Management Abluftfilter – ein teures „Vergnügen“ NRW und Niedersachsen wollen mit ihren Erlassen zur Abluftfilterung das Wachstum in der Veredlung ausbremsen. Auf die Schweinehalter kommen dadurch deftige Kosten zu. N RW legt vor, Niedersachsen zieht nach: In puncto Abluftreinigung machen die beiden grünen Landwirtschaftsminister Johannes Remmel und Christian Meyer jetzt ernst. Per Erlass schreiben sie den Einbau von Abluftfiltern in Schweineställen vor. In beiden Ländern gilt die Regelung generell für alle Neubauten mit mehr als 2 000 Mast- oder 750 Sauenplätzen (Spalte 1 der 4. BImSchV). Bestehende Ställe in der gleichen Größenordnung müssen in NRW nachgerüstet werden, sofern diese über eine zentrale Abluftführung verfügen. In Niedersachsen muss ein Stall bzw. eine Anlage nachgerüstet werden, wenn bestimmte immissionsschutzrechtliche Anforderungen nicht eingehalten werden. Dies ist bis zum 1. Mai 2015 zu überprüfen. Die Nachrüstpflicht gilt ab dem 1.11.2015 und zieht sich über einen Zeitraum von fünf Jahren. Das gilt für alle Betriebe mit mehr als 2 000 Mastbzw. 750 Sauenplätzen – und zwar unabhängig vom Abluftsystem und von der Anzahl der Tiere pro Stalleinheit. In NRW droht im Falle einer Betriebserweiterung eine Nachrüstung. Laut Erlass muss bereits ein neuer Maststall mit „nur“ 300 Plätzen einen Filter haben, wenn durch den Bau des Stalles die Größe von 2 000 Mastplätzen insgesamt überschritten wird. Und die Behörde kann verlangen, dass die gesamte Anlage „abgefiltert“ wird! Stallbau wird ausgebremst. In NRW gehen Experten davon aus, dass von dem Filtererlass aktuell rund 30 Mastbetriebe betroffen sind, weil diese Stallgebäude mit mehr als 1) 2 000 Plätzen in einer Bau8 € Mehrkosten pro Schwein hülle und zentraler Abluftführung bewirtschaften. In Afa, Zins & Reparatur aus Investition2) 13 000 € Niedersachsen dürften nach Wartung (2 x pro Jahr) 800 € Expertenschätzungen zwiSäure, etc. 1 500 € schen 300 und 350 Betriebe 3) Arbeitsaufwand 1 275 € betroffen sein. Stromverbrauch Pumpen4) 15 000 € Doch das ist nur die halbe Strommehrverbrauch Lüfter5) 5 000 € Wahrheit. Denn weitaus ungemütlicher wird die SituatiLagerraum Abschlämmwasser6) 1 760 € on für die Schweinehalter, die Entsorgung Abschlämmwasser7) 8 000 € ihren Betrieb erweitern wolGesamtkosten/Jahr 46 335 € len. Das Problem: Bereits ab Kosten je Mastplatz/Jahr 23,17 € 1 500 Mastplätzen (Spalte 2 Kosten/Mastschwein (2,75 Umtriebe) 8,42 € der 4. BImSchV) können die Behörden in beiden Bundes1) alle Angaben ohne MwSt.; 2 000 Mastplätze 2) 13 % pro Jahr bei 100 000 € Investition ländern Bioaerosol-Gutach3) 10 AKmin/Tag (Kontrolle usw.) plus 10 Std./Jahr ten fordern. Zum Beispiel (Generalreinigung usw.); 18 €/Std. dann, wenn die nächste 4) 60 000 kWh/Jahr; 0,25 €/kWh Wohnbebauung weniger als 5) 20 000 kWh/Jahr; 0,25 €/kWh 6) L agerdauer 8 Monate; 0,8 m3/Platz/Jahr; 350 m entfernt liegt oder sich 40 €/m3 Lagerraum; 4 % pro Jahr (AfA usw.) andere Bioaerosol-emittieren3 3 7) 0,8 m /Platz/Jahr, 5 €/m de Anlagen im 1-km-Radius Quelle: LWK NRW befinden. Die Lagerung und Entsorgung des AbschlämmDie Vorgabe entfällt nur wasser treibt die Kosten extrem in die Höhe. dann, wenn der neue Stall S 4 top agrar 5/2013 STANDP UNKT Mit Augenmaß! Die grünen Landwirtschafts minister Remmel und Meyer haben ganze Arbeit geleistet. Mit ihren Filtererlassen bremsen sie das Wachstum in der Veredlung massiv aus. Und genau das ist gewollt. Nun mag es durchaus sinnvoll sein, in einigen Landkreisen auf die Bremse zu treten. Doch bitte mit Augenmaß! Denn wer den Stallbau nach der Holzhammer-Methode flächendeckend ausbremst, trifft damit vor allem die Familienbetriebe mit mittleren Bestandsgrößen. Und das kann von den beiden grünen Ministern doch sicher nicht gewollt sein! Marcus Arden „freiwillig“ mit einem Abluftfilter ausgerüstet wird. Viele bauwillige Schweinehalter dürften deshalb von vornherein auf die „Filterlösung“ setzen, um sich zumindest die hohen Kosten eines Keimgutachtens zu ersparen. Die Rede ist von 10 000 bis 20 000 €. Erschwerend kommt hinzu, dass sich ein Schweinehalter mit z. B. 1 600 Mastplätzen kaum dazu entschließen dürfte, einen neuen Stall mit 399 Mastplätzen zu bauen. Er wird stattdessen 1 000 oder 1 500 neue Mastplätze anstreben. In diesem Fall wird er die 2 000er-Grenze überschreiten und zumindest im neuen Stall einen Filter einbauen müssen. Ungemütlich könnte es auch für die Schweinehalter werden, deren Ställe bislang nach Baurecht (max. 1 500 Mastbzw. 560 Sauenplätze) genehmigt wurden. Wer erweitern will und dafür eine Foto: Arden Die Landesregierungen in NRW und Niedersachsen machen Druck: Sie fordern immer häufiger Abluftfilter für Schweineställe. BImSchG-Genehmigung benötigt, dem könnte die Behörde vorschreiben, die Abluft in den neuen und alten Ställen zu filtern. Denn durch den Wechsel vom Bau- ins BImSch-Recht wird eine komplette Neugenehmigung nötig. Experten schätzen, dass durch die Erlasse 80 % der neuen Mast- und 60 % der neuen Sauenställe filterpflichtig werden. Damit hätten die beiden grünen Landwirtschaftsminister im Hinblick auf das Ausbremsen des Wachstums in der Veredlung ihr Ziel erreicht! 10 €/Platz höhere Stromkosten: Mit großer Sorge sehen viele Fachleute auch die steigenden Kosten, die die Filtertechnik mit sich bringt. Wer in einem Maststall mit 2 000 Plätzen einen Biowäscher installiert, muss rund 100 000 € in die Hand nehmen (siehe Übersicht). Allein aus der Investitionssumme errechnen sich Jahreskosten für AfA, Zins und Reparatur von 13 000 €. Die zweimal jährliche Wartung der Anlage kostet 800 €, und die täglichen Wartungs- und Kontrollarbeiten schlagen mit 1 275 € pro Jahr zu Buche. Auch die Kosten für den Einsatz von Säuren, die für die Ammoniakbindung Unsere Ansprechpartner: Peter Spandau, Dr. Horst Cielejewski, Stefan Leuer, alle LWK NRW; Friedrich Arends, LWK Nds; Herbert Lamping, Landkreis Vechta benötigt werden, sind erheblich. In dem hier vorgestellten Beispiel mit Biowäscher liegen sie bei 1 500 €. Und sie steigen sogar auf 10 000 € an, wenn ein Chemowäscher installiert wird. Der mit Abstand größte Kostenblock sind aber die Stromkosten. Allein die Pumpen, die das Wasser-Säuregemisch kontinuierlich auf das Filtermaterial pumpen, verbrauchen 60 000 kWh Strom pro Jahr. Der Mehrverbrauch der Lüfter durch den höheren Gegendruck liegt bei rund 20 000 kWh. Alles in allem ergeben sich dadurch Strommehrkosten von 20 000 € – pro Jahr versteht sich! Abschlämmwasser kostet 5 €. Weite- re 5 € pro Platz kosten Lagerung und Ausbringung des Abschlämmwassers. Beim Biowäscher, bei dem ständig Waschwasser erneuert werden muss, fallen laut Praxiserfahrungen zwischen 0,8 und 2,5 m3 Waschwasser je Platz und Jahr an. Das abgeschlämmte Wasser darf über die anfallende Gülle entsorgt werden, da hier nur abgeschiedene, stickstoffhaltige Reststoffe enthalten sind. Für das Abschlämmwasser muss allerdings zusätzlicher Lagerraum geschaffen werden. In der Kalkulation liegen die Jahreskosten bei einer Abschlämmwassermenge von 0,8 m3 je Platz und Jahr bei 1 760 €. Steigt die Menge auf 1,2 m3 je Platz und Jahr, sind es 2 500 € pro Jahr. Auch das Ausbringen des Abschlämmwassers kostet Geld. In dem hier gewählten Beispiel wurde mit 5 € je m3 kalkuliert. Dabei dürfte klar sein, dass die Kosten in viehdichten Regionen, in denen schon jetzt ein Teil der Gülle exportiert werden muss, zum Teil doppelt so hoch liegen. Tendenz steigend! Und die Kostensituation wird sich weiter zuspitzen, wenn im Rahmen der EU-Agrarreform ökologische Vorrangflächen aus der Produktion genommen werden müssen und durch die Novellierung der Dünge-Verordnung noch mehr Druck am Flächenmarkt aufkommt (siehe top agrar 3/2013, Seite 30). Dann dürften die Kosten eines Abluftfilters die derzeit kalkulierten 23 € je Mastplatz bzw. 8,50 € je Mastschwein noch übersteigen. Marcus Arden Schnell gelesen • NRW und Niedersachsen schreiben für Schweineställe Abluftfilter vor, wenn eine bestimmte Größe erreicht ist. • Die neue Regelung wird dazu führen, dass weniger neue oder nur noch ganz große Ställe gebaut werden. • Die Abluftreinigung kostet gut 23 € pro Platz. Allein 10 € verschlingt der Stromverbrauch, 5 € kostet die Abfuhr des Abschlämmwassers. • Bei 2,75 Umtrieben pro Jahr ergibt sich eine zusätzliche Kostenbelastung von knapp 8,50 € pro Schwein. top agrar 5/2013 S 5
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