Interview in der Esspress

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Gastgeber
EssPress Nr. 05 • 2015
Trotzdem ist es nicht so, dass
die Speisen immer nacheinander
serviert werden, sondern sinnvoll
zusammen auf den Tisch kommen.
Nacheinander oder zusammen –
so wie es Sinn macht oder wie
schnell die Leute essen.
Johanna: Koreaner essen
generell so: Du bekommst einen
Teller und dann ist das für drei
Leute. Es kommt schon der Reihe
nach, aber es kommt einfach relativ
zügig. Der Service sortiert das den
Gästen dann auf dem Tisch. Der
Gast hat Spaß, er kommt nie in die
Situation, lange zu warten.
Die Frage „wie schmeckt Berlin“
kann man ja heute eindeutig
beantworten …
Johanna: Koreanisch!
Felix: Bei uns schmeckt es koreanisch! Ich komme zwar nicht aus
Korea, habe dort auch keine Wurzeln wie Johanna, aber ich finde die
asiatische Küche spannend. Ich bin
lange Zeit durch Asien gereist und
habe mich mit der Küche beschäftigt. Davor habe ich vier Jahre hier
gekocht, in verschiedenen Restaurants – europäische Küche.
Stichwort Asien. Du bist mit
deinem ehemaligen Partner durch
Asien getourt?
Felix: Wir sind sozusagen auf die
Walz gegangen. Wir haben 13 Länder bereist, haben Praktika in den
besten Restaurants gemacht und
haben uns Wissen über die asiatische Küche und über die asiatische
Kultur angeeignet. Hier in Berlin
war ich schon immer gerne in der
Long March Canteen. Das Konzept
hat mir gut gefallen. Johanna und
ich kennen uns seit ein paar Jahren.
Johanna: So fing das an. Nachdem
ich ihn dann also begeistern konnte
von meinem Konzept, haben wir
auch Steffi sehr schnell gefunden.
Wir haben dann beschlossen, nach
Korea zu fliegen. Eine Woche lang
haben wir zu dritt in Seoul täglich
unterschiedlichen Lunch und Dinner
in jeweils einem anderen Restaurant
probiert.
Das ist dann die Herausforderung
an euch in der Küche.
Felix: Es gibt auch ein bisschen
Freiheit. Es muss der nächste Gang
nicht nach einer bestimmten Zeit
am Pass stehen. Wir haben fließende
Übergänge.
Gegessen wird europäisch mit
Messer und Gabel?
Felix und Johanna (einstimmig):
Mit Stäbchen.
Felix (lacht): Ne, man kann mit
Messer, Gabel, Löffel und Stäbchen
essen. Wie man möchte.
Wie war das jetzt für dich, Steffi?
War das etwas total Neues?
Steffi: Meine Eltern kommen aus
Vietnam und haben sich erst in
Österreich kennengelernt. Ich bin
vietnamesisch aufgewachsen und
habe die asiatische Küche früh
kennengelernt. Doch koreanische
Küche ist auch für mich etwas
Neues. Mit Felix zu arbeiten ebenso.
Felix: Uns geht es nicht um
Kochtechniken, uns geht es um
Geschmack. Das ist das Wichtigste.
Was heißt unterschiedlich?
Johanna: Traditionelles, sehr Modernes, Fusion, Imbisse, Nightmarkets,
also alles was die koreanische Ess­
kultur anbietet. Wir haben wahnsinnig viel und wahnsinnig gut gegessen.
Mit zwei Köchen zu essen ist aber
eher auch Analyse und wenig Genuss.
Wir waren uns ziemlich schnell einig,
dass wir eine Küche anbieten wollen,
die als Basis koreanische Kochkunst
hat, aber diese modern und eigen
interpretieren.
Ihr seid nicht das erste Restaurant,
das koreanische Küche macht.
Wie steht ihr denn zu euren Mitbewerbern?
Felix: Ich war schon im Dae Mon
und Steffi auch schon. Es war klasse
und es ist spannend was der Koch
Song Lee da macht. Sie fahren ein
anderes Konzept als wir. Sie bieten
auch eine zeitgemäße Interpretation der koreanischen Küche an,
sind aber im Fine-Dining-Bereich
angesiedelt. Sie servieren komplexe
Tellergerichte. Bei uns wird es in die
Fun-Dining-Richtung gehen. Bei uns
ist eher Family-Style angesagt. Das
heißt, es gibt verschiedene kleine
Gerichte, die in sich nicht immer so
komplex sind, wie das, was es z. B.
im Dae Mon gibt.
Dann hat jetzt das Gogogi eröffnet.
Johanna: In letzter Zeit ist es ja so,
dass ein Koreaner nach dem anderen
aus dem Boden sprießt. Das geht in
einem rasanten Tempo. Ich finde es
schwierig, überall hinzugehen und
sich alles anzugucken. Da sind so
viele Einflüsse, dass man von seinen
Eigenen abgelenkt wird.
Felix: Hier vorne um die Ecke gibt es
einen Koreaner und da hinten auch.
Die meisten Koreaner in Berlin bieten traditionelle, klassische koreanische Küche an. Das wird es bei uns
nicht geben. Natürlich gibt es Bulgogi, ein Rindfleischgang mit Paprika
und Pilzen. Es wird aber anders auf
den Teller kommen. Deswegen konkurrieren wir nicht unbedingt.
Johanna: Das Wohlfühlen, sich zurücklehnen, gut essen, das Gesellige
Steffi, woher kennst du die beiden?
Steffi: Lustigerweise habe ich mich
bei Felix, als ich mit meiner
Ausbildung fertig war, beworben.
Felix Metzger, Johanna Jester und Steffi La (v.l.n.r.) machen neuen Wirbel um die koreanische Küche
„Wie der Deckel auf
den Topf“
Johanna Jester, Steffi La und Felix Metzger haben ein Restaurant eröffnet.
Und was wird gekocht? Im JoLee nicht einfach nur koreanisch.
Es stehen koreanisch interpretierte Gerichte auf dem Plan
Interview Eva-Maria Hilker • Fotos Henning Köstler
spielt bei uns eine große Rolle. Das
Kimchi Princess ist einer der großen
Vorreiter. Sie haben koreanisches
Essen überhaupt erst auf so ein
Level gebracht. Also alle kennen Kimchi, alle kennen Bulgogi. Die haben
für uns eine große Lanze gebrochen –
und für die koreanische Küche.
Restaurants, in Fine-Dining-Restaurants – überall haben wir Kimchi
bekommen. In jeder Form, rotes oder
aber auch weißes Kimchi. Es gibt
hunderte von verschiedenen Arten.
Wie erklärt ihr euch diesen Boom
der Koreaner?
Felix: Berlin setzt immer neue
Trends. Und das koreanische FoodKonzept ist eben neu. Die koreanische Küche ist nicht nur spannend.
Sie macht auch Sinn. Sie ist gesund,
auch durch das Fermentieren.
Es ist nicht bekannt, dass es unterschiedliche Formen von Kimchi gibt.
Angegoren, vergoren und so weiter.
Felix: Jeder Haushalt, jeder Koch
hat sein eigenes Rezept. Ist ja bei
uns ähnlich: Jeder hat sein eigenes
Rotkohlrezept. Der eine macht ein
bisschen Preiselbeeren rein, bei dem
anderen kommen noch ein paar
Äpfel dazu. Insoweit funktioniert das
mit dem Kimchi auch.
Was ist denn typisch koreanisch?
Ganz spontan, was gehört grundsätzlich in die koreanische Küche?
Steffi: Kimchi kommt immer auf den
Teller, egal wo. Ob in traditionellen
Du sagtest, die Fermentation ist
auch …
Felix: Im Grunde ist Fermentation
immer die Basis. Das beschreibt die
koreanische Küche.
Was ist dein Lieblingsessen,
Johanna?
Johanna: Am liebsten esse ich
Schweinebauch, gegrillt und
eingewickelt in Sesamblätter
mit dieser scharfen Bohnenpaste
und Kimchi – im Wald.
Felix: Im Wald?
Johanna: Das ist ganz toll. Da
nimmt man so einen kleinen Grill
und alle Zutaten mit in die Natur.
Felix: Das machen wir dann
hinten im Garten?
Johanna: Nein, das ist ja nur eine
romantische Vorstellung.
Was wir in Berlin gelernt haben, ist
das, was ihr mit Fun-Dining meint:
Gemeinschaftliche Essen, das
Probieren von jedem Teller…
Felix: Wir bieten eine kleine Karte
à la carte an und die Möglichkeit
zwischen Menüs zu wählen.
Wo hast du deine Ausbildung
gemacht?
Steffi: In Österreich in einer Tourismusschule. Dann habe ich noch
zusätzlich meine Kochprüfung
abgelegt, dann eben beworben bei
Berlin Cuisine, bei Felix. Wir haben
dann einen Probetag ausgemacht.
Ich musste absagen, weil ich einen
anderen Kochjob bei Tim Raue
angenommen hatte.
Dort war ich dann vier Monate und
danach bin ich dann zu Anton kocht.
In dieser Zeit habe ich Johanna
kennengelernt. Wir haben uns super
verstanden von Anfang an. Dann
haben wir uns zu dritt zusammengesetzt und beschlossen, nach Korea
zu fliegen.
Johanna: Und es hat in der Woche
in Korea einfach gepasst. Wie der
Deckel auf den Topf!
JoLee
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