BIENE_11_012.qxp 10.10.2007 11:55 Uhr Seite 12 Berufsimker Wolfgang Stöckmann bevorzugt helle Kleidung, einen Imkerhelm und Amischleier. lich gestaltet ist die Verbindung zwischen Blouson und Schleier. Profis schwören meist auf Blusen mit Wulstkragen. Der Schleier lässt sich so leicht abnehmen und wieder aufsetzen, ohne dass man am Bienenstand mühselig mit Reißverschlüssen hantieren muss. Außerdem kann man Schleier und Oberteil unabhängig voneinander erwerben. Geht ein Teil kaputt, muss man nicht nach Ersatzteilen forschen oder die ganze Kombi wegschmeißen. Praktisch sind einige aufgesetzte Taschen. Besen, Stockmeißel und einen Stift sollte man stets zur Hand haben und in diesen Taschen verstauen können. Helle Kleidung, dunkle Bären SCHWERPUNKT ARBEITSSICHERHEIT So macht die Biene keine Stiche Ein weißer Anzug und ein dampfender Smoker – Schutzkleidung gehört zum Sinnbild des Imkers wie kein anderes Requisit. Viele Imkerprofis gehen am liebsten „ohne alles“ an die Bienen. Anfänger haben oft gern ein dickes Stück Stoff zwischen der eigenen Haut und den Stacheln ihrer Bienen. Welche Schutzkleidung ist sinnvoll? Wir fragten einige Experten um Rat. D ie meisten Blousons und Anzüge, die in Deutschland auf dem Markt sind, werden aus einem weißen Baumwollstoff mit einer Art Fischgrätstruktur gefertigt – sogenanntem Köperstoff. Absolut stichfest sind sie nicht – aber das macht nichts, wenn die Kleidung locker und luftig am Körper liegt. Der bequeme Sitz ist wichtig bei der Wahl der Kleidung. Am häufigsten findet der Stachel an Stellen, an denen der Anzug eng anliegen muss, den Weg in die Haut. Die Ärmelbündchen sollten das Gelenk fest umschließen, aber auch wiederum nicht so eng sein, dass das Gummi das Blut abschnürt. Unterschied- Über die Farbe der Imkerkleidung kursiert manch imkerliche Mär. „Man sollte helle Kleidung tragen, weil Bären dunkel sind.“ „Tarnfarben sind am besten, dann wird man von den Bienen nicht gesehen.“ Solche und ähnliche Imkerweisheiten werden zitiert, sind aber nicht bewiesen. Dennoch ist helle Schutzkleidung beliebt. Dafür spricht, so sagt Imkerexperte Karl Nikolaus Spürgin, dass helle Stoffe das Licht reflektieren und der Imker beim sommerlichen Besuch am Bienenstand nicht so schnell ins Schwitzen gerät. Weiß muss es nicht unbedingt sein, denn dieser Ton verschmutzt sehr schnell, wenn man Zargen trägt, gibt Spürgin zu bedenken. Berufsimker Wolfgang Stöckmann arbeitet – wenn überhaupt in Schutzkleidung – in hellem Anzug. Viele seiner Berufskollegen kauften aber auch farbige Anzüge in Landwirtschafts-Fachgeschäften. Von gelber Farbe rät Stöckmann ab: „Rapsglanzkäfer und andere Insekten werden davon angezogen. Zur Rapsblüte sitzen Sie ganz voller Käfer – das ist unangenehm“, berichtet Stöckmann. „Rot, Grün, Blau, Weiß oder Beige – ist alles gleich“, sagt Dr. Gerhard Liebig. Er besitzt in jeder dieser Farben eine Latzhose. Die Zahl der Stiche, die er bei der Arbeit im jeweiligen Kleidungsstück erhielt, hat er sogar schon einmal ausgewertet. Ergebnis: Den Bienen war die Farbe einerlei. Auch Tarnfarben werden oft genutzt. Auf den oliv gemusterten Stoffen sind Verunreinigungen aus Wachs, Honig und Propolis nicht so schnell zu erkennen – was natürlich kein Freischein sein soll, die Anzüge nicht zu waschen. Beim Kauf der Kleidung sollte man auf Waschbarkeit achten. Stöckmanns Imkerkleidung wandert in der Hochsaison alle drei bis vier Tage in die Waschmaschine. Die weißen Baumwollstoffe halten hohe Waschtemperaturen aus und werden so wieder „blütenrein“. Welcher Hut darf’s sein? Links: Leder- oder Gummihandschuh? Letztendlich eine Geschmacksfrage. Rechts: Sheriff-Bienenkleidung ist teuer, aber sehr leicht und luftig. Fotos: Sabine Rübensaat 12 (492) Auch Profis tragen häufig einen Gesichtsschutz, selbst wenn sie sonst auf Schutzkleidung verzichten. Bienen verfangen sich leicht in den Haaren oder werden von blinkenden Augen irritiert. Manche Schleier lassen sich direkt durch einen Reißverschluss mit der Jacke verbinden. Allerdings zählen die Reißverschlüsse zu den Teilen, die am ehesten kaputtgehen. Wer sich für ein solches Modell entscheidet, sollte auf eine hochwertige Verarbeitung achten. Schnüre DEUTSCHES BIENEN-JOURNAL 11/2007 BIENE_11_013.qxp 10.10.2007 11:55 Uhr zum Zubinden des Schleiers sind bei erfahrenen Imkern in der Regel eher unbeliebt. Als zu aufwendig bezeichnet sie Jens Radtke vom Bieneninstitut Hohen Neuendorf. „Damit stranguliert man sich nur“, sagt Wolfgang Stöckmann. Häufig bevorzugt wird der Amischleier mit separatem Hut. Die Kombination kostet je nach Anbieter und Ausführung um die 30,00 Euro. Der Hut aus luftdurchlässigem Flechtwerk ähnelt einem Tropenhelm. Nur das innen befestigte, größenverstellbare Band liegt direkt auf dem Kopf auf. Die frische Brise kann direkt hindurchpfeifen und verhindert, dass der Imker allzusehr ins Schwitzen gerät. Der viereckige Amischleier ist aus einem feinen Drahtgeflecht gefertigt. Stöckmann schätzt an diesem Modell die stabile Form: „Vor allem für Brillenträger ist das gut. Der Abstand zwischen Schleier und Auge verändert sich nicht dauernd, sodass man beim Gucken nicht irritiert wird“, sagt er. Einen weiteren Vorteil benennt Karl Nikolaus Spürgin: „Bei den einfachen Gazeschleiern liegt der Stoff am Hals an, wenn man sich bückt. Dann können die Bienen doch hindurchstechen“, so der Spezialist. Sheriff-Kleidung im Ausland modern Ein Modell, das in englischsprachigen Ländern weit verbreitet ist, setzt sich in Deutschland nur langsam durch. Der Imkeranzug der englischen Firma Sheriff ist aus extrem dünnem und dennoch stichfestem Material gefertigt, einer Mischung aus Polyester und Baumwolle. Den ovalen Imkerschleier verbindet man per Reißverschluss mit dem Anzug. Der Hut kann Seite 13 nach hinten geklappt werden und faltet sich wie eine Kapuze zusammen. „Der Anzug ist teurer als die anderen Modelle, aber er ist extrem gut verarbeitet“, sagt eine Mitarbeiterin der Firma Swienty, die das Modell vertreibt. Vor allem der dünne Stoff trage sich sehr angenehm. Bei Berufsimkern erfreue sich das Modell zunehmender Beliebtheit. Die Imkerkombi inklusive Schleier kostet bei Swienty um die 180,00 Euro. Brasiliens Bienen fliegen auf Schwarz Schwitzige Hände Ein Körperteil, an dem die Bienen so manchen Stich landen, sind die Hände. Gerade bei der Arbeit am Volk ist Fingerspitzengefühl nötig, weshalb die meisten Profis auf Handschuhe verzichten. Wer den Stichschutz an den Fingern nicht missen möchte, hat die Wahl zwischen Gummi- und Lederhandschuhen. Für Gummihandschuhe spricht die bessere Waschbarkeit. Vielen Imkern gefällt jedoch nicht, dass man im luftundurchlässigen Material leicht schwitzige Hände bekommt. An den Lederhandschuhen bemängeln andere, dass man in diesen nicht mehr viel fühlen kann und das Leder leicht Schmutz und Gerüche annimmt. Preisgünstiger sind Gummihandschuhe, die in dickerer und damit halbwegs stichfester Ausführung in jedem Bau- und Gartenmarkt zu bekommen sind. Gegen Stiche vollständig schützen kann man sich nach Meinung aller Profis kaum – aber was wäre die Bienenhaltung ohne den einen oder anderen Piekser? Silke Beckedorf Foto: Gonçalves I n Südamerika, wo die Imker mit der aggressiven afrikanisierten Biene arbeiten, hat die Farbe des Schleiers durchaus eine Wirkung. Prof. Lionel Gonçalves von der Sao Paulo Universität fand in Versuchen heraus, dass Imker, die Schleier mit einem dunklen Sichtfeld tragen, nachweislich häufiger von den Bienen attakiert werden als solche, deren Schleier einen weißen Sichtschutz besitzt. Da man durch einen hellen Schleier jedoch nicht so gut sehen kann, arbeiten die Forscher jetzt an einem doppel-farbigen Modell, das innen schwarz und außen weiß ist. „Weiße Farbe ist für das Arbeiten mit der afrikanisierten Biene am besten geeignet“, fasste Gonçalves seine Forschungen auf der Apimondia in Melbourne zusammen. Der beste Stichschutz ist die Biene O bwohl der Wert von Imkerschutzkleidung von kaum einem Profi in Frage gestellt wird, lässt sich ohne stoffliche Distanz zwischen Imker und Imme am besten arbeiten. Damit die Bienen die imkerliche Haut nicht allzu sehr punktieren, sollte man vor allem auf friedliches Bienenmaterial achten. Für den möglichst „stichfreien“ Umgang mit den Bienen braucht man außerdem Erfahrung. „Anfänger nehmen häufig die Waben zu hektisch hoch oder sie rollen die Bienen – sie drücken sie mit den Waben aneinander“, sagt Wolfgang Stöckmann. Darauf können die Schützlinge ungehalten reagieren. Karl Nikolaus Spürgin betont, dass es dennoch wichtig ist, irgendwann den Schritt zum schutzkleidungsfreien Arbeiten am Volk zu wagen. „Wer zu lange in Schutzkleidung arbeitet, etwickelt nicht das nötige Feingefühl“, gibt der Imkersenior zu bedenken. Da man die Bienen mit Handschuhen nicht so gut handhaben kann wie ohne, bewegt sich der stark geschützte Imker zwangsläufig ungeschickter – was die Bienen aggressiver macht und wiederum die Angst des Imker-Neulings vor Stichen erhöht. DEUTSCHES BIENEN-JOURNAL 11/2007 Wer seine Bienen selbst auf Sanftmut selektieren will, ist übrigens auf Stich-Erfahrung angewiesen: „Um die Honigleistung eines Volkes zu beurteilen, braucht man eine Waage. Um die Sanftmut einzuschätzen, muss man ohne Schutzkleidung arbeiten“, sagt Gerhard Liebig. Ganz ohne Schutzkleidung gehen auch die Profi-Imker nicht ans Werk. Wenn Spürgin an seinen Völkern arbeitet, hat er Hut, Schleier und Blouson griffbereit im Auto liegen. „Es kann immer sein, dass etwas passiert, zum Beispiel eine Wabe herunterfällt“, sagt er. Stöckmann schwört bei Wind, Kälte, Tiefdruck und Gewitter auf Schutzkleidung. „Aber das ist ohnehin Wetter, bei dem der Imker normalerweise nichts an den Bienen verloren hat“, sagt er. „Wenn die Flugbienen im Volk sind, sollte man sie eigentlich in Ruhe lassen“, mahnt der Berufsimker. Manchmal ist der Eingriff in der großen Imkerei aber dennoch nötig – und dann geht auch der Profi verschleiert an das Volk. Dieses Modell aus Baumwolle ist im Imkerfachhandel zu erhalten. Fazit der Imker-Auszubildenden Melanie Röck: Angenehm zu tragen, aber das Gitter liegt zu dicht am Gesicht an. (493) 13
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