«Hier steckt Herzblut drin»

Standpunkte
Zuger Woche | Mittwoch, 16. Dezember 2015
«Hier steckt Herzblut drin»
| Seite 3
Zeitgeist
Von Dany Kammüller
THADDEUS SCHOOL Thaddeus Getzmann unterstützt seit zehn Jahren Kinder in Indien
2006 eröffnete Thaddeus Getzmann persönlich vor Ort die
Thaddeus Schule in Bhastara,
rund 60 Kilometer von Kolkata
gelegen. Heute, bald zehn Jahre
später, ist sein Engagement ungebrochen, und er hat grosse
Pläne. In unserem Interview
spricht Thaddé Getzmann über
sein Herzblutprojekt, das er mit
der Stiftung Usthi realisiert.
Interview von Lilian Fritze
Thaddeus Getzmann, zusammen
mit der Stiftung Usthi haben Sie
in Indien die «Thaddeus School»
ins Leben gerufen. Weshalb haben Sie sich für eine Partnerschaft mit der Stiftung Usthi entschieden?
2005 habe ich in einer Schweizer
Zeitschrift einen Bericht über Kurt
Bürki, den Gründer der Stiftung
Usthi, gelesen. Genau wie Bürki
hatte auch ich Indien bereist, und
das Elend und die Armut mit eigenen Augen gesehen. Ich wollte helfen. Die Stiftung Usthi hat es mir
schliesslich ermöglicht, direkt und
persönlich Kindern in Indien zu helfen.
Schüler der Thaddeus Schule.
Wer helfen will, hat viele Möglichkeiten. Weshalb haben Sie sich
für die Gründung einer Schule
entschieden?
Bildung ist ein Schlüssel für Erfolg
im Leben; sie kann weder gestohlen noch veräussert werden. Deshalb legen Investitionen in die Bildung sozial benachteiligter Men-
Helden
Bilder: z.V.g.
Thaddeus Getzmann freut sich über den herzlichen Empfang, den seine Schule ihm bereitet hat.
schen den Grundstein für eine bessere Zukunft. Weil Bildung also eine solch wichtige Rolle spielt und
mir vor allem die Kinder am Herzen liegen, habe ich entschieden,
mich dafür einzusetzen.
Weshalb konzentriert sich Ihr soziales Engagement auf Indien?
Bereits als junger Mensch habe ich
das Land bereist und neben seiner
Schönheit auch die Not, die Armut
gesehen. Das vergisst man nicht
mehr. Selbstverständlich hat das
Land Fortschritte gemacht, aber
Unterstützung wird noch immer benötigt. Ich wollte helfen, und ich
wollte wissen, wo und ob meine Hilfe ankommt. Mit der Stiftung Usthi
habe ich einen langjährigen und
vertrauenswürdigen Partner gefunden. Und dank dieser Partnerschaft können heute rund 220
Schüler in Bhastara zur Schule gehen. Das macht mich glücklich und
auch stolz. Vor wenigen Wochen habe ich gerade wieder «meine» Schule besucht. Die Schüler kennen mich
und ich kenne sie. Ich reise nach
Bhastara, weil es mir Freude macht
und ich sehe dort mit eigenen Au-
gen, dass meine Hilfe ankommt.
Was unterscheidet Usthi von anderen Stiftungen?
Die Stiftung Usthi besteht schon seit
40 Jahren. Sie ist klein, dynamisch
und im Besitz des ZEWO-Gütesiegels, dem Gütesiegel für vertrauenswürdige Hilfswerke. Ich kenne
die Stiftung und die Leute, die für
sie arbeiten seit vielen Jahren, – das
schafft Vertrauen. Ich weiss, dass
meine Hilfe ankommt, und kann
mich auch persönlich davon überzeugen.
Bezogen auf Ihr Projekt – wie sehen die Zukunftspläne aus?
Wir planen, einen dritten Stock zu
bauen, damit wir in Zukunft 450
Kinder bis zur zehnten Klasse unterrichten können. Dazu brauchen
wir nebst den zusätzlichen Klassenräumen auch ein Labor für die
wissenschaftlichen Fächer sowie eine grössere Bibliothek. Es wäre vorteilhaft, wenn wir unseren Schülern auch handwerkliche Ausbildungen anbieten könnten, die ihnen Weiterbildungsmöglichkeiten
für ihre berufliche Zukunft er-
möglichen. Um dieses Ziel zu
erreichen, sind wir natürlich auch
auf finanzielle Unterstützung angewiesen. Ich bürge dafür, dass jede Spende zu 100 Prozent für die
Schule eingesetzt wird. Gerne gebe
ich auch persönlich über das Projekt
Auskunft:
[email protected]
Fröhliche Gesichter in Bhastara.
Weitere Informationen
Stiftung Usthi, Judith Schuler, Baar,
Geschäftsführerin, 055 511 21 25,
[email protected],
www.usthi.ch,
Spenden: Bank Linth, PC 30-381700
/
BLZ
8731,
IBAN
CH9708731001294352011 (Vermerk «Thaddeus Schule»)
Luxusprojekt: Sprungturm Strandbad Zug
STRASSENUMFRAGE Sind 500'000 Franken zu viel für einen Sprungturm?
Sandra Oliveira, Zug
Manuel Engeler, Cham
Sonja Diermeier, Hünenberg
André Meier, Baar
«Es gibt viele versteckte Kosten. Es
muss zuerst alles geprüft werden.
Architektur ist teuer.»
«Schlussendlich ist der Sprungturm ein Statussymbol. Eine halbe Million finde ich zu viel.»
«Es ist viel Geld. Ich hoffe, Junge
gehen wieder mehr in Strandbäder, damit sie davon profitieren.»
«500'000 Franken – das ist ein
stolzer Betrag. Es ist aber nicht
unnötig investiertes Geld.»
Die Architektur ist teurer als man
denkt. Sie bringt auch viele, auf den
ersten Blick nicht ersichtliche Kosten mit sich. Es muss geprüft werden, ob die Sicherheit gewährleistet ist. Die Grösse und das Gewicht
spielen auch eine entscheidende
Rolle. Ich denke 500'000 Franken
gehen in Ordnung.
Eine halbe Million finde ich überteuert. Aber wir leben hier in Zug
und der Sprungturm ist schlussendlich ein zusätzliches Statussymbol, das in die Landschaft gesetzt wird. Zug befindet sich sonst
schon in einem grossen Wandel.
Auch erst kürzlich wurde die neue
Post eröffnet.
Es ist schon viel Geld. Toll hingegen finde ich, dass heute viele
Strandbäder fast gratis sind. Es ist
zu hoffen, dass die junge Generation durch die tiefen Eintrittspreise
wieder vermehrt die Strandbäder
besucht und dann von diesem neuen, teuren Sprungturm profitieren
kann.
Natürlich sind 500'000 Franken ein
stolzer Betrag für einen Sprungturm. Für das Setzen von ein paar
Pfeilern finde ich den Betrag extrem hoch. Wenn es viele Personen
gibt, die ihn nutzen, erachte ich es
aber nicht als unnötig investiertes
Geld. Früher oder später muss er sowieso ersetzt werden.
Für Sie war unterwegs: Alvin Knüsel
Es gibt Helden der Landstrasse,
die Leben retten, indem sie mutig eingreifen, wenn andere in
Not sind. Es gibt Helden im Film,
die böse Buben jagen oder heroisch einen Boxkampf gewinnen. Es gibt Helden im Sport, wie
Roger Federer, Michael Schumacher oder Mario Götze. Ja,
verzeiht mir, liebe Schweizer, der
Götze, der Deutschland 2014 mit
einem Traumtor zum Fussballweltmeister schoss. Es gibt Berufshelden bei der Polizei oder
im Spital, etc., die für unsere Sicherheit und Gesundheit verantwortlich sind. Kein leichter
Job in der heutigen Zeit! Aber es
gibt auch Helden, die man geflissentlich übersieht. Die Frau,
die jeden Morgen die Zeitung
bringt. Die Müllabfuhr und die
Strassenkehrer, die in aller Herrgottsfrüh unseren Dreck wegmachen. Die Männer vom Bau,
die bei Minustemperaturen ihren Mann stehen. Diese Menschen sind für mich die wahren
Helden! Ohne sie geht in unserem hochgezüchteten Staatsgefüge grundsätzlich nichts. Null!
Stillstand, aus die Maus! Aber genau diejenigen, die für uns mitunter die Hände dreckig machen, bilden meiner Meinung
nach das Rückgrat der modernen Gesellschaft. Was würden
wir tun ohne Strom, Wasser,
Häuser und eisfreie Strassen? Wo
kämen wir hin, ohne Kanal- und
Akkordarbeiter, Kranführer und
Chauffeure, etc.? Wir wären ein
Nichts! Darum bewundere ich
euch, ihr die ihr klaglos eure Jobs
mit eisernem Willen durchzieht.
Ich könnte das nicht. Ich hab zwei
linke Hände, zu wenig Ausdauer
und auch nicht genügend «Muckis», um dort draussen bei Wind,
Wetter und Eiseskälte durchzuhalten und zu bestehen. Ich friere in dieser Jahreszeit, wenn ich
nur schon aus dem Fenster blicke. Ihr da draussen, ihr Männer
und Frauen, euch bewundere ich
immer wieder. Ich bin stolz, dass
ich dank euch in einer funktionierenden Gesellschaft leben
kann. Doch verzeiht, wenn ich
euch und eure Arbeit hin und
wieder übersehe. Verzeiht, wenn
ich meinen Abfall nicht immer
restlos, umweltbewusst entsorge. Verzeiht, wenn euch das
Dreckwasser meiner Autoreifen,
ins Gesicht spritzt, wenn ich an
eurem Strassengraben vorbeifahre. Doch hin und wieder, liebe Helden des Alltags, denke ich
an euch, so wie jetzt und dann
wird mir bewusst, wie klein ich
neben euch bin …
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