A n n a Pe i n Mädchenzimmer mit Soldaten © henschel SCHAUSPIEL Theaterverlag Berlin GmbH 1 © henschel SCHAUSPIEL Theaterverlag Berlin GmbH 2006 Als unverkäufliches Manuskript vervielfältigt. Alle Rechte am Text, auch einzelner Abschnitte, vorbehalten, insbesondere die der Aufführung durch Berufs- und Laienbühnen, des öffentlichen Vortrags, der Buchpublikation und Übersetzung, der Übertragung, Verfilmung oder Aufzeichnung durch Rundfunk, Fernsehen oder andere audiovisuelle Medien. Das Vervielfältigen, Ausschreiben der Rollen sowie die Weitergabe der Bücher ist untersagt. Eine Verletzung dieser Verpflichtungen verstößt gegen das Urheberrecht und zieht zivil- und strafrechtliche Folgen nach sich. Die Werknutzungsrechte können vertraglich erworben werden von: henschel SCHAUSPIEL Marienburger Straße 28 10405 Berlin Wird das Stück nicht zur Aufführung oder Sendung angenommen, so ist dieses Ansichtsexemplar unverzüglich an den Verlag zurückzusenden. F1 2 © henschel SCHAUSPIEL Theaterverlag Berlin GmbH PERSONEN Elfi spricht die Soldaten: ElfiGünther ElfiAdolf ElfiWaldemar Hanne spricht die Soldaten: HanneJosef HanneHelmut HannePaul Elfi und Hanne sprechen außerdem abwechselnd: Herbert Volkmann, Vater = ElfiVater oder HanneVater Kunigunde, Krankenschwester = ElfiKunigunde oder HanneKunigunde (Film)Figuren: Sylvia Volkmann, Mutter Josef Kaminski, Liebhaber Herbert Volkmann, Vater Puppen: OLGA, LIESE, PETERCHEN, 1 TEDDY + 2 Namenlose ORTE Kinderzimmer mit Puppenhaus/möglich auch ein Altenpflegeheim Wohnküche (Projektion) © henschel SCHAUSPIEL Theaterverlag Berlin GmbH 3 (Kinderzimmer. Abend. Hanne und Elfi liegen in ihren Betten.) ElfiGünther Was macht dein Bein? HanneJosef Mein rechtes Bein tut weh – am linken großen Zeh. ElfiGünther Oh je oh je oh je – oh je oh je oh je. (Sie kichern.) Schneid es einfach ab. HanneJosef Das ist ja schon abgeschnitten. Es sind nur die Nerven, die mich schmerzen. Elfi Komisch ne? – daß man was fühlen kann, was es gar nicht gibt. HanneJosef Und was macht dein Arm? ElfiGünther Mein armer Arm er ist so lahm! Gott erbarm oh Gott erbarm! (Sie lachen.) HanneJosef Herzliches Beileid, mein lieber Günther! ElfiGünther Danke gleichfalls, mein lieber Josef! (Mutter kommt ins Zimmer und setzt sich ans Bett.) Mutter Und? Seid ihr meine beiden lieben Mädchen? Elfi und Hanne Jaaa! Mutter Und habt ihr ein gutes Herz? Elfi und Hanne Jaaa! Mutter Und seid ihr dem lieben Gott dankbar, weil es euch gibt? Elfi und Hanne Jaaa! (Mutter küßt die beiden, zieht eine Spieluhr auf. Guten Abend, Gute Nacht, fortlaufend.) Mutter Gute Nacht! Elfi Machst du das Licht im Puppenhaus aus? © henschel SCHAUSPIEL Theaterverlag Berlin GmbH 5 Hanne Und bringst du sie auch ins Bett? (Mutter geht zum Puppenhaus.) Mutter (Scherzhaft zu den PUPPEN.) Eins – Zwei – Drei – Vier – Fünf – Sechs – Sieben wo ist denn die Acht geblieben?! Elfi Die Peterpuppe? Hanne Die Liese? Mutter Die Olga! Daaa hat sie sich hinterm Herd versteckt! Marschmarsch in die Falle, wird das was! Hanne Lieber Gott mach sie fromm, daß sie in den Himmel komm’! Elfi Amen! Hanne Sie sind klein, ihr Herz ist rein, soll niemand drin wohnen als Jesus allein! Elfi Amen! (Mutter schaltet das Licht im Puppenhaus aus.) Mutter Schluß jetzt. Ich weck euch halb sieben. Hanne Ganz bestimmt? Mutter Ganz bestimmt. (Singt die letzten Zeilen des Liedes mit.) Morgen früh, wenn Gott will, wirst du wieder geweckt … morgen früh, wenn Gott will, wirst du wieder geweckt. Elfi Schwörst du? Mutter Ich schwöre. (Mutter geht raus und schließt die Tür.) ElfiGünther Sie hält sich für Gott. HanneJosef Sie ist ja auch sanft und gut. Sie ist – mild. Wie ein Engel – unser aller Lieblingsschwester … Magdalena. ElfiWaldemar Kunigunde. HanneJosef Magdalena. 6 © henschel SCHAUSPIEL Theaterverlag Berlin GmbH ElfiWaldemar Kunigunde. Elfi Heut darf ich ihren Namen aussuchen! Hanne Na gut. – „Alle kranken Soldaten lieben Schwester Kunigunde. Aber sie ist viel zu stolz und rein. Bis dann der eine kommt – der eine der sie …“ (Elfi wirft mit dem Kissen.) Elfi Hannelore! Jetzt doch noch nicht! Hanne Nochmal. ElfiGünther Sie hält sich für Gott. HanneJosef Sie ist ja auch sanft und gut. Sie ist – mild. ElfiWaldemar Der Engel der Verwundeten. HanneJosef Unser aller Lieblingsschwester Kunigunde. Elfi Sie hat geschworen, daß SIE uns wieder weckt. Was sie sich einbildet. Vielleicht will Gott ja lieber – daß wir im Schlaf sterben … Hanne (Ängstlich.) Wir beiden? Elfi (Leise, dramatisch.) Wir alle. Alle! ElfiAdolf Adolfus! HanneHelmut Helmut! ElfiWaldemar Waldemar! HanneJosef Josef! ElfiGünther Günther! HannePaul Paul! ElfiGünther Höhöhö – heut um Mitternacht, da holt uns der Toood! Er sieht aus wie Schwester Kunigunde. HanneHelmut Kann ihm nicht mal einer das Maul stopfen? © henschel SCHAUSPIEL Theaterverlag Berlin GmbH 7 HanneJosef Man spricht nicht vom Tod. Günther weiß einfach nicht, was sich gehört. HannePaul Er ist so gemein. Jetzt habe ich Angst vor dieser Nacht. *Filmprojektion/fortlaufend.* Mutter sitzt an der Nähmaschine und näht ein Kleid fertig. – Maschinengeräusche. Elfi Hanne? Hör mal … Mutti näht. (Sie lauschen auf die Maschine.) Was sie wohl näht? Hanne Los, weiter. Nochmal. ElfiGünther Höhöhö – heut um Mitternacht, da holt uns der Toood! Er sieht aus wie Schwester Kunigunde. HannePaul Er ist so gemein. Jetzt habe ich Angst vor dieser Nacht. (HannePaul fängt an zu schluchzen.) *Filmende.* ElfiAdolf Günther hält sofort sein dreckiges Maul sonst kommt er ins Arbeitslager! Und Paulchen hört auf zu flennen wie ein Mädel sonst kommt er zum BDM! ElfiGünther Bitte um Entschuldigung, Herr Adolf! ElfiAdolf … us! Alle Männerstimmen Us – us – us – us – us! HannePaul (Schniefend.) Herr Adolfus, I schleck your pardon, aber ich bin doch erst siebzehn und der Günther ist ein Schuft. Ich kann das nicht vertragen, denn ich habe Fieber. ElfiAdolf Gradzahl? HannePaul Vierundvierzigacht. ElfiWaldemar Was?! 8 © henschel SCHAUSPIEL Theaterverlag Berlin GmbH ElfiAdolf Rektal oder anal? Hanne (Leise.) Was ist das, Elfi? ElfiAdolf Unterm Arm – oder im Poloch? HannePaul (Prustend.) Im Poloch! ElfiAdolf Wer hat Fieber gemessen? HannePaul Ich selber. ElfiWaldemar Wie er lügt! Schwester Kunigunde hats getan! Gibts doch zu! Das darf man gar nicht selber! HannePaul Jaaah … Das stimmt. Ich hab mich so geniert … ElfiGünther Ach Paulchen. Das ist sie doch gewöhnt. Das macht so eine jeden Tag. HannePaul Das könnt ich nicht. Stell dir das mal vor! ElfiGünther Man muß sich nun vorstellen, daß man als Mann Fieber mißt im Po von Mädchen und Frauen. HannePaul Das ist längst nicht so schlimm. HanneJosef Was! Das ist tausendmal grausamer! ElfiGünther Für das Mädchen vielleicht. Für den Mann ist das knorke. Hanne Meinst du wirklich? Elfi Auf jeden Fall. HanneHelmut Nur vor meiner Mutter genier ich mich nie. Sie hat mir sogar schon mal hinten einen Bandwurm rausgezogen. Elfi Pschscht! Sei mal still jetzt. Hanne Was ist denn? * Film/fortlaufend.* Mutter gießt mit einem Eimer Wasser in eine Zinkwanne, nimmt einen Topf kochendes Wasser vom Herd, gießt auch ihn hinein. Sie zieht sich aus, steigt in die Wanne und wäscht sich plätschernd. © henschel SCHAUSPIEL Theaterverlag Berlin GmbH 9
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