getroenen Annahme, dass es nur endlich viele Primzahlen in dieser Progression gäbe. Beispielsweise erfüllt das Polynom x + 1 das Gewünschte, wenn man das klasssische Ergebnis beweisen möchte, dass es unendlich viele Primzahlen gibt. Hierbei wurde k = 1 gewählt. Wir werden später nochmals kurz darauf eingehen, was man sich genau unter einem euklidischen Beweis vorzustellen hat. Satz (Schur(1912), Murty(2006)) Ein euklidischer Beweis existiert genau dann für die arithmetische Progression l mod k, wenn l2 ≡ 1 mod k gilt. Denition Für f ∈ Z[x] ist p ∈ P ein Primteiler von f , falls ein n ∈ Z mit p | f (n) existiert, in Zeichen p | f . Die Menge aller Primteiler von f bezeichnen wir mit P(f ). Zunächst besprechen wir ein paar Eigenschaften von Polynomen bezüglich ihrer Primteiler. Der Beweis zur ersten Eigenschaft steht ganz im Zeichen von Euklids Beweis. Satz 1 Für f ∈ Z[x], nicht-konstant, gilt |P(f )| = ∞. 1 Wir dürfen f (0) = c 6= 0 annehmen, da die Behauptung sonst klar ist (da sonst für alle f ∈ Z[x] automatisch p | f (p) gilt). Da f (x) = ±1 nur endlich viele Lösungen hat folgt, dass f wenigstens einen Primteiler besitzen muss. Wir nehmen nun an, dass f nur endlich viele Primteiler p1 , . . . , pn besitzt. Sei Q = p1 p2 . . . pn . Es gilt f (Qcx) = cg(x) für ein Polynom g ∈ Z[x] mit g = 1 + b1 x + b2 x2 + . . . und Q | bi für alle i ≤ deg(g). Nach obigem Argument hat auch g wenigstens einen Primteiler p. Es gilt oensichtlich p | g ⇒ p | f . Hierbei muss aber p - Q gelten, sonst gölte auch p | 1. Somit muss p aber ein weiterer Primteiler von f sein. Ein Widerspruch. Also hat F tatsächlich unendlich viele Primteiler. Beweis. Das nachfolgende Ergebnis wurde zuerst vom norwegischen Mathematiker T. Nagell bewiesen. Es wird hier ein Körpertheoretischer Beweis gegeben. Nagell selbst hatte einen sehr viel elementareren Beweis geliefert (Siehe hierzu [?]) Satz 2 Für f, g ∈ Z[x], beide nicht-konstant, gilt |P(f ) ∩ P(g)| = ∞. Sei α eine Nullstelle von f und β eine Nullstelle von g. Nach einem Satz von Dedekind ist, bis auf endlich viele Ausnahmen, p ∈ P genau dann ein Primteiler von f , wenn p einen Primidealfaktor von Restklassengrad 1 in Q(α) besitzt. (Siehe hierzu z.B. [?, S. 65]) Die gleiche Aussage trit entsprechend auch auf g zu. Betrachte nun den Körper Q(α, β) = Q(γ) für ein γ ∈ Q(α, β). Falls h nun das Minimalpolynom von γ ist, folgt mit Satz 1 und wiederum mit dem Satz von Dedekind folgt, dass es unendlich viele Primzahlen, die einen Primidealfaktor mit Restklassengrad 1 in Q(α, β) besitzen, gibt. Diese Primzahlen haben somit auch einen Primidealfaktor mit Restklassengrad 1 in Q(α) sowie Q(β). Es folgt, dass, mit einer endlichen Anzahl von Ausnahmen, all diese Primzahlen in P(f ) und zugleich in P(g) liegen. Beweis. Ein weiteres klassisches Ergebnis ist, dass alle Primteiler, mit Ausnahme von endlichen vielen, des k-ten Kreisteilungspolynoms φk erfüllen, dass sie ≡ 1 mod k sind. Auf dieses Ergebnis wird später nochmals kurz eingegangen. Mit Satz 2 folgt somit, dass jedes nicht-konstante Polynom in Z[x] unendlich viele Primteiler ≡ 1 mod k, für jedes k ∈ N, besitzt. Deswegen ist die endgültige Idee hinter einem euklidischen Beweis für die Progression l mod k, dass es ein Polynom in Z[x] gibt, wessen Primteiler, mit endlich vielen Ausnahmen, allesamt ≡ 1, l mod k sind. Satz 3 Sei H eine Untergruppe von (Z/kZ)∗ . Dann existiert ein irreduzibles Polynom f , so dass alle Primteiler von f , bis auf endlich viele Ausnahmen, zu den Restklassen von H gehören. Wir verwenden (Z/kZ)∗ ∼ = Gal(Q(ζ)/Q) wobei ζ eine primitive k -te Einheitswurzel ist. Beweis. 2 Sei also Q(η) der Fixkörper von H , wobei η = h(ζ) für ein h ∈ Z[x]. Seien m1 , . . . , ms Nebenklassenrepräsentanten von H in (Z/kZ)∗ . Setze ηi = h(ζ mi ) für i = 1, . . . , s. Angenommen diese wären nicht paarweise verschieden. Sei σi der Automorphismus von Q(ζ)/Q, der ζ auf ζ i abbildet. Dann ist gibt es i 6= j mit σmi (η) = σmj (η). Dies hat somit σmi m−1 (η) = η zur Folge, womit σmi m−1 also j j Q(η) xiert und somit mi und mj in der gleichen Nebenklasse von H liegen müssten, ein Widerspruch. Somit sind die ηi die paarweise verschiedenen Konjugierten von η. Deniere nun s Y f (x) := (x − ηi ). i=1 Nach dem soeben gezeigten ist f (x) ein irreduzibles Polynom in Z[x]. Wir zeigen, dass dieses f die Bedingungen im Satz erfüllt. Sei p ein Primteiler von f , mit p - k und p - D(f ) (D(f ) ist hierbei die Diskriminante von f ). Beachte: wir schlossen nur endlich viel Primzahlen hierbei aus. Da nun p ein Primteiler von f ist, existiert ein a ∈ Z so, dass s Y f (a) = (a − ηi ) ≡ 0 mod p i=1 gilt. Sei nun p ein Primideal, das (p) teilt. Für dieses muss p | (a − ηi ) für ein i ∈ {1, . . . , s} gelten. Es gilt nun ap ≡ a mod p und somit auch ap ≡ a mod p. Aus dem gleichen Grund folgt auch h(x)p ≡ h(xp ) mod p. Wir erhalten damit folgende Kongruenzen: h(ζ mi ) = ηi ≡ a ≡ ap ≡ ηip = h(ζ mi )p ≡ h(ζ pmi ) mod p. Insbesondere gilt also p | (h(ζ mi ) − h(ζ pmi )). Weiter ist, da p - k, auch ggT(pmi , k) = 1, womit h(ζ pmi ) = ηj , für ein j ∈ {1, . . . , s}, folgt. Wir nehmen nun an, dass h(ζ pmi ) 6= h(ζ mi ) gilt. Dann gölte p | D(f ) und da D(f ) ∈ Z folgte auch p | D(f ) (Beachte hierbei, dass dann ηj − ηi = h(ζ pmi ) − h(ζ mi ) als Faktor in D(f ) vorkäme). Dies wiederspricht unserer Wahl von p. Also gilt h(ζ pmi ) = h(ζ mi ) und somit wir ηi von dem Automorphismus σp xiert. Es gilt also auch, dass Q(ηi ) von σp xiert wird. Es ist klar, dass auch Q(ηi ) eine Galoiserweiterung ist, womit schlieÿlich Q(ηi ) = Q(η) folgt. Also xiert σp somit Q(η) und p gehört zu einer der Restklassen von H. Satz 4 Sei f wie in Satz 3 konstruiert. Dann sind alle Primzahlen, die zu den Restklassen von H gehören, Primteiler von f . Beweis. Sei p eine Primzahl, die zu einer der Restklassen von H gehört. Also wird Q(η) 3 von σp xiert. Insbesondere also: η p = h(ζ)p ≡ h(ζ p ) ≡ h(ζ) = η mod p. Also gilt auch für jedes Primideal p, das p teilt, somit η p ≡ η mod p. Da OQ(η) ein Dedekindring ist, ist OQ(η) /p ein Körper und xp − x hat maximal p Lösungen (Hierbei bezeichnet OK den Ganzheitsring zu K ). Natürlich sind alle Elemente in Z/pZ Lösungen zu diesem Polynom. Somit folgt η ≡ a mod p für ein a ∈ Z. Also p | f (a) und wiederum, da f (a) ∈ Z, auch p | f (a), wie gewünscht. Korollar Sei φk das k-te Kreisteilungspolynom, dann gilt für alle Primteiler p von φk entweder p ≡ 1 mod k oder p | k . Beweis. Die Behauptung folgt folgt, wenn wir Satz 3 und 4 auf H = {1} anwenden. Wir benutzen hierbei die Tatache, dass die einzigen Primzahlen, die D(φk ) teilen, die sind, die auch k teilen. (Siehe hierzu z.B. [1, S. 52]) Satz 5 Wenn l2 ≡ 1 mod k gilt und es wenigstens eine Primzahl p ≡ l mod kgibt, dann existieren unendlich viele Primzahlen dieser Art. Der Fall l ≡ 1 mod k folgt direkt aus dem Korollar. Sei also l 6≡ 1 mod k. Wir können also die Sätze 3 und 4 auf die Untergruppe H = {1, l} ≤ (Z/kZ)∗ anwenden. Sei L der Fixkörper von H . Wir denieren formal Beweis. h(x) := (u − x)(u − xl ) für ein u ∈ Z, welches wir noch später wählen. Falls m1 , . . . , ms Nebenklassenrepräsentanten von H in (Z/kZ)∗ sind, und wir u so wählen, dass alle h(ζ mi ) paarweise verschieden sind, folgt L = Q(h(ζ)) (da die h(ζ mi ) alle möglichen verschiedenen Konjugierten von h(ζ) sind). Beachte, dass wir hierbei nur endlich viele u ausgeschlossen haben (Es gibt nur endlich viele Gleichungen h(ζ mi ) = h(ζ mj ) und diese haben alle nur endlich viele Lösungen). Verwenden wir nun Satz 3 auf H mit η = h(ζ), erhalten wir ein Polynom f ∈ Z[x] bei dem alle Primteiler, mit Ausnahme von endlich vielen, entweder ≡ 1 oder ≡ l mod k sind. Wir können dieses f explizit schreiben: f (x)2 = Y (x − (u − ζ a )(u − ζ la )) ggT(a,k)=1 (das Quadrat kommt daher, dass alle Nebenklassen aus zwei Elementen bestehen und das Produkt über alle Elemente genommen wird). Man sieht, dass f (0) = φk (u) das k-te Kreisteilungspolynom in u ist. Wir wählen nun u so, dass es ein echtes Vielfaches von k ist, so dass f (0) = φk (u) ≡ 1 mod k erfüllt ist. (Alle Summanden von φk (u), auÿer dem 4 letzten, sind durch k teilbar und natürlich ist u so gewählt, dass es obige Einschränkungen nicht verletzt.) Wegen dem Korollar gilt, dass jeder Primteiler von φk entweder k teilt oder ≡ 1 mod k ist. Also ist jeder Primteiler von φk (u) = f (0) somit ≡ 1 mod k. Wähle nun eine Primzahl p ≡ l mod k mit p - D(f ) (wobei D(f ) die Diskriminante von f ist). Wegen Satz 4 nden wir ein b mit p | f (b). Wir können b sogar so wählen, dass p2 - f (b) gilt. Andernfalls gelte p2 | f (b) und somit f (b+p) ≡ f (b)+pf 0 (b) ≡ pf 0 (b) mod p2 (Für das erste Kongruenzzeichen siehe z.B. den Binomischen Lehrsatz). Aber da p - D(f ) hat f keine Nullstellen der Ordnung 2 bzgl.mod p womit f 0 (b) 6≡ 0 mod p(Doppelte Nst.⇔ D(f ) = 0) Somit impliziert f (b) ≡ 0 mod p2 also f (b + p) 6≡ 0 mod p2 . Somit könnten wir also auch b durch b + p ersetzen und haben p | f (b) und p2 - f (b) (durch ebige Betrachtung sieht man auch f (b) ≡ 0 mod p ⇒ f (b + p) ≡ 0 mod p). Wir nehmen nun an es gäbe nur endlich viele Primzahlen ≡ l mod k, seien diese p = p1 , p2 , . . . , pr . Seien weiter q1 , . . . , qt alle Primteiler von D(f ). Deniere Q := p2 p3 . . . pr q1 . . . qt . Nach dem Chinesischem Restsatz nden wir ein c mit. c ≡ b mod p2 c ≡ 0 mod kQ Also f (c) ≡ f (b) mod p2 und f (c) ≡ f (0) mod kQ. Wegen Satz 3 erfüllen alle Primteiler von f , dass sie k teilen oder D(f ) teilen oder ≡ 1, l modk sind.. Weil f (0) nur von Primzahlen ≡ 1 mod k geteilt wird, folgt, dass f (c) nur von Primzahlen ≡ 1 mod k und p ≡ l mod k geteilt wird. Da p2 - f (c), folgt also f (c) ≡ l mod k . Aber zugleich gilt auch f (c) ≡ f (0) ≡ 1 mod k . Dies ist ein Widerspruch, da l 6≡ 1 mod k gewählt war. Dies zeigt die Behauptung. Wer sich für einen mehr elementar gehaltenen Beweis dieser Aussagen interessiert, kann sich in [4] von Schur einlesen. Die Beweisideen aus diesem kleinen Skript stammen alle aus [2]. In diesem Paper ndet sich der von Murty gegebene Beweis für die andere Implikation. Auÿerdem bespricht er weitere Verallgemeinerungen der Hauptaussage. Literatur [1] Murty, M.R.; Esmonde, J.: Problems in Algebraic Graduate Texts in Mathematics 190, (2005). , Second Edition, Number Theory [2] Murty, M.R.: Prime Numbers In Certain Arithmetic Progressions, Functiones et Approximatio XXXV (2006), 249-259. [3] Nagell, T.: Sur les diviseurs premiers des polynômes, Acta Arith, 15 (1969), 235-244. [4] Schur, I.: Über die Existenz unendlich vieler Primzahlen in einigen speziellen arith- , S-B Berlin. Math. Ges., 11 (1912), 40-50. metischen Progressionen 5
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