76 << R E P O R TAG E >> Benannt nach Tourismuspionier Franz-Senn prägt sie seit nun mehr als 130 Jahren die Geschichte der Region. Für Bergbegeisterte ist sie beliebtes Ausflugsziel und Eldorado, für Familie Fankhauser Wohnort und Arbeitsplatz — STURM & G E D R Ä N G E „Griaß Enk“ auf der Franz-Sennhütte im Stubaital Ein- und Ausblicke von der größten Schutzhütte des Innsbrucker Alpennvereins Text & Fotos Bernhard Poscher 77 78 79 << R E P O R TAG E >> DIE RUHE NACH DEM STURM Morgendlicher Mord und Totschlag: Es ist auch dafür gesorgt, dass hier ausreichend Platz für alle ist. Mit Pickel am Rucksack, Ski in der Einen und Stecken in der anderen Hand sticht man leicht jemanden ein Auge aus. Der morgendlichen Hektik und dem Chaos entflieht man am besten wenn man schnell das Weite sucht. Davon gibt’s hier um die Franz-Sennhütte ja Gott sei Dank genügend. << ie Bergspitzen leuchten bereits golden durchs Fenster, als ich durch das Knarren des Bodens im Gang geweckt werde. Kurz nach Sonnenaufgang. In einer Viertel Stunde gibt’s Frühstück. Ich werfe einen prüfenden Blick durch‘s Fenster und sehe eine erste Gruppe Tourengeher in Richtung der zahlreichen lohnenden Gipfel des Gebiets um die Franz-Senn Hütte aufbrechen. Die vergangene Nacht hat ein wenig Neuschnee gebracht. Der angebrochene Tag verspricht beste Bedingungen für die mehr als 80 Gäste. Hüttenwirt Thomas Fankhauser, seine Frau und sein Team sind bereits seit einer Stunde auf den Beinen und mit dem Herrichten des Frühstücks bemüht. Brot, Käse, Wurst, Marmelade, Müsli, Kaffee, Tee. Mehr Auswahl als zu Hause. Am Buffet wird gedrängelt. Butter liegt am Boden. „Wie auf einem Schlachtfeld!“, bemerkt ein Kellner. Die Tourengeher sind ungeduldig beim Anblick des herrlichen Wetters und der frisch verschneiten Hänge. Von einem großen Kessel füllt jeder noch schnell seine Thermoskanne mit Tee auf. Manch einer kippt ein Päckchen Magnesium dazu – legales Doping. Das Gedränge vom Buffet setzt sich im Schuhraum fort. Hier stinkt es gar nicht, wie man annehmen müsste, nach Schuhraum, denn der Pächter der Hütte hat mitgedacht. Anstatt einer Heizung die einfach die feuchte Luft erwärmt setzt er auf einen Entfeuchtungslüfter. Die schweiß-getränkte Luft gelangt so nach draußen, sodass der Gast auch durch die Nase atmen kann. Gegen 8 Uhr vormittags, wenn die letzten Tourengeher die Schutzhütte in Richtung der umliegenden 3000er verlassen haben, wird’s wieder ruhiger in der Hütte. Statt dem Trampeln von Skischuhen und dem Klimpern der Karabiner an den Gurten hört man nun nur das Sausen der Besen und das emsige Gewusel der Bediensteten. Im ersten Stock ist Angelika beschäftigt Betten abzuziehen und die Santitärräume zu putzen. Die Berlinerin kommt schon seit Jahren jeden Winter auf die Hütte zum Arbeiten. Jeder Handgriff ist schon tausendfach geübt. Trotz dem zeitweisen Stress ist ihr die Lust am Job nicht vergangen. Sie mag die vormittägliche Ruhe, in der sie entspannt ihrer Arbeit nachgehen kann. Ob sie im Sommer auch hier auf der Hütte arbeiten werde? Da sei sie in der Schweiz als Hirtin unterwegs - sie lächelt dabei. Für die 170 Schlafplätze der Hütte ist Angelika nicht allein zuständig. Mittlerweile wurde die Anzahl der Betten schon verringert – der Qualität wegen. Zu Spitzenzeiten konnte die Franz-Sennhütte 220 Personen beherbergen. Doch dies ist Jahre her. Damals waren nicht mal genügend Sitzplätze in der Gaststube zur Verfügung, sodass schichtweise gegessen werden musste. Die Familie Fankhauser will dieser „Legehennenbatterie-Mentalität“ entgegenwirken und setzt auf ein wenig mehr Komfort für die Gäste. Die steigenden Anforderungen der Besucher stellen mehr denn je eine Herausforderung für den Pächter dar. Angelika aus Berlin kommt schon seit Jahren regelmäßig zum Arbeiten auf die Hütte. 80 << R E P O R TAG E >> In einer Woche gehen schon mal an die 7 Tonnen Lebensmittel über die Durchreiche an die Tische. maligen Zivildiener, der in den Bergen nach Orientierung sucht. Die Küche ist im eingespielten Griff von vier Slowaken, die mit jedem Abendmenü um die Komplimente der Gäste kochen. Klara Fankhauser, die Seniorchefin, ist ebenfalls maßgeblich am guten Ruf der Küche beteiligt und legt selbst noch Hand an im Betrieb. Ich selbst durfte auch für einen halben Tag behilflich sein indem ich 50 kg Kartoffel schälte. Dabei war ich noch gesegnet, denn die Hütte war mit 80 Personen nur halb belegt. In einer normalen Woche gehen da schon mal an die 7 Tonnen Lebensmittel über die Durchreiche an die Tische. Das entspricht der Anzahl von 21 Materialseilbahnfahrten. Doch damit ist‘s nicht getan. Die Ware muss ja erst vom Stubaital durchs Oberbergtal nach Seduck geführt werden, wo sie dann auf ein Pistenfahrzeug umgeladen wird, das bis zur Materialseilbahn fährt. Viele Anstrengungen sind also nötig bis die Lebensmittel im Lager der FranzSennhütte sind und schließlich am Teller der Gäste. HOCHBETRIEB Um die Mittagszeit herrscht Hochbetrieb in der Küche. Anlässlich des bevorstehenden Osterfestes bemalt die Hüttenwirtin Beate mit ihren Kindern Ostereier für die Tischdeko. In einer Regelmäßigkeit läutet das Telefon der Hütte zwischendurch. Der Wetterbericht prognostiziert beste Verhältnisse für das bevorstehende Wochenende. Dementsprechend wollen viele noch kurzfristig einen Hüttenplatz buchen. Weiters kommen täglich rund 50 Mails mit Anfragen herein. HOCHALPINES ABFALLDILEMMA << Derzeit sorgen 11 Bedienstete im Winter für das Wohl aller Sportler. Angelika ist Stammmitarbeiterin. Das ist hier eher die Ausnahme. Meist wechselt die Belegschaft von Jahr zu Jahr. Ganz zum Unbehagen von Christoph, dem Oberkellner, der jede Saison wieder ein paar Neue einlernen muss. Viele haben nicht zwingend einen Gastronomie-Hintergrund, sondern sehen den Hüttenjob mehr als Ausstieg oder Überbrückung. Wie etwa Wolfgang aus Bayern, der die letzten 7 Jahre als Zimmerer arbeitete. Nachdem sein Vater auch Zimmerer ist und sein Bruder ebenfalls und jeder seine eigene Philosophie darüber hat wie es „richtig gmocht keat“ wagt er einen Wechsel als Kellner mit ungewissen Folgen. Ihm zur Seite steht Thomas aus Nieder österreich, ein musik-vernarrter ehe- 81 Hüttenwirte in Ausbildung: Die Kinder von Thomas und Beate Fankhauser sind während der Saison ebenfalls auf der Hütte. Geschäftssache: Was raus muss, muss raus. Auch über dieses Geschäft muss man sich im Hochgebirge Gedanken machen. Einen Kanalanschluss hier herauf gibt es nicht. Eine Sickergrube ist bei den tausenden Gästen der Hütte auch keine Option mehr. Voller Stolz zeigt mir Thomas eine zweistufige voll biologische Kläranlage im Schuppen nebenan. Diese verfügt zudem über eine spezielle Entwässerungs- und Trocknungs- anlage, die den Abfall minimiert. Die rund 5m³getrockneter Schlamm werden dann einmal jährlich mit dem Hubschrauber zur Verwertung ins Tal gebracht. Gleichzeitig werden dabei auch die 12 Tonnen Brennstoff für den Holzofen heraufgeflogen. Für sonstige Abfälle gibt es eine kleine Müllpresse. Die Pakete werden mit der Materialseilbahn ins Tal befördert. Der Hüttenwirt denkt da bereits einen Schritt weiter. In den Schlafzimmern sucht man vergeblich nach Mülleimern. Als Ersatz findet man ein Schild, das auffordert den eigenen Dreck wieder mit ins Tal zu nehmen. Großteils ist dies bei den Bergsteigern bereits angekommen und gilt als Selbstverständlichkeit, dennoch scheinen manche nicht realisiert zu haben, dass jede Müsliriegelverpackung, jedes Taschentuch eine gewisse Belastung darstellt. Aber auch behördliche Auflagen bereiten dem Hüttenwirt Sorgen – die Registrierkassenpflicht. Während der deutlich höher frequentierten Sommersaison kommt man auf bis zu 22000 Belege, die natürlich ausgedruckt werden müssen. Das entspricht in etwa 5km Papier wie Thomas errechnet hat. Der Zettel wird vom Gast meist zurückgelassen. Es sind vermeintliche Kleinigkeiten, die aber erheblichen Mehraufwand für die Hüttenpächter bedeuten. 82 << R E P O R TAG E >> „Die meisten Gäste denken, dass der Strom aus der Dose kommt“ Stimmt, aber wie kommt er in die Dose? Seit den 1960ern gibt es ein Kleinwasserkraftwerk, das den Großteil der Energie liefert. Zumindest im Sommer. Wie funktioniert das aber im Winter, wenn der Bach wenig bis gar kein Wasser führt? Ein Verbrennungsmotor, ein Blockheizkraftwerk, eine Photovoltaikanlage sowie eine Ölheizung die ausschließlich mit Pflanzenöl gespeist wird ergänzen die Energieversorgung. So ist die Hütte für alle Eventualitäten abgesichert. Zusätzliche Großbatterien mit einem Gewicht von 6 Tonnen erlauben es den produzierten Strom zwischenzuspeichern, um in Stoßzeiten oder bei Ausfällen ausreichend Leistung zu garantieren. Während Thomas mir die Anlagen erklärt, bemerkt er, dass im Kraftwerk offensichtlich die Turbine ausgefallen ist. Was früher für ihn bedeutet hätte zu Fuß nachsehen zu gehen und oftmals den Zugang zum Werk freizuschaufeln zu müssen kann heute vollelektronisch über Fernwartung gesteuert werden. Auch dies ist dem technikverliebten Naturell von Thomas zu verdanken, der zusammen mit einem Freund ein Wartungsprogramm schrieb. Hier heroben muss besonders auf Effizienz geachtet werden. Die Abwärme des Verbrennungsmotors wird deshalb für Heizzwecke genützt. Zudem besitzt jedes Zimmer des Hauses ein Funkthermostat, das es erlaubt bewusst nur die Räume zu heizen, die auch wirklich besetzt sind. So kann schon einmal Energie gespart werden. Der Umstieg auf LED Leuchten wirkt sich ähnlich positiv aus. Zu den Preisen der LED Lampen bemerkt Thomas: „Die kosten aber eine Lawine!“ Hochalpiner Hochbetrieb: Während für den Abend gekocht wird nimmt Thomas Reservierungen fürs kommende Wochenende entgegen. Nicht immer bringen diese Neuerungen nur den gewünschten Vorteil mit sich. Im Zuge einer brandschutztechnischen Anpassung etwa prägt nun eine verzinkte, glänzende Feuertreppe die Außenseite der Hütte - zum Schutz der Gäste natürlich. V E R B I N D U N G S AU F B AU Energie ist ein kostbares Gut auf der Hütte. Steckdosen finden sich nur vereinzelt in den Waschräumen, im Gang oder im Essbereich. Wer zuerst kommt, malt zuerst. Die Dosen sind nämlich durchwegs von ladenden Smartphones besetzt. WLan gibt es hier schon seit Jahren. Ich mache einen skeptischen Blick und frage Thomas, den Hüttenwirt, ob es dies wirklich braucht? Zerstört das nicht irgendwie die gemeinschaftliche Hüttenidylle? Internet ist mittlerweile notwendig. So können Buchungen Online entgegen genommen oder Bestellungen auf der Terrasse drahtlos an die Küche gesendet werden. Für Gäste ist das WLan kostenpflichtig zugänglich. Ansonsten befindet sich ein Gemeinschaftscomputer im Erdgeschoß der vorrangig für das Abrufen der Lawinen << SAFTIG Der Computer ist auf der Hütte längst kein Fremdgegenstand mehr. Neben einem digitalen Buchungssystem ließ Thomas auch einen Zimmerplan programmieren – maßgeschneidert für die Hütte. „Bei mehr als 5000 Nächtigungen allein in der Wintersaison ist dies analog nicht mehr handle bar.“ Auch bei der Bezahlung wurde auf ein elektronisches System für Getränke und Speisen umgestellt, zumindest für Gäste die länger verweilen. „Man muss nachrüsten, um nicht den Anschluss zu verlieren“ so der Hüttenwirt. Zudem bedeuten diese digitalen Hilfen ja auch eine Erleichterung für sein Team. Die Schwierigkeit ist jedoch, den Spagat zwischen Fortschritt und alpenländischer Authentizität zu finden. Man will den Gästen einerseits einen möglichst komfortablen Aufenthalt ermöglichen, andererseits aber nicht den Eindruck vermitteln man befände sich in einem Hotel. Dem ist nämlich nicht so. Die Franz-Sennhütte ist seit je her als alpine Schutzhütte gekennzeichnet, d.h. Gemeinschaftsduschen, Massenlager etc. Warum aber dann dieses Aufrüsten? Behördliche Auflagen sind sicherlich ein Grund dafür. Das fängt bei der Energieversorgung an und hört bei Hygiene und Abfallentsorgung auf. Mann will nicht den Eindruck vermitteln man befände sich in einem Hotel 83 84 << R E P O R TAG E >> 85 »Hüttenbewirtschaftung, Hygiene, Umweltund Naturschutz, Wegerhaltung, Küche und Service werden den Sherpas und Nepalis, die selbst in den Bergen Nepals Lodges bewirtschaften nähergebracht.« Familiensache: Seit mehr als 50 Jahren wird die Hütte von der Familie Fankhauser geführt. Beate und Thomas übernahmen 2006 von dessen Eltern Klara und Horst. ie ersten Tourengeher kommen mit müdem aber zufriedenem Blick von ihren Ausflugs zielen zurück. Bei einem Weißbier oder Radler genießen sie die schon tief stehende Sonne über dem Perlenkranz der umliegenden 3000er und feiern ihren Gipfelsieg. Manch einer humpelt schon in Sandalen über die Terrasse, die Blasen von den Tourenschuhen notdürftig verarztet. Anderen sieht man an der Gesichtsfarbe an, dass sie nicht so knausrig mit der Sonnencreme umgehen hätten sollen. Doch erst der Abdruck der Sonnenbrille macht den Tourengeher zum Tourengeher. Das Geschäft auf der Terrasse läuft. Besonders im Sommer kommen noch etliche Tagestouristen hinzu. Doch das ist nicht immer so. Manchmal macht einem das Wetter einen Strich durch die Rechnung. „Man muss gut kalkulieren können, wenn Gäste kurzfristig absagen“, meint der Chef und denkt dabei an die Lebensmittelvorräte. Noch schnell unter die Warmwasserdusche. Ab 6 Uhr gibt’s dann Abendessen. Manch einer, völlig ausgebrannt von einer anstrengenden Tour, gönnt sich bereits im Vorhinein einen Apfelstrudel. In Hausschuhen und Jogginganzügen gekleidet, füllt sich allmählich die Stube mit Gästen. Ein paar Damen machen es sich um den begehrten Kachelofen mit Magazinen gemütlich. Eine Tourengruppe aus Deutschland vertreibt sich die Zeit mit Kartenspielen. Nur selten sieht man jemanden in ein Smartphone starren, da man ohnehin keinen Empfang hier auf der Hütte hat. Smartphones dienen hier im Alpeinertal meist nur als Kameras zur Beweissicherung des Tourenerfolgs. Stolz werden die Bildschirme herumgereicht und Schnappschüsse verglichen. Man hört Tschechisch. Aus einer anderen Ecke brummt die Stimme eines Engländers. Er füllt damit den ganzen Raum. „Yeah. Yeah. Cool.“ Die Gruppe des DAV unter der Führung meines Zimmergenossen und Bergführers Franz studiert bereits Kartenmaterial und plant das nächste Ziel. Als Kellner Christoph mit dem Suppentopf kommt wird hastig vom Tisch geräumt. Endlich. Essen. << Lawinenlage und des Wetters genutzt wird. Am besten holt man sich aber Lageinformationen aus erster Hand vom Senior-Chef Horst Fankhauser. Der über 70-jährige geht selbst noch regelmäßig Touren im Gebiet um die Hütte. Als Botschafter des Lawinenwarndienstes gräbt er selbst oft Schneeprofile und gibt die Daten an die Landesstelle durch. Der Vater von Thomas und ehemalige Hüttenwirt hatte immer schon einen starken Bezug zu den Bergen – auch zu den ganz hohen im Himalaya. Dort war er bereits mehr als 20 Mal unterwegs, unter anderem auch mit Alpin-Legenden wie Oswald Ölz und Wolfgang Nairz. Letzterer hat mit dem Projekt „Nepal-Hilfe Tirol“ ein Austauschprogramm für Nepalesen ins Leben gerufen. Bei meiner Arbeit in der Küche lerne ich Dambar kennen. Er war breits mehrmals über das „SherpaProjekt“ auf der Franz-Sennhütte und ist nun als Freund der Familie zu Gast. Wenns mal besonders stressig ist kümmert er sich um die Kinder. Erst der Abdruck der Sonnenbrille macht den Tourengeher zum Tourengeher: Die günstiges Frühjahrbesdingungen im Gebiet um die Franz-Sennhütte versprechen dieses Ziel zu erreichen. 86 Das gute Essen wird noch bei dem einen oder anderen Weißbier oder Gläschen Wein verdaut. Es wird geplaudert und geplant. Hinter mir ertönen im Minutentakt die kreischenden Damen-Lacher einer gemischten Gruppe aus Schweizern, Deutschen und Österreichern. „Do brauchst ja scho fast a Megafon dassd die unterhoiten kust“, stellt einer der Herren an meinem Tisch fest. Langsam dünnt sich die Gaststube aus. Die Einhaltung der Hüttenruhe um 22:00 Uhr stellt kein großes Problem dar, so Thomas. Die meisten Besucher gehen schon früher auf die Zimmer. Der kommende Tag birgt ja wieder ein neues Ziel: den Tourenklassiker Ruderhofspitze oder die lohnenden Hänge hinunter von der Kräulscharte, um nur ein paar zu nennen. In der Küche und in der Stube wird bereits für den kommenden Tag angerichtet. Für Thomas und sein Team ist nun bald Feierabend; nach einem 14-Stunden Tag im Fall des Wirtes. Um 5 Uhr heißt es dann wieder aufstehen. Alles wieder von vorne. Bis zum Ende der Saison Anfang Mai. Dann heißt es erst mal Urlaub für die Familie Fankhauser. Nach dem Sturm die Ruhe. Der Laptop darf in dieser Zeit allerdings nicht fehlen, denn schon füllt sich der Posteingang mit Buchungen für die Sommersaison. Wie sieht die Zukunft aus frage ich Thomas. Authentisch bleiben entgegnet der Hüttenwirt. Seit 10 Jahren führt er nun den Betrieb zusammen mit seiner Frau und hat den schwierigen Spagat zwischen Fortschritt und heimatlicher Echtheit gut hinbekommen. Die „Hüttenidylle“ fühlt man hier im Alpeinertal nach über 100 Jahren noch immer. Info: Mit 170 Schlafplätzen ist die Hütte im Alpeinertal die Größte der Alpenvereinssektion Innsbruck. Die Hälfte der Nächtigungsmöglichkeiten befinden sich im Lager. Wer ein wenig mehr Komfort wünscht kann auch ein Bett buchen. Die Hütte verfügt neben Warmwasser auch über Wifi. Mit Kläranlage und selbstständiger Energieversorgung zählt sie zu den fortschrittlichsten der Sektion. Anreise: Der Zustieg zur Hütte erfolgt von der Oberissalm im hinteren Oberbergtal, einem Seitental des Stubaitales (ca. 1 1/2 Stunden Gehzeit). Im Winter ist der Ausgangspunkt für den Zustieg Seduck (ca. 3 Stunden Gehzeit mit Tourenski). Öffnungszeiten: Die Wintersaison startet üblicherweise Mitte Februar und endet Anfang Mai. Im Sommer hat die Hütte von Mitte Juni bis Anfang Oktober geöffnet. Detaillierte Infos finden Sie auf der Website Schlechtwetter« Christoph und seine beiden Jungs vom Service haben währenddessen alle Hände voll zu tun. Servieren, Ausschenken, Abräumen. Ich mustere die Gäste am Getränkeausschank – genauer gesagt deren Füße. Irgendjemand hat sich unerlaubt meine Hauspatschen ausgeliehen. Das kostet! Höchstleistung für Hochgenuss: Ist die Hütte voll belegt haben Kellner Christoph und seine Jungs alle Hände voll zu tun. »Aufessen, sonst is morgn Ich selbst sitze an einem Tisch mit einer Altherren-Gruppe aus Rosenheim. Einer von ihnen, Bierbrauer in einer der 700 Kleinbrauereien Bayerns, erklärt mir, dass 1-2 Bier am Tag gesünder seien als völlige Abstinenz. Dem will ich auf den Grund gehen. Man schläft ja auch bekanntlich besser mit ein wenig Alk im Blut. Die großen Portionen der Küche sind beinahe zu viel für mich. „Aufessen, sonst is morgn Schlechtwetter“, mahnt mich einer am Tisch. Die Nachspeiß muss auch noch runter. Man isst hier wie ein Fürst, auch vegetarisch. Dieser Ruf eilt der Hütte voraus. „Das Leben is hart in den Bergen“ 87 << R E P O R TAG E >> Toureninfo: Die Franz Senn Hütte stellt einen optimalen Ausgangspunkt für Wanderungen, anspruchsvolle Bergtouren und Skihochtouren dar. Die Hütte wird auch als Stützpunkt für viele Ausbildungen und Lehrgänge genutzt. Kontakt: Beate und Thomas Fankhauser [email protected] Tel. +43 (0)5226 2218 Buchung und Details unter http://www.franzsennhuette.at/ Auch ich begebe mich in Richtung Bett. Über den knarrenden Boden schleiche ich ins Zimmer. Franz, der Bergführer aus Bayern, kontrolliert noch sein Material für die morgige Tour. Hauptberuflich Mechaniker hat ihn die Liebe zum Skifahren zum Bergführer-Dasein bewogen. Er schimpft ein wenig über seine schwache Gruppe die er dieses Mal führen muss. „I hab heit kuan oanzige Tropfn gschwitzt“, meint er, aber schließt den Gedanken damit ab, dass es schlimmer sein könnte. Ich steh auf, dreh das Licht ab und schließe das gekippte Fenster: „Lieber dastunkn, als dafroarn!“ << Bernhard Poscher (23), gebürtiger Tiroler, hat es sich nicht nehmen lassen neben der Recherche für diese Reportage auch ein paar Spuren im Pulver um die Franz-Senn Hütte zu ziehen. Neben dem Skitourengehen vertreibt er sich die Zeit mit Studieren. An der Fachhochschule in Dornbirn wird er demnächst sein Bachelorstudium in Mediengestaltung abschließen. Für die Zukunft erhofft er sich einen Job in dem er seine Verbundenheit zu den Bergen einbringen kann.
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