200 Jahre Salzburg bei Österreich 14. April 2016

200 Jahre Salzburg bei Österreich
14. April 2016, Residenz Salzburg
Grußworte Bundespräsident Dr. Heinz Fischer
Es gilt das gesprochene Wort!
Am 14. April 1816 – also heute vor 200 Jahren – wurde der sogenannte Münchener Vertrag
zwischen dem Kaisertum Österreich und dem Königreich Bayern unterschrieben, mit dem
das damals unter bayrischer Herrschaft gestandene Land Salzburg dem Kaisertum
Österreich übertragen wurde.
April 1816, das heißt zehn Monate nach Abschluss des Wiener Kongresses. Das heißt 25
Jahre nach dem Tod von Wolfgang Amadeus Mozart und elf Jahre vor dem Ableben von
Beethoven, der 1816 seinen Liederzyklus "An die ferne Geliebte" vollendete. Goethe war
damals 66 Jahre alt und in der Wiener Hofburg regierte Kaiser Franz I.
1816, das ist ein Jahr nach der Geburt von Bismarck und zwei Jahre vor der Geburt von
Karl Marx.
Als damals – also im April 1816 – Salzburg an das Kaisertum Österreich übertragen wurde,
verblieb aber ein Teil des historisch gewachsenen Landesgebietes bei Bayern, ein anderer
Teil kam zu Tirol. Das nun geschaffene nominelle Herzogtum Salzburg umfasste also nicht
das ganze ursprüngliche Territorium des reichsunmittelbaren Erzstiftes Salzburg. Zwischen
der Aufhebung dieses geistlichen Fürstentums im Jahr 1803 und der erwähnten
Besitznahme durch das Kaisertum Österreich hat Salzburg insgesamt nicht weniger als fünf
unterschiedliche Landesherren erlebt.
Die Eingliederung Salzburgs in das Kaisertum Österreich brachte zwar Kontinuität, aber in
staatsorganisatorischer Hinsicht zunächst eher einen Abstieg gegenüber dem stolzen und
traditionsreichen geistlichen Fürstentum. Die Stadt Salzburg war nicht mehr
Landeshauptstadt, das Herzogtum Salzburg wurde der Verwaltung in Linz untergeordnet
und als fünfter Kreis des Erzherzogtums Österreich ober der Enns von einem
Kreishauptmann verwaltet. Ein Historiker (= G. A. Pichler, Salzburgs Landesgeschichte
1865, Seite 1033) schrieb, der stolze Residenzplatz in Salzburg habe damals angefangen,
sich in eine Wiese zu verwandeln.
Erst nach der Revolution von 1848 ergaben sich neue Entwicklungen. Zwar gelang die
Gründung eines Landtages zunächst noch nicht, aber die oktroyierte Verfassung vom 4.
März 1849 nahm Salzburg in den Kreis der Kronländer auf. Eine Landesverfassung wurde
erlassen und seit 1. Jänner 1850 gab es eine Landesbehörde in Salzburg. Der entscheidende
Durchbruch aber wurde mit der Schaffung des Salzburger Landtages erreicht, der aufgrund
der Salzburger Landesordnung vom 26. Februar 1861 und der Landtagswahlordnung am 6.
April 1861 zusammentreten konnte.
Salzburg war immer schon ein Land der Vielfalt: in landschaftlicher und auch in kultureller
Hinsicht. Im gesamtösterreichischen Vergleich ist Salzburg heute eines der wohlhabendsten
Bundesländer, aber es hat in seiner Geschichte auch bittere Armut kennengelernt. Die
Gründung der Salzburger Festspiele aber auch der Bau der Großglocknerstraße verfolgten
mehrere Ziele, zu denen aber auch das Bemühen zählte der sozialen und ökonomischen
Krise entgegenzuwirken und neue Horizonte in kultureller und touristischer Hinsicht zu
öffnen.
Im 20. Jahrhundert teilte Salzburg in vollem Umfang das Schicksal Österreichs – zunächst
der Monarchie und dann der Republik. Es feierte im Sommer 1914 – von wenigen
Ausnahmen wie z.B. Georg Trakl abgesehen – wie auch andere Teile der Monarchie den
erlösend scheinenden Griff zu den Waffen in der Auseinandersetzung mit Serbien und litt
gemeinsam mit allen anderen Teilen Österreichs unter den immer schrecklicher werdenden
Folgen der Urkatastrophe des 20. Jahrhunderts. Es erlebte und erlitt das Schicksal der
Ersten Republik, das Ende der Parlamentarischen Demokratie, den Anschluss an HitlerDeutschland und den Zweiten Weltkrieg, in dem noch viel mehr Opfer als im Ersten
Weltkrieg zu beklagen waren. Es erlebte aber auch den Wiederaufstieg Österreichs in der
Zweiten Republik. Der Bundeskanzler der Republik Österreich in der Zeit von 1964 bis 1970
war ein Salzburger und zwar der bis zu diesem Zeitpunkt als Landeshauptmann dienende
Dr. Josef Klaus.
Die Entwicklung des Landes in der Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg ist eine
Erfolgsgeschichte. Nach dem Zweiten Weltkrieg wuchs die Bevölkerung des Landes Salzburg
neben Vorarlberg und Tirol am stärksten. Während im österreichischen Durchschnitt die
Bevölkerung in diesem Zeitraum um etwa ein Viertel gestiegen ist, hat sie in Salzburg um
zwei Drittel zugenommen. Das Land ist nicht mehr in erster Linie ein Agrarland, die
Industrialisierung hat große Fortschritte gemacht, vom Fremdenverkehr ganz zu schweigen.
Im Jahr 1950 gab es 3,11 Millionen Nächtigungen im Land Salzburg, im Tourismusjahr 2015
konnten über 26 Millionen Nächtigungen registriert werden. Im Jahr 1880 wurden bei der
Volkszählung rund 95.000 Personen als Beschäftigte registriert, derzeit sind es rund
280.000.
Die Strahlkraft der Landeshauptstadt geht weit über Europa hinaus. Ihr Stadtbild ist –
abgesehen von der einzigartigen Mischung von Gotik und Barock – deutlich geprägt von
italienischen Einflüssen. Neben der Universität, die zeitweise auf eine theologische
Fakultät reduziert war, sind in weiterer Folge das Mozarteum und die Paracelsus
Medizinische Privatuniversität dazugekommen. Salzburg ist nicht nur ein künstlerisches,
sondern auch ein wissenschaftliches Zentrum.
Zum heute begangenen festlichen Anlass hat das Land Salzburg einen schönen Sammelband
mit dem Titel "Salzburg – Wien: Eine späte Liebe" herausgegeben. Herr Landeshauptmann
Wilfried Haslauer hat eine treffende "Betrachtung" vorangestellt. Er macht deutlich, dass
mit dem Begriff "Wien" im Titel des Buches nicht nur die Stadt Wien gemeint ist, sondern
auch der Bund bzw. unsere Republik Österreich.
In manchen Phasen der Geschichte, vor allem in der Zwischenkriegszeit, waren die
Beziehungen zwischen Salzburg und Wien nicht frei von Spannungen.
Aber – wie Wilfried Haslauer in seiner schon erwähnten Betrachtung schreibt – "Vielleicht
gibt dieses Jubiläum Anlass, auch mehr über das Gemeinsame zu sprechen und nicht über
das Trennende." Das ist ein guter Vorschlag und ein schönes Ziel. Denn die Wiener und die
Salzburger unterscheidet so manches. Aber alle sind Österreicher und in gleicher Weise
auch Europäer.
Alles Gute für die nächsten 200 Jahre!