Kunstbücher - e

Kunstbücher
Objekttyp:
BookReview
Zeitschrift:
Du : die Zeitschrift der Kultur
Band (Jahr): 35 (1975)
Heft 8:
Libanon
PDF erstellt am:
13.04.2016
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Erste internationale Triennale
der Photographie
Katalog der Ausstellung an ver¬
schiedenen Orten in der Stadt Freiburg,21. Juni bis 12. Oktober 1975
Francis Bacon
Recent Paintings 1968-1974
Katalog der Ausstellung im Metro¬
politan Museum of Art, New York,
20. März bis 29. Juni 1975
350 S., 326 Abb., Fr. 22.Bezug durch: Office du Livre, Case
postale 1061, CH - 1701 Freiburg
72 S., 65 Abb., Fr. 15.-
Inhalt: Vorwort von Hans Hürli¬
mann - verschiedene Angaben über
Jury, Preise, Komitees, Reglement
usw. - Hommage à Henri CartierBresson - Katalog - Verzeichnis der
Sämtliche Texte
Photographen.
deutsch, französisch und englisch. 11
Reproduktionen in Farbe. Anspre¬
chende Gestaltung.
Marlborough Galerie AG,
Glärnischstr. 10, CH - 8002 Zürich,
die vom 7. Mai bis 26. Juli 1975
Werke von Francis Bacon ausstellt.
Kurze Einführung von Henry Geld¬
zahler, der auch die Zitate aus einem
Interview von Peter Beard mit Fran¬
cis Bacon ausgewählt hat. Die ausge¬
stellten Werke sind vollständig und
in Farbe abgebildet. Der Katalog ist
von guter Druckqualität und enthält
auch eine Biografie und eine ziemlich
umfangreiche Bibliografie.
Bezug durch:The Metropolitan
Museum of Art, New York, oder die
Julius Bissier
Katalog der Ausstellung in der Gale¬
rie Claude Bernard, Paris, bis zum
30. Juni 1975
46 S, 61 Abb., Fr. 11.20
Bezug durch: Galerie Claude
Bernard,
5-7, rue des Beaux-Arts,
F - 75006 Paris
Im Katalog sind die 49 ausgestellten
Werke kleinformatig abgebildet, da¬
von sind aber 10 ganzseitig, 5 in Far¬
be, vor dem Ausstellungsverzeichnis
reproduziert. Der Einleitungstext ist
dem Vorwort der Bissier-Monografie
von Werner Schmalenbach ent¬
nommen. Beigelegt ist eine Über¬
sicht über Leben und Schaffensweise
des Künstlers von Jean Leymarie.
Julius Bissier:
H
Impressionist and Modern
Paintings and Drawings
A Catalogue of a Distinguished
French Collection of Impressionist
and Modern Paintings and Drawings
Katalog der Auktion bei Sotheby &
Co. London am 1. Juli 1975
108 S., 51 Abb., Fr. 30.Bezug durch: Sotheby & Co. AG,
Bleicherweg 18, CH-8001 Zürich
Aufwendiger Katalog einer Pariser
Privatausstellung mit genauen An¬
gaben zu jedem Bild. Mit einer Aus¬
nahme sind alle oft ganzseitigen Ab¬
bildungen farbig.
¦
aus der Sammlung des Kunstgewer¬
bemuseums Zürich. Bearbeitet und
herausgegeben von Erika GyslingBilleter. Katalog der Ausstellung im
Museum Bellerive, Zürich, 31. Mai
bis 26. Oktober 1975
Benteli Verlag, Bern. 312 S.,479 Abb.,
Fr. 68.Bezug durch: Benteli Verlag,
Bümplizstr. 101.CH-3018 Bern
Umfangreicher Band, der mehr Be¬
standesaufnahme als Ausstellungs¬
katalog ist; umfasst mehr Gegen¬
stände als die eigentlichen Exponate.
Er wird aber seiner Funktion nicht
ganz gerecht, da die grafische Ge¬
staltung zu wünschen übrig lässt; die
Qualität der Reproduktion ist unbe¬
friedigend. 3 Illustrationen in Farbe.
Texte: Meister und Entwerfer - Die
Werkstätten - Kunst für alle, ein Stil
setzt sich durch. Der Anhang enthält
Künstlerbiografien, Werkstättenbiografien und ein Literaturverzeichnis.
Kunstbücher
Römische
Mumienmasken
Günter Grimm: Die römischen
Mumienmasken aus Ägypten
Veröffentlichungen des Deutschen
Archäologischen Instituts
Franz Steiner Verlag, Wiesbaden
Fr.171-
25 Aug 62 gamma. 17.8 x 25,4 cm
•*-.
Objekte des Jugendstils
ë
i
Eine Geschichte der darstellenden
Kunst Altägyptens endet gewöhn¬
lich mit dem berühmten spätzeitli¬
chen «Grünen Kopf» des Berliner
Museums, noch vor den mehr oder
weniger epigonalen, obgleich ikonografisch häufig originellen Leistun¬
gen der Ptolemäerzeit als des Aus¬
klangs einer 3000jährigen Hochkul¬
tur. Die nicht direkt mit dem noch al¬
les Fremde absorbierenden Tempel¬
bau verbundene, recht heterogene
Bildkunst der Jahrhunderte vor und
nach Christi Geburt wird als graecobeziehungsweise römisch-ägyptisch
oder allgemeiner noch in Abgren¬
zung zur beginnenden christlichen
Motivik als heidnisch-spätantik zu¬
sammengefasst.
Ihr Vertrauen
Wie schwer sich oft die Kunstpro¬
duktion an kulturgeschichtlichen
Nahtstellen einordnen lässt, machen
jene so römisch aussehenden, doch
ganz der Vorstellungswelt am Nil
angehörenden Mumienmasken aus
Ägypten deutlich, die jetzt Günter
Grimm wissenschaftlich umfassend
veröffentlicht hat. In keiner römi¬
schen Kunstgeschichte vertreten
und bisher im Schatten der so indivi¬
duell geprägten gemalten «FayumPorträts» stehend, bilden sie seit der
Zeitenwende die Endstufe der ehe¬
mals geschlossenen anthropoiden
Mumienhülle pharaonischer Zeit, bis
mit dem alle heidnischen Kulte ver¬
bietenden Edikt Kaiser Theodosius'
von 392 zugleich das Ende ägypti¬
schen Totenbrauchs gekommen war.
Im Unterschied zu den in der
ägyptischen Tradition stehenden, auf
allen vorrömischen Friedhöfen weit¬
verbreiteten ptolemäischen Masken
sind ihre römischen Nachfolger
überwiegend aus Stuck in Formen
gegossen, wobei die Einzelheiten wie
Ohren, Augen, Haar und Bart frei¬
händig hinzugefügt wurden und das
Ganze durch eine geringe Aufarbei¬
tung individualisierte Züge erhalten
konnte. Andere der rund 1200 vom
Autor untersuchten, häufig noch
durch einen büstenartigen Brustteil
erweiterten Masken bestehen aus
über einen Formkern gepresster und
nachträglich stuckierter Kartonage
oder Leinwand, während solche aus
Holz sowie frei modellierte Köpfe
die höchst seltene Ausnahme blei¬
ben. Bei weitem die Mehrzahl ist
farbig bemalt, etwa ein Drittel ver¬
goldet, was ebenso die ägyptische
Kontinuität bezeugt wie eine Ko¬
stenfrage gewesen sein dürfte. Er¬
schien bei den etwa gleichzeitigen
frühchristlichen Katakombenmale¬
reien ein neuer Inhalt im alten Ge¬
wand, so hier - nicht ohne Übergang
- ein traditionelles Thema in neuer
Form.
In gründlichster Kleinarbeit hat
Grimm das häufig erstmals publizier¬
te und durch Grabungsnachweise
lokalisierte Material zu einzelnen
geografischen Fundgruppen zu¬
sammengestellt, deren Charakteri¬
stika beschrieben und mit Hilfe der
zeitgenössischen römischen Bildnis¬
kunst eine weit bis ins 4. Jahrhundert
- Ziel unserer Leistung
%
Bank Leu
J
77
plastischen Porträtskulptur Roms.
n.Chr. reichende Chronologie er¬
Die Mumienmaske in Ägypten war
bracht, über die bisher kaum Klar¬
direkter Reflex der Entwicklung rö¬
heit bestand. Noch weniger als die
mischer Reichskunst geworden.
recht unterschiedliche Qualität der
Nach 300 Jahren verschiedener par¬
von spezialisierten Werkstätten in
allel sich entwickelnder Formen las¬
Serie hergestellten Masken erlaub¬
sen sich in konstantinischer Zeit
ten es die regionalen Eigenheiten,
erstmals einheitliche, auch den zeit¬
eine lineare Entwicklungsgeschichte
genössischen Fayum-Porträts eigene
abzuleiten, zumal eine SepulkralStilmerkmale feststellen, wie sie in
kunst ägyptischer Observanz an sich
der fast kugeligen Kopfform, dem
schon zum Konservativen neigte. Es
schweren Untergesicht, den stark
liegt in der spezifischen geopolitibetonten Augen und der linearen
schen Situation des Nillandes be¬
Wiedergabe von Nasen- und Mund¬
gründet, wenn für das oberägypti¬
partie sichtbar werden. Motive und
sche Theben, wo die pharaonische
Tradition noch viel intensiver wirkte
und die erst spät im 1. Jahrhundert
n.Chr. empfangenen griechisch-rö¬
mischen Einflüsse weitgehend ab¬
sorbiert wurden, andere Datierungs¬
kriterien massgeblich sind als im spät¬
antik geprägten Alexandria oder in
der unweit vom Nildelta gelegenen,
seit der griechischen Kolonisation
dichtbesiedelten Oase Fayum.
Ausser den verschiedenen Formen
der Mumienhülle (zum Beispiel auch
ganzfiguriger anthropoider Sarko¬
phag oder Leichentuch) gab es in al¬
len drei Landesregionen nebenein¬
ander eine mehr progressiv-römi¬
sche und eine mehr retardierendägyptische Gruppe, wobei sich erstere vor allem durch die italische,
betont antik empfundene Büsten¬
form ausweist, während letztere bis
auf die Hautfarbe und die Wiederga¬
Mumienmaske aus Mittelägypten
be des Bartes dem vorrömischen
Um 120/140 n. Chr.
ptolemäischen Maskentyp folgt.
Stuck. Zürich, Privatbesitz
Weder im Fayum noch in Theben,
Stil finden sich nunmehr gleichzeitig
sondern vorwiegend in den mittel¬
bei den koptischen «Isismysten»,
ägyptischen Siedlungen Meir, AntiGrabreliefs, wieder, die sowohl heid¬
noopolis und Hermopolis wurden
nischen als auch bereits christlichen
die charakteristischen Stuckmasken
Verstorbenen dienten und aus Antigefunden, wo sie - in grösserer Di¬
noopolis stammen sollen, einem
stanz zur alexandrinischen Spätanti¬
Hauptfundort der Stuckmasken.
ke - erst 100 Jahre später als die
Der Herstellungsvorgang und die
Masken in Unterägypten porträtähn¬
Tradition der vergoldeten ägypti¬
liche Züge annehmen.
schen Mumienmaske hatten der in¬
Erschwerend für die Datierung ist,
dividuellen Gestaltung Grenzen ge¬
dass man die Masken sowohl postsetzt. Es handelt sich - wohl mit sel¬
hum als auch zu Lebzeiten des Ver¬
tensten Ausnahmen - im Vergleich
storbenen fertigte und überdies auf
mit den gemalten Fayum-Täfelchen
Vorrat gearbeitete ältere Stücke
um keine wirklich echten Porträts.
verwendet hat. Überzeugend sind die
Selbst die am wenigsten schemati¬
engen Verbindungen zur römischschen Masken waren eher individua¬
kaiserzeitlichen Porträtkunst, die es
lisierendes Bild als getreues Bildnis
trotz Überschneidungen und neben¬
des Verstorbenen. Kindermumien
einander existierenden Lokal- und
mit ju¬
wurden zwar in der Regel
Regionaltraditionen erlauben, ver¬
gendlichen Kopfmasken versehen,
schiedene Entwicklungsphasen zu
doch nahmen die Gesichtszüge auf
bestimmen. Mit dem Beginn der Kai¬
das Individuelle kaum Bezug. Zu den
serzeit vollzieht sich auch der Über¬
überaus realistischen, die Abforkonventionellen
der
zur
gang von
individuellen Mumienmaske. Schon
mung wirklicher Gesichter voraus¬
setzenden Stuckköpfen aus Echna¬
die ersten reinen Stuckmasken um 50
tons Residenz Teil el Amarna (soge¬
n.Chr. sind teilweise eine fast getreue
nannte «Bildhauermodelle») oder
Umsetzung römischer Porträtköpfe,
ohne dass damit bereits die unifor¬
gar zu dem Abguss einer Totenmas¬
ke aus der um 1000 Jahre älteren
men ptolemäischen Kartonagen ab¬
Teti-Pyramide bestand keine Ver¬
gelöst wären: Maskenmumie und
bindung.
Porträtmumie existieren gleichzeitig,
Das lebensnahe Antlitz stand in
fand man doch ein Fayum-Porträt
Ägypten nicht wie in Griechenland
und eine Maske in einem Grab.
am Ende einer Entwicklung, sondern
Seit hadrianischer Zeit setzt sich
an deren Anfang: Es sollte ewige
mit einer zunehmenden Individuali¬
Dauer und doch Unverwechselbar¬
sierung auch die für eine Datierung
keit sichern. Diese Ambivalenz von
aufschlussreiche römische Haarmo¬
Realismus und Idealismus war nicht
de immer mehr durch, und im 3.
einem historischen Prozess unter¬
Jahrhundert beobachtet Grimm die
worfene ästhetische Norm, sondern
grösste Abhängigkeit von der rund¬
_
78
ein Strukturprinzip ägyptischer Re¬
ligiosität und Jenseitsvorstellung.
Als indirekte Zeugnisse der
kaiserzeitlichen Porträtkunst im Nil¬
land (Grimm) waren die Mumien¬
masken, gleichsam die Reduktion
der anthropoiden Mumienhülle auf
deren wesentlichsten Teil, allmählich
der altägyptischen Konvention ent¬
wachsen. Daran hatten die aufgrund
des Materialmangels freilich nicht
sehr zahlreiche lokale Bildnisskulp¬
tur der vorrömischen Zeit ebenso
Anteil wie die zeitgenössischen itali¬
schen Importwerke. Der Hinweis auf
das römische Sepulkralporträt in
Büstenform (Palmyra!) kann sich auf
Loculusgräber in der Nähe von
Alexandria stützen. Ein hervorra¬
gendes frühes Beispiel solcher
Nachwirkungen innerhalb der «rö¬
mischen Gruppe» ist die Maske des
«Gatten der Aline»: Büstenform, in¬
dividualisiertes Gesicht, die Wieder¬
gabe der Frisur, der Gewandung und
des Bartes sowie die altägyptische
Vergoldung zeigen die verschiede¬
nen Einfluss-Sphären an. Kein Wun¬
der, dass derartige Funde nur im hellenisierten Milieu Unterägyptens
gemacht werden konnten.
Fraglich erscheint, ob man diese
Auseinander¬
kunstgeschichtliche
setzung vor einem politisch-kulturel¬
len Hintergrund sehen muss, wonach
mit der römischen Herrschaft am Nil
auf jene
eine Gegenströmung
nationalägypti¬
wiedererwachten
schen Tendenzen erfolgt wäre, die
der Ptolemäersieg von Raphia 217
v.Chr. mit sich gebracht hatte. Ägyp¬
tischer Kultus und Formenkanon
hatte trotz der auf den alexandri¬
nischen Raum beschränkten Hellenisierung die Kontinuität verloren.
Mumienmaske aus Oberagypten/Theben
4 Jh n Chr. Leinwand. z.T. stuckiert
Brooklyn N.Y., Brooklyn Museum
r«S3*
WM
Mehr erfahren hätte man gern
über die nationale, soziale und reli¬
giöse Herkunft der Verstorbenen.
Inwieweit übernahmen die seit
Augustus im Fayum angesiedelten
römischen Veteranen und Bürger
mit den örtlichen Bestattungsge¬
wohnheiten nicht nur die «Form»,
sondern auch etwas von der ägypti¬
schen Gedankenwelt? Alexanders
des Grossen Huldigung an das ägyp¬
tische Pantheon war nicht staatspoli¬
tisches Kalkül geblieben, sondern
hatte auch auf «niederer» Ebene zu
einer Verschmelzung der religiösen
Vorstellungen geführt, in der das
Ägyptische letzlich dominierte. Rein
griechische Bestattungen hatte es
am Nil bereits seit dem späten Hel¬
lenismus nicht mehr gegeben, und
auch die römischen Gründer von
Antinoopolis wurden nach lokaler
Sitte beerdigt.
Welchen Jenseitsweg gingen die
Osiris, Horion, Harpokration, Sarapion und Anubias, die bei einem Petosiris-Tempel oder einer Ibis-Nekropole begraben wurden? Noch bis
ins 4. nachchristliche Jahrhundert
sind Totengericht, Osiris-Werdung
und Auferstehung die zentralen Ge¬
danken. Der auf das Blut des Osiris
anspielende Weinbecher galt wohl
der Aufnahme von Trankopfern für
den Totengott, und der schleifen«der
Rosenblattkranz
förmige
Rechtfertigung» war Symbol des
glücklich überstandenen Jenseitsge¬
richts. Auch für die Vergöttlichung
des Toten als Osiris oder Isis selbst
geben die Masken konkrete Hinwei¬
se. Die damit verbundene Idee des
Weiterlebens nach dem Tode hat
man in den sich zunehmend vom üb¬
rigen Mumienkorpus aufrichtenden
Köpfen erkennen wollen, obwohl
der Autor eher an einen immer grös¬
seren Einfluss rundplastischer Bild¬
nisköpfe denkt. Wie schon die ge¬
malten Fayum-Porträts (Parlasca)
geben die Mumienmasken keinerlei
Hinweis auf etwaige Verstorbene
christlichen Glaubens.
Im Alten Ägypten diente das Por¬
trät der ewigen Konservierung des
Lebens. Es war unsichtbares Bild,
nicht sichtbares Bildnis: Sein als Da¬
sein. Schon seit 3000 Jahren war hier
die Grabstatue nicht Darstellung
eines lebenden Wesens, sondern Re¬
konstruktion des auf die Beseelung
wartenden Körpers. Für die Grie¬
chen war es das Bild des Heros, des
bedeutenden Menschen, der «aus ir¬
gendeinem erlauchten Grunde die
Fortdauer verdient» (Plinius der Äl¬
tere). Das Persönliche geht im Über¬
persönlichen auf, in der idealen Er¬
höhung des einzelnen. In Rom wurde
das Porträt lebensnahes, privates
Erinnerungsbildnis: Dasein als Sein
im Hier und Jetzt. Das Individuum ist
weniger idealer Typus denn einmali¬
ger Charakter - die Person als Per¬
sönlichkeit.
In diesem Spannungsfeld der ein¬
maligen Auseinandersetzung einer
alten Kultur mit der griechisch-römi¬
schen Well liegen auch Form und
Bedeutung der römischen Mumien¬
masken aus Ägypten. Michael Henss
Canaletto
Ruth Bromberg: Canaletto's Etchings
Sotheby Parke Bernet, New York
Fr. 109.70
Einer der ausdrucksvollsten Vertre¬
Land¬
venezianischen
der
schaftsmaler war Antonio Canal, be¬
kannt unter dem Namen Canaletto.
Seine Werke fallen auf durch gross¬
zügige, überzeugende Komposition
und durch den feinfühlig abgestimm¬
ten Einsatz von Licht und Atmo¬
sphäre. So hat sein Schaffen der tra¬
ditionellen objektiven Landschafts¬
malerei, wie sie sich unter flämi¬
schem und holländischem Einfluss
entwickelt hatte, eine neue Richtung
gegeben und ihr Wärme, romanti¬
sche Stimmung und Lebendigkeit
verliehen. Der Umfang seines Wer¬
kes ist erstaunlich, auch wenn nicht
mit Bestimmtheit gesagt werden
kann, was von ihm selbst ist und was
aus seiner Werkstatt stammt. Der
vorliegende Band macht uns mit dem
gesamten Radierwerk Canalettos
bekannt, den 34 Blättern der Ansich¬
ten von Venedig und Umgebung. Die
ter
den grossartigen Radierungen verg¬
lichen, die in dem vorliegenden Band
abgebildet sind, scheint sich die An¬
nahme zu bestätigen, dass er sich in
einem Gefühl des Überdrusses, her¬
vorgerufen durch die ständig ein¬
schränkenden Anforderungen an
seine Zeit und Geschicklichkeit, aus
Sehnsucht wieder der Radiertechnik
zuwandte.
In den Radierungen beobachten
wir eine Rückkehr zu seiner jugend¬
lichen Ausdruckskraft, der feinen Li¬
nienführung, der eleganten Bewe¬
gung, zur leichten Entfaltung seines
Vorstellungsvermögens. Wir stellen
fest, dass die betonte Senkrechte
weniger eigenmächtig ist, dass die
Figuren lebendiger und beschwing¬
ter sind. Wichtig ist in diesem Band
nicht zuletzt Canalettos Biografie.
Sie macht den Leser mit den for¬
menden Ereignissen im Leben des
Künstlers vertraut. Ihm kam zugute,
in einer Epoche geboren zu sein, in
der die Druckkunst Venedigs zu
neuer Blüte kam. Die Stadt wurde
von einem zunehmenden Strom Rei¬
sender besucht, die als Andenken
Druckgrafik erwarben und heim¬
brachten. Trotz dieses Erfolges wur-
Geisteskrankheit,
bildnerischer A usdruck
und Kunst
i
*^»
y
Eine Sammlung von Texten
zur Psychopathologie des Schöpferischen
herausgegeben von Alfred Bader
Rudolf Arnheim, Alfred Bader, Manfred Bleuler, Roland Fischer,
Peter Gorsen, Franz Meyer, Walter Morgenthaler. Hemmo Muller-Suur,
Leo Navratil, Hans Prinzhorn, Marcel Réja, Helmut Rennen,
Wolfgang Rothe, Georg Schmidt, Theodor Spoerri
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1975 166 Seiten, 19 Abb., kart. Fr
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16- (Wissenschaftliches Taschenbuch)
Verlag Hans Huber Bern Stuttgart Wien
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Titelblatt zu Canalettos Radierungen
Bildfolge ist Joseph Smith gewidmet,
dem damaligen britischen Konsul in
Venedig, dessen einmalige, bekannte
Sammlung von 50 Gemälden, 143
Handzeichnungen und 15 äusserst
seltenen Radierungen im Jahre 1744
von George III. erworben wurde.
Ruth Brombergs Publikation ent¬
hält nicht nur die Abbildungen aller
Radierungen, es sind auch die ver¬
schiedenen Zustände wiedergege¬
ben. Es entsteht so ein eindrückliches
Bild von Canalettos peinlich genauer
Arbeitsweise. Den ersten Zustand
überarbeitete er oftmals, fügte Ein¬
zelheiten hinzu, änderte und verbes¬
serte, so dass es zu einem zweiten
und sogar dritten Zustand kam.
Aus der Einleitung von Viscount
Norwich, Vorsitzendem des Venice
Peril Fund, geht hervor, dass sich die
Entstehungszeit der 34 Radierungen
nicht genau festlegen lässt, wohl
aber zwischen 1735 und 1746 liegt,
als sich Canaletto anschickte, nach
England zu gehen. Er war damals auf
der Höhe seines Ruhms, aber auch
schon so überlastet mit Aufträgen,
dass er sie teils seinen Mitarbeitern
übertrug.
Wird die unter stärkstem Zeit¬
druck entstandene späte Malerei mit
de Canalettos Malerei erst recht spät
gewürdigt. Wenn auch seine bekann¬
ten Szenen von Venedig in manche
Länder getragen wurden, fand doch
seine Aufnahme in die Akademie von
Venedig erst 1763 statt, nur wenige
Jahre vor seinem Tode. Dies ist der
Tatsache zuzuschreiben, dass zu sei¬
ner Zeit die Vedutenmalerei weit
weniger Anklang fand und man an¬
deren Darstellungen den Vorzug
gab.
Durch den Band «Canaletto's Et¬
chings» wird uns der Künstler in
einem ganz neuen Licht vorgestellt,
und wenige wären eher dazu berufen
als Ruth Bromberg. Sie wohnt in
Mailand und ist selber renommierte
Sammlerin von Drucken. Sie gab
auch einen Katalog über die Kupfer¬
stiche des holländischen Manieristen
Hendrick Goltzius heraus. Vor allem
aber ist sie Canaletto-Expertin, und
ausgedehnte Studien in den europäi¬
schen Kupferstichkabinetten haben
es ihr ermöglicht, ein Werk heraus¬
zugeben, das die verhältnismässig
wenig bekannten Leistungen des
Künstlers vorstellt, ein Werk, das an
Inhalt, Umfang und Klarheit der Be¬
handlung des Gegenstandes kaum zu
Walter de Sager
übertreffen ist.
JAHRE
(¦!¦
-$¦
nv\&y
Landschulheim Oberried
Belp bei Bern
Internat für Knaben von 11-16 Jahren
Sekundärschule (bezw. Bezirks- oder Realschule)
Vorbereitung auf Berufslehre und Weiterstudium
Individuelle Förderung in kleinen Klassen
Täglich überwachte Aufgabenstunden
Körperliche Ertüchtigung durch gelenktes Sporttraining
Frohe Lebensgemeinschaft in einfacher Umgebung
Kontakt zwischen Kind und Eltern dank Fünftagewoche
Leitung: M.Huber-Jungi und Frau
Ausführliche Prospekte erhalten Sie auf Anfrage.
3123 Belp
50 Jahre
50 Schüler
Telefon:
5
031 810615
Klassen
5-Tage-Woche
79
Bemalte
Wandfliesen
Gerhard Kaufmann:
Bemalte Wandfliesen
Verlag D. W.Callwey. München.
Fr. 88.90
Im Mittelpunkt dieser «Kulturge¬
schichte der Fliesen in Mitteleuro¬
pa» stehen die niederländischen Er¬
zeugnisse. Jene dünnen, glasierten
Steinplättchen haben ihre Ahnen im
Vorderen Orient. Von hier wander¬
ten sie zunächst mit dem Islam als
Kulturträger in die Mittelmeerländer
und schliesslich nach Norden. In den
nördlichen Provinzen der Nieder¬
lande lösten sie vom 17. bis 19. Jahr¬
hundert eine regelrechte Fliesenbe¬
geisterung aus, die wiederum die
nachahmende Fabrikation nieder¬
ländischer Produkte in Nordeuropa
und Deutschland stimulierte. Die
Werkstätten in den niederländischen
Provinzen werden vom Autor aus¬
führlich behandelt, desgleichen die
wichtigsten, von ihnen stilistisch ab¬
hängigen europäischen Manufaktu¬
ren. Die Voraussetzungen einer Pro¬
duktion, nämlich die Herstellung der
Fliesen von der Aufbereitung des
Tons über Formung, Trocknen bis
porte nach der iberischen Halbinsel,
Nordeuropa und Brasilien aus. Flie¬
sen wurden mit anderen Baumateria¬
lien als Ballast für Leerfahrten auf
Handels- und Mannschaftsschiffen
zu äusserst niedrigen Frachtkosten
befördert. Da man Fliesen durch ra¬
tionalisierte Herstellungsmethoden
sehr billig fertigte, waren sie in den
Einfuhrländern wohlfeiler als die
landeseigenen und Nachahmungen.
Die Produktion grosser Mengen be¬
gann um 1750; eine mittlere Manu¬
faktur stellte damals jährlich unge¬
fähr 350000 Stück her. Steigerung
der Produktion und die Erschlies¬
sung neuer, anspruchsloserer Ab¬
nehmerschichten brachten qualitativ
schlechtere Erzeugnisse. Die Bedin¬
gungen für einen stilistischen Wan¬
del liegen hier in der Umstellung auf
neue Käufer, auf Bauern, Seeleute
und Handwerker, im Unterschied zu
den früheren, höfischen und patrizischen Abnehmerkreisen. Diese öko¬
nomische und künstlerische Flexibi¬
lität dürfte entscheidend zur aus¬
dauernden Blüte der niederländi¬
schen Fliesenproduktion beigetra¬
gen haben.
Kaufmann behandelt die einzel¬
nen Werkstätten und Manufakturen
monografisch. Wo er sich auf bereits
Einzeluntersuchungen
stützen kann, sind seine Zusammen-
vorliegende
>
f±Ht
mmft
ì
listische, formale und inhaltliche
Gruppierungen gemischt werden. So
treiben, um ein Beispiel zu nennen,
Meeresungeheuer im Kapitel «Natu¬
ralistische Fliesen» ihr Unwesen!
Besonders hilfreich für den Samm¬
ler dürften die verschiedenen Datie¬
rungshinweise sein, die Kaufmann
für dieses zeitlich so schwer be¬
stimmbare Material gibt. Instruktiv
werden die Typen der Eckornamen¬
te und deren Variationen tabella¬
risch veranschaulicht. Der üppig
ausgestattete Bildteil mit ungefähr
400 Illustrationen bringt, ergänzend
zum Text, ein Bildlexikon der Flie¬
senproduktion und bietet über die
Wissensvermittlung hinaus Anre¬
gung und Schauvergnügen. Das
Buch wird Keramikfreunden und
Sammlern, für die es sehr praktische
Hinweise enthält, bestimmt ausge¬
zeichnete Dienste leisten.
Brigitte Zehmisch
Fabeltiere und
Dämonen
in der Kunst
Heinz Mode: Fabeltiere und
Dämonen in der Kunst
Verlag Kohlhammer, Stuttgart
ca. Fr. 80.-
Heute, da Dracula wieder auferstan¬
den ist, da neugestaltige Science-fic¬
tion-Wesen die Medien bevölkern,
da gar rätselhafte Gestalten uralter
Felszeichnungen erfolgreich an die
uns erwartende Zukunft erinnern,
heute könnte wohl ein Buch wie das
angezeigte durchaus auf breiteres In¬
teresse stossen. Jedenfalls vermag
das Betrachten des hier zusammen¬
getragenen reichen Bildmaterials
einen Genuss von hohen Graden zu
bereiten. Es eröffnet sich uns da, im
Widerspiel zur objektivierten Natur
der Biologie und doch von ihr nicht
1*
unabhängig, eine im doppelten
Wortsinn ungeheure Fauna der
Die
menschlichen
Imagination.
Auswahl und Anordnung der Bei¬
spiele zeigt Zusammenhänge: die
Verwandtschaft etwa der Engel
ebenso wie des Teufels mit mesopotamischen Vogelmenschen oder die
Abkunft der Evangelistensymbole
von altorientalischen Flügeltieren,
die Degeneration urtümlicher Dä¬
monen einerseits zu Nippesgegenständen des 19. Jahrhunderts, an¬
*iè.
.TN.
dererseits ihre brisante Patenschaft
In Reservetechnik bemalte Wandfliese aus den nördlichen Niederlanden. Ende 16 Jahrhundert
für die moderne Karikatur. Bedauer¬
lich nur, dass die Bildnachweise
oft unvollständig sind.
fassungen aufschlussreich; wo diese
zum Brennen der Platten und die
Der Text von Mode, aus vielen zi¬
fehlen, werden die grossen For¬
verschiedenen Möglichkeiten ihrer
tierten Einzeluntersuchungen schöp¬
dekorativen Gestaltung werden in¬
schungslücken deutlich. Leider wer¬
den hier nicht in dem Umfang, den
fend, versucht eine quasibiologische
struktiv beschrieben. Dass der Autor
immer wieder auf die wirtschaftli¬
Typologie der «Mischwesen» aufzu¬
man sich wünscht, die entsprechen¬
stellen. Dieses Konzept hat zweifel¬
den Abbildungen zitiert.
chen Aspekte eingeht, die zu der
los seinen Nutzen, aber doch auch
Die handwerklich-künstlerischen
niederländischen Massenproduktion
recht problematische Konsequen¬
Besonderheiten der niederländi¬
führten, gehört zu den ausgespro¬
schen Erzeugnisse behandelt Kauf¬
zen. Nicht nur, dass der Verfasser
chenen Vorzügen der Publikation.
selbst eingestehen muss, dass das
So wirkten sich beispielsweise die
mann in Kapiteln, die, wie der Bild¬
Netz seiner Rubrizierung nicht aus¬
starke Handelsposition der Nieder¬
teil, nach Motiven gegliedert sind.
Seine Einteilung ist insofern unbe¬
reicht, gravierender ist schon, dass
länder und ihre guten Seeverbindun¬
bei seinem Verfahren die Behand¬
friedigend, als hier etwas wahllos sti¬
gen sehr fördernd auf die Fliesenex-
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lung eines Mischwesens oft zur blos¬
sen Addition von Orten und Daten
gerät, mit denen sein Erscheinen re¬
gistriert wird; auf diese Weise kann
der besondere Stellenwert oder das
jeweils spezifische Ensemble der
Phantasiewesen in verschiedenen
Zeiten und Kulturkreisen nur unge¬
nügend erfasst werden. Und schliess¬
lich bleibt dem Verfasser, dessen In¬
teresse auf eine historisch gewach¬
sene Typologie fixiert ist, der Blick
für die Explosion der Vielfalt mon¬
ströser Wesen und für ihren neuen
Sinn in der modernen Kunst, vor al¬
lem im Surrealismus, verstellt. («Für
uns ist es von grosser Bedeutung,
dass die Mischwesen unserer jüng¬
sten Vergangenheit meist noch von
den mythischen Schöpfungen des
Orients und des klassischen Alter¬
tums leben.») Unabhängig von die¬
sen Einschränkungen vermittelt der
Text des Buches jedoch ein ausge¬
breitetes Wissen und zahlreiche An¬
Ernst-Otto Erhard
regungen.
Malerei nach
1945
Wieland Schmied/Eberhard Roters/
Peter F.AIthaus:
Malerei nach 1945 in Deutschland.
Österreich und der Schweiz
Propyläen Verlag. Berlin
336 Seiten, Fr. 169.20
Ein Jahrzehnt-Werk ist es nicht ge¬
worden. Leider. Die Schuld trifft we¬
niger den Herausgeber und Haupt¬
autor. Das Halb-Lexikon kam end¬
lich im Frühjahr 1975 auf den Markt,
nachdem es bereits seit eineinhalb
Jahren angepriesen und damit das
Interesse quasi potenziert worden
war. Der opulente Band umfasst 336
Seiten; davon entfallen 253 auf die
Bio- und Bibliografien von mehr als
270 Künstlern. Und gerade dieser le¬
xikalische Teil ist nur die Hälfte
wert; denn die Angaben enden fast
sämtlich 1971/72; drei wesentliche
Jahre mit wichtigen Neuerscheinun¬
gen und ausschlaggebenden Ausstel¬
lungen fehlen. Das wiegt bei einem
Preis von Fr. 169.20 schwer.
Das Thema, die Entwicklung der
Malerei in den deutschsprachigen
Ländern nach dem Zusammenbruch,
ist noch nicht altbacken. Vielleicht
sogar das letzte Mal sinnvoll, ehe nur
noch grosse, kontinentale Bezüge
mit ihren Charakteristica zählen; die
nationalen Grenzen wurden ja bei
der Kunst längst übersprungen. Grif¬
fig dargestellt und ohne das stereo¬
type Schubkastendenken aufgerollt,
kann ein solches Werk ein gutes Ge¬
genüber zu dem 1970/71 erschiene¬
nen dreibändigen Konvolut «Seit
45» aus dem Haus La Connaissance
abgeben. Die drei Autoren (Wieland
Schmied, der die Malerei in der Bun¬
desrepublik und Österreich unter die
Lupe nahm, Eberhard Roters, dem
die Darstellung dieses Sektors in der
DDR zu danken ist und Peter F. Alt¬
Gewährsmann
der
haus,
aus
Schweiz, der die dortige Kunstszene
beschrieben hat) gelten als Garanten
für fundierte Urteile. Und trotzdem:
Die Überraschungen blieben - mit
einer Ausnahme - aus.
Sicher: Wieland Schmied hat
einen disziplinierten, historisch-distanzierten Blick auf 30 Kunstjahre
geworfen. Er schlüsselt einzelne
Phänomene (zum Beispiel ZERO)
und mögliche Kontexte klug auf. Er
verfolgt beharrlich bestimmte Ent¬
wicklungslinien, zeigt deren strekkenweise Verfilzung mit anderen
und gräbt unterirdisch weiterlaufen¬
de Adern aus. Und er trifft eine wohl¬
sortierte vorläufige Wertung.
Gewiss: Peter F. Althaus beweist,
dass sich die behutsamen maleri¬
schen Auf- und Umbrüche in der
Schweiz auf sechs Druckseiten sou¬
verän in den Griff bekommen lassen:
«Diskurs in der Enge» (Paul Nizon).
Neue Kriterien und Formen kündigt
er erst für das laufende Dezennium
an.
Bleibt die systematische kartografische Vermessung der DDR-Kunst¬
landschaft durch Eberhard Roters.
Nicht nur wegen des allgemeinen In¬
formationsdefizits ist dieses Kapitel
zum Schmuckstück des Bandes ge¬
worden. Roters färbt nicht ein, son¬
dern stellt ebenso nüchtern wie ein¬
leuchtend die Entwicklung beim
deutschen Nachbarn dar. Eine Pio¬
niertat.
In der Zusammenschau, nach der
Lektüre und längerem Hantieren mit
dem reichlich unhandlichen Pracht¬
stück, melden sich beim Leser einige
Folgerungen:
Das Werk sieht und bewertet die
Starthilfen sowie Einflüsse der Alt¬
meister an der Nullpunkt-Situation
differenzierter als vergleichbare
Vorgänger. Es werden Beweise dafür
gefunden, warum es ein Start mit
Hindernissen war.
Schmied zeigt schlüssig, wie uner¬
bittlich die technischen Veränderun¬
gen Einfluss auf die Entwicklung der
Kunst nehmen. Dem Leser wird da¬
bei das Gewicht der Frage nach dem
Weiter deutlicher.
Man erhält die Vermutung bestä¬
tigt, dass trotz einer gewissen Rück¬
besinnung (etwa bei den Berliner
Realisten) die Entthronung der Ma¬
lerei, des Tafelbildes fortschreitet.
Werner Hofmann erblickt darin ein
entscheidendes Merkmal der Kunst
unseres Jahrhunderts. Ist die radikale
Folgerung tatsächlich eine «Kunst
derKunstlosigkeit»?
Im Resümee ist Wieland Schmied
diplomatisch vorsichtig. Er gibt kei¬
Kunsthandwerk
Afrikanische
Prunksäule
12
Seit
unterhält das
Jahren
Schweizerische Tropeninstitut (Ba¬
sel) im ostafrikanischen Tanzania
eine Ausbildungsstätte für parame¬
dizinische Berufe. Sie befindet sich
im Landesinnern im Städtchen Ifakara, das nahe beim grossen Kilomberofluss gelegen ist.
Kürzlich ist diese Schule zu einer
dauernden Institution des Landes
ausgebaut worden, indem nun dort
seit 1973 Medizinassistenten im Ver¬
lauf eines dreijährigen Lehrpro¬
gramms ausgebildet werden, im gan¬
zen 120 Studenten. Im Zuge der bau¬
lichen Erweiterung mussten für die
Mitglieder des Tropeninstituts, die
dort nicht nur lehrend, sondern in
einem seit über 20 Jahren bestehen¬
den Feldlaboratorium forschend tä¬
tig sind, neue Unterkunftsräume ge¬
schaffen werden. Zu deren Eröff¬
nung, im Oktober 1973, haben nun
die beiden Schweizer, der neue Rek¬
tor dieser Schule, Herr Dr. med.
O. Appert, und der Erbauer, Herr
Ernst Heusser, mir als ehemaligem
Leiter und Direktor des Schweizeri¬
schen Tropeninstituts, eine in der
Halle des Staffhauses aufgestellte,
geschnitzte Holzsäule übergeben.
Mit dieser Säule hat es folgende
Bewandtnis: Ein afrikanischer Eben¬
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3N
holzbaum (Dalbergia Melanoxylon,
Papilionaceae), der auf dem zu über¬
bauenden Areal gestanden hat,
musste gefällt werden. Im Auftrag
der Herren Heusser und Dr. Appert
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Antwort auf die Frage, ob die ge¬
genwärtige Vielfalt der Darstel¬
Ausschnitt aus der Prunksäule
lungsarten nur eine Fortsetzung der
Malerei mit anderen Mitteln ist. Er
sagt nichts zu Werner Schmalen¬
bachs Sorge, ob sich unser Zeitalter
überhaupt noch auf relevante Weise
in Werken der bildenden Kunst aus¬
zusprechen vermag.
Was der Band am Ende vermeidet,
ist überfällig: Die Diskussion, ob
Kunst noch konkurrenzfähig ist neben Philosophie, Mathematik und
den anderen Naturwissenschaften,
neben den Medien Film und Video,
neben der Technik.
Heinz Neidel
hat ein aus Mocambique stammen¬
der, in Tanga angesiedelter Schnit¬
zer diesen Baum in eine reichverzier¬
te Säule verwandelt. Der Künstler
gehört dem für seine Schnitzkunst
bekannten Stamm der Makonde an
und heisst William, bin Singidila. Er
hat die Säule höchst gedankenreich
konzipiert und die Arbeit mit unge¬
heurer Begabung ohne Vorzeich¬
nung innert ungefähr drei Monaten
ausgeführt. Er wollte mit seinem
Kunstwerk ein Symbol für die Ud-
ne
4.
MEISTER,
Boutique zur Meisen
(Boutique der Meister Juwelier AG)
8001
Zürich Münsterhof 20
Telephon
01
2714 66
81