ZITAT Eine Frage der Werte? Medienkompetenz und Ethik in der digitalen Welt Prof. Dr. Petra Grimm Institut für Digitale Medien, Hochschule der Medien Stuttgart Unsere Gesellschaft ist eine Mediengesellschaft • Medien durchdringen unseren Alltag und unsere Lebenswirklichkeit • Neue Web- und Mobiltechnologien: beschleunigter Mediatisierungsprozess • Kindheit ist Medien-Kindheit 2 Prof. Dr. Petra Grimm 26.06.2015 2 ZITAT Mediatisierung der Kindheit • Internet wird für Kinder als sozialer Lebensraum immer wichtiger. • Sie beginnen in immer früherem Alter mit der Nutzung des Internets. • Onlinenutzung wird zunehmend mobiler. • Onlinenutzung der Kinder entzieht sich verstärkt der elterlichen Kontrolle. 3 Prof. Dr. Petra Grimm 26.06.2015 3 ZITAT Digitalisierung der Gesellschaft • Gravierender Evolutionsschritt , mit dem sich unser Denken, Handeln und Werteverständnis neu justiert • Auswirkungen auf Alltag, Arbeitswelt und Beziehungen • soziale Handlungen und Interaktionen: bequemer, leichter und dynamischer • Wirtschaft: neue Geschäftsmodelle und Erlösquellen • Ein weiterer Digitalisierungsschub durch das Internet der Dinge Prof. Dr. Petra Grimm 26.06.2015 4 ZITAT Was ist unter Ethik zu verstehen? ETHOS/MORAL ETHIK Wertmaßstäbe, Überzeugungen und Handlungsregeln (Gebote, Verbote) Reflexionstheorie der Moral Prof. Dr. Petra Grimm 26.06.2015 5 ZITAT Medienethik als Navigationsinstrument Aufgaben • ethische Relevanz des Umgangs mit Medien aufzeigen • die Frage stellen, welche Maßstäbe und Normen warum gelten sollen • sich mit den Möglichkeiten, Voraussetzungen und Motivationen für ethisches Handeln auseinandersetzen Prof. Dr. Petra Grimm 26.06.2015 6 ZITAT Wertebewusste Medienkompetenz • Entwicklung und Stärkung der eigenen Persönlichkeit • Befähigung, Medien bzw. mediales Handeln bewerten, Folgen abschätzen und verantwortungsbewusst handeln zu können • Befähigung zu medienethischem Reflektieren und Handeln • moralische Gefühle und Empfindungen, wie Empathie, Anteilnahme, Fürsorglichkeit im Sinne einer „Care-Ethik“ Prof. Dr. Petra Grimm 26.06.2015 7 ZITAT Medienethische Grundfragen Navigationsinstrument Prof. Dr. Petra Grimm 26.06.2015 8 Werte – Definition Wert ist – ein Maßstab für das, was wir als gut bewerten, – ein Kriterium zur Auswahl dessen, was wir anstreben sollen, – ein normativer Standard zur Beurteilung unserer sozialen Umwelt, – ein Kriterium für normativ Gebilligtes. Werte sind als Vorstellungen, Ideen oder Ideale zu verstehen, sie bezeichnen, was wünschenswert ist. Werte sind bewusste oder unbewusste Orientierungsstandards und Leitvorstellungen. Prof. Dr. Petra Grimm 26.06.2015 9 Werte – Funktionen die Auswahl von Handlungen bei Individuen und Gruppen steuern In der Werteforschung werden verschiedene Funktionen von Werten beschrieben. Ein Konsens besteht darin, dass Werte … zur Rechtfertigung von Handlungen (Motive) dienen die Wahrnehmung der Welt und deren Beurteilung beeinflussen Prof. Dr. Petra Grimm 26.06.2015 10 Werte – Unterscheidungen von Funiok/Huber „Absolute Ideale der demokratischen Gesellschaft“ “ Achtung der Menschenwürde, Glaubens- und Gewissensfreiheit, freie Meinungsäußerung, freie Persönlichkeitsentfaltung etc. „Werte, die Mittel für diese Letztziele darstellen“ “ Gerechtigkeit und Solidarität „Werte, die instrumentell auf die obersten und mittleren Werte ausgerichtet sind“ “ Sekundärtugenden“ wie z.B. Selbstbeherrschung, Verantwortungsgefühl, Hilfsbereitschaft Prof. Dr. Petra Grimm 26.06.2015 11 Wertefelder Werte des sozialen Miteinanders Selbstentfaltungswerte z.B. Freundschaft, Toleranz, Empathie, Hilfsbereitschaft, Ehrlichkeit, Kommunikationsfähigkeit z.B. Autonomie, Freiheit, Privatheit, Selbstverwirklichung, Mut, Kreativität Abstrakt-fundamentale Werte Werte zur Stabilisierung des Gemeinwesens z.B. Leben, Glück, Familie, Liebe, Gesundheit Hedonistische Werte z.B. Gerechtigkeit, Verantwortung, Fairness, Respekt, Pflichtbewusstsein, Solidarität Prof. Dr. Petra Grimm 26.06.2015 z.B. Abwechslung, Genuss, Spaß, Schönheit 12 Tugenden der Medienkultur / Mediale Tugenden • Datensparsamkeit und Kontrolle der Preisgabe • Achtsamkeit • Netzcourage • Höflichkeit (Netiquette, Nähe/Distanz) • Kontemplation • Kritikfähigkeit Prof. Dr. Petra Grimm 26.06.2015 13 Risiken Ethische Konfliktfelder • Verletzendes und aggressives Kommunikationsverhalten (Cybermobbing, sexuelle Belästigung) • Verlust der Privatsphäre (Chancenminimierung, Überwachung) • Gefährdungspotenziale durch Medieninhalte (Gewaltvideos, Pornografie) • Online-Werbung (Nicht-Erkennung, Kostenfallen) Prof. Dr. Petra Grimm 26.06.2015 14 Medienethische Roadmap Denkprozesse zum moralischen Urteilen und Handeln anstoßen 1. Sensibilisierung für das Thema 5. 4. Reflexion über die Folgen Wertekonflikte thematisieren 7. 6. 2. Analysieren und Erkennen 3. Ein Ethos entwickeln Handlungsoptionen aufzeigen Auseinandersetzung mit den Auswirkungen Prof. Dr. Petra Grimm 26.06.2015 15 Prof. Dr. Petra Grimm | 26.06.2015 Kommunikation und Konflikte in der digitalen Gesellschaft 16 Vernetzt und Verletzt • Erweiterung des Raums, in dem Menschen Konflikte austragen • Online-Gewalt: Cybermobbing, Shitstorm, Bashing, Trolling, digitaler Pranger, Hass- und Schlampenseiten • Verletzung der Integrität eines Menschen und Beschädigung seines sozialen Ansehen in der realen Welt • Unvereinbar mit dem Wert- und Würdeprinzip unserer Gesellschaft • Verhinderung eines gelingenden Lebens für die Betroffenen Prof. Dr. Petra Grimm 26.06.2015 17 Online-Gewalt Ethische Frage nach unserer Werte- und Lebensorientierung • • • • Wie wollen wir miteinander leben? Entwicklung eines mehrstufigen Reflexionsprozesses Ethischer Kompass Ziel: Erwerb einer digitalen Konfliktkompetenz Medienethisches Handbuch Kooperationsprojekt klicksafe & Institut für Digitale Ethik: Ethik macht klick! Werte-N@vi fürs digitale Leben Prof. Dr. Petra Grimm 26.06.2015 18 Beispiel Prof. Dr. Petra Grimm 26.06.2015 19 Ethik der Achtsamkeit Take Care-Phasen 1. Anteilnahme (caring about) als Ausdruck von Achtsamkeit: • Feststellen, dass Unterstützung nottut • Wahrnehmung eines Bedürfnisses • Sich in die Perspektive anderer hineinversetzen 2. Unterstützung (taking care of) als Ausdruck von Verantwortlichkeit: • Bereit sein, Verantwortung zu übernehmen • Handlungsmächtigkeit (agency) • Beurteilen, wie geholfen werden kann 3. Fürsorgliches Handeln (care-giving) als Ausdruck von Kompetenz: • Direktes Eingehen auf den Bedarf • Dafür sorgen, sich ggf. Hilfe zu holen • Angemessen handeln Prof. Dr. Petra Grimm 26.06.2015 20 Prof. Dr. Petra Grimm | 26.06.2015 Schutz der Privatsphäre 21 Funktionen der Privatsphäre Funktionen der Privatsphäre persönliche Autonomie emotionaler Ausgleich Selbstevaluation zu verhindern, von anderen manipuliert, dominiert oder bloßgestellt zu werden frei von sozialem Druck und gesellschaftlichen Erwartungen Stress abzubauen und die innere Ruhe zu finden die Erfahrungen und Eindrücke aus dem Alltag zu reflektieren, einzuordnen und Schlüsse draus zu ziehen geschützte Kommunikation zu differenzieren, wem man was sagt; sich in einem geschützten ‚Raum‘ mit Vertrauten auszutauschen Alan F. Westin (1967) Prof. Dr. Petra Grimm 26.06.2015 22 Digitalisierte Daten/Informationen sind beständig und langfristig verfügbar mithilfe von Suchmaschinen auffindbar auf diese Weise auch aggregierbar beliebig vervielfältigbar und damit aus ihrem ursprünglichen Kontext lös- und in andere übertragbar (kollabierte Kontexte) durch Verlinkungen potenziell für viele, auch nicht gewollte Nutzer zugänglich (unsichtbare Öffentlichkeit, unintendierte Publika) Vgl. Boyd 2008, S. 27 Prof. Dr. Petra Grimm 26.06.2015 23 Datensammler Beispiel Facebook Quelle: http://www.europe-v-facebook.org/DE/Datenbestand/datenbestand.html Prof. Dr. Petra Grimm 26.06.2015 24 Big Data, Big Power, Big Money • Datafizierung der Privatsphäre: Einschränkung der Entscheidungsund Handlungsfreiheit • Klassifizierung des Menschen als Digitales Double und Daten Puzzle • Ökonomisierung der Privatheit • ethischer Wert vs. ökonomischer ‚Wert‘ der Privatsphäre: Paradigmenwechsel? Prof. Dr. Petra Grimm 26.06.2015 25 Ethische Sicht „Im Reich der Zwecke hat alles entweder einen Preis oder eine Würde. Was einen Preis hat, an dessen Stelle kann auch etwas anderes, als Äquivalent, gesetzt werden; was dagegen über allen Preis erhaben ist, mithin kein Äquivalent verstattet, das hat eine Würde.“ (Kant 1786/1999, S. 61). Prof. Dr. Petra Grimm 26.06.2015 26 Privatheitskompetenz a) die Reflexionsfähigkeit, warum private Daten als schützenswert einzustufen sind - ethische Kompetenz, b) das Wissen, wer private Daten zu welchem Zweck erhebt, verarbeitet und weitergibt - strukturelle Kompetenz, c) die Abschätzung der Folgen, die sich aus der Veröffentlichung privater Daten ergeben könnten Risikokompetenz und d) das Wissen über Datenrichtlinien und mögliche Schutzmaßnahmen rechtliche und technische Kompetenz. Prof. Dr. Petra Grimm 26.06.2015 27 Generelle Empfehlungen 1. Altersgerechte Begleitung der Mediennutzung 2. Vorbildfunktion der Eltern und Wertevermittlung 3. Zeitbegrenzung Prof. Dr. Petra Grimm 26.06.2015 28 Generelle Empfehlungen 4. Technische Kinderschutz-Möglichkeiten www.telekom.de/kinderschutz und www.jugendschutzprogramm.de 5. Schutz der Privatsphäre Prof. Dr. Petra Grimm 26.06.2015 29 Gute Webangebote für Kinder www.kinderserver-info.de www.watchyourweb.de www.seitenstark.de www.juuuport.de www.fragfinn.de Prof. Dr. Petra Grimm 26.06.2015 30 Infos für Erwachsene www.klicksafe.de www.schau-hin.info www.polizei-beratung.de Prof. Dr. Petra Grimm 26.06.2015 31 ZITAT für Ihre VIELEN DANK Vielen FÜR IHREDank AUFMERKSAMKEIT! Aufmerksamkeit!
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