Wer entscheidet, wie Kriens morgen aussehen soll?

P ub l i re p o rtag e
Die Krienser Politik erhält eine zweite Chance, das Projekt Eichhof-West zu beurteilen
Wer entscheidet, wie Kriens
morgen aussehen soll?
Die geplanten Hochhäuser auf dem Eichhof-Areal stossen auf Widerstand.
Immer mehr Krienserinnen und Krienser realisieren, dass hier etwas schief­
läuft. Zwei Hochhäuser von 68 bzw. 57 m Höhe sollen neu im Bau- und
Zonenreglement zugelassen werden. Eine ernsthafte öffentliche Debatte
darüber hat bisher aber kaum stattgefunden. Die Politik scheint bereit, die
umstrittenen Pläne der Personalvorsorge des Kantons Zürich, BVK, durchzuwinken. Erwin Rychener gehört als Architekt und Anwohner zu den Kritikern der Eichhof-Hochhäuser. Max Schmid hat mit ihm gesprochen.
Erwin Rychener, Architekt und
­Vorstandsmitglied im Verein
«Gegen bauliche Willkür», Kriens
Herr Rychener, was läuft denn Ihrer Meinung nach hier falsch?
Etwas vorweg: Ich bin nicht grundsätzlich gegen Hochhäuser, aber ich bin skeptisch gegenüber der Euphorie für Wohn- und Bürotürme, die jetzt auch die Region
Luzern zu erfassen scheint. Hochhäuser machen nur an bestimmten Standorten
Sinn. Ein 300 m langes Kreuzfahrtschiff kann in einem Meerhafen faszinierend
wirken, im Luzerner Seebecken wäre es unerträglich. So ist es auch mit Hochhäusern in unserer kleinräumigen, sensiblen Landschaft. Hochhäuser beherrschen den
Raum in der dritten Dimension – in der Höhe. Deshalb müssen sie mit besonderer
Sorgfalt in diese Landschaft eingebettet werden.
Also keine Hochhäuser im Raum Luzern-Kriens?
Doch, an geeigneten Lagen, vorzugsweise in der Ebene, sind Hochhäuser auch hier möglich. Hochhäuser machen dort Sinn, wo
sie eine städtebauliche Bereicherung sind. Der Prime Tower in Zürich oder die Allmend-Hochhäuser in Luzern fallen für viele in
diese Kategorie. Aber gigantische Wohntürme auf dem Eichhof-Areal lassen sich nur schwer als Bereicherung verstehen.
Warum denn nicht?
Weil dies kein Standort für Hochhäuser ist. Ich kenne keine Architekturtheorie, nach der Hochhäuser direkt am Hang vor einem
feinkörnig gewachsenen Wohngebiet als sinnvoll betrachtet werden. Glücklicherweise gibt es bisher in der Schweiz auch keine
Beispiele dafür. Schauen Sie sich das Modell des Projektes an. Die beiden Hochhäuser krallen sich förmlich in den Hang des Dattenbergs hinein, an dem Dutzende von zwei- oder dreigeschossigen Häusern stehen.
Gibt es denn gesetzliche Bestimmungen, welche den Standort von Hochhäusern regeln?
Das 2008 verfasste regionale Hochhauskonzept Luzern bleibt sehr vage. Präzis gefasste Hochhausrichtlinien gibt es ausgerechnet in der Stadt Zürich, dort wo die Bauherren und Architekten domiziliert sind, die – vermutlich aus Rendite-Gründen – Hochhäuser auf dem Eichhof-Areal für gerechtfertigt halten.
In den Zürcher Richtlinien werden explizit Standorte an topographisch empfindlichen und bevorzugten Wohngebieten wie
Hang-, Ansichts- und Aussichtslagen untersagt. Begründet wird dies mit städtebaulichen Prinzipien. Was in Zürich unmöglich zu
realisieren ist, will ein Zürcher Investor nun in der Region Luzern bauen.
Sie halten das Luzerner Hochhauskonzept für ungenügend?
Ja. Weil das Konzept sehr rudimentär ist, kümmert man sich nur am Rande um die Frage, welcher Standort für Hochhäuser in
der dicht bebauten Region Luzern Sinn macht und gerechtfertigt ist. Vielmehr scheint die Frage im Vordergrund zu stehen, wo
es noch ein Grundstück gibt, auf dem man ein Hochhaus bauen könnte.
Zwingt uns die prognostizierte Bevölkerungszunahme nicht auch in Kriens dazu, verdichtet zu bauen?
Grundsätzlich ja. Nur: Verdichtetes Bauen hat nichts mit Hochhäusern zu tun. Mehrere nebeneinander stehende Hochhäuser
erfordern ebenfalls gegenseitige räumliche Distanz. Aus diesem Grund legt das Luzerner Planungs- und Baugesetz fest, dass
beim Bau von Hochhäusern die zonengemässe Ausnützung nicht überschritten werden darf. Somit ist das Argument, Verdichtung sei nur mit Hochhäusern zu erreichen, schlichtweg falsch.
Was sind die nächsten Schritte?
Die Ortsplanrevision und der Bebauungsplan Eichhof West werden demnächst im Einwohnerrat behandelt. Damit erhalten
unsere Politiker eine zweite Chance, das Projekt zu beurteilen. Sie hören hoffentlich neue Argumente und stellen neue Fragen:
Was gewinnt Kriens mit Hochhäusern am falschen Ort? Hängen höhere Steuereinnahmen durch eine neue Bebauung tatsächlich
von der Höhe der Bauten ab? Wir möchten zusammen mit der Bevölkerung Argumente hören. Je nach Ausgang der politischen
Debatte werden die Krienser Stimmbürger entscheiden müssen.