Rheinpfalz 07.04.2016 Leibnitz Gymnasium

— NR. 81
NEUSTADT AN DER WEINSTRASSE
„Die Welt ist nicht nur schön“
STA DT-MAGA ZI N
Sperrung zwischen
Duttweiler und Altdorf
Mit der Flüchtlingsdebatte beschäftigen sich in dieser Woche rund 50 Zehntklässler des Leibniz-Gymnasiums.
Besonders beeindruckend für die Schüler war der Bericht des Plastischen Chirurgen Dr. André Borsche aus
Bad Kreuznach. Seit vielen Jahren operiert er ehrenamtlich in Kriegs- und Krisengebieten.
VON KATHRIN KELLER
Die „richtigen“ Lehrer der Zehntklässler sitzen diese Woche im LeibnizGymnasium meist an den Schülertischen. Vorne stehen Menschen, die in
verschiedenen Funktionen beruflich
oder ehrenamtlich mit dem Thema
Asyl befasst sind. Sozialdezernent
Ingo Röthlingshöfer beispielsweise,
RHEINPFALZ-Redakteur Ilja Tüchter
oder die Sprecherin des Arbeitskreises Asyl, Ulrike Gauglitz. Der Unterricht findet auch nicht nur in der
Schule statt, sondern auch mal auf der
Straße. Denn zu den Aufgaben gehört
eine Passantenbefragung. „Ich find’s
gut, dass wir mal mehr über das Thema erfahren“, sagt eine Schülerin. Es
werde ja so viel erzählt, was gar nicht
stimme.
„Erfahren“ heißt bei dieser Projektwoche nicht nur hören, sondern auch
sehen. Am Montagabend kommt der
Plastische Chirurg André Borsche aus
Bad Kreuznach in die Schule, und die
Fotos, die er mitbringt, sind nicht nur
für einen behütet aufgewachsenen
16-Jährigen harte Kost. Borsche operiert seit vielen Jahren mit der Organisation Interplast Menschen, die durch
Kriegsverletzungen, Unfälle oder
Krankheiten verunstaltet sind. „Ich
werde euch damit nicht verschonen“,
sagt er gleich zu Beginn. „Die Welt ist
nun einmal nicht nur schön.“
Wie hässlich sie sein kann, hat Borsche zuletzt in einem Flüchtlingslager in der Türkei erlebt, nahe der syrischen Grenze. Dort hat er einen Monat lang Menschen behandelt, die im
Krieg
entstellt
wurden.
Das
Schlimmste, so erzählt er, sei die Perspektivlosigkeit der Menschen. Sie
wollten in ihr Land zurück, doch dort
werde noch immer gebombt und geschossen.
Fragen sind im Anschluss an den
Vortrag erwünscht, doch von den
jungen Zuhörern meldet kaum einer
sich zu Wort. Erst am nächsten Tag, so
erzählt Lehrer Adolf Kluth, werden
die Eindrücke, die die verstörenden
Bilder hinterlassen haben, thematisiert. „Ich denke, was die Schüler mitgenommen haben, ist, dass wir hier
sozusagen auf einer Insel der Seligen
leben.“
Zwei Tage später, als Ulrike Gauglitz die Schule besucht, ist die Atmosphäre völlig anders. Als die Referentin fragt, was die Schüler denn so über
die Flüchtlinge denken, muss sie
nicht lange auf Antworten warten.
Die meisten betonen erst einmal, dass
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Der Chirurg André Borsche berichtete im Leibniz-Gymnasium über seine Arbeit in Krisenländern.
sie es grundsätzlich wichtig und richtig finden, dass Deutschland Flüchtlinge aufnimmt.
Aber sie stellen auch viele Fragen.
Zur Rolle der Frau in den Fluchtländern beispielsweise oder zur Frage,
wie die Entstehung von Parallelgesellschaften verhindert werden könne. Eine Schülerin wirft ein: „Es muss
doch auch in den Fluchtländern eine
Lösung gefunden werden, Deutschland kann doch nicht die ganze Welt
FOTO: MEHN
aufnehmen.“ Gauglitz bleibt vielfach
nichts anderes übrig, als zu bestätigen, dass auf all diese Probleme bisher noch niemand eine Antwort gefunden hat.
Dass ihre grundsätzlich positive
Haltung zu den Flüchtlingen von einem großen Teil der Bevölkerung geteilt wird, erfährt eine Gruppe von
Schülern bei einer Passantenumfrage.
Nur wenige lassen die jungen Leute
abblitzen, die meisten nehmen sich
die Zeit, die Fragen zu beantworten.
Dabei zeigt sich unter anderem, dass
viele Bürger nicht wissen, wie viele
Flüchtlinge eigentlich zurzeit in Neustadt leben. „Die Antworten reichten
von 100 bis 5000“, erzählt Wolfgang
Leuthner. Der ehemalige Leibniz-Lehrer, der bereits seit einigen Jahren im
Ruhestand ist, hat die Projektwoche
wie jedes Jahr organisiert und betreut
sie zusammen mit Kluth. Die tatsächliche Anzahl der Flüchtlinge in Neustadt liegt übrigens mittlerweile bei
rund 650 Menschen.
Die Umfrage soll noch weiter geführt werden, bis Ende der Woche
sollen etwa 200 Bürger befragt werden, erklärt Leuthner. Im Anschluss
werden die Schüler sie auswerten,
wenngleich es sich laut Leuthner um
eine Zufallsumfrage ohne statistische
Aussagekraft handelt.
Die Beschäftigung mit der aktuellen Flüchtlingswelle ist in der Projektwoche eingebettet in das größere
Thema Migration. Es gehe darum, herauszuarbeiten, was Menschen bewege, ihre Heimat zu verlassen, sagt
Kluth. Und deutlich zu machen, dass
auch Deutsche im Laufe der Geschichte häufig ihre Heimat verlassen haben
und es auch heute noch tun.
Am Leibniz-Gymnasium selbst gibt
es nach Angaben von Schulleiter Rudolf Eyckmann derzeit nur etwa acht
bis zehn Flüchtlingskinder. Sie würden, bis auf den Sprachkurs, in den
Regelklassen mit unterrichtet und
seien zum großen Teil trotz mangelnder Sprachkenntnisse gut integriert.
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Zur Sache: Schülermeinungen zum Vortrag André Borsches
Der Vortrag des Plastischen Chirurgen Dr. André Borsche über seine ehrenamtliche Arbeit zusammen mit
der Organisation Interplast hat sowohl Erwachsene wie Jugendliche
beeindruckt. Wir haben einige von ihnen im Anschluss an den Vortrag
nach ihrer Meinung gefragt.
Die 15-jährige Lara zum Beispiel
hat „großen Respekt“ vor der Arbeit
aller Beteiligten dieses Projektes und
findet es gut, dass Schüler darüber informiert werden, welche Zustände in
den erwähnten Ländern herrschen.
Diese Zustände findet auch Eva, 16
Jahre, „äußerst schlimm“. Die Grausamkeiten in den Entwicklungs- beziehungsweise Krisenländern, die
Borsche mit Fotos veranschaulichte,
lösten bei den Schülern Betroffenheit
und Empathie aus.
Es sei eine starke Leistung, sich
selbst und die eigene Psyche in den
Hintergrund zu stellen und sich für
das Wohl anderer einzusetzen, sagte
die Schülerin Vivien, 16 Jahre. Jedoch
könne sich aber auch nicht jeder in
diesem Maße engagieren, da es eine
sehr starke Belastung sei, ergänzte
Katja, 15 Jahre.
Durch die Bilder wurden die Schüler aber nicht nur geschockt und über
bestimmte Zustände aufgeklärt, sondern auch zum Nachdenken angeregt
und zur Selbstreflexion gebracht. Dabei wurden auch Forderungen laut. So
sagte Sabina, 16 Jahre: „Wir haben in
Deutschland so viele Krankenhäuser
und die medizinische Versorgung ist
sehr gut. Wir sollten die Krisenländer
stärker unterstützen.“
Bei der Diskussion kam die Schüle-
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DONNERSTAG, 7. APRIL 2016
rin dann auf die Idee eine Initiative zu
starten, bei der Schüler den Flüchtlingen in Neustadt helfen sollen. Ein erster Vorschlag wäre, eine Art Sprachkurs von Schülern für Schüler anzubieten. Dies könne eine gute Möglichkeit sein, „jeden Schüler in die Integrationsarbeit einzubinden“. (mamü)
INFO
Der Vortrag mit Dr. André Borsche soll
nach Auskunft von Leibniz-Schulleiter
Rudolf Eyckmann wiederholt werden.
Ein Termin steht noch nicht fest.
Die Sperrung der L 540 zwischen Altdorf und Duttweiler verschiebt sich.
Wegen Bauarbeiten ist die Straße ab
Montag, 18. April, für voraussichtlich
eine Woche gesperrt. Die Umleitung
über Venningen und Kirrweiler wird
am 15. April aufgebaut, ist aber erst ab
18. April wirksam. Die Sperrung der L
515 zwischen Kirrweiler und Duttweiler wird für den Zeitraum aufgehoben.
Das hat der Landesbetrieb Mobilität
mitgeteilt. Bereits in dieser Woche
wird der Abschnitt zwischen Freimersheim und Altdorf saniert. (rhp)
Zweimal Fahrerflucht:
Polizei sucht Zeugen
Am Dienstag kam es zu zwei Unfallfluchten, wobei ein Audi A6 (Gabelsberger Straße) und ein Mercedes B
200 (Parkplatz Festwiese) erheblich
beschädigt wurden. Die Polizei bitten
um Hinweise von Zeugen. (rhp)
DA S W ET TER
Vorhersage: Der Donnerstag hat mit
Sonne und Regenschauern kühles
Aprilwetter zu bieten. Erst am Wochenende wird es milder, die 20Grad-Marke erreicht die Quecksilbersäule erst Anfang nächster Woche.
Die Tiefstwerte bewegen sich heute
bei 5 bis 7 Grad. Tagsüber wechseln
sich Sonnenschein mit Regenschauern ab. Die Tageshöchstwerte erreichen 10 bis 12 Grad. Auch der Freitag
wird wechselhaft.
Gestern (14 Uhr): wolkig
Temperatur: 15,2 Grad
Niederschläge: 2,4 Liter/m≤
Luftfeuchtigkeit: 45 Prozent
Luftdruck: 1014 hPa/unverändert
Heute vor einem Jahr: Morgens -1
Grad, tagsüber heiter mit Sonne und
trocken bei 12 Grad.
Quelle: Klima-Palatina, Maikammer
IM PR ES SUM
Neustadt
Bezirksverlagsleiter: Peter Bouché
Redaktionsteam: Wolfgang Kreilinger (wkr, verantwortlich), Anke Herbert (ahb, Stellvertreterin),
Steffen Gall (ffg), Elmar Hoffmann (ff), Kathrin Keller
(kkr), Holger Pöschl (hpö), Sabine Schmidt (sab),
Gerd-Uwe Haas (guh)
V ERE IN E – E HR UN G EN – JAHR ES TAG E
EISERNE HOCHZEIT
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In Neustadt
rundum glücklich
Das beste Wetter hatte nicht geherrscht damals, am 7. April 1951. Im
nordrhein-westfälischen Velbert regnete es, der Brautschleier von Helga te
Brake wurde tropfnass. An der Kirchentür mussten sie und ihr künftiger
Ehemann Helmut te Brake außerdem
auf den verspäteten Blumenjungen
warten. Geschadet hat das alles aber
nicht: Heute sind die beiden seit 65
Jahren ein glückliches Paar.
Eiserne Hochzeit feiern die Eheleute te Brake in ihrer Wahlheimat Neustadt. 2006 sind sie nach Winzingen
gezogen. „Unsere Tochter Birgit, die
mit ihrer Familie in Mußbach lebt, hat
KU R Z NO TIER T
Heute im Offenen Kanal. 18 Uhr: Küchengeflüster; 22 Uhr: Gottesdienst in
der Stiftskirche Neustadt zur Indienststellung der neuen Orgel.
CDU-Senioren. Heute, 15 Uhr, Treffen im
Haus Florian, Talmühlenstraße 14. Heimleiter Kirsch stellt sein Haus, das zu den
Römergarten Residenzen gehört, vor.
CDU Königsbach. Heute, 19.30 Uhr, zur
Mitgliederversammlung mit Neuwahlen,
Ortsverwaltung.
Sängerchor Königsbach. Morgen, 18
Uhr, Gedenkmesse für die lebenden und
verstorbenen Mitglieder, Pfarrkirche St.
Johannes. Mitwirkende: Sängerchor 1840
mit Unterstützung des Liederkranz Ruppertsberg.
Kloster Neustadt. Morgen, 19.30 Uhr,
Gebetszeit mit Taizé-Elementen, Krypta.
Der für 9. April geplante Studientag „Vom
Kinderwunsch zum Wunschkind“ entfällt.
Sielmanns Natur-Ranger Team. Samstag, 9. April, 14 bis 17 Uhr, Treffen im
BUND-Garten am Sonnenweg. Anmeldung per E-Mail an [email protected].
Stoßen heute mit vielen Gästen an:
Helga und Helmut te Brake. FOTO: AWK
uns in jedem Urlaub Neustadt so nahe
gebracht, dass wir beschlossen, umzuziehen“, erzählt die Jubilarin. Die
begeisterten Wanderer sind zwar
nicht mehr ganz so mobil, doch immer noch jeden Mittwoch bei den Senioren des Pfälzerwald-Vereins dabei. Das milde Klima und die gute Infrastruktur in Winzingen wissen sie
gleichermaßen zu schätzen.
Den rheinischen Akzent haben sie
von ihrer alten Heimat Velbert mitgenommen, zu der sie durch Freunde
noch immer Verbindung haben. Beleg dafür ist auch die lange Gästeliste
für die Jubiläumshochzeitsfeier. Wie
vor 65 Jahren gibt es übrigens wieder
Rebensaft. Denn Wein lieben beide
weitaus mehr als Bier – obwohl sie
aus einem Bundesland kommen, in
dem Bier das „Nationalgetränk“ ist.
Helga te Brake war von Beruf
selbstständige
Damenschneiderin,
Ehemann Helmut Werkzeugmacher.
Kennengelernt haben sie sich auf dem
Tanzboden. (awk)
Vom bunten Maulbrüter
bis zum Feenbarsch
44. Kurpfälzer Zierfisch- und Wasserpflanzenbörse
Malawi-Buntbarsche,
darunter
maulbrütende Mutterfische, Feenbarsche aus dem ostafrikanischen
Tanganjikasee oder höhlenbrütende Clans der „Prinzessin aus Burundi“ – sie und mehr sind bei der 44.
Kurpfälzer Zierfisch- und Wasserpflanzenbörse am Wochenende in
Lachen-Speyerdorf zu sehen.
Ausgerichtet wird die Schau mit den
schillernden Aquarienbewohnern aus
Nachzüchtungen vom Aquarien- und
Terrarienverein Lachen-Speyerdorf.
„Wir haben auch Infos zu zahlreichen
Neuheiten im Programm“, sagt Geschäftsführer Bernhard Sauter. LEDAquaristik sei ein großes Thema. Mit
ihr werde nicht nur Strom gespart:
Die Lichtquellen könnten heutzutage
auch gedimmt und Sonnenauf- und untergang simuliert werden. „Auch
Laien können die LED-Sätze leicht installierbar“, begeistert sich Sauter.
Daneben wird ein Referent mit einer unterhaltsamen Bildvorschau in
Endlosschleife auf seine ExkursionsVorträge zum Vereinsjubiläum im
Herbst hinweisen. Außerdem stellt
der Verein neue Fischfuttersorten vor
und erklärt neue Filtertechniken.
Mehr als 80 Aquarien werden mit
Zierfischen und Wasserpflanzen besetzt sein. Für die Anlagen erhalten
Interessenten wieder gebrauchtes
Zubehör. Neu ist eine kostenlose Vermittlungstafel mit Aushängen, an der
Anbieter über Preise für Beckenauflösungen und Tierabgaben Abnehmer
suchen können. Wer Literatur zum
Hobby braucht, wird ebenfalls fündig.
INFO
Zierfisch- und Wasserpflanzenbörse, 9.
und 10. April, jeweils 10 bis 16 Uhr, Alte
Turnhalle Lachen-Speyerdorf, Karl-OhlerStraße. Eintritt und Parkplätze sind frei, für
Essen und Getränke sorgt der Verein. (aew)
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