Psychische Belastungen in seelsorgerischer Perspektive Vorlesung

Öffentliche Vorlesung
Schweres Herz, bedrängte Seele: Psychische Belastungen in seelsorgerischer
Perspektive
Vier Vorlesungen, jeweils Freitag, 1. Mai bis 22. Mai 2015.; 09.30 bis 11 Uhr; Katharinensaal
(Katharinengasse 11, im Stadtzentrum)
Vorlesung 1, 1. Mai 2015:
Burnout
Inhalt:
1. „Neige dein Ohr, wenn ich rufe“
Annäherung an die Seelsorge vor dem Hintergrund von Psalm 102
a) Die Leidensschilderung in Psalm 102: Die drei Dimensionen des seelischen Leidens
b) Der Effekt beim Lesen von Psalm 102: Was der Seele wohl tut
c) Folgerungen für die Seelsorge
2. Burnout
a) Definitionen und Krankheitsbilder
b) Massnahmen
c) Seelsorge und Burnout
1. „Neige dein Ohr, wenn ich rufe“
Annäherung an die Seelsorge vor dem Hintergrund von Psalm 102
a) Die Leidensschilderung in Psalm 102: Die drei Dimensionen des seelischen Leidens
Psalm 102:
1 Gebet eines Elenden, wenn er verzagt und vor dem Herrn seine Sorge ausschüttet.
2 Herr, höre mein Gebet,
mein Schreien dringe zu dir.
3 Verbirg dein Angesicht nicht vor mir
am Tag meiner Not.
Neige dein Ohr zu mir;
wenn ich rufe, erhöre mich bald.
4 Denn im Rauch sind meine Tage entschwunden,
wie im Feuer glühen meine Gebeine.
5 Versengt wie Kraut und verdorrt ist mein Herz,
ich vergesse gar, mein Brot zu essen.
6 Vor lauter Seufzen
bin ich nur Haut und Knochen.
7 Ich gleiche der Eule in der Wüste,
bin wie das Käuzchen in den Ruinen.
8 Ich liege wach und bin
wie ein Vogel, einsam auf dem Dach.
9 Den ganzen Tag schmähen mich meine Feinde,
die mich zum Gespött machen, fluchen mit meinem Namen.
10 Staub muss ich essen wie Brot,
und mit Tränen mische ich meinen Trank
11 unter deinem Zorn und deinem Grimm,
denn du hast mich aufgehoben und mich hingeworfen.
12 Meine Tage sind wie lange Schatten,
Psychische Belastungen in seelsorgerischer Perspektive
Vorlesung 1: Burnout
und wie Kraut muss ich verdorren.
13 Du aber, Herr, thronst ewig,
und dein Name bleibt von Generation zu Generation.
[…]
25 Ich spreche: Mein Gott,
nimm mich nicht hinweg in der Hälfte meiner Tage,
du, dessen Jahre Generation um Generation überdauern.
26 Vor Zeiten hast du die Erde gegründet,
und der Himmel ist das Werk deiner Hände.
27 Sie werden vergehen, du aber bleibst,
sie alle zerfallen wie ein Gewand.
Wie ein Kleid wechselst du sie,
und sie gehen dahin.
28 Du aber bleibst derselbe,
und deine Jahre nehmen kein Ende.
29 Die Söhne deiner Diener werden wohnen bleiben,
und ihre Nachkommen werden Bestand haben vor dir.
Psalm 102 als epochenübergreifende Zeugnis eines psychisch belasteten Menschen, Wortmeldung
einer belasteten Seele.
a) Die Leidensschilderung in Psalm 102: Die drei Dimensionen des seelischen Leidens
Keine konkretes Krankheitsbild fassbar, aber eine detaillierte Beschreibung einer Belastungssituation
in poetischer Sprache.
Beschreibung der Belastung in mehreren Dimensionen:
- die innere Not (Selbstwahrnehmung): Traurigkeit, Angst, Freudlosigkeit, Gefühl der
Gottverlassenheit
„10 Staub muss ich essen wie Brot,
und mit Tränen mische ich meinen Trank
11 unter deinem Zorn und deinem Grimm,
denn du hast mich aufgehoben und mich hingeworfen.
12 Meine Tage sind wie lange Schatten,
und wie Kraut muss ich verdorren.“
- die äussere Not (Aussenbeziehung/Fremdwahrnehmung): Spott, Schmähungen, Einsamkeit
„8 Ich liege wach und bin
wie ein Vogel, einsam auf dem Dach.
9 Den ganzen Tag schmähen mich meine Feinde,
die mich zum Gespött machen, fluchen mit meinem Namen.“
- die körperliche Not: Essstörungen (Nahrungsverzicht); Schlaflosigkeit; Schmerzen, Krankeit
„5 Versengt wie Kraut und verdorrt ist mein Herz,
ich vergesse gar, mein Brot zu essen.
6 Vor lauter Seufzen
bin ich nur Haut und Knochen.
7 Ich gleiche der Eule in der Wüste,
bin wie das Käuzchen in den Ruinen.
8 Ich liege wach und bin
wie ein Vogel, einsam auf dem Dach.“
Drei Dimensionen der Notlage: Beispiel für Dreidimensionalität von psychischen Belastungen und der
Wechselbeziehungen zwischen diesen drei Dimensionen.
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Pfr. Markus Anker, 29.04.2015
Psychische Belastungen in seelsorgerischer Perspektive
Vorlesung 1: Burnout
In der Belastung und im Wohlbefinden, in der Krankheit und in der Genesung sind diese drei Ebenen
verbunden. Seelsorge kann und soll die Wechselwirkung zwischen psychischer, physischer und
sozialer Ebene in der Begleitung von belasteten Personen berücksichtigen. Unter diesem
Gesichtspunkt ist Psalm 102 ein exemplarischer Einstieg in das Thema unserer Vorlesung.
b) Der Effekt beim Lesen von Psalm 102: Was der Seele wohl tut Psalmen: Eine Sammlung sehr alter religiöser Poesie, vom antiken Judentum her bis in die Gegenwart
überliefert. Viele Psalmen beschreiben emotional-seelische Empfindungen von Einzelpersonen:
Klage, Zuversicht, Freude, Zorn, Angst, Schuld etc.
Zu allen Zeiten war und ist das Psalmenbuch daher ein Trostbuch. Seine Texte geben den Leserinnen
und Lesern, die sich und/oder Mitmenschen in den zur Sprache kommenden Lebenslagen erkennen,
Halt, Sicherheit, Bestätigung, Trost. Und es gibt auch andere Kunstwerke, die diesen heilsamen Effekt
haben: Gedichte, Romane, Theater, Filme, Musik, Gemälde – Kunst hat eine therapeutische Wirkung.
Menschen führen sich in Belastungssituationen ganz bewusst die Kunst zu Gemüte, die sich als
heilsam für sich empfinden.
Warum ist das so? Wie lässt sich dieser therapeutisch-tröstliche Effekt beschreiben, der sich beim
Lesen von Psalm 102 einstellt.
- Externalisierung: Eine Befindlichkeit oder Wahrnehmung, häufig diffuser Art, wird zum Ausdruck
gebracht, zur Diskussion gestellt. Dadurch wird sie fassbar – zum Gegenstand des Nachdenkens, des
Gesprächs und des Handelns.
- Internalisierung: Man muss sich mit der externalisierten Befindlichkeit oder Wahrnehmung in
Beziehung setzen, sich mit ihr befassen, sie auf eine bestimmte Art einordnen.
- Aufhebung: Mit der Auseinandersetzung und Einordnung erfährt die Befindlichkeit oder
Wahrnehmung einen dreifachen Aufhebungsprozess.
- Aufhebung im Sinne einer Relativierung des Anspruchs und der Geltung
- Aufhebung im Sinne der Aufbewahrung (Einordnung)
- Aufhebung im Sinne der Überführung auf eine höhere Ebene: Suchen von Sinn; mit der
eigenen Biographie oder mit der Biographie anderer in Bezug bringen; mit Gott in Bezug
bringen
Prozesse der Externalisierung, Internalisierung und Aufhebung können bei den Lesern und Hörern
des Psalms beobachtet werden: Man begegnet einer Situation, die einem bekannt oder noch nicht
bekannt ist, und die sichtbar gemacht wird. Man erhält Einblick in ein Schicksal, in ein fremdes oder
in das Eigene – die Befindlichkeit liegt offen da, ihre Existenz steht fest, sie ist nicht
verhandelbar(Externalisierung). Typische Aussagen: Da stand es vor mir. Da habe ich gesehen, dass…
Ich merkte: Ja, das kann es geben.
Die Worte und das Leiden des Klagenden lösen Mit-Gefühl, Mit-Leid aus – man wird gezwungen, sich
mit einer evtl. selbst erlebten Situation oder Befindlichkeit zu befassen. Man kommt nicht darum
herum, sich mit ihr auseinanderzusetzen. Man kann etwas ablehnen – oder man kommt in die
Situation, etwas endlich annehmen zu können (Internalisierung). Typische Aussagen: Your story is
my story. Ich bin so froh, sagst du das – mir geht es auch so. Jetzt weiss ich endlich, was mit mir los
ist. Ich mag es nicht mehr hören. Ich musste rauslaufen, als ich das hörte.
Und schliesslich ist eine Aufhebung zu beobachten. Man ordnet die Situation oder Befindlichkeit ein,
weist ihr ihren biographischen Platz zu. Wenn es gut kommt, versteht man durch den Blick auf eine
andere Person, durch Einblicke in eine Existenz, die nicht die eigene ist, sich selbst besser – oder man
versteht durch den Fremden die Nächsten besser. Oder man kann das eigene Erleben durch die
Verbindung mit dem Erleben einer fremden Person besser würdigen (Aufhebung). Typische
Aussagen: Ich kann es jetzt besser einordnen. Seither weiss ich, wie ich damit umgehen muss. Diesen
Fehler mache ich nicht mehr. Ich weiss jetzt, dass da nichts zu machen ist. Ich habe den Sinn
gefunden. Ich weiss, dass ich damit leben muss.
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Pfr. Markus Anker, 29.04.2015
Psychische Belastungen in seelsorgerischer Perspektive
Vorlesung 1: Burnout
c) Folgerungen für die Seelsorge:
Seelsorge: Definitionen, Ansätze, Geschichte
Seelsorge ist die auf religiöser Grundlage basierende Begleitung von Menschen in besonderen, meist
belasteten Lebenssituationen.
Seelsorge kann psychotherapeutische Elemente und Methoden anwenden (v.a. Kurzzeittherapie
oder familientherapeutische Methoden), ist jedoch auf Grund der Methodenauswahl, der
Zielsetzungen des Gesprächs und des religiösen Kontextes nicht mit psychotherapeutischem Handeln
gleichzusetzen.
Obwohl die Seelsorge meist von offiziell dazu beauftragen Personen ausgeübt wird, die in den
christlichen Kirchen die Seelsorge nicht an ein bestimmtes Amt gebunden. Grundsätzlich ist jeder
Christ zu seelsorgerischem Handeln befähigt.
Aus antiken und frühmittelalterlichen Quellen ist überliefert, wie christliche Autoritätspersonen
(„Väter“; Einsiedler, Mönche, Amtsträger etc.) um Rat gefragt wurden – häufig vor dem Hintergrund
von Gewissensnöten und in Auseinandersetzung mit Verfehlungen. In der alten Kirche ging es bei der
Seelsorge primär um den Kampf des Christen gegen die Sünde, im Mittelalter war die Seelsorge eng
an die Praxis des Busssakraments gebunden, die Schuldbekenntnis, Wiedergutmachung und
Lossprechung durch den Priester umfasste. Mit der Aufklärung und insbesondere mit dem Pietismus
kam es zur Wende hin zur Seelsorge im heutigen Sinn. Der Pietismus betonte stark das persönliche
Glaubensleben und individuelle Verantwortung in der Beziehung zu Gott. Sakramental-formelle
Formen der Seelsorge wurden abgelehnt, stattdessen wurde das seelsorgerliche Gespräch
entwickelt.
Im 20. Jahrhundert erhielt die Seelsorge wichtige Impulse durch die Integration und Applikation
psychotherapeutischer Methoden (Pastoralpsychologie).
In der Poimenik (von griech.: poimén = Hirte) als Teildisziplin der Praktischen Theologie unterscheidet
man drei methodische Seelsorge-Ansätze:
- nuthetischer Ansatz: Seelsorge als Zurechtweisung und Ermahnung auf biblischer Basis
- kerygmatischer Ansatz: Seelsorge als Verkündigung des Wortes Gottes an den einzelnen.
- pastoralpsychologischer Ansatz: Seelsorge als beratendes Gespräch zur Befreiung.
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Wichtige Mittel der seelsorgerischen Begleitung sind das Gespräch, die Gastfreundschaft, das
Gebet und die tätige Unterstützung, wobei Abgrenzungen und die Übergänge zwischen
diesen Elementen der Seelsorge fliessend sind.
Die Seelsorge kann Trost, Ermahnung, Ermutigung, Bestätigung und Information vermitteln,
und auch bei den Effekten der Seelsorge sind die Übergänge und Grenzen fliessend.
Die wichtigste Anforderung an den Seelsorger ist, da zu sein. Der Seelsorger muss da sein:
das heisst, erreichbar und ansprechbar – mit räumlicher Nähe und dauerhafter Präsenz – er
muss Zeit haben bzw. sich Zeit nehmen – wenn er präsent ist und Zeit hat, gehört seine
Aufmerksamkeit der Person, die ihn aufsucht.
Die zweiwichtigste Anforderung an den Seelsorger ist, dass er nichts tut. Er hat die Disziplin,
sich ganz auf seine Rolle als Zuhörer zu konzentrieren und auf ein handelndes Eingreifen oder
Intervenieren zu verzichten.
Bei der Seelsorge laufen Prozesse ab, die sich beim Sprechen und Lesen von Psalm 102 beobachten
lassen:
- Es ist ein Teilen bzw. Mitteilen einer Geschichte, eines Erlebnisses, einer Situation, einer
Empfindung.
- Seelsorge vollzieht sich als ein verbaler Prozess, als ein Gespräch: Jemand erzählt, jemand hört zu,
mit wechselnden Rollen. Stille kann Teil des Gesprächs sein.
- Im seelsorgerischen Gespräch bricht die Oberfläche auf, Persönliches, Verborgenes tritt hervor. Oft
ringen Personen lange mit sich, bevor sie sich ein Herz fassen und über sich reden. Es liegt auch in
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Pfr. Markus Anker, 29.04.2015
Psychische Belastungen in seelsorgerischer Perspektive
Vorlesung 1: Burnout
der Verantwortung des Seelsorgenden, Situationen und Konstellationen zu schaffen, in denen ein
offenlegendes Gespräch möglich ist.
2. Burnout
a) Definitionen und Krankheitsbilder
Burnout„Statistiken“
1980: 10% aller Arbeitnehmer „ausgebrannt“
Seit 2000: Bis zu 25% aller Erwerbstätigen leiden unter Burnout
Repräsentative Befragung in der Schweiz zu Stress und gesundheitlichen Folgen
Bundesamt für Wirtschaft (SECO), 2000
- 82.6% fühlen sich gestresst
- 26.6% fühlen sich sehr oft gestresst
- 12.5% können Stress nicht bewältigen, nehmen Medikamente, beanspruchen medizinische Hilfen
oder schränken berufliche u. private Tätigkeiten ein.
Verwendung des Begriffs Burnout
1. Burnout als Sammelbegriff für arbeitsstressbedingte psychische Krisen und Erkrankungen
2. Burnout als euphemistischer Ersatzbegriff für Depression (Personen, die sich über Leistung
definieren, bezeichnen ihre depressive Erkrankung als Burnout)
3. Burnout als Ersatzbegriff für arbeitsbedingte Unterforderungen (Bore-Out)
Erstmalige Verwendung des Begriffs Burnout:
Herbert Freudenberger (1929-1999): Staff Burn-Out. In:
Journal of Social Issues. Jg. 30, Nr. 1, 1974, S. 159–165.
„If you have ever seen a burned out building
you know how devastated it looks inside.“
Staff Burnout
- Gefühl der Verausgabung, Müdigkeit,
Lustlosigkeit, Schlaflosigkeit, Infektanfälligkeit,
Kopfschmerzen
- Im Kontakt mit Kollegen: emotionale
Ausbrüche und Reizbarkeit.
- Risikozustand resultierend aus beruflicher
Überlastung
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Pfr. Markus Anker, 29.04.2015
Psychische Belastungen in seelsorgerischer Perspektive
Vorlesung 1: Burnout
Christina Maslach (1949) : Entwicklung des Maslach Burnout Inventory
(MBI):
Mit Hilfe von von 22 Fragen werden drei Dimensionen des BurnoutSyndroms erfasst und gemessen:
- Emotionale Erschöpfung (Frustration gegenüber Beruf, Beziehung und
Leben allgemein; gedämpfte Haltung)
- Depersonalisation (negative Einstellung, Distanz, Zynismus,
Abwertung)
- reduzierte persönliche Leistungsfähigkeit (reduziertes
Selbstwertgefühl, Desorganisation, reduzierte Kreativität)
Vier Phasen des Burnouts:
1. Arbeitsüberlastung:
Vegetative Stresssymptome,Erschöpfung, nicht erholsamer Schlaf, Alkohol- oder MedikamentenMissbrauch
Symptome: Über-Engagement, Pausenloses Arbeiten, Hyperaktivität, Nichtbeachten eigener
Bedürfnisse, Ess- und Schlafstörungen
2. Emotionale Erschöpfung (Burnout): Leistungsminderung; Reizbarkeit; Konfliktanfälligkeit
Symptome: Zynismus, Abwertung.
3. Körperliche Erkrankungen:
Hörsturz, Tinnitus, Bluthochdruck
4. Depression:
Symptome: Apathie, Einschränkung der Sozialkontakte
Ursachen:
- Ungleichgewicht Anforderungen und kleiner Handlungsspielraum/Kontrolle
- Ungleichgewicht Anforderung/Verausgabung und Anerkennung/Wertschätzung/Status
- Keine Möglichkeiten zur Veränderung der Situation
- Kumulation von Early Life Stress, negativer Situation und schwieriger Grundkonstellation
- Aktuelle Situation an den Arbeitsplätzen:
- Arbeitsverdichtung- u. Beschleunigung (inkl. Multitasking)
- Fragmentierung
- Ständige Erreichbarkeit, Entgrenzung der Arbeit
- Rascher Verlust von erworbener Kompetenz
- Verlust an Sicherheit
- Effizienzsteigerung:
Anstieg der
Arbeitsproduktivität
seit 1991 um 34,8%
- Rollenwechsel und
Auseinandersetzungen als
Quellen von Burnout und
Depression
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Pfr. Markus Anker, 29.04.2015
Psychische Belastungen in seelsorgerischer Perspektive
Vorlesung 1: Burnout
b) Massnahmen
• Arbeitsüberforderung: Versuch der Entlastung und Abwarten
• Burnout-Beschwerden: Lebensstil- und Arbeitsplatzmodifikation
• Erkrankung: Ärztliche Einschätzung / Therapie
Herbert Freudenberger (1974): Burnout-Präventionsvorschläge
1. Klärung der eigenen Ansprüche und Ziele: realistische vs.
unrealistische
2. Begrenzung der Arbeitsstunden: „Auszeit heisst Auszeit“
3. Klare Urlaubsregelungen
4. Pflege von Kollegialität
5. Körperliche Fitness steigern
6. Trainings- und Eingewöhnungsprogramm für neue Mitarbeiter
7. Gelegentliche Wechsel des Arbeitsbereiches
8. Austausch mit Kollegen, um eigene Belastungen in Grenzen zu halten
9. Workshops – Unterbrechung der Routine durch Weiterbildung
10. Erhöhung der Zahl der Mitarbeiter
c) Seelsorge und Burnout
Begleitung und Hilfe bei der Wahrnehmung der Situation:
- Schwierige Arbeitsplatz- und Lebensstilgestaltung
- Stressoren am Arbeitsplatz
- Weitere negative Konstellationen (Gesundheit, familiäre Situation)
Entlastungsmomente schaffen:
- Vermitteln von Anerkennung und Wertschätzung
- Keine weiteren Aufforderungen („Du musst“, „Du darfst nicht“)
- Eine Atmosphäre der Gastfreundschaft und Entspannung schaffen
Regenerationsmöglichkeiten im Arbeitsalltag und Freizeit
(Selbstfürsorge)
- Unterstützung bei der Herstellung der Balancen
- Anleitungen zur Ruhe und Achtsamkeit
- Schaffen von geselligen Anlässen ohne Stressoren
- Förderungen von selbsttherapeutischen Massnahmen: Soziales Engagement / Naturerlebnisse /
leichte Handarbeiten
Organisationsbezogene Massnahmen:
- Kontaktaufnahme mit Arbeitgebern und Organisationen
- Unterstützung bei der Analyse und Verbesserung der Arbeitsplatzsituation
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Pfr. Markus Anker, 29.04.2015