Praktikum bei der Health Bridge Limited (t/a DrEd) in London

Praktikum bei der Health Bridge Limited (t/a DrEd) in London
1.
Bewerbung
Im Gegensatz zu anderen Leuten stand für mich nie von Anfang an fest, unbedingt und
mit allen Mitteln einmal ins Ausland zu gehen. Doch nachdem viele meiner Freunde und
Kommilitonen bereits für einige Zeit im Ausland gelebt und von ihren zahlreichen
Erlebnissen geschwärmt hatten, wurde auch ich von der Neugier gepackt. So entschied
ich mich nach einer Weile, doch diesen Schritt zu wagen und für ein paar Monate aus
meiner Komfortzone auszutreten – ich sollte es nicht bereuen. Als Ziel stand für mich
London relativ schnell fest. Zum einen stellt die Stadt für mich eine Art wirtschaftliches
Zentrum Europas dar, da viele Start-Ups und Unternehmen dort gegründet werden. Zum
anderen sah ich durch ein Praktikum in London die Chance, meine Englischkenntnisse
noch weiter vertiefen.
Nun ging es also darum, einen Praktikumsplatz für drei Monate zu organisieren. Wider
Erwarten stellte sich die Praktikumssuche als schwierig heraus. Denn obwohl ich mein
Anschreiben und meinen Lebenslauf von einem englischen Muttersprachler überprüfen
ließ, bekam ich zunächst nur wenige Rückmeldungen auf meine Bewerbungen. So lernte
ich gleich, dass es durchaus üblich ist, auch einmal keine Antwort, nicht einmal eine
Absage, auf seine Bewerbung zu bekommen. Von meinen Bewerbungen für Jobs in
Deutschland war ich es bisher immer anderes gewohnt. Für die Praktikumssuche
schaute ich besonders auf den großen Plattformen wie www.indeed.co.uk aber auch auf
Praktikumsbörsen wie www.internwise.co.uk und workinstartups.com. Allerdings war es
schwierig, überhaupt ein Angebot für ein bezahltes Praktikum zu finden, da sich die
meisten Stellenausschreibungen auf unbezahlte Praktika beziehen, bei denen höchstens
die Reisekosten mit den öffentlichen Verkehrsmitteln zum Büro übernommen werden. Die
Stellenanzeige für das Praktikum bei der Health Bridge Limited (t/a DrEd) habe ich dann
eher zufällig auf Xing gefunden. Dabei handelte es sich um ein Praktikum im Bereich
Online Marketing bei dem online Doktor „DrEd“. Das Bewerbungsgespräch lief über
Skype, bei dem mir der Gründer des Unternehmens auftrug, die Webseite zu analysieren
und mögliches Verbesserungspotenzial aufzuzeigen. Nur wenige Tage nach dem
Gespräch bekam ich schon die Zusage für das dreimonatige Praktikum und meinem
Aufenthalt in London stand nichts mehr im Wege.
2.
Unterkunft
Nach längerer Recherche entschied ich mich dazu, ein Zimmer über die Plattform AirBnB
zu buchen. Zum einen wollte ich gleich nach meiner Ankunft in London ein Zimmer haben
und meine ersten Wochen nicht damit verbringen, auf Zimmersuche zu gehen. Und ein
Zimmer in einer WG für nur drei Monate von Deutschland aus zu organisieren stellte sich
als recht kompliziert heraus. Zum anderen stellte ich fest, dass sich die Preise von einem
WG-Zimmer und einem Zimmer in einer AirBnB-Wohnung nicht groß unterschieden.
Doch obwohl ich mir schon dachte, dass die Londoner Mieten die Münchner Preise in
den Schatten stellen würden, musste ich erst einmal Schlucken, als ich die Mieten für
WG-Zimmer in London gesehen habe. Rückblickend hätte ich allerdings doch lieber ein
WG-Zimmer gehabt: Die Wohnung, in der ich lebte, war in Shadwell, im Osten Londons
und recht gut angebunden. Allerdings bestand sie aus insgesamt fünf Zimmern, von
denen viele an Touristen vermietet wurden, die alle paar Tage wechselten. So gab es ein
ständiges Kommen und Gehen in der Wohnung und man wusste nie recht, wem man im
Wohnungsflur begegnen wird, wenn man seine Zimmertür öffnet. Außerdem hatte ich das
Gefühl, dass sich keiner der Bewohner wirklich verantwortlich für die geteilten Bereiche,
also die Küche, das Bad und die Toilette fühlte, da sich der AirBnB-Gastgeber darum
kümmerte. Dementsprechend sah es auch manchmal aus. Da ich allerdings eh die
meiste Zeit unterwegs war und die Wohnung nur zum Schlafen und Essen nutzte, war es
für die drei Monate erträglich.
3.
Praktikum
Das Praktikum bei der Health Bridge Limited (t/a DrEd) hat mir großen Spaß gemacht.
Ich wurde gleich herzlich in das Team aufgenommen. DrEd ist ein online Doktor, bei dem
Patienten über eine Art online Sprechstunde Folgerezepte anfragen können. Die Firma
ist dabei im britischen, irischen und deutschsprachigen Markt tätig. Sie gliedert sich unter
anderem in das Ärzteteam, das die online Sprechstunden abhält und Rezepte für die
Patienten verschreibt, das Customer Service Team, das Patientenanfragen aller Art
beantwortet, die IT und das Marketingteam, das sich wiederum in den
englischsprachigen und den deutschsprachigen Raum aufteilt. Ich war im deutschen
Marketing Team. Das Schöne an dem DrEd Team war, dass es aus der ganzen Welt
kam: Ich hatte Kollegen aus Großbritannien, Südafrika, Albanien und den USA. Dadurch
habe ich gleich die Arbeitsweise in einem internationalen Team und die Kulturen der
einzelnen Länder kennengelernt, was für mich eine ungemeine Bereicherung und
interessante Erfahrung war. Auffällig war für mich die stark ausgeprägte Arbeitsmoral. Im
Büro war das gesamte Marketing-Team schon da, bevor ich morgens kam und blieb
noch, als ich abends ging – dabei kam ich aufgrund des hohen Arbeitspensums oft früher
ins Büro kam und blieb auch teilweise länger. Auch die Mittagspause, die für eine Stunde
angesetzt war, haben die meisten aus meinem Team nicht ausgeschöpft. Oft haben sie
sich nur ein Sandwich geholt und dieses dann vor dem Computer gegessen. Ich weiß
nicht, ob es an der Start-Up-Kultur lag oder es in vielen Büros in London so abläuft. Auf
jeden Fall hatte ich das Gefühl, dass der Fokus vieler Menschen auf der Arbeit lag und
sie sehr hart für ihre Karriere arbeiteten.
Gleich in meiner ersten Woche bekam ich eine Menge Schulungen im Bereich ContentManagement-System (CMS), Google Analytics und Suchmaschinenoptimierung (SEO).
Nach einer kurzen Einarbeitungszeit ging es dann auch gleich mit meinen Aufgaben los:
Ich erstellte eine Wettbewerbsanalyse der gängigen Social Media Seiten und auf deren
Grundlage eine Social Media Strategie, die ich dem Team vorstellte und im Laufe meines
Praktikums finalisierte. Zusätzlich bearbeitete ich die Webseite mit dem CMS und pflegte
regelmäßig neue Inhalte ein. Wenn DrEd einen neuen Service einführte, übersetzte ich
die entsprechenden Inhalte auf Deutsch. Da ich mich um die deutschen Inhalte
kümmerte, jedoch in einem englischsprachigen Umfeld arbeitete, war es anfangs für mich
recht schwierig, die Sprache so schnell zu wechseln. Doch nach einiger Zeit gewöhnte
ich mich mehr und mehr daran. Was mir weiterhin sehr gut an dem Praktikum gefiel war,
dass ich eigene Projekte übertragen bekam, für die ich verantwortlich war. Dadurch
konnte ich selbstständig arbeiten und viel über Zusammenarbeit und Zeitmanagement
lernen. So war ich für die deutschen Content Marketing Kampagnen zuständig. Ziel war
es dabei, Studien zu Gesundheitsthemen zu veröffentlichen und in der Öffentlichkeit zu
verbreiten. Ich arbeitete dafür eng mit einer Agentur zusammen, um die Themen und den
Aufbau der Studien zu bestimmen. Anschließend kümmerte ich mich gemeinsam mit den
Developern um die Struktur und das Design der Webseite. Nach der Finalisierung der
jeweiligen Kampagne übernahm ich zusätzlich die PR-Arbeit, indem ich die Studie den
deutschen Journalisten vorstellte. Durch diese Arbeit lernte ich den Aufbau einer
Kampagne von Beginn bis zur Veröffentlichung.
Ein weiteres Projekt für das ich während meines Praktikums verantwortlich war, war die
Organisation eines professionellen Fotoshootings mit allen Mitarbeitern der Firma. Ziel
war es, für das geplante Rebranding der Seite zum einen Teambilder aufzunehmen, die
jede Person des Unternehmens auf der Webseite vorstellt. Zum anderen sollten Bilder
mit den behandelnden Ärzten der Firma gemacht und für die Content- und Serviceseiten
der Webseite dargestellt werden. Dafür arbeitete ich eng mit dem zuständigen Fotografen
zusammen, wählte Hintergrund, Make up, Dresscode und Pose aus und organisierte die
Requisiten. Die Hauptschwierigkeit des Projektes bestand darin, einen geeigneten
Termin zu finden, an dem sowohl der Fotograf als auch die meisten Ärzte und Mitarbeiter
im Büro waren, denn viele der Ärzte arbeiten von unterschiedlichen Standorten innerhalb
Großbritanniens aus. Am Tag des Shootings war ich für einen reibungslosen Ablauf des
Zeitplans zuständig und sorgte dafür, dass von jedem Mitarbeiter das gewünschte Foto
entstand.
Wie bereits beschrieben, wurde ich von meinen Kollegen von Anfang an herzlich in das
Team integriert. Das Miteinander unter den Kollegen war stets freundlich und teilweise
sogar freundschaftlich. Den Chefs war sehr an einem guten Arbeitsklima gelegen, sodass
sie regelmäßig Umfragen zur Arbeitsatmosphäre und der Zufriedenheit der Mitarbeiter
starteten, die sie wöchentlich in den Teammeetings auswerteten. Zudem veranstaltete
die Firma viele kleinere Events. So konnte ich gleich zu Beginn meines Praktikums an
einem Team Building Event vom Marketing Team teilnehmen, in dem wir eine
Schnitzeljagd durch London machten. Außerdem gab es einmal im Monat ein Teamevent
für alle Mitarbeiter. Das war beispielsweise ein typisch britisches Pubquiz oder ein Dinner
mit anschließendem Comedy Abend. Diese Veranstaltungen haben mir dabei geholfen,
gute Kontakte innerhalb der Firma zu knüpfen. Da eine Mitarbeiterin heiratete,
organisierten wir relativ zu Beginn meines Praktikums eine Junggesellinnenparty mit allen
Office-Frauen und trafen uns dafür an einem Samstag in einer Bar. So konnte ich gleich
zu Beginn schnell Anschluss zu meinen Kolleginnen finden.
4.
Alltag & Freizeit
So wie es Samuel Johnson damals formulierte „When a man is tired of London, he is
tired of life“, so trifft es noch heute zu. London ist eine lebendige und pulsierende Stadt,
in der es einem nie langweilig wird. Auch wenn ich bereits vor meinem Praktikum schon
einige Male in London war, so gab es für mich trotzdem jeden Tag neue Dinge und Orte
zu entdecken. Ich hatte das Glück, bereits viele Freunde in London zu haben. Doch
trotzdem wollte ich auch neue Leute kennenlernen. Nach der Arbeit habe ich manchmal
etwas mit meinen Kollegen unternommen. So konnte ich auch die britische Pubkultur
kennenlernen, in der sich die Kollegen nach der Arbeit auf ein Bier oder einen Cider im
Pub treffen und den Arbeitstag ausklingen lassen. Ich habe aber auch über Facebook
neue Leute kennengelernt. Ein guter Anlaufpunkt war für mich dabei die FacebookGruppe „Germans living in London“, in der viele Tipps geteilt aber auch Bekanntschaften
gemacht werden. Einmal die Woche treffen sie sich zudem in einem Stammtisch. So
hatte ich zu Beginn meines Praktikums eine Anlaufstelle, um Leute zu treffen. Ich habe
aber auch viel mit meiner brasilianischen Mitbewohnerin unternommen, die wie ich für
eine längere Zeit ein AirBnB-Zimmer gemietet hatte. Zusammen haben wir einmal die
Woche Kochabende veranstaltet, an denen abwechselnd einer von uns ein
landestypisches Gericht aus seiner Heimat gekocht hat. Somit wären wir auch beim
Thema Essen: Ganz anders als die gängige Meinung zum Essen in Großbritannien habe
ich nur wunderbare Erfahrungen gemacht. Fast an jeder Ecke gibt es einen Food Market
der Speisen aus aller Welt zu relativ (für London) günstigen Preisen anbietet.
Die Menschen in London habe ich als sehr freundlich und höflich empfunden. Ich glaube,
ich habe in meinem Leben noch nie so viel „Sorry“ gehört, wie in diesen drei Monaten. In
der U-Bahn, im Geschäft oder auf der Straße – überall gehen die Leute respektvoll
miteinander um. Eine Situation ist mir dabei besonders in Erinnerung geblieben: Als im
Juli die U-Bahn streikte, war halb London dazu gezwungen, zur Arbeit zu Laufen. Die
Straßen waren voll, man kam kaum voran, doch trotzdem blieben die Menschen den
Umständen entsprechen ruhig und gefasst. Ein Mitarbeiter der U-Bahn versuchte sogar
durch kleine Späße den Passanten ein Lächeln abzugewinnen und eine Mitarbeiterin
einer Cafékette verteilte kostenlosen Espresso.
Die alltäglichen Dinge in London ließen sich einfach regeln. Ein Bankkonto eröffnete ich
nicht, da sich der Aufwand für drei Monate nicht lohnte. Ich kaufte mir beim Mobilanbieter
„Three“ eine Simkarte, mit der ich viele Freiminuten und – für mich besonders wichtig –
unbegrenztes Datenvolumen auf meinem Smartphone hatte. Viele Supermärkte haben
unter der Woche bis 23 Uhr und sogar am Wochenende auf, was das Einkaufen einfach
macht. Über die Veranstaltungen in London habe ich mich über das Magazin Timeout,
das jeden Dienstag kostenlos an der U-Bahn verteilt wird, aber auch eine ansprechende
Webseite hat, informiert. Dort gab es viele hilfreiche und informative Tipps zu teilweise
sogar kostenlosen Events in London.
5.
Fazit
Für mich war es auf jeden Fall eine der besten Entscheidungen überhaupt, den Schritt
ins Ausland zu wagen. Die vielen Erlebnisse und Erfahrungen haben mich persönlich
wachsen lassen und mich gegenüber der Welt geöffnet. So habe ich das Gefühl, aktiver
geworden zu sein und leichter neue Menschen kennenzulernen. Zudem war es eine gute
Erfahrung, aus meiner Komfortzone auszutreten, abseits der Gewohnheiten neue
Arbeitserfahrungen zu sammeln und ein neues soziales Umfeld aufzubauen. Auch denke
ich, dass mein Englisch, das nie wirklich schlecht war, durch den Auslandsaufenthalt
sicherer geworden ist. Die Aufgaben im Praktikum haben mir viel Spaß gemacht und
auch wenn das Arbeitspensum manches Mal etwas hoch war, so habe ich dadurch viel
gelernt, was ich auch in meinem späteren Berufsleben anwenden kann. Besonders durch
die eigenen Projekte konnte ich eigenverantwortlich arbeiten und Kampagnen kreieren,
auf die ich stolz zurückblicken kann.