Freundesbrief von Urs & Claudia Künzle aus Peru 4/2016 - Nr. 48 Liebe Freunde, liebe Familie Diesen Brief möchten wir mit einem irischen Segenswunsch beginnen. Wir haben ein kleines Büchlein mit Texten für jeden Tag und immer wieder staunen wir darüber wie erdverbunden, realitätsnah und ehrlich diese Segenswünsche und Gebete aus Irland sind. Sie lassen uns staunen, ermutigen uns, aber korrigieren auch immer mal wieder unsere Sichtweise auf die Umstände in denen wir uns bewegen. Es sind Fragen die uns manchmal bedrängen oder schlechte Gefühle, wie Angst, die aufkommen wollen. So geschah es auch mit dem oben erwähnte Text. Huánuco - Perú, April 2016 Ungewissheit kann Angst auslösen, mutlos machen, ja sogar lähmen. Je nach Persönlichkeit geht man verschieden mit Ungewissheit um. Manche sehen in der Ungewissheit das grosse Abenteuer, neues, unbekanntes Land, das es zu entdecken und erobern gilt und sie fühlen sich geradezu beflügelt und können neue Kräfte und Energien mobilisieren. Andere wiederum schrecken zurück vor dem Unvertrauten, Ungewissen, das irgendwie im Dunkel der Zukunft liegt und ihnen den Mut raubt vorwärts zu gehen. Wir sehen uns irgendwie dazwischen. Ohne den Mut uns ins Ungewisse zu wagen, wären wir wohl nie in Peru angekommen, hätten uns die Gedanken und Ängste wie das alles werden könnte wohl zurückgehalten diesen Schritt zu wagen. Und trotzdem kennen auch wir Moment in denen wir mutlos in die Zukunft sehen, weil sie mit so viel Unsicherheit gefüllt ist. Ich denke etwas ganz Wichtiges ist im zweiten Teil des Segenswunsches. Die Hoffnung. Wenn die Hoffnung fehlt ist es schwierig sich mutig auf das Ungewisse einzulassen. Seite 1 von 8 Freundesbrief von Urs & Claudia Künzle aus Peru Aber schwierig wird es auch dann, wenn die Hoffnung in der Gewissheit verloren geht. Dann wenn und sich eine Gewissheit breit macht, dass sich gewisse Dinge nie ändern werden, man festgelegt und festgefahren ist in den eigenen Lebenskonzepten und Überzeugungen. Ungelebte Möglichkeiten und Herausforderungen, die nicht angepackt werden sind wie Bilder deren Farben langsam verblassen und an Ausdruck verlieren. Es gehört beides zusammen – Mut der Ungewissheit entgegen zu treten und eine gewisse GelassenHuánuco - Perú, April 2016 heit mit der Gewissheit so umzugehen, dass sie uns nicht die Hoffnung auf Änderungen raubt. Unsere Hoffnung ist im Glauben gegründet und hat uns schon über so manche Ungewissheit hinausgeholfen. „Der Glaube stützt sich auf die Dinge, auf die man hofft und ist das Überzeugtsein von Tatsachen, die nicht von blossem Auge sichtbar sind.“ (Die Bibel im Brief an die Hebräer 11:1) Angekommen und doch nicht ganz da Im letzten Brief schrieben wir euch aus der Zeit um den Jahreswechsel. Der Zeit in der das alte Jahr noch nicht ganz fertig ist und das neue noch nicht begonnen hat. Und für uns war es auch die Zeit zwischen der Schweiz und Peru, zwischen „noch nicht abgereist“ und doch mit den Gedanken schon oft an einem anderen Ort. Seit bald drei Monaten leben wir wieder in Peru und 4/2016 - Nr. 48 irgendwie kommt es uns vor, also ob schon viel mehr Zeit vergangen wäre. Vermutlich einfach darum, weil die Tage schon wieder sehr gefüllt, sehr intensiv sind und um uns herum vieles in Bewegung ist. Aber noch gut erinnern wir uns an das Gefühl in den ersten Wochen. Vieles war auf der einen Seite noch so vertraut, anderes ist etwas fremd geworden, manches hat uns einfach wieder überrascht und in allem drin haben wir uns ja auch verändert. Das vergangene Jahr hat seine Spuren auch in unseren Seelen, in unserem Denken hinterlassen und Seite 2 von 8 Freundesbrief von Urs & Claudia Künzle aus Peru all das wieder in das peruanische Leben zu integrieren, ist gar nicht so einfach. Es braucht auf jeden Fall mehr Zeit, als wir erwartet haben. Auf einen fahrenden Zug aufspringen Das Seminar-Programm für 2016 haben die Dozenten im Dezember vorgeplant. Der zwei wöchige Weiterbildungskurs für ehrenamtliche Mitarbeitende von Kirchgemeinden von zwei Wochen, war voll im Gange als wir in Lima ankamen und schon vorbei als wir in Huanuco eintrafen. Kurze Zeit später begann der Theologie-Intensivkurs, welcher den ganzen Februar dauerte. Es kamen in diesem Jahr so viele Teilnehmende wie noch nie seit wir hier sind. So waren wir zusammen mit dem Team herausgefordert die fast 70 Studierenden gut unterzubringen, die administrativen Aufgaben gut zu koordinieren und schliesslich den Unterricht gut zu gestalten. Es hat uns begeistert zu sehen mit wie viel Engagement und Freude sich diese jungen Leute für ihre Aufgabe als Freiwillige in den Gemeinden weiterbilden möchten. Für einige, die schon berufstätig sind, waren diese vier Wochen ihr ganzer Jahresurlaub. Mit dem Theolgiekurs fing auch für Urs eine spezielle Zeit an, da er seither den Buchhalter in allen Kassenangelegenheiten ersetzt. Obed hatte bei einem Unfall einen komplizierten Unterschenkelbruch erlitten. Nach nur einer Woche Pause star- Huánuco - Perú, April 2016 4/2016 - Nr. 48 tete dann die Vollzeitausbildung für zukünftige kirchliche Mitarbeitende. Mit gespannter Erwartung haben wir junge Menschen erwartet, die bereit sind den Schritt in diese Ausbildung und dann in den Vollzeitlichen Dienst zum ersten Mal zu wagen. Aber auch alle, die zurückkehrten nach einer intensiven Praktikumszeit in verschiedenen Gemeinden in Peru, haben wir erwartet und waren gespannt von ihren Erlebnissen zu hören. So sind wir am 7. März 2016 mit knapp 30 Studenten ins neue Ausbildungsjahr gestartet, leider mit nur zwei neuen Studenten fürs erste Jahr. Später möchte ich euch noch etwas mehr von Paulina erzählen, eine dieser neuen Studierenden. Während Urs im Rahmen vom Seminar wieder eher administrative Aufgaben hat, unterrichtet Claudia im Moment einen Kurs zu Gemeindepädagogik, begleitet eine Hand voll Seite 3 von 8 Freundesbrief von Urs & Claudia Künzle aus Peru Studenten persönlich und wirkt mit im Programm für die Ehefrauen der Studenten. Auch Weiterbildungsangebote für Sonntagschulunterrichtende ist sie am Planen, und ist im Gespräch mit den Verantwortlichen in den Kirchgemeinden um herauszufinden, welche Unterstützung sie sich wünschen. Der offene Handarbeitstreff wird auch wieder starten und sie freut sich schon auf die bunte Mischung von Frauen, die sich an diesen Nachmittagen bei ihr im Kreativatelier treffen. Huánuco - Perú, April 2016 Arbeiten auf viele verschiedenen Baustellen gleichzeitig Die einen von diesen Baustellen sind real – andere sinnbildlich zu verstehen ☺. Wir konnten im vergangenen Jahr durch Kollekten von verschiedenen Gemeinden und der Unterstützung der St. Galler Kantonalkirche genug Geld zusammen tragen um den Innenausbau des neuen Seminargebäudes fertig zu stellen. Das hat Urs natürlich sehr motiviert und es dauerte nicht lange und er nahm mit den Handwerkern Kontakt auf um den Ausbau vom zweiten Stock voranzutreiben. Nun können wir bereits schreiben, dass wir auf der Zielgeraden sind. Bis Ende Mai werden die wichtigsten Arbeiten abgeschlossen sein und dann geht es nur noch um einige Details. Renoviert wird auch eine freigewordenen Mitarbeiterwohnung und ein Unterrichtszimmer, das im Moment nicht belegt wird. 4/2016 - Nr. 48 Irgendwie scheint eine sinnvolle Arbeits-Planung mit den Handwerken ein Ding der Unmöglichkeit zu sein. Wir bezahlen ihnen die Arbeit, sie kommen (meistens) mit ihren Werkzeugen und um das Arbeitsmaterial kümmert sich Urs als Kunde. Fast täglich stellt Urs die Frage: „Habt ihr alles Material, das ihr heutet zum Arbeiten braucht?“ Und fast täglich bejahen sie diese Frage um dann später vor der Tür von Urs zu stehen mit der Bitte „ganz dringend“ dies oder jenes einkaufen zu gehen. Das macht natürlich auch seine eigene Arbeitsplanung fast zu einem Ding der Unmöglichkeit! Seite 4 von 8 Freundesbrief von Urs & Claudia Künzle aus Peru Herausforderungen Als sinnbildliche Baustellen bezeichnen wir auch Fragen, die das Seminar-Team im vergangenen Jahr nicht bearbeitet hat oder nicht angegangen ist. Dazu gehören einige Entscheidungen, die nicht getroffen, sondern einfach nur verschoben wurden auf dann „wenn Urs und Claudia wieder da sind“. Das hat vielerlei Gründe,... manchmal beurteilen sie die Dringlichkeit etwas anders als wir. Bei anderen Entscheidungen ist es aber auch so, dass sie lieber nicht getroffen werden, weil sie vielleicht unangenehm sein könnten. Dann gab es aber auch einiges, das getan werden musste, wegen der längeren Zeit, die wir nicht hier waren und um die sich auch sonst niemand gekümmert hat. Und so gab es einige praktische Dinge im Garten zu erledigen oder im Haushalt auszusortieren, aufzuräumen und Huánuco - Perú, April 2016 zu putzen. Die Einkaufstouren um unsere Vorräte wieder aufzufüllen, waren immer auch mit Wiedersehensfreude und Gespräche mit den Verkäuferinnen erfüllt. Und es galt ja auch die Beziehungsfäden wieder aufzunehmen und so waren die ersten Wochen geprägt von vielen Gesprächen, in denen wir uns erzählen liessen, wie sie das vergangene Jahr erlebt haben. Auf in eine neue Zukunft Ende April bekommen wir Besuch von Korni Siemens, dem Missionsleiter. Neben persönlichen Gesprä- 4/2016 - Nr. 48 chen, die er mit uns, aber auch den peruanischen Mitarbeitern führen wird, wollen wir an einem Nachmittag mit dem Team einen Blick in die Zukunft wagen. In einem Rückblick wollen wir nach den Werten, nach der Vision fragen, die am Anfang das Seminar geprägt haben. Dann aber vor allem vorwärts sehen und uns fragen, was unsere heutige Vision ist, wie das Seminar in Zukunft gestaltet sein könnte. Dazu braucht es jeden der jetzigen Mitarbeiter! Sie gestalten diese Zukunft mit ihren Gedanken, Begabungen, Beiträgen, ihrer Zeit und Kraft. Die Zeiten haben sich verändert. Wir unterrichten heute eine neue Generation von jungen Menschen. Die Gestalt, aber auch die Bedürfnisse der Kirchgemeinden haben sich verändert. Wie können wir diesen Umständen Rechnung tragen? Seite 5 von 8 Freundesbrief von Urs & Claudia Künzle aus Peru Die peruanische Gesellschaft hat sich verändert. Soziale Medien, Internet, materielle Möglichkeiten und Begehrlichkeiten, aber auch immer grössere Unterschiede zwischen arm und reich. Auch das muss bedacht werden, wenn wir einerseits an die jetzigen und zukünftigen Studenten denken, aber auch die Gestaltung ihrer späteren Arbeit in den Gemeinden. Damit wir diese und viele andere Gedanken machen können, braucht es Zeit. So wird diese Treffen mit Korni ein Startschuss sein für diese Auseinandersetzung mit denen wir uns das ganze Jahr beschäftigen werden. Paulina Wie vorher schon erwähnt möchte ich auf eine der Studierenden zu sprechen kommen, die in diesem Jahr neu mit dem Studium begonnen hat. Sie heisst Paulina und kommt ganz aus dem Süden von Peru, aus dem Urwald. Wir haben von ihr schon gehört, als wir noch in der Schweiz waren, denn sie ist schon seit einiger Zeit im Kontakt mit einem Missions-Ehepaar. Man könnte fast sagen dass sie einen „unbändigen Wunsch“ hat zu studieren! Dies liess sie viele Hürden überwinden und immer wieder festhalten an diesem Ziel. Sie hat erst als sie schon 20 Jahre alt war spanisch gelernt, als sie in Lima gearbeitet hat. Bis dahin sprach sie auschschliesslich die Sprache von ihrem Volk zu dem sie gehört. Sie hat also vor allem durch das Sprechen eine ganz andere Huánuco - Perú, April 2016 4/2016 - Nr. 48 Sprache und auch Kultur gelernt, als jene mit der sie aufgewachsen und auch in der Schule unterrichtet wurde. Sie kam pünktlich auf den Studienbeginn an und das obwohl die Strasse wegen Unwettern blockiert war und sie einen alternativen Weg nach Huanuco finden musste. Und nun studiert sie als seit einem Monat, liesst Bücher wie noch nie in ihrem Leben, wird mit Fragen konfrontiert die sie sich noch nie gestellt hat. Ich bewundere sie für ihren Mut und den Willen den sie hat. Sie sagt, dass es etwas in ihr gibt, dass sie antreibt – ich glaube es ist diese Hoffnung, die durch den Glauben wächst. Es ist diese feste Zuversicht, das Vertrauen in Gott, das sie all diese Hürden überwinden lässt. Immer dann wenn ihr Kopf voller Fragen ist zu denen sie keine Antworten findet kommt sie und sucht Seite 6 von 8 Freundesbrief von Urs & Claudia Künzle aus Peru das Gespräch mit mir (Claudia). Und dann klären wir den einen oder anderen Gedanken. Gestern hat sie mir das schönste Kompliment gemacht: „Wenn ich mit dir spreche, dann spüre ich keinen Unterschied!“ – ich bin dann nicht ihre Lehrerin, sondern ihre Schwester! Und zum Schluss noch dies,... Wir haben wieder zwei Hasen. Jene die ich hatte, meine Pfingsthasen von 2014, habe ich vor unserer Reise verschenkt. Eine der neuen Besitzerinnen kam eines Abends mit einer Tochter von jenem Hasen, den ich ihr geschenkt hat – und damit es ihr (und uns ☺) nicht langweilig wird, hat sie auch gleich noch einen passenden Partner mitgebracht. Stück um Stück mähen unseren Rasen und düngen gleichzeitig. Immer mal wieder, wenn mir gerade etwas Zeit bleibt, schaue ich ihnen einfach zu und staune darüber, wie liebevoll Huánuco - Perú, April 2016 sie miteinander umgehen. Sie sind sehr unterschiedlich im Charakter. Der eine sehr zutraulich und der andere sehr scheu – so habe ich nun als einen Angst-Hasen und einen Mut-Hasen. Auch sie erinnern mich an diese Spannung die zwischen dem Ungewissen und der Gewissheit liegt. Und so wünsche wir euch allen mit den Worten des irischen Segens: „Möge die Ungewissheit dich nie mutlos machen, die Gewissheit aber nicht die Hoffnung auf Änderung trüben.“ Wir danken euch ganz herzlich für eure Verbundenheit, die uns gewiss ist, und grüssen euch aus den peruanischen Bergland Urs und Claudia Künzle-Protzer 4/2016 - Nr. 48 Projekt - Stipendienfonds Auch dieses Jahr haben wieder einige sehr motivierte Auszubildende im Seminar. Eines haben sie oftmals gemeinsam. Sie kommen tendenziell aus wirtschaftlich schwachem Hintergrund. Daher unterstützen wir sie mit einem Stipendium. Wir benötigen dafür jährlich bis zu U$ 18‘000. Wir suchen einmalige und dauerhafte Unterstützer, welche das Anliegen jungen Menschen (darunter auch Familienväter) eine gute Ausbildung zu ermöglichen, finanziell mitragen. Im Flyer „Werden Sie Gönner und Visions-Träger “ finden sich weitere Informationen. Bei Fragen stehen wir gerne zur Verfügung. Bei einer Einzahlung bitte vermerken: „HS-003 Stipendienfonds“ . Seite 7 von 8 Freundesbrief von Urs & Claudia Künzle aus Peru Aus unserer Agenda 2016 4/2016 - Nr. 48 Rundbriefversand: 26.April Planungs-Sitzungen Indicamino in Lima - 5.Mai mit Delegierten der verschiedenen Arbeitszentren Evangelische Kirchgemeinde Sekretariat CH - 8272 Ermatingen 1.Mai Día en el STIEP - Festgottesdienst zum 46. Jubiläum des Seminars Indicamino Schweiz 27.Juni Vorbereitungen & Gruppenpraktikum - 10.Juli der Auszubildenden E-Mail – Internet – Postadresse - Telefon [email protected] [email protected] www.urs-claudia.ch http://stiepencontacto.blogspot.ch Facebook: Urs Claudia Künzle Skype: Name bitte anfragen Misión Suiza en el Perú Claudia y Urs Künzle Apartado 348 Jr. Leoncio Prado 139 Huánuco / Perú Telefon 0051 62 51 72 49 Nebengrabenstr. 40b CH-9430 St. Margrethen Telefon 071 888 31 44 Hinweis: Adressänderungen bitte per E-Mal an uns persönlich oder per Post an das Sekretariat in Ermatingen [email protected] www.indicamino.org Unser Spendenkonto: Schweiz: Indicamino, St.Margrethen PC-Konto 90-13366-5 IBAN CH97 0900 0000 9001 3366 5 Deutschland Indicamino e. V., Trossingen Evangelische Bank eG BLZ 520 604 10, Konto 418 005 IBAN: DE47 5206 0410 0000 4180 05 BIC: GENODEF1EK1 Wichtig - Bitte Vermerk anbringen: „Zugunsten der Arbeit von Urs & Claudia Künzle“ (Zeitverschiebung Sommer -7h) Huánuco - Perú, April 2016 Seite 8 von 8
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