Aus Heilbronn Von der Arbeit des

Donnerstag, i i . April 1946
Aus Heilbronn
Durchführung des Ehrendienstes in Heilbronn
Selbst bei der Durchführung einer so selbstverständlichen Maßnahme, wie sie der Ehrendienst
ist, kann ein Teil der Bevölkerung nicht von einer
alten und bösen Gewohnheit lassen: Es werden
Gerüchte "verbreitet. Die Besser- und Alleswisser
erklären mit wichtiger Miene, daß der Ehrendienst
demnächst verboten werden solle, die Militärregierung sei nicht damit einverstanden, die Landesregierung in Stuttgart würde die weitere
Durchführung untersagen, oder der neugewählte
Landtag oder Gemeinderat würde den Ehrendienst
für ungesetjUeh erklären usw. usw.
Von all diesen Gerüchten ist .eines immer törichter als das andere. Wir können heute versichern,
daß an all diesen böswilligen Ausstreuungen kein
wahres Wort ist, und daß der Ehrendienst nicht
verboten, sondern weitergeführt wird.
Kein
Mensch denkt daran, ihn zu verbieten; im Gegenteil, verschiedene Städte haben schon in Heilbronri
nach den bis jeljt, gemachten Erfahrungen gefragt
und tragen ssich mit dem Gedanken, ihn ebenfalls
einzuführen.
Wir können uns sehr gut denken, woher die
Gerüchte stammen! Sie stammen von solchen, die
sich auf Grund ihres Verhaltens in der Zeit von
1933 ab als Mitschuldige an unserem heutigen Unglück betrachten müssen. Anstatt aber jetjt schweigend zuzupacken und mitzuhelfen, um die
„Früchte" ihres Systems zu beseitigen, wollen sie
abseits stehen und die unangenehme Arbeit des
Aufräumens anderen überlassen. Der Wunsch ist
bei ihnen der Vater des Gedankens; sie hoffen
auf ein Verbot des Ehrendienstes, damit sie ja
nicht daran mitarbeiten müssen.
Sie haben falsch spekuliert, diese merkwürdigen
Zeitgenossen! Der Ehrendienst geht weiter, und
wer ihn dieses Jahr nicht ableistet, der tut es im
nächsten Jahr. D\ß dies streng und gerecht
durchgeführt wird, das sind wir denen schuldig,
die, ohne sich zu besinnen, herbeieilten, als der
Aufruf erging, und fleißig und ehrlich ihre Pflicht
taten. "Die Drückeberger aber werden 'keinen
Nugen aus ihrem Verhalten ziehen, dafür wird
gesorgt werden!
. Oberbürgermeister Beutinger
Arbeitsamt Heilbronn
Gewerkschaftsbund Heilbronn'
Es gibt
3
Möglichkeiten
Kleiner Ehedisput mit gutem Ausgang
Nr. 7/Seite3
HEILBRONNER STIMME
Unser Osferhilfswerk für Heilbronner Kinder
Wir kennen unsere Bauern draußen, denn wir leben selbst seit vielen
Jahren unter ihnen. Noch nie ist ein Appell an ihr Herz ungehört verhallt.
Aper es muß sich in jeder Ortschaft jemand auftun, der das sammelt, was
unsere Landleute geben können. Und wie gesagt, es braucht nicht viel zu
sein, was der Einzelne gibt. Wenn alle wenig geben - vier oder fünf Aepfel,
mancher ein Ei - dann kommen wir doch auf ein Quantum, das hinreicht,
um vielen Kindern^eine Osterfreude zu machen.
W e r s a m m e l t a b e r f ü r u n s ? Zunächst rufen wir unsere künftigen
Trägerinnen auf, dies zu tun. Und dann vor allem die Kinder draußen auf
dem Land selbst. Wir versprechen demjenigen, der sammelt - in jeder Ortschaft einem Kirid - einen zweimonatigen Freibezug der „Heilbronner
Stimme", sobald diese, was nächstens geschehen wird, gegen Abonnement
bezogen werden kann.
Bringt die Spenden aufs Rathaus, gebt uns (Telefon 50) oder dem Wohlfahrtsamt (Telefon 36) Nachricht!
Von der Arbeit des Wohlfahrtsamtes
Durch die verbrecherische Katastrophenpolitik
des Nazireiches ist das deutsche Volk in eine ungeheuerliche soziale Not geraten. Gerade unsere
einst auf allen Gebieten so vorbildliche Heimatstadt ist durch den Krieg besonders schwer und
hart getroffen worden. Nach dem totalen Nazibankerott stand die Stadtverwaltung nahezu vor
einem Nichts: Verwüstete Räume, vernichtete
Akten und leere Kassen. Nur im zähen Aufbau*willen konnte die ebenso völlig zerschlagene Verwaltung des Wohlfahrtsamtes wieder in Gang gebracht und die Betreuungsarbeit für die notleidende Bevölkerung aufgenommen werden.
Die täglich immer lauter, werdenden Hilferufe
und die dringlichen Bittgesuche stellten das Wohlfahrtsamt vor ganz außergewöhnliche Aufgaben.
Zunächst galt es, alle Personen im Stadtkreis
Heilbronn, die durch Krankheit nicht in der Lage
sind, ihren Lebensunterhalt selbst zu bestreiten
und sofern keine Unterhaltspflichtigen vorhanden
sind, durch das Wohlfahrtsamt zu betreuen und
zu unterstützen.
Die Hilfeleistungen gegenüber Bedürftigen geschieht nach F ü r s o r g e - R i c h t s ä t j e n . Die
seither verschieden hochbemessene Unterstütjung,
die sogenannte gehobene Fürsorge wurde auf
E i n h e i t s - F ü r s o r g e umgestellt und damit
eine bisher unsoziale Maßnahme beseitigt.
Das Wohlfahrtsamt in seinen sozialen und wohltätigen Aufgaben umfaßt die folgenden Wohlfahrtszweige: •,
1. Allgemeine Fürsorge
2. Familien-Fürsorge
3. Jugend-Fürsorge
4. Kriegs-Fürsorge
5. Heilbronner Nothilfe
6. Volksküche und Wärmehalle.
I. Allgemeine Fürsorge. Hier werden Sozialund Kleinrentner, Tuberkulöse, KZ-Opfer, Flüchtlinge, Evakuierte und Durchreisende unterstützt
und beraten.
II. Familien-Fürsorge. Die Betreuung umfaßt
vor allem die Familien, deren Männer, Väter und
Söhne als Ernährer in vielen Fällen noch nicht
heimgekehrt sind. Auch die heimgekehrten Soldaten werden hier beraten und soweit es die Verhältnisse gestatten, wird ihnen geholfen.
III. Jugend-Fürsorge. Die Aufgaben des Jugendamtes bestehen im einzelnen:
1) Amtsvormundschaft und Pflegschaft für die
unehelichen und verwaisten Kinder. Sicherung
der Unterhaltsansprüche gegen ihre Erzeuger.
Vermögens Verwaltung.
2) Betreuung und Ueberwachung in erzieherischer und gesundheitlicher Hinsicht. Schutzaufsicht.
3) Fürsorge-Erziehung.
4) Anstalts-Fürsorge.
5) Mündelüberwachung.
Ueber 50 Prozent Unterhaltspflichtiger, unehelicher Väter sind noch in Gefangenschaft. Um die
größte Not zu lindern, mußte auf die vorhandenen Mündelvermögen zurückgegriffen und davon Unterhaltsgelder bezahlt werden. Bei vielen
Mündeln, bei denen keine Rücklage vorhanden,
stellte die AbteilüVig Amtsvormundschaft Anträge
auf öffentliche Unterstgung.
E r : „Endlich scheint wieder die Sonne, man
kann wieder die sdiweren Sachen ausziehen und
im Garten sigen . . ."
S i e : „. . . vorausgesetjt, daß man was Sommerliches anzuziehen hat!"
E r : „Na, erlaube mal, willst Du damit vielleicht sagen Du hättest nichts anzuziehen?"
S i e : „Genau das will ich, Schatj. Heute wollte
mich Liselotte zu einem Spaziergang in der Sonne
abholen, ich konnte jedoch nicht mit, weil ich
buchstäblich nichts anzuziehen habe."
E r : „Aber Liebling, Du übertreibst wieder mal,
da ist doch Dein Sommerkleid, das geblümte,
weist Du, das rosafarbene, das ich so gern habe,
weil Du es damals anhattest als wir uns zum
ersten Male küßten . . . Dann das hübsche rote
Dirndl, und nicht zu vergessen das bunte mit dem
Kasak — um nur einige zu nennen, an die ich
mich erinnere."
S i e : „Ja, wenn ihr Männer zur Sonne wolli; —
oder z u m Schatten — von wegen Viertele und
Skat, da gibt's keine Probleme, da tut's auch der
Anzug fürs Büro oder für die Arbeit — aber wir
können nicht jahrelang im "selben Kleid herumlaufen."
E r : „Aber da ist noch Dein braunes Kostüm,
das dunkelblaue, das graue und ein zwei Röcke,
zu denen Du Blusen, ja sogar Sporthemden von
mir anziehst, — da gibt es doch genug Möglichkeiten! . . . "
S i e : „Es gibt nur zwei Möglichkeiten: entweder Du besorgst mir was Neues, damit ich mich
anständig • anziehen kann oder Deine Frau muß
in Lumpen herumlaufen! . . . "
E r : In Lumpen herumlaufen und besorgst ist
gut, sehr gut! Glaubst Du, ich unterschreibe einen
Bezugschein gegen' mein Gewissen und besseres
Wissen?"
S i e : „Aber Liebling, das meinte ich doch gar- VERSAMMLUNGS-KALENDER
nicht! Man könnte doch ein Tauschinserat aufSPD
geben . . ."
am 13. April 1946, 20.00 Uhr:
E r : „Nein, mein Kind, so ist das nun nicht. Es Hansen a. Z.: im Schulhaus, Redner: Emil Merwald, Heilbr
gibt nämlich d r e i Möglichkeiten, nicht nur die, Meimsheim: im Schulhaus. Redner: Aug. Weinstock, Heilbr
die Du kleiner Egoist siehst. Hier lies mal in der Botenheim: im Schulhaus. Redner: Gg. Zinnecker, Heilbr
Cleebronn: im Schulhaus. Redner: Heini Großhans, Heilbr
Zeitung: Es gibt d r e i Möglichkeiten -— zum Nordheim:
i. d. Siegeshalle. Redn.: Alb. Großhans, Böcking
Abgeben der Lumpen:
Klingenberg: i. Rathauss. Redn.: Hch. Schweikert, Böcking,
in der Turnhalle. Redner: Emil Gerlach, Heilbronn,
1. durch die Kinder aller Schulen, die mit ihren Ilsield:
Neckarwestheim: i. Schulh. Redn.: Jak. Grasser, Heilbronn
Lehrern sammeln,
Schozach: i. Schulhaus. Redn.: Alb. Schäffler, Heilbronn
2. durch Annahmestellen in Läden in Stadt und Talheims i. d. Gemeindehalle. Redn.: W. Holzwarth, Heilb
Fleint im Schulhaus. Redner: Emil Gailing, Heilbronn.
Land und
Aiialtrach; im Ochsen. Redner: Emil Brucker, Heilbronn
3. durch die Lumpenhändler in Stadt und Land. Michelbach: im Schulh. Redner: Paul Ackermann, Heilbr,
im Schulh. Redner: Herrn. Greiner, Neckars
Wenn Du meinst, daß Deine Kleider Lumpen Gundelsheim:
Oiienau; bei „Krach". Redner: Hans Banzhaf, Neckarsulm
sind, dann behalte die zwei Kostüme, und wir Untergriesheim:
i. Schulh. Redn.: Rud. Kessel, Neckarsulm
geben die Kleider zur Lumpensammlung. Wenn Obergriesheim: i. Schulh. Redn.: Chr. Rieker, Neckarsulm
Höchstberg; i. Schulh. Redner: Hans Geiger, Neckarsulm
wir meinen alten Arbeitsanzug, die alte Kniehose Dnttenberg:
i. Schulh.: Redn.: Hermann Mose, Neckarsulm
und sonstige Lumpen zusammenkragen, kriegen Tiefenbach: t., Schulhaus. Redner: Josef Ruf, Jagstfeid.
Bachenan:
i.
Schulh.. Redner: Michl Haug, Kochendorf.wir schon ein Kilo zusammen. Dann bekommen
wir auch ein Los, vielleicht gewinnen wir sogar
om 14. April 1946, 15.00 Uhr:
das Eigenheim. Und unsere Spende dient der
i. Schulh. Redner: Herrn. Greiner, Neckarsulm.
Aktion: „Lumpen her, wir schaffen Kleider!" für Brettach:
Gochsen: i. Schulh. Redner: Chr. Rieker, Neckarsulm.
die Ausgebombten, Ausgewiesenen, für die ent- Bürg: i. Schulhaus. Redner: Hans Geiger, Neckarsulm.
lassenen Soldaten, für die Kinder unserer not- Kocherdfirn: i. Schulh. Redn.: Rudolf Kessel, Neckarsulm
Kochersteinsield: i. Schulh. Redn.: Hans Banzhaf, Neckars
leidenden Brüder und Schwestern . . ."
Lampoldshausen: i. Schulh. Redn.: Herrn. Mose, Neckars
S i e : „Du hast eigentlich recht, Manne, wir Schwaigern; i. d. „Rose". Redn.: Alb. Großhans, Böcking
dürfen nicht soviel an uns selbst denken, an unsere Schluchtern: l. Löwen. Redner: Fr Hanser-Scheel, Heiler
Kirchhausen: i. Schulh, Redn.: Hch. Schweikert, Böckingen
Sorgen. Ich werde versuchen,
Biberach: Brauerei Halter. Redn.: E. Gerlach, Heilbronn
zu flicken und zu ändern, so
Neipperg; i. Schulh. Redn.: Emil Merwald, Heilbronn.
Stockheim: i; Schulh. Redn.: Karl Britsch, Heilbronn.
gut es geht. Ein Kilo Lumpen
Haberschlacht:
i. Schulh. Redn.: Walter Schmidt, Neckars
werden wir wohl auch so zuFrauenzimmern: i. Schulh. Redn,: Alb. Schäffler, Heilbr
sammenscharren. Denn w i r
Piaffenhofeii! i. Rathaus. Redner; Willi Holzwarth, Heilbr
Gügliagen. Redner: Georg Zinnecker, Heilbronn.
wollen keine Lumpen
Eibensbach: i. Schulh. Redn.: Heini Großhans, Heilbronn.
sein und was hergeben für den
Beilstein: i. Schulh. Redn.: -August Weinstock, Heilbronny"
Reißwolf . , .*
A. v. K.
Gronau; i. Schulh. Redner: Ernst Riegraf, Heilbronn.
Die v o r b e u g e n d e
Jugendfürsorge
ist die beste Fürsorge. Hierher gehört die Einleitung und Durchführung der Schutzaufsicht als
vorbeugende Maßnahme gegen drohende Verwahrlosung.
D i e M i n d e r j ä h r i g e n - F ü r s o r g e erstreckt sich auf Lehrlingsbeihilfe, Pflegegelder,
Bekleidungsversorgung, Berufsausbildung, Ersatzansprüche gegen auswärtige Verbände und Unterhaltspflichtige, Erholungsfürsorge, Schwangeren-,
Säuglings- und Kinderbetreuung gehört m}t in die
Allgemeine Fürsorge.
IV. Kriegs-Fürsorge. Laufend werden hier bearbeitet und unterstütjt:
1) Kriegsbeschädigte und Hinterbliebene.
2) Anträge auf Witwen- und Waisenrente.
3) Elternversorgung.
4) Erklärungen.
Die Arbeitsfürsorge und Arbeitsvermittlung ist
mit eine der wichtigsten Aufgaben der KriegsFürsorge. Durch enge Zusammenarbeit mit dem
Arbeitsamt und der Handwerkskammer konnten
von den rund 3100 im Kreis gemeldeten Kriegsbeschädigten 2130 in Arbeit vermittelt werden.
Eine Ueberprüfung aller Arbeitsstellen nach wei*
terer Unterbringungsmöglichkeit ist im Gange.
V. Die Heilbronner Nothilfe. Angesichts der
großen Notlage der bombengeschädigten Bevölkerung ulnd des Promlems der Beschaffung von
Bekleidung für die heimkehrenden Soldaten, trat
die „Heilbronner Nothilfe" in Aktion. Das Mitgefühl für den leidenden Mitmenschen und das
Bewußtsein, daß wir eine Notgemeinschaft, fordert täglich die gegenseitige Hilfe von allen, die
guten Willens sind und helfen wollen und helfen
können.
D i e K l e i d e r - , G e l d - und S a c h s a m m 1 u n g ermöglichte erst eine größere Hilfeleistung.
Das Stadtgebiet , von Heiljbronn wurde in 12
B e z i r k e eingeteilt. Durch einen hilfsbereiten
Kreis von freiwilligen Helfern und Helferinnen
wurde die Notstandserhebung durchgeführt. Die
Straßen wurden durchgekämmt und in Kellern
und Souterain, in Garten- und Weinberghäusern
die Notlage der Menschen erfaßt.
D i e E i n r i c h t u n g von N ä h s t u b e n . In
praktischer und tätiger Schneider-, Näh- und Flickarbeit haben sich eine Anzahl Frauen zu diesem
sozialen Hilfswerk zusammengefunden.
VI. Die Volksküche und Wärmehalle konnte
nach erfolgtem Umbau in der Happelstraße
(Kaiser-Otto), Anfang Dezember 1945 eröffnet
werden. Durch die Wahl einer umsichtigen
Küchenleitung und bei guter Zusammenarbeit, hat
sich die Volksküche, trotz anfänglicher „Kinderkrankheiten" vorbildlich entwickelt. Unter der
bisherigen Beibehaltung des Essenpreises und der
wöchentlichen Markenabgabe ist die Volksküche
heute zu einem täglich vollbesetzten Gemeinschaftstisch geworden.
Zusammenfassend kann das Wohlfahrtsamt berichten, daß im Dienste und zum Wohle der Allgemeinheit mit Fleiß und Willen gearbeitet wird,
um die Nöte zu lindern und um dem Elend einen
Damm zu setzen. Im Hinblick auf die Gesamtlage
unserer Heimatstadt konnten die Maßnahmen des
Wohlfahrtsamtes nicht immer alle Einzelwünsche
und Bedürfnisse befriedigen. Jedodi in der größten Menschen-Not einen Freund und Helfer zu
wissen: Das ist das Wohlfahrtsamt.
Ge.
Schmidhau«en: in der Schule. Redner Emil Gailing, Heilbr.
Sulzbach: im Lamm. Redn.: Emil Brucker, Heilbronn.
Willsbach: i. Rathaus, Redner: Jakob Grasser, Heilbronn.
Wimmental: i. Schulh. Redn.: Hans Barth, Weinsberg.
am 14. April 1946, 19.30 Uhr:
Bonfeld: im Engel. Redn: Fr. Hanser-Scheel, Heilbronn.
Ffirield: bei Maier. Redn.: Emil Gerlach, Heilbronn.
Masseabachhausen: i. Schulh. Redn.: Alb. Großhans, Bock.
Massenbach: i. Schulh. Redn.: Hch. Schweikert, Böcking.
Brackenheim: i. Waldhorn. Redner: Karl Britsch, Heilbr.
Dürrenzimmern: i. Schulh. Redn.: Emil Merwald, Heilbr.
Nordhausen: i. Schulh. Redn: W. Schmidt, Neckargartach.
Weiler: i. Schulh. Redn.: Georg Zinnecker, Heilbronn.
Zaberield: i. Schulh. Redn.: Alb. Schäffler, Heilbronn.
Leonbronns i. Schulh. Redn.: Heini Großhans, Heilbronn.
Ochsenburg i. d. Rose. Redn.: W. Holzwarth, Heilbronn.
Unterheinriet: i. Schulh. Redn.: Emil Gailing, Heilbronn.
Abstatts i. Schulh. Redn.: Ernst Riegraf, Heilbronn.
Auenstein: i. Lamm. Redn..: Aug. Weinstock, Heilbronn.
Grantschen: i. d. Schule. Redn.: Emil Brucker, Heilbronn.
Eschenau: i. Schulh. Redn.: Jakob Grasser, Heilbronn,
Eichelberg: i. Schulh. Redn.: Hans Barth, Weinsberg.
KPD
Heilbronn: Stadtbezirk Nord: Donnerstag, 11. 4., 19.30 Uhr,
in der „Industrie" Mitglieder-Versammlung.
Brackenheim: am 12. \., 20.00 Uhr, öffentliche Versammlung, Referent Jankowski.
Dürrenzimmern: am 12. 4-, 20.00 Uhr, in der Schule öffentliche Versammlung. Referent Vetter.
Demokratische Volkspartei
Heute abend 19.30 Uhr spricht Konsul Bernhard, Lizenzträger der Stuttgarter Zeitung, Mitglied der Vorläufigen
Volksvertretung,
in öffentlicher
Versammlung
über:
„Deutsche Gegenwart — europäische Zukunft"
Bernhard
war der engste Mitarbeiter Stresemanns.
llllllllllllllllillllllillllllllllllllllllllllllilllllllllllllllllllllllllHIIIIMIIIIllll
Heilbronnei Künstler-Theater
Freitag, 12. 4., Neckarsulm: Bunter Abend (Wir machen
Musik). Beginn 19.00 Uhr, Ende 21.30 Uhr.
Samstag, 13. 4., Heilbronn-Sontheim: „Der wahre Jakob",
Schwank in 3 Akten von F. Arnold und Ernst Bach,
Beginn 19.00 Uhr, Ende 21.00 Uhr.
H i e r sprechen d i e P a r t e i e n :
Die hier ausgesprochenen Meinungen gehen 'unter
Verantwortung der Parteien.
t
Soziale Demokratie
Wir Deutschen hatten von 1918 bis 1933 ein©
Demokratie. Dieselbe, die von den Wortführern der bürgerlichen Parteien heute wieder
gefordert wird. Sie war in der Reichsverfassung mit den Worten verankert, daß jeder
Deutsche vor dem Gesetz gleich sei. Abe<r sie
war auf einem gesellschaftlichen Zustand aufgebaut, der reif war, beseitigt zu werden. Das
deutsche Volk fand sich damals mit der Gleich'
bereclitigung auf dem Papier ab und war zufrieden, daß es seinen Stimmzettel in di© Wahlurne legen durfte. Und selbst damit wußte es,
wie wir leider viel zu hart erfahren mußten,
nichts anzufangen.
En politisch reifes Volk hätte diese formale
bürgerliche Demokratie zu'einer sozialen ausgebaut, um die Voraussetzungen für eine wirkliche Gleichberechtigung zu schaffen.
Es kommt nicht nur auf das formal gleiche
Recht, auf die gleiche Gesinnung an,
sondern auf die Umwelt und die soziale Lage,
in der ein Mensch gezwungen ist, zu leben.
Das ist entscheidend für die Haltung, die wir
als Sozialisten haben müssen.
Wir legen heute besonderen Nachdruck auf
die s o z i a l e D e m o k r a t i e . Eine Demokratie, in der allein die wirkliche soziale Gestaltung für den Inhalt des Staates entscheidend ist. Diese aber ist nur möglich, wenn
wirtschaftlich und gesellschaftlich, gleiche Voraussetzungen für alle Staatsbürger die Grundlage des Zusammenlebens bilden.
Für uns ist der Sozialismus kein Anhängsel
der kapitalistischen Wirtschaft, um von ihr Almosen zu empfangen, sondern eine Gesellschaftsordnung zu* Beseitigung der Mängel
und Widersprüche der kapitalistischen, Klassenherrs'dhaft. Sie sichert dem Arbeiter das
Recht aul den Ertrag «einer Arbeit, auf das
Sozialprodukt, das ihm durch die kapitalistische Wirtschaft vorenthalten wird. In de*
sozialen Gesellschaft wird jede Rationalisierung zu intensivster produktiver Entfaltung genufct und damit allen Schaffenden bei höherem
Lohnanteil die Arbeitszeit auf das wirtschaftlich und geseilschaflieh notwendige Maß gekürzt. Jeder wird soweit in den Produktionsprozeß eingeschaltet, als dies im Interesse des
gesamten Wirtedllaftsplanes notwendig ist.
Die Möglichkeiten kultureller Leistungen eine»
solchen Wirtschaftslenkung kann man nur erkennen an der Berechnung, was alles für die
Milliarden hätte geschaffen werden können,
die im Hitl&rreich und Hitlerkrieg zum Schaden
des Volkes verschleudert wurden.
Wir können dem Monopolkapitalismus niehl!
noch einmal «ur Machit verhelfen, sei es auch
nur durch politische Gleichgültigkeit. Darum
dürfen wir nicht vergessen, daß der Kampf
gegen den Faschismus die bisher schwerste
Auseinanderseöung der Arbeiterklasse mit-dem
Kapitalismus, besonders mi't dessen reaktionärstem Teil, dem Finanzkapital, war. Der Faschismus hatte die Aufgabe, die kapitalistische
Klassenherrschaft, unter dem Deckmantel des
nationalen Sozialismus, gegen den zur Macht
drängenden wissenschaftlichen Sozialismus zu
verteidigen und die Ablösung des Kapitalismus durch die sozialistische Plan Wirtschaft mi1
allen Mitteln zu verhindern.
Wenn heute die bürgerlichen Parteien mit
ihrer Auslegung der Demokratie noch einmal
politische Experimente durchführet!! wollen,
dann sagen wir.ihnen klar und deutlich, daß
wir darin nichts anderes sehen, als die Erneuerung all dessen, was wir beim Zusammenbruch
des Bitlerreiches hinter uns gelassen haben.
Auch Hitler hat die Phrase von der sozialem
Gesinnung der Arbeitgeber und Arbeitnehmer
gebraucht und in der Arbeitsfront alles in
einen Topf geworfen. Auch er hat den Klassenkampf angeblich beseitigt.. Und hat im Sinne
christlicher Nächstenliebe sich den lieben Herrgott als politischen Beistand genommen. Das
alles hat schließlich das ganze deutsche Volk
an den Abgrund gebracht.
Wir können uns keine Neuauflage kapitalistisch-faschistischeT Herrschaft leisten, auch
nicht, wenn sie einen demokratischen Anstrich
hat. Solange aber der Kapitalismus als Wirtschaftsform erhalten bleibt, ist keine Gewähr
dafür, daß die Demokratie zu dem führt, was
sie sein soll und muß, zur Volksherrschaft.
Darum fordert die Sozialdemokratie die Ablösung der kapitalistischen Wirtschaft durch
die sozialistische Planwirtschaft. Die ersten
Maßnahmen dafür sind: Enteignung der
Schwerindustrie, des Finanzkapitals und des
Großgrundbesitzes, sowie Uebernahme aller
Nazibetriebe in genossenschaftliche Regie. Damit ist nicht jedes Privateigentum unmöglich
gemacht und jede Privatinitiative ausgeschlossen, sondern sollen nur denen die Vorrechte
genommen werden, die nun lange germa als
Pairastrten am Volkskörper, gehangem haben.
Was könnte ein ganzes Volk und vor allem
die Jugend mehr begeistern, als. die Verwirklichung der Ideale, die Hitler mit seinem
Pseudosozialismus in jeder Beziehung vericften hat.
Jawohl, Sozialismus ist kein Tarif für Versicherungsätze, sondern di eVerwirklichung der
Ziele, die sich die Arbeiterschaft, und mit ihr
alle ehrlich schaffenden Schichten des Volkes,
in richtiger .Erkenntnis des Versagens de«
'kapitalistischen Wirtschaifts- und Gesellschaftsordnung gesteckt hat, um in planvoller Aufbauarbeit, unter Ausschaltung aller persönlichen
Profitgier, endlich Ordnung in einer Welt des
Chaos zu schaffen.
Sozialismus ist die Abschaffung des Klassenkampfes, der nicht eine Erfindung des
Marxismus ist, sondern eine historische Erscheinung des Machtstreben^ der kapitalistischen
Klasse üben, alle Schaffenden. Die soziale
Demokratie ist die eTste Etappe zum sozialistischen Aufbau, zu einer wirklich gerechten und
sozialen Neugestaltung unseres gesellschaftlichen Lebens. Das Endziel aller Sozialdemokraten ist und bleibt! der sozialistische VolksStaat.
Bert Großhans SPD.