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Nach dem Tode Max II. kaufte Ludwig II. das Schiff
am 16. Juni 1865 für 18 000 Gulden.184 Es ging damit
aus Staatsbesitz in sein persönliches Eigentum über. An­
schließend wurde der Dampfer renoviert und in »Tristan«
umgetauft. Er wurde von Schiffsmeister Bach und acht
Arbeitern aus dem Wasser gehoben und auf ein Gerüst ge­
stellt. Dann wurde die Maschine zum Teil überholt und
verbes­sert. Dazu lieferten Schmiedemeister Kergl in Starn­
berg und die Firma Rathgeber in München verschie­dene
Maschinenteile. Dann wurde das Schiff außen und innen
neu gestrichen, desgleichen das Rettungs­boot samt den
Rudern. Die Verzierungen wurden neu vergoldet, und auf
die Radkästen kam der neue Name »Tristan«. Ein Tapezie­
rer hatte die Polstermöbel neu aufzurichten und mit rotem
Samt bzw. grünem Ledertuch neu zu beziehen. Ein neuer
Wachstuchteppich wurde verlegt, und über das eiserne Ka­
napee auf dem Verdeck kam ein Überzug aus Gummilein­
wand. Au­ßerdem erhielt das Schiff zwei neue weiß-blaue
Flag­gen, zwei ältere wurden umgearbeitet. Das Sonnen­
dach auf dem Verdeck wurde schließlich noch mit weiß­blauem Pendaleur-Zeug vergrößert und neu bezogen.
Gleichzeitig wurden neue Matrosenuniformen be­
schafft. Der königlich bayerische Konsul in Bremen
schickte als Muster eine blaue Matrosenjacke, eine blaue
Hose, einen blauen Überrock und ein blaues Hemd, dazu
ein schwarzseidenes Halstuch und einen Matrosenhut
aus Wachstaffet. Aus München wurden Messingknöpfe
besorgt, und Herr Rosipal lieferte Taffethalstücher für
den Schiffsmeister und seine Gehilfen. Außerdem wurden
mehrere weiße Beinkleider angefertigt. Die Uniformen
des Schiffsmeisters Jakob Bach, der etwas erhöht auf dem
Achterdeck am Ruder stand, und der beiden Matrosen
Xaver und Isidor Bach sind auf dem Aquarell von E. Cor­
rens (1867) gut zu erkennen. Zu diesen drei kamen noch
der Maschinist und Heizer Alois Heckenstaller sowie als
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zeitweilige Aushilfe der Ma­schinist Georg Strauß, Eisen­
bahnschlosser aus Mün­chen.185
König Ludwig II. scheint sehr gerne und oft mit dem
Dampfer gefahren zu sein, vor allem zur Roseninsel oder
nach Possenhofen hinüber. Es ist auch anzuneh­men, daß er
seinen Gästen dieses reizvolle Dampfboot gerne vorgeführt
hat, zumindest in den Jahren, in de­nen er sich noch nicht
menschenscheu aus der Öffent­lichkeit zurückzog. Zwei
Aquarelle von Joseph Wat­ter aus dem Museum Starnber­
ger See zeigen solche Fahrten mit Gästen. Das eine, datiert
1866, zeigt ihn zusammen mit einem Besucher, beim man,
dem Aussehen nach, gerne an Richard Wagner denken
möchte. Das zweite schildert den Besuch der Kaiserin Ma­
ria Alexandrowna von Rußland, die im September 1868
zu einem Besuch nach München kam. Das Bild zeigt den
abendlichen Empfang vor Schloß Berg. Ein Baldachin aus
Lam­pions wird von einer leuchtenden Krone zusammenge­
faßt, über der die kaiserlich-russische Flagge weht. Rechts
im Hintergrund Himbsels Dampfer »Maximi­lian«, der
wohl die übrigen Gäste aufgenommen hat.
Georg Jakob Wolf hat uns die Beschreibung dieses wohl
letzten großen Seefestes nach einem Augenzeu­genbericht
mitgeteilt.186 Er beginnt mit der Ankunft der Kaiserin am
Bahnhof Pasing, wo sie von Ludwig II. abgeholt wurde.
»Man fuhr nach Berg. Ein früher Abend brach an, aber
der Schloßpark erstrahlte im Glanz von tausend Lichtern.
Palmen waren überall ; alle Gewächshäuser waren geplün­
dert worden. Die letzte farbige Pracht des Herbstes ergoß
sich in die Räume des Schlosses, dessen schönste Räume
dem Gaste eingeräumt worden waren. Ein Seefest war in
Szene gesetzt worden, das an Pracht hinter jenen Starn­
berger Bucintoro-Festen des bayerischen Kur­fürsten Fer­
dinand Maria nicht nachstand.
Inmitten der entzückenden Märchenpracht der von
balsamischem Blumenduft umwobenen Roseninsel hatten
101 E. Correns, König Ludwig II. vor seinem Dampfschiff
»Tristan«, 1867.
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