„Einsatz von Gülle gegen Quellschnecke“ auf diesen

„Einsatz von Gülle gegen Quellschnecke“
auf diesen Sachverhalt steuert nunmehr eine
Auseinandersetzung zu, die mit der Diskussion um die Ausweisung eines neuen Industriegebietes im
Bereich der Hansestadt Attendorn im Jahr 2003 begonnen hat.
In diesem Spagat rechtlich fragwürdiger und sachlich falscher Unterstellungen gibt der Bürgermeister
der Hansestadt Attendorn zum aktuellen Stand „Industriegebiet Fernholte“ die folgende Erklärung
ab:
Im Jahr 2003 (Aufstellungsbeschluss) begann mit der Neuaufstellung des Flächennutzungsplanes
auch die Suche nach einem neuen Industriegebiet für die wachsenden und prosperierenden Betriebe
der Hansestadt Attendorn. Ziel war es, dem erhöhten Bedarf nach Arbeitsplätzen nachzukommen
und der heimischen Industrie auch zukünftig Entwicklungsmöglichkeiten bieten zu können. Die
Bereitschaft dies zu tun, war stets Voraussetzung dafür, dass die Betriebe der Stadt
wettbewerbsfähig bleiben und sich den insbesondere auch global gewachsenen Anforderungen
stellen können. Dies haben sie auf einem hohen Standard, auch unter Umweltgesichtspunkten und
verantwortungsvoll hier vor Ort in Attendorn getan. Der Bedarf eines neuen Industriegebietes auch im vorliegenden Flächenumfang - zur Entwicklung der Betriebe und Sicherung von
Arbeitsplätzen wurde bis hin zum Bundesverwaltungsgericht in letzter Instanz anerkannt.
Die Hansestadt Attendorn hatte sich in den vorangegangenen Planungsschritten insbesondere wegen
der Erheblichkeit des zu erwartenden großen Eingriffs in Umweltbelange, den das ca. 30 ha
Nettobaufläche große Plangebiet mit seinen versiegelten Industrieflächen und Infrastrukturflächen
wie der Erschließung nun einmal mit sich bringt, durch umfangreiche Gutachten eine gute und
entsprechend der Tiefe der jeweiligen Planverfahren angemessene Kenntnis über die betroffenen
Umweltbelange verschafft. Auf dieser Basis wurde der Bebauungsplan für das Industriegebiet
„Fernholte“ entwickelt, vom Rat der Hansestadt Attendorn beschlossen und im Frühjahr 2014
rechtskräftig. Dabei hat sich der Umweltbericht des Bebauungsplanes auch intensiv mit den durch
Gutachter belegten Kartierungen von Tierarten befasst und dargelegt, dass durch die Planung keine
nachhaltigen Schäden für das Vorkommen der im Gebiet lebenden Tierarten zu erwarten sind, da
ausreichend Lebensräume im Umfeld, insbesondere was die Brut- und Nistplätze betrifft, vorhanden
sind. Soweit dies möglich war, wurde für Arten, für die das Gebiet zur Nahrungssuche Bedeutung hat,
Ersatzmöglichkeiten und Lebensraumoptimierungen im zukünftigen Industriegebiet vorgesehen.
Nun wird versucht, die Entwicklung des Gebietes mit Begründungen aufbauend auf Formfehlern und
Hinweisen auf den Naturschutz zu verhindern bzw. dessen Umsetzung zu erschweren. Zur Zeit stockt
die Fortführung der Erschließungsarbeiten, da die Landesgemeinschaft der Naturschutzverbände mit
Unterstützung der Bürgerinitiative „Eckenbachtal e. V.“ die wasserrechtliche Genehmigung zur
Veränderung der im Gebiet vorhandenen Quelle bzw. Quellstränge und eines kleinen Siepens, die der
Kreis Olpe erteilt hat, beklagt hat. Abgesehen von möglichen Formfehlern geht es dabei
insbesondere darum, dass die angesprochenen Gewässer bereits durch das Vorkommen typischer an
gute Wasserqualität und Wassertemperaturen gebundene Arten, wie z. B. „Dunkers Quellschnecke“
im Bereich der Quellen und den anschließenden Quellsträngen, ein besonders geschütztes Biotop
gem. § 62 Landschaftsgesetz NRW darstellen würden. Die Umwandlung bzw. Neugestaltung der
Gewässer wäre zwar grundsätzlich im Ausnahmefall, weil im öffentlichen Interesse, möglich, sie
hätte aber aus Sicht der Kläger einer anderen rechtlichen Würdigung und Beteiligung in einem
Planfeststellungsverfahren bedurft. Dies ist nun Gegenstand der gerichtlichen Auseinandersetzung.
Angemerkt sei an dieser Stelle, dass das LANUV (Landesamt für Natur, Umwelt und
Verbraucherschutz NRW) die angesprochenen Gewässer in drei früheren Kartierdurchgängen eben
nicht als 62-er Biotop im Sinne des Landschaftsgesetzes NRW (entsprechend § 30
Bundesnaturschutzgesetz) anerkannt und ausgewiesen hat.
Die Einstufung einer Quelle bzw. von Quellbereichen als 62-er Biotop ist bisher insbesondere an den
Status „natürlich“ oder zumindest „naturnah“ gebunden gewesen. Aus Sicht der Hansestadt
Attendorn sind diese Qualitätsanforderungen als Grundvoraussetzungen auch aus Sicht der Unteren
Landschaftsbehörde bei den vorliegenden Gewässern nicht gegeben, sie waren bis zu Beginn des
Jahres in vielen Besprechungen und Verfahrensbeteiligungen auch so nicht nachvollziehbar
vorgetragen worden. Die südliche Quelle dürfte auf Drainagen zurückgehen und die Begradigungen
und weitere Veränderungen der Feuchtbereiche deuten darauf hin, dass hier zugunsten der
landwirtschaftlichen Nutzbarkeit intensive Veränderungen gemessen an einem natürlichen
Ausgangszustand erfolgt sind.
Das Plangebiet liegt am Südrand des Naturschutzgebietes „Quellbachsystem Eckenbachtal“. Die
Gewässersituation im Plangebiet wird dem in früheren Zeiten vor der Rodung und Trockenlegung
bestimmter Bereiche zur Aufnahme der Landwirtschaft auch entsprochen haben. Hier lagen daher
insbesondere flächige Staunässebereiche mit versumpfenden, möglicherweise hangmoorartigen
Strukturen und Erlenbruchwald vor. Im Rahmen der Nutzbarmachung der Flächen wurden diese
Bereiche über Drainagen entwässert und dabei zusammengeführtes Wasser über begradigte
Grabenstrukturen dem Eckenbach zugeleitet.
Wenn nun das LANUV die bisherige Kartierpraxis aufgibt und trotz nicht vorhandener
Grundvorrausetzungen hinsichtlich Natürlichkeit bzw. Naturnähe für diese Gewässer das Vorliegen
der § 62 Eigenschaft annimmt, ist dies nicht nur neu, es ist auch von erheblicher Tragweite für
andere Planverfahren, die es unabhängig vom vorliegenden gibt und in Zukunft verlässlich zu
bewerten gilt.
In der Sache hatte die Hansestadt Attendorn die angesprochenen Gewässer bei der Aufstellung des
Bebauungsplanes unabhängig von derartigen Bewertungen trotz vorhandener Defizite an Naturnähe
als sehr hochwertig eingestuft und daraus abgeleitet, dass die Fließgewässer auch in einem
zukünftigen Industriegebiet eine wichtige und wahrnehmbare Position haben werden.
Dementsprechend sieht die Planung statt des heute vorhandenen linearen begradigten Grabens die
Schaffung eines naturnahen Kleingewässers mit breitem Gehölzsaum, die Schaffung von
Laichmöglichkeiten für Amphibien und die Herstellung eines Quellbereiches mit Quellsumpf vor.
Insbesondere Letzteres entspricht durchaus auch der historischen Situation.
Hinsichtlich des Umganges mit der von der Bürgerinitiative besonders hervorgehobenen „Dunkers
Quellschnecke“ ist Folgendes richtigzustellen. Bereits in einem sehr frühen Planungsstadium hat sich
die Hansestadt Kenntnis über das Vorkommen der Quellschnecke in den Gewässern des
Plangebietes, aber auch darüber hinaus im Naturschutzgebiet „Quellbachsystem Eckenbachtal“
verschafft. Die Quellschnecke kommt hier in fast allen Quellbereichen vor. Sie dürfte dies auch in
vielen Quellen außerhalb des Stadtgebietes tun, wo die Wasserqualität entsprechend gegeben ist.
Die Quellschnecke hat eine Größe von 2-3 mm, sie ist fast durchsichtig und äußerst unscheinbar,
weshalb sie oft auch nicht so auffallen wird wie andere Wasserorganismen.
Die Bürgerinitiative „Eckenbachtal e. V.“ bemüht sich, die Quellschnecke als extrem selten und als
Rote Liste Art darzustellen, was falsch ist. Die Rote Liste NRW aus dem Jahr 2009 weist „Dunkers
Quellschnecke“ als ungefährdet und mäßig häufig aus. Aufgrund des Verbreitungsschwerpunktes der
Art insbesondere in den Quellen des Rheinisch-Westfälischen Schiefergebirges (NRW, RheinlandPfalz-Hessen) hat Nordrhein-Westfalen aber eine besondere Verantwortung für den Fortbestand
dieser Art. Dies bedeutet, dass man nicht leichtfertig mit Vorkommen von „Dunkers Quellschnecke“
umgeht, sondern verantwortungsvoll. Im vorliegenden Verfahren hat die Hansestadt Attendorn dies
auch getan und die Neuerstellung des südlichen Quellbereiches so vorgesehen, dass eine direkte
Wiederbesiedlung über einen von der Planung nicht betroffenen nördlicheren angebundenen
Quellbereich erfolgen kann. Die Hansestadt hat darüber hinaus im Umweltbericht zum Planverfahren
dargestellt, dass sie sich auch mit Umsiedlungsmöglichkeiten von Quellschnecken aus dem nicht zu
erhaltenden südlichen Quellbereich befasst. Dies ist allerdings nur möglich, wenn zum Zeitpunkt des
Eingriffs ein geeignetes wasserführendes Quellgewässer ohne bereits bestehenden
Quellschneckenbestand zur Verfügung steht.
Der Verlust von wertvoller Landschaft durch die Schaffung eines Industriegebietes oder auch die
Ausweisung von Wohngebieten ist wegen der damit verbundenen Versiegelung von Fläche
unvermeidbar. Ohne einen Eingriff in Natur- und Landschaft ist unsere heutige Lebensweise, unser
Lebensstandard weder möglich noch haltbar oder entwickelbar, wenn man entsprechende
Planungen umsetzen will. Das dies aber nicht willkürlich, sondern verantwortlich geschieht, wird
durch entsprechende Planungs- und Prüferfordernisse gesteuert.
Zusammengefasst stellt der Bürgermeister der Hansestadt Attendorn klar, dass dies bei der
Ausweisung des Industriegebietes „Fernholte“ in verantwortlicher Art und Weise geschehen ist.
Die Bürgerinitiative verkennt bei ihrem Streben nach Verhinderung, dass heutige Industrie- und
Gewerbegebiete absolut nicht mit den Ängste auslösenden Gebieten des frühen letzten Jahrhunderts
zu vergleichen sind. In einem die Emissionen gut berücksichtigenden Industriegebiet wird es
derartige Belastungen wie zu den angesprochenen Zeiten keinesfalls geben.
Wohnen und Arbeiten in räumlicher Nähe ist heute nicht nur etwas Machbares, sondern unter
Umweltgesichtspunkten ggfls. auch etwas Sinnvolles. Zu Fuß zur Arbeit gehen zu können oder mit
dem Fahrrad zum Arbeitsplatz zu kommen, ist auch eine Standortqualität, die im besten Fall sogar
die Anschaffung eines PKW und dessen Betriebskosten einspart. Es ist auch ein Standortvorteil für
angrenzende Ortslagen, der die Immobilienwerte nicht senkt, sondern bei einem entsprechend
gestalteten Gebiet auch Anreize schafft, aufgrund des Arbeitsplatzes vor Ort in eine Wohnimmobilie
zu investieren oder diese neu zu erwerben. Diesbezügliche Ängste zu sinkenden Immobilienwerten
weiterhin zu pflegen und ggfls. zu instrumentalisieren ist vor dem Hintergrund auch im Stadtgebiet
vorliegender Erkenntnisse weder berechtigt noch entspricht es den tatsächlichen Gegebenheiten.
Darüber, ob sich die Hansestadt Attendorn bzw. ihre Entscheidungsträger, verantwortlich mit der
Abwägung der betroffenen Belange auseinander gesetzt haben, mögen sich Leser dieses Artikels
gerne weitere Informationen einholen. Auf der Internetseite der Hansestadt Attendorn kann man zu
den jeweiligen Planungsständen des Bebauungsplanverfahrens „Fernholte“ diese Ausführungen noch
detaillierter nachvollziehen.
Abschließend nimmt der Bürgermeister zu den eingangs angeführten Unterstellungen Stellung:
In aller Schärfe ist die latente Unterstellung zurückzuweisen, die Hansestadt Attendorn habe mit
der Verpachtung der Flächen an einen Landwirt eine strafbare Handlung durch die Ausbringung
von Gülle mit dem Ziel der Zerstörung der Gewässer und ihrer Tierarten angeregt oder sogar
beauftragt.
Die unterstellte mutwillige Ausrottung der Tierwelt im Gewässer, z. B. von „Dunkers Quellschnecke“ ein derart naives Vorgehen mag die Bürgerinitiative zwar für möglich halten - wäre im Übrigen, dies
sei am Rande erwähnt, auch vollkommen sinnlos. Diese wäre auf dem angesprochenen Weg auch
wohl weder tatsächlich so möglich noch in einem wasserrechtlichem Verfahren von Belang, da es bei
wasserrechtlichen Bewertungen und Verfahren nicht nur um die gerade vorkommenden Lebewesen
eines Gewässers geht, sondern auch und insbesondere um dessen Potenzial, das – „die Quelle
sprudelt weiter“ - nicht so einfach zu zerstören wäre.
Belegbar und auch durch den Kreis Olpe überprüft, ist aktuell eine Belastung der Gewässer durch
Gülle nicht erfolgt. Es wurden dem bewirtschaftenden Landwirt bereits im Vorfeld seiner Aktivitäten
im Pachtvertrag die entsprechenden Auflagen gemacht. Aufgrund der zu erwartenden öffentlichen
Diskussion und Brisanz des Themas war es aus Sicht der Hansestadt Attendorn zu begrüßen, dass der
Landwirt zusätzlich im Vorfeld des Gülleeinsatzes auch noch eine qualifizierte fachliche Beratung
hinzugezogen hatte.
Der zur Zeit erfolgte Anbau von Mais und auch die damit verbundene Düngung dieses Getreides mit
Gülle nimmt für einen Übergangszeitraum grundsätzlich die Nutzung der landwirtschaftlichen
Flächen auf, die der Vorpächter betrieben hat. Die Weiternutzung der landwirtschaftlichen Flächen
erfolgt, dies zur Erklärung, damit sich keine geschützten Tierarten ansiedeln, die ihrerseits wieder
neue Planungs- und Ausführungshindernisse darstellen würden. Dies kann man bedauern und
anderes für naturgemäßer halten, es ist aber vor dem Hintergrund einer zunehmend restriktiven und
auch auf Einzelindividuen und Kleinpopulationen bestimmter Tierarten abstellenden
naturschutzrechtlichen Bewertung unvermeidbar.
Von Beginn des Gesamtverfahrens an bis hin zur aktuellen vorrübergehenden Nutzung der Flächen
durch einen Landwirt hat sich die Hansestadt Attendorn stets rechtmäßig verhalten. Sie wird dies
auch zukünftig tun, auch in einem möglicherweise aufgrund neuer Erkenntnisse erforderlichen neuen
wasserrechtlichen Verfahren, wenn es um die Inanspruchnahme der im Gebiet vorhandenen
Gewässer handelt.