Die Struktur der Arbeitskosten in Deutschland

Position
Die Struktur der Arbeitskosten in
Deutschland
Stand: April 2016
www.vbw-bayern.de
Position – Die Struktur der Arbeitskosten in Deutschland
vbw – April 2016
Vorwort
X
Vorwort
Kostendisziplin: Tarifparteien und Gesetzgeber sind gefordert
Deutschland und Bayern weisen weltweit mit die höchsten Arbeitskosten auf. Gerade
für einen international ausgerichteten und im globalen Wettbewerb stehenden Standort
stellt das hohe Niveau der Arbeitskosten eine erhebliche Belastung für Wertschöpfung
und Beschäftigung dar.
Das hohe Kostenniveau ist das Ergebnis hoher Löhne und Gehälter, kombiniert mit
einer überdurchschnittlichen Personalzusatzkostenquote. Um dem Kostennachteil unseres Standorts zu begegnen, müssen beide Größen in den Blick genommen werden.
Gefordert sind zunächst die Tarifparteien, die durch ihre Lohnpolitik das Kostenniveau
ebenso wie die Flexibilität der Entgeltgestaltung wesentlich bestimmen. In den vergangenen Jahren ist die Produktivität kaum noch gestiegen. Dies muss bei den Tarifverhandlungen berücksichtigt werden.
Doch auch Regierung und Gesetzgeber müssen ihren Beitrag leisten. Immerhin ist ein
gutes Viertel der Personalkosten durch gesetzliche Regelungen vorgegeben. Ziel muss
es insbesondere sein, den Gesamtbeitragssatz für die Sozialversicherungssysteme
dauerhaft unter 40 Prozent zu halten. Die Finanzierung gesamtgesellschaftlicher
Aufgaben dürfen nicht dem Arbeitsverhältnis aufgebürdet werden.
In dem vorliegenden Positionspapier wollen wir zum einen Transparenz schaffen und
die Zusammensetzung der Arbeitskosten in der deutschen Wirtschaft darstellen. Zum
anderen zeigen wir auf, wie dem Standortnachteil der hohen Arbeitskosten begegnet
werden kann, damit wir unsere Wettbewerbsfähigkeit stärken, um Wertschöpfung und
Beschäftigung zu sichern.
Bertram Brossardt
14. April 2016
Position – Die Struktur der Arbeitskosten in Deutschland
vbw – April 2016
Inhalt
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Inhalt
1
Personalkosten im internationalen Vergleich ........................................... 1
2
Personalkostenstruktur in Deutschland.................................................... 3
3
Die Position der vbw ................................................................................... 7
3.1
Produktivitätsorientierte Lohnpolitik ............................................................... 7
3.2
Berücksichtigung der Kostenentwicklung im Ausland .................................... 7
3.3
Flexibilisierung der Entgelte .......................................................................... 7
3.4
Flexibilisierung der Arbeitszeitgestaltung ...................................................... 8
3.5
Senkung der gesetzlich veranlassten Arbeitskosten ..................................... 8
Ansprechpartner / Impressum ....................................................................................... 9
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Personalkosten im internationalen Vergleich
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Personalkosten im internationalen Vergleich
Westdeutschland hat weit überdurchschnittliche Arbeitskosten
Im Jahr 2014 summierten sich die Arbeitskosten in der westdeutschen Industrie nach
Angaben des Instituts der deutschen Wirtschaft auf durchschnittlich 39,97 Euro pro
Arbeitnehmer und Stunde. Nur fünf vergleichsweise kleine Staaten wiesen höhere Personalkosten auf, was zum Teil auch auf Wechselkurseffekte zurückzuführen ist. Zum
Vergleich: In Frankreich lagen die Arbeitskosten bei 36,86 Euro, in Österreich bei 35,38
Euro, in Italien bei 27,79 Euro und in den USA bei 27,30 Euro. Gegenüber dem Durchschnitt der übrigen Industrieländer hat Westdeutschland einen Kostennachteil von fast
22 Prozent. Verglichen mit den mittel- und osteuropäischen Staaten sowie den Schwellenländern in Asien und Lateinamerika ist der Kostenabstand noch weitaus größer. So
lagen die Arbeitskosten beispielsweise in Tschechien bei 9,34 Euro, in Ungarn bei 7,58
Euro, in China bei 4,90 Euro und in Bulgarien bei 3,15 Euro.
Abbildung 1
Industrielle Arbeitskosten 2014
Arbeitskosten je Arbeitnehmer, 2014; Verarbeitendes Gewerbe, in Euro
60,00
50,00
40,00
30,00
20,00
10,00
0,00
Quelle: IW Köln (2015)
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Personalkosten im internationalen Vergleich
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Das hohe Arbeitskostenniveau in Westdeutschland ergibt sich aus der Kombination
hoher Bruttolöhne und einer im internationalen Vergleich leicht überdurchschnittlichen
Zusatzkostenquote. Besonders hoch ist in Deutschland der Entgeltanteil für arbeitsfreie
Zeit, was unter anderem am hohen Urlaubsanspruch liegt.
Auf das Bruttoentgelt kommen Zusatzkosten von knapp 29 Prozent. Mit dieser Quote
liegt Westdeutschland im oberen Mittelfeld. Die anderen Länder mit hohen Bruttoentgelten haben eine geringere Zusatzkostenquote als Deutschland. Hingegen weisen die
Staaten mit einer höheren Zusatzkostenquote niedrigere Bruttoentgelte auf, sodass
sich auch niedrigere absolute Zusatzkosten ergeben.
Erschwerend für die deutsche Industrie kommt hinzu, dass nur drei Viertel des Bruttoentgelts unmittelbare Arbeitsleistung gegenübersteht. Ein Viertel entfällt auf Entgelt für
arbeitsfreie Zeit wie Urlaub, Krankheit oder Feiertage sowie auf Sonderzahlungen.
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Personalkostenstruktur in Deutschland
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Personalkostenstruktur in Deutschland
Zu den Bruttolöhnen kommen nochmal bis zu 30 Prozent an Zusatzkosten
Die Personalkosten setzen sich aus verschiedenen Komponenten zusammen, wie Tabelle 1 verdeutlicht: Das Direktentgelt entspricht dem Entgeltvolumen, dem eine unmittelbare Arbeitsleistung gegenübersteht. Zusammen mit dem Entgelt für arbeitsfreie
Tage und den Sonderzahlungen ergeben sie das Bruttoentgelt. Als weitere Bestandteile fallen die Arbeitgeberbeiträge zur Sozialversicherung sowie sonstige Personalzusatzkosten an.
Tabelle 1
Personalkostenstruktur
Entgelt für geleistete Arbeit (Direktentgelt) a)
+ Vergütung arbeitsfreier Tage b)
+ Sonderzahlungen c)
= Bruttoentgelt
+ Arbeitgeberaufwendungen für Vorsorgeeinrichtungen d)
+ Sonstige Personalzusatzkosten
= Arbeitskosten
a)
inkl. erfolgs- und leistungsabhängiger Sonderzahlungen
inkl. Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall
c)
nicht erfolgs- oder leistungsabhängig
d)
u.a. Arbeitgeberbeiträge zur Sozialversicherung, betriebliche Altersversorgung
b)
In Tabelle 2 auf Seite 4 sind für ausgewählte Wirtschaftszweige die einzelnen Komponenten der Personalkosten für das Jahr 2014 aufgeführt, jeweils in Relation zum Bruttoentgelt.
Im Produzierenden Gewerbe Westdeutschlands summierten sich die Bruttolöhne und
-gehälter je Beschäftigten im Jahr 2014 auf 49.600 Euro. Dem standen nur 75 Prozent
an effektiv geleisteter Arbeitszeit gegenüber. 17,2 Prozent des Bruttoentgelts wurde für
arbeitsfreie Zeit wie Urlaub, Krankheit oder Feiertage gezahlt. Weitere 7,8 Prozent
machten fest vereinbarte Sonderzahlungen sowie Beiträge zur Vermögensbildung aus.
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Personalkostenstruktur in Deutschland
Tabelle 2
Struktur der Personalkosten in ausgewählten Branchen in Deutschland
in Prozent des Bruttoentgelts, 2014
Produ-
Finanz-
Unterneh-
zierendes
dienst-
mensdienst-
a)
leistungen
leistungen
Gewerbe
Handel
Verkehr
Entgelt für geleistete Arbeit
75,4
77,3
77,2
74,2
77,8
Vergütung arbeitsfreier Tage
17,2
16,6
17,9
16,3
15,7
Urlaub
9,8
9,7
9,9
9,6
9,4
Entgeltfortzahlung
3,6
3,2
4,1
3,2
2,7
Bezahlte Feiertage
3,8
3,7
3,8
3,6
3,7
7,4
6,1
4,9
9,5
6,6
Vermögensbildung
0,3
0,3
0,2
0,6
0,2
Fest vereinbarte Sonder-
7,1
5,8
4,7
8,9
6,4
100,0
100,0
100,0
100,0
100,0
17,7
18,0
19,4
15,2
15,4
Betriebliche Altersversorgung
3,9
1,5
3,8
10,0
3,6
Sonstige Zusatzkosten
5,0
5,5
3,5
6,8
4,5
126,7
125,0
126,7
132,0
123,5
25,9
26,0
26,9
22,2,
23,4
Sonderzahlungen
zahlungen
Bruttoentgelt
Sozialversicherungsbeiträge
der Arbeitgeber
Arbeitskosten insgesamt
Nachrichtlich:
Anteil der gesetzlich veranlassten Arbeitskosten
a)
Westdeutschland
Quelle: IW Köln (2013)
Zusätzlich zum Bruttoentgelt mussten die Arbeitgeber im Produzierenden Gewerbe
Zusatzkosten in Höhe von 25,9 Prozent leisten. Der größte Block entfällt hier mit
17,7 Prozent auf die Arbeitgeberbeiträge zur Sozialversicherung. Leistungen für die
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Personalkostenstruktur in Deutschland
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betriebliche Altersversorgung machten im Schnitt 3,9 Prozent aus, sonstige Personalzusatzkosten summierten sich auf 5,0 Prozent.
Nimmt man das Entgelt für geleistete Arbeit als Basis, so summieren sich alle weiteren
Personalkosten auf 68 Prozent des Direktentgelts. Umgekehrt heißt das, dass nur 59
Prozent der gesamten Arbeitskosten eine unmittelbare Arbeitsleistung entgegensteht.
Fast 26 Prozent der Personalkosten sind durch gesetzliche Vorgaben terminiert. Diese
umfassen das während des gesetzlichen Mindesturlaubs, an gesetzlichen Feiertagen
und im Krankheitsfall gezahlte Entgelt, die Arbeitgeberbeiträge zur Sozialversicherung
sowie sonstige gesetzlich bedingte Aufwendungen wie z. B. Arbeitgeberzuschüsse
zum Mutterschaftsgeld oder Umlagen für das Insolvenzgeld.
In den aufgeführten Dienstleistungsbranchen bewegten sich die Arbeitskosten je Beschäftigten im Jahr 2014 zwischen 44.100,- Euro im Verkehrssektor und 84.580,- Euro
bei den Finanzdienstleistern. Die höchste Direktentgeltsquote weisen die Unternehmensdienstleistungen auf. Die Finanzbranche ist durch relativ hohe fest vereinbarte
Sonderzahlungen gekennzeichnet, worunter aber nicht die erfolgsabhängigen Boni
fallen.
Die vergleichsweise niedrigen Quoten für die Arbeitgeberanteile zu den Sozialversicherungsbeiträgen bei den Finanz- und Unternehmensdienstleistungen sind durch das
überdurchschnittliche Lohnniveau in diesen Wirtschaftszweigen begründet. Die Deckelung durch die Beitragsbemessungsgrenze führt dazu, dass der relative Anteil an den
gesamten Personalkosten sinkt. Aus diesem Grund sind auch die gesetzlich veranlassten Personalkosten in diesen beiden Sektoren relativ niedriger.
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Die Position der vbw
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Die Position der vbw
Sowohl die Entgelte als auch die Zusatzkosten stehen im Fokus
Die hohen Arbeitskosten sind ein erheblicher Standortnachteil der deutschen und bayerischen Volkswirtschaft im globalen Wettbewerb. Die Personalkosten sind einer der
wenigen regional variablen Kostenelemente. Andere Kostenarten, beispielsweise für
Material oder Rohstoffe, sind an allen Standorten nahezu gleich. Deshalb sind die Arbeitskosten ganz wesentlich entscheidend für die Frage, wo industrielle Wertschöpfung
stattfindet und wo Beschäftigung generiert wird.
Um die Wettbewerbsfähigkeit unseres Standortes zu sichern und damit Wertschöpfung
zu halten und neu zu schaffen, muss der Kostennachteil zurückgeführt werden. Die
Struktur der Personalkosten in der deutschen Wirtschaft macht deutlich, dass man
hierzu sowohl bei Löhnen und Gehältern als auch bei den Zusatzkosten ansetzen
muss. Gefordert sind hier die Tarifvertragsparteien. Angesichts gesetzlich veranlasster
Personalkosten von gut einem Viertel können und müssen aber auch Regierung und
Gesetzgeber ihren Beitrag leisten.
3.1
Produktivitätsorientierte Lohnpolitik
Die tariflichen Entgelterhöhungen müssen dauerhaft moderat ausfallen. Die Löhne und
Gehälter sind der größte und entscheidende Teil der Arbeitskosten. Orientierungsgröße für die Lohnpolitik ist der gesamtwirtschaftliche Produktivitätsfortschritt. Das, was
durch die Arbeitsleistung zusätzlich erwirtschaftet wird, kann auch in Form höherer
Entgelte an die Beschäftigten verteilt werden.
3.2
Berücksichtigung der Kostenentwicklung im Ausland
Die Lohnpolitik muss auch die Kostenentwicklung in anderen Ländern im Blick haben.
Die deutsche und bayerische Volkswirtschaft sind international ausgerichtet und stehen
im globalen Wettbewerb. Die internationale Konkurrenzfähigkeit wird entscheidend
durch das Entgeltniveau beeinflusst. Die Tarifpolitik darf den Kostennachteil Deutschlands nicht weiter vergrößern, sondern muss dazu beitragen, ihn zu verringern.
3.3
Flexibilisierung der Entgelte
Dem Nachteil des hohen Kostenniveaus muss durch mehr Flexibilität entgegengewirkt
werden. In die Tarifverträge müssen vermehrt Öffnungsklauseln und variable Elemente
eingebaut werden. Denkbar sind Einmalzahlungen, die zeitliche Verschiebung von Tariferhöhungen bis hin zur flexiblen Gestaltung von Sonderzahlungen. Auf diese Weise
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Die Position der vbw
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kann der Anteil des Direktentgelts, dem eine tatsächliche Arbeitsleistung entgegensteht, erhöht werden.
3.4
Flexibilisierung der Arbeitszeitgestaltung
Maßnahmen zur flexiblen Gestaltung der Arbeitszeit können ebenfalls dazu beitragen,
den Nachteil der hohen Personalkosten auszugleichen. Flexible Arbeitszeitmodelle und
Arbeitszeitkonten ermöglichen es, die betrieblichen Kapazitäten der volatilen Nachfrage anzupassen. Auch dies trägt dazu bei, die tatsächliche Arbeitsleistung in Relation
zu den gesamten Arbeitskosten zu erhöhen.
3.5
Senkung der gesetzlich veranlassten Arbeitskosten
Die gesetzlich induzierte Personalzusatzkostenquote muss stabilisiert und mittelfristig
gesenkt werden. Den größten Block machen die Arbeitgeberbeiträge zur Sozialversicherung aus, auf die etwa 19 Prozent der Personalkosten entfallen. Ziel muss es sein,
den Gesamtbeitragssatz für die Sozialversicherungssysteme dauerhaft unter 40 Prozent zu halten. Um für eine nachhaltige Entlastung zu sorgen, müssen versicherungsfremde Leistungen durch das Steuersystem finanziert werden. Die Finanzierung gesellschaftspolitischer Aufgaben darf nicht dem Arbeitsverhältnis aufgebürdet werden.
Mittelfristig sollten die Sozialversicherungsbeiträge so weit wie möglich vom Arbeitsverhältnis abgekoppelt werden.
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