Schöner wohnen im Alter

Landleben
Schöner wohnen im Alter
Traumhaus oder Wohlfühlwohnung? Mit der Hofübergabe stellt sich die Frage, wie und
wo die Altenteiler in der Rente wohnen wollen. Südplus gibt Tipps für die Planung.
I
n Bayern sind sie als Austragshaus bekannt, im Schwarzwald als Leibgedinge. Die Rede ist von Altenteilerhäusern, die Altbauern nach der Hofübergabe als Wohnraum dienen. Lebt
bereits eine junge Generation auf dem
Hof, stellt sich die Frage, wie der Wohnraum in der Rente angepasst werden
kann. Lassen sich zwei Wohnungen im
Betriebsleiterhaus einrichten? Ist ein
Neubau sinnvoll?
Egal wie sich die Familie entscheidet:
Die Lebensqualität aller Generationen
sollte im Fokus stehen und die Wohnbaukosten finanziell zumutbar sein.
Noch zentraler ist, dass die Freude am
Zusammenleben bleibt. Es ist wichtig,
die Balance aus Gemeinschaft und Pri54 top agrar südplus
vatsphäre zu finden. Kompromisslösungen und enges „Aufeinanderleben“
bringen oftmals Zündstoff mit sich.
Fehlt Privatsphäre, leidet die Stimmung
und nicht zuletzt auch die Arbeit auf
dem Hof.
Das ist rechtlich zu beachten: Mit
dem Entschluss zum Um- oder Neubau
sind die rechtlichen Vorschriften des
Baugesetzbuches (BauGB) einzuhalten.
Üblicherweise ist es nur zulässig, innerorts zu bauen. Das landwirtschaftliche
Bauen ist jedoch privilegiert, sodass zur
betrieblichen Entwicklung im Außenbereich gebaut werden darf. Dies gilt
für Vollerwerbs- oder Nebenerwerbsbetriebe der Land- und Forstwirtschaft
oder des Gartenbaus. Ob die Privilegierungsvoraussetzungen eines Betriebs,
wie positive Wirtschaftsergebnisse und
die Qualifizierung des Betriebsleiters,
erfüllt sind, prüft das zuständige Amt
für Ernährung, Landwirtschaft und
Forsten.
Wo bauen? Die Schonung der Flächen
im Außenbereich hat oberste Priorität
und die Erschließung des Geländes mit
Straßen und Wegen, Strom- und Telefonanschluss sowie Wasserver- und
entsorgung muss gesichert sein. Auch
die Zuordnung des Altenteilerhauses
zum Betrieb gilt es zu beachten, wobei
diese gesetzlich nicht festgelegt ist.
„Bei schwierigen Standortsituationen
Ilse und Erich Keller wohnen im
Erdgeschoss des „Mehrgenerationenhauses“. Die Enkel
Marie und Felix erreichen ihre
Wohnung über ein externes
Treppenhaus.
Drei Generationen
unter einem Dach
Im Bauernhaus der Familie Keller leben alle unter einem Dach.
Die Wohnung der Senioren wurde altersgerecht saniert.
D
as 1938 erbaute Bauernhaus der Familie Keller in Ohrenbach bei Rothenburg ob der Tauber verfügt
über enorm viel Wohnfläche.
Schon immer leben drei Generationen hier gemeinsam.
Als der heutige Betriebsleiter, Martin Keller,
2005 eine eigene Familie gründete, entschied man sich, für
jede ein eignes
Reich zu schaffen.
Die Intention: Ein
Mehr an Privatsphäre soll ein
entspannteres
Miteinander bringen. Nach über
zehn Jahren resümiert Altenteiler Erich Keller: „Das
war absolut die richtige Entscheidung.“
Fotos: Stahmann
Die ebenerdige Dusche macht stufenloses Betreten möglich.
In der Küche von Ilse Keller liegt die
Spüle in klarer Abfolge zum Herd.
Treppenhaus für Privatsphäre: Die
Sanierung begann im ersten Schritt
mit dem Einrichten einer separaten
Wohnung für die jungen Leute im ersten Obergeschoss und dem Bau eines
externen Treppenhauses, über welches
jede Wohnung erreichbar ist. Das einzige Problem, das hier im Alter auftreten könnte: Der Keller ragt ein wenig
über das Erdgeschoss hinaus, weswegen sechs Stufen überwunden werden
müssen, um die Erdgeschosswohnung
zu erreichen. Der Vorteil, jede
Wohneinheit separat betreten zu können, überwiegt für die Familie jedoch.
Vor vier Jahren begannen Kellers in
Eigenleistung, den Wohn-, Schlaf- und
Badbereich im Erdgeschoss, der schon
seit Jahrzehnten von den Altenteilern
bewohnt wird und in die Jahre gekommen war, altersgerecht zu sanieren.
Der Umbauzeitpunkt wurde ganz bewusst gewählt. Denn so konnten die
„jungen“ Altenteiler selbst Hand anle-
gen und beim Umbau gestalterisch
Einfluss nehmen.
Um sich in der Wohnung stufenlos
bewegen zu können, wurden Böden
teilweise angehoben. Die Decken erhielten helle Holzvertäfelungen.
„Beim Umbau eines Altbaus muss
man natürlich ab und zu Kompromisse machen“, berichten Kellers.
Besonderes Augenmerk legten die
Mittelfranken auf ein großes, gut begehbares Bad direkt neben dem
Schlafzimmer. Eine ebenerdige,
großzügige Dusche mit Sitzmöglichkeit und vollständig zu öffnender
Duschtür sowie ein Handtuchheizkörper in Griffweite machen die tägliche Körperpflege problemlos und
bequem.
Da Ilse Keller an Werktagen immer für die gesamte Familie kocht,
ist ihr eine funktionale und gut konzipierte Küche samt Essplatz wichtig. Im zweiten Bauabschnitt sanierten Kellers daher den Mittelpunkt
der Wohnung, die Küche. Die Bäuerin legt Wert darauf, die Abläufe so
zu strukturieren, dass sie auch mit
zunehmendem Alter gut von der
Hand gehen. Die Spüle liegt in klarer
Abfolge zum Herd. Gut einsehbar
befinden sich Backofen und Mikrowelle auf Augenhöhe. Auch zum
Spülmaschineeinräumen braucht
man sich nicht zu bücken.
Der Massivholztisch mit moderner
Sitzbank bietet viel Platz, dekorative
Wandpaneele mit Serviceleisten und
Spiegelelementen lassen sich nach
Lust und Laune gestalten und verändern. Pflegeleichte Materialen auch
auf dem Fußboden sparen Zeit, die
die Altenteiler gerne mit den Enkeln
verbringen. „Mit dem Umbau haben
wir unsere Lebensqualität erhöht“,
ist sich Ilse Keller sicher.
Dr. Friederike Stahmann
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Landleben
Ein Traumhaus
für die Rente
Das Ehepaar Notz aus Leutkirch hat sich mit
seinem Neubau einen Traum erfüllt.
So wird gefördert: Das Land Ba-
den-Württemberg fördert mit dem
Entwicklungsprogramm
Ländlicher
Raum (ELR) Altenteilerhäuser, die im
Innenbereich der Dörfer gebaut werden. „Der Fördersatz liegt bei 30 % der
förderfähigen Kosten. Bei Modernisierung und Neubau ist der maximale Zuschuss 20 000 €. Entsteht eine Wohnung durch Umnutzung eines ehemaligen Wirtschaftsgebäudes, gibt es bis zu
50 000 € Zuschuss“, zeigt Dr. Ulrich
Arzberger vom Ministerium für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz in
Stuttgart auf.
Auf Bundes- und Landesebene gibt es
weitere Mittel für den Umbau bestehender Wohnungen und Häuser. So
Darauf sollten
Sie achten
• Hindernisfreier Zugang ohne
Stufen und Schwellen zu
Wohnung, Keller und Garage
• Niedere Balkontürschwelle
(ideal: max. 25 mm)
• Türen und Durchgänge überall
mind. 80 cm, besser 90 cm breit
• Bad mit schwellenloser Dusche
• Rutschsichere und nicht
spiegelnde Bodenbeläge
• Bedienungselemente, wie
Schalter, Kurbeln, Steckdosen,
Fenstergriffe, Heizungssteuerung
in 85 bis 110 cm Höhe
• Fenster mit niedrigem Sims oder
bodentiefe Modelle
• Blendfreie Grundbeleuchtung
• Bedienungsfreundliche, ergonomisch gestaltete Küche
• Eingangsbereich mit Sitz- und
Ablagemöglichkeit
• Beschattungselemente im Süden
und Osten
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Fotos: Stahmann
gibt es seitens der Genehmigungsbehörden Spielräume“, weiß Manfred
Pusch vom Staatsministerium in München. Das gilt auch für die Größe, für
die es keine offizielle Grenze gibt. In
dicht besiedelten Regionen werde bei
der Größe von Neubauten aber genauer
hingeschaut als in ländlichen Gebieten.
Als Faustzahl gelten für Zwei-Personenhaushalte ca. 100 bis 130 m2.
Die meiste Zeit verbringen Altenteiler
Marlise und Alfons
Notz in ihrem offenen Wohn-, Ess- und
Küchenbereich.
A
ls es um die Bauplanung ging,
haben wir uns überlegt, was für
uns wichtig ist“, erzählt Marlise
Notz. Seit 1976 wird der Dauergrünlandbetrieb mit 30 Milchkühen nach
Demeter-Richtlinien bewirtschaftet.
„Draußen sein zu können, bedeutet
uns viel“, berichtet sie. Zu den
Grundbedürfnissen beim „Wohnen“
gehört für das Ehepaar deshalb viel
Licht und Luft. Das 2015 bezogene
Austragshaus erfüllt die Wünsche
mit einer Glasfront über die gesamte
Hauslänge und einer Raumhöhe in der
Hausmitte von 3,53 m optimal. Die
Entscheidung für ein Holzhaus war
schon vor Jahren gefallen. Hinzu kam
der Wunsch nach einem Passivhaus.
fördert Bayern Maßnahmen zur Anpassung von Wohnraum an die Belange
von Menschen mit Behinderung. Baden-Württemberg unterstützt mit dem
Landeswohnraumföderungsprogramm
den behindertengerechten Umbau und
die Modernisierung von Wohnraum.
Fördermöglichkeiten bestehen auch
durch die KfW und die Pflegekasse.
Altenteiler, die im oberen Stockwerk
wohnen und im Alter mit Gehhilfen
oder Rollstuhl nur eingeschränkt am
Hofleben teilnehmen können. Bei der
Anordnung der Wohnung sollte darauf
geachtet werden. „Es sollte möglich
sein, den Alltag auf einem Geschoss,
am besten im Erdgeschoss, zu verbringen“, sagt der Experte für altersgerechtes Wohnen, Felix Bohn. Wenn Stockwerke überwunden werden müssen,
helfen beidseitige Handläufe, rutschsichere Stufen oder ein Treppenlift.
Das altersgerechte Wohnkonzept beinhaltet außerdem Barrierefreiheit
durch verbreiterte Türen, den Verzicht
auf Schwellen und Rampen für kleinere Höhenunterschiede. Für den Blick
An morgen denken.Da heute 50-Jäh-
rige auf viele weitere Lebensjahre hoffen dürfen, sollten Bauwillige auf Barrierefreiheit achten, die lange Unabhängigkeit im Eigenheim garantiert. Leider
sind die wenigsten Höfe hierfür optimal geplant und machen einen Umbau
notwendig. In vielen Fällen sind es die
Alles barrierefrei: Außerdem wollte
das Paar das „Wohnen“ ganz bewusst
räumlich vom Hof trennen. Zwar wäre
es möglich gewesen, im bestehenden
großen Allgäuer Bauernhaus den
Schnell gelesen
• Beim Um- oder Neubau von Altenteilerhäusern
ist einiges zu beachten. Frühzeitige Planung
bringt Vorteile.
• Barrierefreiheit ermöglicht eine lange Unabhängigkeit im Altenteilerhaus.
• Idealerweise planen die Altenteiler ihr Domizil.
Da das Ehepaar Notz gerne in der Natur ist, möchte es auch
dort wohnen. Eine verglaste Front bietet einen weiten Blick
in die Umgebung.
Dachboden als Altenteil
auszubauen. Bewusst entschieden sich jedoch alle für
den Abstand zwischen den
Generationen. Ein potenzieller Bauplatz auf einem
schmalen Ausläufer der
Jungviehweide war schnell
gefunden.
2010 stellten die Landwirte den Bauantrag. Bis
zum Baubeginn zwei Jahre
später, feilte das Ehepaar an
Grundrissdetails und beschäftigte sich mit altersgerechtem Wohnen. Denn
sie wollen lange in ihrem
Altenteilerhaus wohnen
können.
Ein ebenerdiger und überdachter Zugang vom Carport zum Haus gehört zu
den vielen Details des altersgerechten Bauens.
Durch die breite Eingangstür und den breiten
Flur sowie Wohnungsinnentüren mit einem Mindestmaß von 80 cm Breite,
kann man sich auch mit
Rollstuhl oder Rollator bewegen. Schwellen und
Treppen findet man nirgends. Das tägliche Leben
findet im offenen Büro-,
Wohn-, Ess- und Küchenbereich statt, der sich fast
über die gesamte Hauslänge zieht.
Alfons Notz hilft täglich im Betrieb mit, doch
wenn er ins „Traumhaus“
kommt, kann er loslassen.
Dr. Friederike Stahmann
nach draußen sind Fenster
mit tief liegendem Sims oder
bodentiefe Modelle von Vorteil. „Schalter, Steckdosen,
Fenstergriffe und andere Bedienungselemente
sollten
auf maximal 1,10 m Höhe
platziert werden“, sagt Bohn.
trennter Wohnungen nicht
möglich, wird ein Neubau
notwendig. Dabei sollten
Haus und Garten nicht zu
groß geplant werden, um
den Aufwand für den Haushalt in Grenzen zu halten.
Offene Grundrisslösungen
können interessant sein.
„Kurze Wege im Haus sind
ebenso wichtig wie die Erreichbarkeit aller Räume“,
gibt Thomas Völkl, Architekt bei der BBV Landsiedlung zu bedenken. Wer weitsichtig plant, hält sich Möglichkeiten für betreutes
Wohnen offen, indem ein
Helle Lampen: Mit dem Al-
ter verlieren die Augen an
Sehkraft. Helle und richtig
platzierte Beleuchtung hilft.
Weiße Raumdecken sind
Holzdecken, die viel Licht
schlucken, vorzuziehen.
Ist der barrierefreie Umbau und das Schaffen ge-
Gästezimmer für Pflegepersonal eingeplant wird.
Das Badkonzept für die Generation 60plus ist von Bedeutung für die lange Selbstbestimmung älterer Menschen, weiß Felix Bohn. Er
empfiehlt einen großzügigen
Grundriss, einen guten Zugang zum WC und eine bodenebene und große Dusche.
Die Gestaltung einer altersgerechten Küche fängt
mit der Anordnung der Küchenelemente an. Diese
müssen nach den Arbeitsabläufen ausgerichtet sein:
Spüle, Arbeitsfläche, Herd.
So lässt sich auch mit eingeschränkter Hand ein Topf
mit Wasser über die Arbeitsplatte auf den Herd ziehen.
Auch zu bedenken: Die
Zugangswege zum Haus sollten eben und flach sein.
Dr. Friederike Stahmann
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