6020 Innsbruck / Michael-Gaismair-Straße 1 Tel: +43 512 9017 0 / Fax: +43 512 9017 741705 E-Mail: [email protected] / www.lvwg-tirol.gv.at DVR 4006750 Geschäftszeichen: Amtssigniert. SID2016031158750 Informationen unter: www.lvwg-tirol.gv.at/amtssignatur LVwG-2015/37/3090-9 Ort, Datum: Innsbruck, 31.03.2016 Gemeindegutsagrargemeinschaft Mutters, Mutters; Auseinandersetzung zwischen der Gemeindegutsagrargemeinschaft Mutters und mehreren Agrargemeinschaftsmitgliedern – Verfahren nach § 37 Abs 7 TFLG 1996 – Beschwerde von Mitgliedern der Agrargemeinschaft IM NAMEN DER REPUBLIK Das Landesverwaltungsgericht Tirol erkennt durch seinen Richter Dr. Wolfgang Hirn über die Beschwerde des 1. Max Eberl, 2. Robert Eberl, 3. Engelbert Fritz, 4. Josef Fritz, 5. Gottfried Jaufenthaler, 6. Gebhard Muigg, 7. Johann Pfurtscheller, alle in Mutters, und 8. Josef Pfurtscheller in Birgitz, alle vertreten durch Univ. Doz. Dr. Bernd A. Oberhofer, Rechtsanwalt in 6020 Innsbruck, gegen den Bescheid der Tiroler Landesregierung als Agrarbehörde vom 28.10.2015, Zl AGM-R285/498-2015, betreffend einen Antrag nach § 37 Abs 7 TFLG 1996 nach Abhaltung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung, zu Recht: 1. Gemäß § 28 Abs 1 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen. 2. Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a Abs 1 Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 (VwGG) eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art 133 Abs 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) zulässig. -2- Rechtsmittelbelehrung Gegen diese Entscheidung kann binnen sechs Wochen ab der Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, Freyung 8, 1010 Wien, oder ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden. Die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist direkt bei diesem, die ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist beim Landesverwaltungsgericht Tirol einzubringen. Die genannten Rechtsmittel sind von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw einer bevollmächtigten Rechtsanwältin abzufassen und einzubringen, und es ist eine Eingabegebühr von Euro 240,00 zu entrichten. Entscheidungsgründe I. Verfahrensablauf: 1. Verfahren vor der belangten Behörde: Im Frühjahr 2015 hat Gemeindegutsagrargemeinschaft das Mutters Finanzamt eine Innsbruck Steuerprüfung betreffend durchgeführt und die dabei festgestellt, dass für die in den Jahren 2010 bis 2013 an die Mitglieder getätigten Ausschüttungen aus Holzverkäufen die Kapitalertragsteuer nicht ordnungsgemäß abgeführt wurde. Mit Haftungsbescheid vom 09.07.2015, Abgabenkontonummer 81 – 150/0016, hat das Finanzamt Innsbruck die Gemeindegutsagrargemeinschaft Mutters im Hinblick auf die in den Jahren 2010 bis 2013 getätigten Ausschüttungen aufgefordert, die Kapitalertragsteuer in der Höhe von € 134.183,75 abzüglich eines Betrages von € 2.660,--, sohin insgesamt € 131.523,75, zu bezahlen. In weiterer Folge hat der Substanzverwalter der Gemeindegutsagrargemeinschaft Mutters, Bürgermeister Hansjörg Peer, mit den Schriftsätzen vom 31.07.2015 die Mitglieder der Gemeindegutsagrargemeinschaft Mutters über den Haftungsbescheid des Finanzamtes Innsbruck informiert und, bezogen auf die in den Wirtschaftsjahren 2010 bis 2013 erhaltenen Ausschüttungen, die aushaftende Kapitalertragsteuer bekannt gegeben. Gleichzeitig erging die Aufforderung, Kapitalertragsteuer den auf jeweils aushaftenden das Substanzkonto Betrag zu zur Tilgung entrichten. 33 der ausständigen Mitglieder der Agrargemeinschaft sind dieser Aufforderung gefolgt. Neun Agrargemeinschaftsmitglieder sind der Aufforderung des Substanzverwalters der Gemeindegutsagrargemeinschaft Mutters nicht nachgekommen. Daher hat der Substanzverwalter mit Schriftsatz vom 24.09.2015 bei der Agrarbehörde beantragt, den namentlich genannten säumigen Mitgliedern die Zahlung jenes Betrages, für den diese Mitglieder als Schuldner der Kapitalertragsteuer anzusehen seien, vorzuschreiben. -3- Die Agrarbehörde hat – unter Hinweis auf den Antrag des Substanzverwalters vom 24.09.2015 – mit Schriftsatz vom 30.09.2015, Zahl AGM-R285/494-2015, den säumigen Mitgliedern der Gemeindegutsagrargemeinschaft Mutters aufgetragen, innerhalb von 14 Tagen den vom Substanzverwalter im Schreiben vom 31.07.2015 eingeforderten Betrag auf das Substanzkonto der Gemeindegutsagrargemeinschaft Mutters einzuzahlen. Die Agrargemeinschaftsmitglieder Max Eberl, Robert Eberl, Engelbert Fritz, Josef Fritz, Gottfried Jaufenthaler, Gebhard Muigg, Johann Pfurtscheller und Josef Pfurtscheller, alle vertreten durch Univ.-Doz. Dr. Bernd Oberhofer, Rechtsanwalt in 6020 Innsbruck, haben sich zur Aufforderung der Agrarbehörde im Schriftsatz vom 19.10.2015 geäußert. Zusammengefasst haben sie vorgebracht, dass die Ausschüttungen einen Zeitraum vor dem In-Kraft-Treten der TFLG-Novelle 2014 beträfen und damit auch die Rückforderungsansprüche nach den vor der TFLG-Novelle 2014 geltenden Bestimmungen zu beurteilen seien. Der Agrargemeinschaft Mutters seien im Zeitraum von 2010 bis 2013 unbegrenzte Geldmittel zur Verfügung gestanden. Die Agrargemeinschaft wäre daher in der Lage gewesen, jährlich die Kapitalertragsteuer auf „Ausschüttungen aus Holzverkäufen“ an die Mitglieder zu bezahlen. Die Organe der Agrargemeinschaft Mutters hätten in Kenntnis einer Steuerverpflichtung jedenfalls zusätzlich die anfallenden Steuern aus dem Vermögen der Agrargemeinschaft bezahlt. Davon seien auch die Mitglieder ausgegangen. Die nunmehr „hervorgekommene Steuerlast“ sei daher nach dem historischen, hypothetischen Willen der Agrargemeinschaft sowie der Nutzungsberechtigten zu beurteilen. Die nachträgliche Rückbelastung der Nutzungsberechtigten sei folglich nicht gerechtfertigt. Mit Bescheid vom 28.10.2015, Zahl AGM-R285/498-2015, hat die Tiroler Landesregierung als Agrarbehörde die Eigentümer genau angeführter Stammsitzliegenschaften der Gemeindegutsagrargemeinschaft Mutters verpflichtet, binnen zwei Wochen bei sonstigem Zwang entsprechend der Höhe der bezogenen Kapitalerträge den jeweils angeführten Betrag (Forderung) auf das Substanzkonto der Gemeindegutsagrargemeinschaft Mutters bei der Raiffeisenkasse Mutters, Natters und Kreith, IBAN AT75 3628 1000 0002 0784, zu bezahlen. Gegen diesen Bescheid haben Max Eberl, Robert Eberl, Engelbert Fritz, Josef Fritz, Gottfried Jaufenthaler, Gebhard Muigg, Johann Pfurtscheller und Josef Pfurtscheller, alle vertreten durch Univ.-Doz. Dr. Bernd Oberhofer, Rechtsanwalt in 6020 Innsbruck, mit Schriftsatz vom 01.12.2015 Beschwerde erhoben und beantragt, den angefochtenen Bescheid ersatzlos aufzuheben. 2. Verfahren vor dem Landesverwaltungsgericht Tirol: Mit Schriftsatz vom 21.12.2015, Zl AGM-R285/506-2015, hat die belangte Behörde die Mitteilung des Substanzverwalters der Gemeindegutsagrargemeinschaft Mutters vom 18.12.2015 an das Landesverwaltungsgericht Tirol weitergeleitet. Laut dieser Mitteilung haben die Beschwerdeführer Gebhard Muigg und Johann Pfurtscheller die ihnen mit Bescheid vom 28.10.2015, GZ AGM-R285/498-2015, vorgeschriebenen Beträge eingezahlt. Das Landesverwaltungsgericht Tirol hat mit den Schriftsätzen vom 07.01.2016, Zl LVwG2015/37/3090-4, und vom 25.02.2016, Zl LVwG-2015/37/3090-7, dem Rechtsvertreter der -4- Rechtsmittelwerber ersucht, bekannt zu geben, ob auch Gebhard Muigg und Johann Pfurtscheller trotz Einzahlung der ihnen mit dem angefochtenen Bescheid vorgeschriebenen Beträge ihre Beschwerde aufrecht erhalten. Im Schriftsatz vom 29.02.2016 hat der Rechtsvertreter aller Beschwerdeführer festgehalten, dass die Beschwerdeführer Gebhard Muigg und Johann Pfurtscheller ihr Rechtsmittel nicht zurückziehen. Die belangte Behörde hat sich im Schriftsatz vom 19.01.2016, Zl AGM-R285/507-2016, zum Beschwerdevorbringen geäußert. Ergänzend dazu hat die Agrarbehörde mit Schriftsatz vom 24.02.2016 die Information des Bundesministeriums für Finanzen vom 10.02.2016, Zl SZK010203/0013-ESt/2016 [„Rückstellung für Steuernachforderungen (unter Berücksichtigung der USt)“] dem Landesverwaltungsgericht Tirol zur Kenntnis gebracht. Am 14.03.2016 hat das Landesverwaltungsgericht Tirol eine öffentliche mündliche Verhandlung durchgeführt, in der die beschwerdeführenden Mitglieder der Gemeindegutsagrargemeinschaft Mutters ihr bisheriges Vorbringen, insbesondere jenes in der Beschwerde vom 01.12.2015, wiederholt und ergänzt haben. Der Substanzverwalter in seiner Funktion als vertretungsbefugtes Organ der Gemeindegutsagrargemeinschaft Mutters hat durch seine Rechtsvertreterin zu den Darlegungen der Beschwerdeführer ein Vorbringen erstattet. Beweis wurde aufgenommen durch die Einvernahme des Substanzverwalters der Gemeindegutsagrargemeinschaft Mutters als Partei, durch die Einvernahme des Zeugen Mag. Othmar Schönherr und durch Einsichtnahme und Verlesung des Aktes der belangten Behörde und des Landesverwaltungsgerichtes Tirol. Die Beschwerdeführer und der Substanzverwalter als vertretungsbefugtes Organ der Gemeindegutsagrargemeinschaft Mutters haben die Einholung weiterer Beweismittel nicht beantragt. II. Beschwerdevorbringen, Stellungnahme der belangten Behörde und des Substanzverwalters: 1. Beschwerdevorbringen: Zunächst bringen die Beschwerdeführer vor, die belangte Behörde bleibe jeden konkreten Hinweis auf eine Rechtsgrundlage für die ihnen gegenüber ausgesprochene Zahlungsverpflichtung schuldig. Möglicherweise stütze sich die belangte Behörde auf steuerrechtliche Vorschriften, wonach der Empfänger eines Kapitalertrages steuerpflichtig, die Körperschaft, in der der Ertrag erwirtschaftet worden sie, jedoch lediglich „abfuhrpflichtig“ sei. Auch wenn die Gemeindegutsagrargemeinschaft Mutters im Sinne der steuerrechtlichen Vorschriften abfuhrpflichtig sei, könne sie nicht auf die nutzungsberechtigten Mitglieder der Gemeindegutsagrargemeinschaft zurückgreifen. Davon ausgehend bringen die Beschwerdeführer vor, die Rechtsverhältnisse zwischen einer Agrargemeinschaft und ihren Mitgliedern seien nach dem Flurverfassungsrecht zu beurteilen. -5- Demgegenüber regle das Steuerrecht nur das Rechtsverhältnis der Steuerpflichtigen zum Staat. Entsprechend dem Tiroler Flurverfassungslandesgesetz 1996 (TFLG 1996) seien die Mitglieder der Gemeindegutsagrargemeinschaft Mutters bis zum Stichtag 30.06.2014 berechtigt gewesen, alle Überschüsse des Rechnungskreises I vollständig zu entnehmen. Davon seien auch alle Erträgnisse aus der Holzwirtschaft umfasst gewesen. Zudem habe eine Auseinandersetzung zwischen der Gemeindegutsagrargemeinschaft Mutters und den Mitgliedern wegen des Zeitraumes vor dem Stichtag 30.06.2014 gemäß § 86d TFLG 1996 zu erfolgen. Die Beschwerdeführer halten fest, dass die verfahrensgegenständlichen „Zuwendungen“ zur Gänze aus Erträgnissen der Holzwirtschaft und somit aus dem Rechnungskreis I zuzuordnenden Überschüssen stammen würden. Zudem sei zu berücksichtigen, dass bis zum 30.06.2014 Erträgnisse aus all den Liegenschaften, die von der Agrargemeinschaft nach der Regulierung zusätzlich erworben worden seien, dem Rechnungskreis I zuzuordnen gewesen wären. In den Rechnungskreis I seien deshalb auch die aus der Verpachtung des Bergrestaurants anfallenden Einnahmen geflossen. Aus den Geldmitteln des Rechnungskreises I hätte auch die Kapitalertragsteuer für die verfahrensgegenständlichen „Zuwendungen“ abgedeckt werden können. Die Beschwerdeführer betonen, dass die Gemeindegutsagrargemeinschaft Mutters sie wegen der Entnahmen aus dem Rechnungskreis I auch nach dem durch die Novelle LGBl Nr 70/2014 geänderten Rechtsregime des TFLG 1996 nicht belangen könne. Gemäß § 86d Abs 1 lit a TFLG 1996 sei ein Vermögensausgleich nicht nur wegen Entnahmen im Umfang des „Überlings“ ausgeschlossen, sondern wegen aller Entnahmen, die nach der bis 30.06.2014 geltenden Rechtslage rechtmäßig gewesen seien. Im Hinblick auf die verfahrensgegenständlichen Zuwendungen gäbe es generell keine „vermögensrechtliche Auseinandersetzung für die Vergangenheit“ (§ 86d Abs 1 lit a TFLG 1996). Im Rahmen der mündlichen Verhandlung haben die Beschwerdeführer zudem vorgebracht, die Agrargemeinschaft Mutters habe der Gemeinde Mutters zusätzlich einen Betrag von über Euro 100.000,-- übergeben, der in den Abrechnungen zu den Rechnungskreisen I und II nicht erfasst gewesen sei. Dieser Betrag stamme aus der unter dem Begriff „Rechtholz“ in Form von Gemeinschaftsschlägerungen betriebenen Holzwirtschaft. Darunter sei bis zu dem mit Haftungsbescheid gemeinschaftliche vom 09.07.2015 Holzbewirtschaftung abgeschlossenen verstanden Finanzprüfverfahren worden, die außerhalb eine der agrargemeinschaftlichen Rechnungslegung stattgefunden habe und direkt den bäuerlichen Grundbesitzern zuzurechnen gewesen sei. Tatsächlich sei dieser Betrag jedoch zusätzlich dem Rechnungskreis I nach dem TFLG 1996 in der Fassung vor der Novelle LGBl Nr 70/2014 zuzuschreiben gewesen. Bei den auf einem gesonderten Sparbuch angelegten Euro 100.000,habe es sich um ein freies, dem Rechnungskreis I zuzuschreibendes Vermögen der Mitglieder der Agrargemeinschaft Mutters gehandelt. -6- In Summe habe daher die Agrargemeinschaft Mutters dem österreichischen Staat in Form der Ortsgemeinde Mutters rund Euro 500.000,-- abgeliefert. Im Hinblick auf diesen außerordentlichen Ertrag des Staates sei es unzulässig, mit Rückgriff auf andere Normen, beispielsweise den zivilrechtlichen Regress, in der gegenständlichen Form auf die Mitglieder zu greifen. Eine Belastung von Mitgliedern einer Gemeindegutsagrargemeinschaft sei nur auf der Grundlage des § 86d TFLG 1996 zulässig. Darüber hinaus verweisen die Beschwerdeführer auf die Bestimmung des § 1409 Allgemeines Bürgerliches Gesetzbuch (AGBG). Nach dieser Vorschrift hafte der Übernehmer eines Vermögens für alle mit dem Vermögen verbundenen Ansprüche. Es sei daher unzulässig, dass der Staat in Form der Ortsgemeinde Mutters im gegenständlichen Fall zwar das Vermögen in Höhe Zusammenhang von rund stehende Euro 30,000.000,-- Verbindlichkeiten „einkassiert“ aber habe, damit im auf die enteigneten Stellungnahme vom 19.01.2016, Agrargemeinschaftsmitglieder abwälzen wolle. 2. Stellungnahme der belangten Behörde: Die belangte Behörde hält in ihrer Zahl AGM-R285/507-2016, fest, dass bei Abzugssteuern, wie etwa der Kapitalertragsteuer, zwischen dem Steuerschuldner (Gläubiger oder Empfänger der Kapitalerträge) und dem Abzugsverpflichteten (Schuldner der Kapitelerträge) zu unterscheiden sei. Die Person dessen, der die Steuer berechne und abführe, decke sich also nicht mit jener des Steuerschuldners. Schuldner der Kapitalertragsteuer sei und bleibe auch bei Bezügen aus Anteilen an Agrargemeinschaften das jeweilige Mitglied, das die Kapitalerträge bezogen habe. Demgemäß bestimme § 95 Einkommenssteuergesetz 1988 (EStG 1988), dass der Empfänger der Kapitalerträge der Schuldner der Kapitalertragsteuer sei, demgegenüber der Abzugsverpflichtete jedoch für die Einbehaltung und Abfuhr der Kapitalertragsteuer hafte. Schuldner der Kapitalertragsteuer sei und bleibe daher auch bei Bezügen aus Anteilen an Agrargemeinschaften das jeweilige Mitglied, das die Kapitalerträge bezogen habe. Werde daher der Abzugsverpflichtete – wie im gegenständlichen Fall die Gemeindegutsagrargemeinschaft Mutters – zur Haftung herangezogen, könne dieser die Kapitalertragsteuer vom Empfänger des Kapitalertrages zurückfordern. Davon ausgehend betont die belangte Behörde, dass die Kapitalertragsteuer kein wechselseitig abgegoltener vermögenswerter Anspruch im Sinne des § 86d TFLG 1996 sein könne. Steuerschuldner der Kapitalertragsteuer seien gemäß § 95 EStG 1988 die Mitglieder der Gemeindegutsagrargemeinschaft. Dieses Steuerschuldverhältnis bestehe unmittelbar zwischen jedem Mitglied und der Abgabenbehörde (Finanzamt). Keine der sich aus diesem Steuerschuldverhältnis ergebenden Rechtsfolgen könne von § 86d TFLG 1996 erfasst sein. Die belangte Behörde bringt zudem vor, die Zahlungsverpflichtung ergebe sich gem § 3 Abs 2 lit d und § 2 Abs 2 lit c der geltenden Satzung, erlassen mit Bescheid vom 31.07.2012, Zahl AgrB-R285/425-2012, auch unmittelbar aus der Mitgliedschaft zur Gemeindegutsagrargemeinschaft Mutters. -7- Die belangte Behörde bestreitet nicht, dass die Ausschüttungen der „Verkaufsholzerlöse“ an die Agrargemeinschaftsmitglieder vor dem Stichtag 28.11.2013 erfolgt seien und hinsichtlich dieser Zuwendungen selbst eine vermögensrechtliche Auseinandersetzung nicht mehr stattzufinden habe. Dies treffe aber auf die im Zusammenhang mit diesen Ausschüttungen nachträglich durch das Finanzamt Innsbruck vorgeschriebene Kapitalertragsteuer nicht zu. Grundlage für den Abgabenanspruch des Finanzamtes gegenüber der Gemeindegutsagrargemeinschaft Mutters sei der Haftungsbescheid des Finanzamtes Innsbruck vom 09.07.2015. Der vermögensrechtliche Anspruch der abzugsverpflichtenden Gemeindegutsagrargemeinschaft Mutters gegenüben den Steuerschuldnern sei wiederum erst mit der Bezahlung der Kapitalertragsteuer an das Finanzamt am 17.08.2015 entstanden. Abschließend hält die belangte Behörde fest, dass – entgegen der Auffassung der Beschwerdeführer – § 86d TFLG 1996 nur die vermögensrechtliche Auseinandersetzung für Zuwendungen in der Vergangenheit regle. Damit sei diese Bestimmung auf die erst am 17.08.2015 bezahlte Kapitalertragsteuer nicht anzuwenden. 3. Stellungnahme des Substanzverwalters: Der Substanzverwalter hat im Rahmen der mündlichen Verhandlung vorgebracht, die Beschwerdeführer würden sich zu Unrecht auf § 86d TFLG 1996 beziehen. Gegenstand des anhängigen Beschwerdeverfahrens sei weder ein vermögenswerter Anspruch aus dem Mitgliedschaftsverhältnis, noch ein Anspruch, der vor dem 01.07.2014 entstanden sei. Die vom Finanzamt Innsbruck vorgeschriebene Steuernachzahlung sei zwar in den in den Jahren 2010 bis 2013 vorgenommenen Ausschüttungen begründet, die Steuerschuld sei aber aufgrund des Haftungsbescheides des Finanzamtes vom 09.07.2015, der Rückforderungsanspruch der Gemeindegutsagrargemeinschaft Mutters wiederum erst mit der Bezahlung der Kapitalertragssteuer am 17.08.2015 entstanden. Zudem bringt der Substanzverwalter vor, das Bestreiten der Zahlungspflicht durch die Beschwerdeführer verstoße gegen Treu und Glauben. Grundlage des Haftungsbescheides vom 09.07.2015 sei gewesen, dass die Kapitalertragssteuer von den einzelnen Mitgliedern zurückgefordert werde. Der Vorgehensweise – Vorschreibung der Kapitalertragssteuer durch das Finanzamt an die Gemeindegutsagrargemeinschaft und anschließend Rückforderung von den einzelnen Mitgliedern – habe der Obmann der Gemeindegutsagrargemeinschaft mit Abgabe des Rechtsmittelverzichtes zum Haftungsbescheid ausdrücklich zugestimmt. III. Sachverhalt: 1. Allgemeine Feststellungen zur Gemeindegutsagrargemeinschaft Mutters: Die Agrargemeinschaft Mutters besteht im Sinne des § 33 Abs 2 lit c Z 2 TFLG 1996 betreffend genau bezeichneter Liegenschaften des GB 81120 Mutters [vgl die Auflistung von Grundstücken und von zwei Teilflächen im Spruchteil B)/I./2. des Erkenntnisses des Landesverwaltungsgerichtes vom 23.06.2014, Zl LVwG-2014/37/0060-9] auf Gemeindegut. Damit ist sie eine Gemeindegutsagrargemeinschaft. -8- Die als Gemeindegut qualifizierten Grundstücke und Teilflächen der EZ 20, 29, 31, 32, 601, 603, 605, 607, 609, 611, 616, 631, 634, 636, 639 und 683, alle GB 81120 Mutters, stehen im Eigentum der Agrargemeinschaft Mutters. Der Substanzwert gemäß § 33 Abs 5 TFLG 1996 steht der Gemeinde Mutters zu. Die Agrargemeinschaft Mutters besteht aus der Gesamtheit der jeweiligen Eigentümer der Stammsitzliegenschaften mit den im Regulierungsplan mit überprüfter Haupturkunde vom 10.10.1945, Zl I-103/61 idgF, definierten Anteilsrechten und der substanzberechtigten Gemeinde Mutters. 2. Vermögensübergabe an den Substanzverwalter: Vier Wochen nach dem In-Kraft-Treten der Novelle LGBl Nr 70/2014 am 01.07.2014 wurden dem Substanzverwalter der Gemeindegutsagrargemeinschaft Mutters Gelder in Höhe von rund Euro 400.000,--- insofern übergeben, als er die für die einzelnen Konten erforderlichen Zeichnungsberechtigungen eingeräumt erhielt. Die Agrargemeinschaft Mutters hat das Sparbuch Nr 30.072.581 der Raiffeisenkasse für Mutters, Natters und Kreith reg Gen.m.b.H., lautend auf „Bauern“, am 01.07.2002 angelegt. Seit diesem Zeitpunkt wurden auf dem genannten Sparbuch alle aus Holzverkäufen erwirtschafteten Erlöse eingezahlt. Jedes Jahr wurden aus den durch Holzverkäufe erwirtschafteten Geldern Ausschüttungen an die Mitglieder der Agrargemeinschaft Mutters vorgenommen, so auch in den Jahren 2010 bis 2013. Seit dem Jahr 2013 kam es zu keinen Ausschüttungen mehr. Dieses Sparbuch hat der Obmann der Agrargemeinschaft Mutters zu dem in § 86e Abs 4 TFLG 1996 festgelegten Zeitpunkt dem Substanzverwalter nicht übergeben. Aufgrund dieser Vorgehensweise hat die Tiroler Landesregierung als Agrarbehörde mit Straferkenntnis vom 12.11.2014, Zl AGM-ST/36-2014, Josef Fritz als Obmann der Agrargemeinschaft Mutters und somit einer Agrargemeinschaft auf Gemeindegut im Sinne des § 33 Abs 2 lit c Z 2 TFLG 1996 zur Last gelegt, der Verpflichtung gemäß § 86e Abs 4 TFLG 1996 dahingehend nicht nachgekommen zu sein, als er das Sparbuch Nr 30.072.581 der Raiffeisenkasse für Mutters, Natters und Kreith reg Gen.m.b.H., lautend auf „Bauern“, dem Substanzverwalter der Gemeinde Mutters bis zum 30.07.2014 nicht übergeben habe und für diese Verwaltungsübertretung eine Geldstrafe verhängt. Die dagegen erhobene Beschwerde hat das Landesverwaltungsgericht Tirol mit Erkenntnis vom 17.03.2015, Zl LVwG-2014/37/3406-8, als unbegründet abgewiesen. Aufgrund dieses Erkenntnisses hat in weiterer Folge der Obmann der Gemeindegutsagrargemeinschaft Mutters das Sparbuch Nr 30.072.581 der Raiffeisenkasse für Mutters, Natters und Kreith reg Gen.m.b.H., lautend auf „Bauern“, mit einer Einlage von rund Euro 111.000,-- dem Substanzverwalter übergeben. -9- 3. Finanzverfahren: Im Frühjahr 2015 hat Gemeindegutsagrargemeinschaft das Finanzamt Mutters eine Innsbruck Steuerprüfung betreffend durchgeführt und die dabei festgestellt, dass für die in den Jahren 2010 bis 2013 an die Mitglieder getätigten Ausschüttungen aus Holzverkäufen die Kapitalertragssteuer nicht ordnungsgemäß abgeführt wurde. Im Rahmen dieses Finanzverfahrens hat am 08.07.2015 eine Amtshandlung samt Schlussbesprechung stattgefunden, an der neben dem Vertreter des Finanzamtes ua Bürgermeister Hansjörg Peer als Substanzverwalter und Josef Fritz als Obmann der Gemeindegutsagrargemeinschaft Mutters teilgenommen haben. Bei dieser Amtshandlung hat das Finanzamt Innsbruck die für die Jahre 2010 bis 2013 aushaftende Kapitalertragsteuer, bezogen auf das jeweilige Jahr, ziffernmäßig bestimmt. Bürgermeister Hansjörg Peer als Substanzverwalter und Josef Fritz als Obmann der Gemeindegutsagrargemeinschaft Mutters haben zu den vom Finanzamt Innsbruck getroffenen Feststellungen einen Rechtsmittelverzicht abgegeben. Mit Haftungsbescheid vom 09.07.2015, Abgabenkonto Nummer 81 – 150/0016, hat das Finanzamt Innsbruck die Gemeindegutsagrargemeinschaft Mutters im Hinblick auf die in den Jahren 2010 bis 2013 getätigten Ausschüttungen aufgefordert, die Kapitalertragssteuer in der Höhe von Euro 134.183,75 abzüglich eines Betrages von Euro 2.660,--, sohin insgesamt Euro 131.523,75, zu bezahlen. In weiterer Folge hat der Substanzverwalter der Gemeindegutsagrargemeinschaft Mutters, Bürgermeister Hansjörg Peer, mit den Schriftsätzen vom 31.07.2015 die Mitglieder der Gemeindegutsagrargemeinschaft Mutters über den Haftungsbescheid des Finanzamtes Innsbruck informiert und, bezogen auf die in den Wirtschaftsjahren 2010 bis 2013 erhaltenen Ausschüttungen, die aushaftende Kapitalertragssteuer bekannt gegeben. Gleichzeitig erging die Aufforderung, den Kapitalertragssteuer jeweils auf das aushaftenden Betrag Substanzkonto zu zu tilgen und entrichten. 33 die ausständige Mitglieder der Agrargemeinschaft sind dieser Aufforderung gefolgt. Am 17.08.2015 hat die Gemeindegutsagrargemeinschaft Mutters die aushaftende Kapitalertragssteuer bezahlt. Da mehrere Agrargemeinschaftsmitglieder der Aufforderung zur Bezahlung des aushaftenden Betrages nicht nachgekommen sind, hat der Substanzverwalter der Gemeindegutsagrargemeinschaft Mutters mit Schriftsatz vom 24.09.2015 bei der Agrarbehörde beantragt, den namentlich genannten säumigen Mitgliedern die Zahlung jenes Betrages, für den diese Mitglieder als Schuldner der Kapitalertragssteuer anzusehen seien, vorzuschreiben. Nach der Erlassung des Bescheides vom 28.10.2015, Zl AGM-R285/498-2015, haben die Beschwerdeführer Gebhard Muigg und Johann Pfurtscheller den ihnen vorgeschriebenen Betrag auf das Substanzkonto einbezahlt. - 10 - IV. Die Beweiswürdigung: allgemeinen Feststellungen zur Agrargemeinschaft Mutters des Kapitels 1. der Sachverhaltsdarstellung des gegenständlichen Erkenntnisses sind der Entscheidung des Landesverwaltungsgerichtes Tirol vom 23.06.2014, Zl LVwG-2014/37/0060-9, entnommen und nicht weiter strittig. Im Rahmen der mündlichen Verhandlung am 14.03.2015 hat der Substanzverwalter Bürgermeister Hansjörg Peer dargelegt, dass ihm zu dem in § 86e Abs 4 TFLG 1996 festgelegten Zeitpunkt – vier Wochen nach dem 01.07.2014 – die Zeichnungsberechtigungen für verschiedene Konten und damit die Verfügungsberechtigung über Gelder in Höhe von rund Euro 400.000,-- eingeräumt wurden. Dies ist auch nicht weiter strittig. Die Beschwerdeführer haben ausdrücklich vorgebracht, dass zusätzlich zu den Geldern in Höhe von Euro 400.000,-- dem Substanzverwalter auch ein Sparbuch mit einer Einlage in Höhe von rund Euro 100.000,-- übergeben worden sei. Die auf diesem Sparbuch angelegten Gelder würden aus der Holzbewirtschaftung stammen. Substanzverwalter Bürgermeister Peer hat die Übergabe dieses Sparbuches bestätigt, allerdings ergänzend hinzugefügt, dass die Aushändigung dieses Sparbuches erst nach einer Entscheidung des Landesverwaltungsgerichtes Tirol erfolgt sei. Auf diese landesverwaltungsgerichtliche Entscheidung vom März 2015 hat auch der Zeuge Mag. Othmar Schönherr Bezug genommen. Das Finanzamt Innsbruck hat in seinem Bericht gemäß § 150 Bundesabgabenordnung (BAO), auf den der Haftungsbescheid vom 09.07.2015 verweist, ausdrücklich festgehalten, dass das Rechtholz der Mitglieder Agrargemeinschaft Mutters an Dritte verkauft und die gesamte Abwicklung dieser Tätigkeit über das Konto Nr 30.072.581 bei der Raika Mutters/Natters abgewickelt worden sei. Zudem nimmt das Finanzamt Bezug auf das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Tirol vom 17.03.2015, Zl LVwG-2014/37/3406-8. Das Landesverwaltungsgericht Tirol geht daher davon aus, dass es sich bei den von den Beschwerdeführern erwähnten Sparbuch um das von der Agrargemeinschaft Mutters bei der Raiffeisenkasse für Mutters, Natters und Kreith reg Gen.m.b.H. angelegte Sparbuch Nr 30.072.581, lautend auf „Bauern“, handelt. Dieses Sparbuch war Gegenstand des zu Zl LVwG-2014/37/3406 abgewickelten Beschwerdeverfahrens, abgeschlossen mit Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Tirol vom 17.03.2015, Zl LVwG-2014/37/3406-8. Im Kapitel 3. der Sachverhaltsdarstellung des Erkenntnisses vom 17.03.2015, Zl LVwG2014/37/3406-8, hat das Landesverwaltungsgericht Tirol, ausgehend von den Darlegungen des als Partei einvernommenen Obmannes der Gemeindegutsagrargemeinschaft Mutters, Feststellungen zu diesem Sparbuch getroffen. Die Ausführungen in Kapitel 2. der Sachverhaltsdarstellung des gegenständlichen Erkenntnisses stützen sich daher auf das Vorbringen der Beschwerdeführer, die Aussage des Substanzverwalters anlässlich der mündlichen Verhandlung am 14.03.2016 und die im Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Tirol vom 17.03.2015, Zl LVwG-2014/37/3406-8, - 11 - zum Sparbuch Nr 30.072.581 der Raiffeisenkasse Mutters, Natters und Kreith reg Gen.m.b.H. getroffenen Feststellungen. Die Feststellungen des Kapitels 3. der Sachverhaltsdarstellung des gegenständlichen Erkenntnisses zu den vom Finanzamt Innsbruck durchgeführten Prüfverfahren betreffend die Gemeindegutsagrargemeinschaft Mutters ergeben sich insbesondere aus der „Niederschrift über die Erklärung von Rechtsmittelverzichten gem § 255 Abs. 2 BAO anlässlich der Außenprüfung gem § 147 BAO“ vom 08.07.2015 sowie dem Haftungsbescheid des Finanzamtes Innsbruck vom 09.07.2015 und sind nicht weiter strittig V. Rechtslage: 1. Einkommenssteuergesetz 1988: Die entscheidungswesentliche Bestimmung des § 95 Einkommensteuergesetz 1998 (EStG 1988), lautet samt Überschrift auszugsweise wie folgt: „Schuldner und Abzugsverpflichteter § 95. (1) Schuldner der Kapitalertragsteuer ist der Empfänger der Kapitalerträge. Der Abzugsverpflichtete (Abs 2) haftet dem Bund für die Einbehaltung und Abfuhr der Kapitalertragsteuer.[…] (2) Abzugsverpflichteter ist: 1. Bei Einkünften aus der Überlassung von Kapital, einschließlich tatsächlich ausgeschütteter Erträge und als ausgeschüttet geltender Erträge aus einem § 186 oder § 188 des Investmentfondsgesetzes 2011 oder einem § 40 oder § 42 des Immobilien-Investmentfondsgesetzes unterliegende Gebilde. a) Der Schuldner der Kapitalerträge, wenn dieser Wohnsitz, Geschäftsleitung oder Sitz im Inland hat oder inländische Zweigstelle eines ausländischen Kreditinstitutes ist und es sich um Einkünfte aus der Überlassung von Kapital gemäß § 27 Abs. 2 Z 1, § 27 Abs. 5 Z 7 oder Zinsen aus Geldeinlagen bei Kreditinstituten oder aus sonstigen Forderungen gegenüber Kreditinstituten im Sinne des § 27a Abs. 1 Z 1 handelt. […]“ 2. Allgemeines Bürgerliches Gesetzbuch: Die entscheidungswesentlichen Bestimmung des des Allgemeinen Bürgerlichen Gesetzbuches (ABGB), JGS 946/1811 idF RGBl Nr 69/1916 bzw BGBl I Nr 29/2010 lauteen wie folgt: „§ 1358 Wer eine fremde Schuld bezahlt, für die er persönlich oder mit bestimmten Vermögensstücken haftet, tritt in die Rechte des Gläubigers und ist befugt, von dem Schuldner den Ersatz der bezahlten Schuld zu fordern. Zu diesem Ende ist der befriedigte - 12 - Gläubiger verbunden, dem Zahler alle vorhandenen Rechtsbehelfe und Sicherungsmittel auszuliefern.“ § 1409 (1) Übernimmt jemand ein Vermögen oder ein Unternehmen, so ist er unbeschadet der fortdauernden Haftung des Veräußerers den Gläubigern aus den zum Vermögen oder Unternehmen gehörigen Schulden, die er bei der Übergabe kannte oder kennen mußte, unmittelbar verpflichtet. Er wird aber von der Haftung insoweit frei, als er an solchen Schulden schon so viel berichtigt hat, wie der Wert des übernommenen Vermögens oder Unternehmens beträgt. […]“ 3. Tiroler Flurverfassungslandesgesetz 1996 Die entscheidungswesentlichen Bestimmungen des Tiroler Flurverfassungslandesgesetz 1996 (TFLG 1996), LGBl Nr 74/1996 idF LGBl Nr 70/2014, lauten samt Überschriften auszugsweise wie folgt: „Aufsicht über die Agrargemeinschaften; Streitigkeiten § 37. (1) Die Agrargemeinschaften unterliegen der Aufsicht durch die Agrarbehörde. Die Aufsicht erstreckt sich auf a) die Einhaltung dieses Gesetzes, der Verordnungen aufgrund dieses Gesetzes und der Regulierungspläne einschließlich der Wirtschaftspläne und Satzungen sowie b) die Zweckmäßigkeit der Bewirtschaftung der agrargemeinschaftlichen Grundstücke und des sonstigen Vermögens der Agrargemeinschaften. [...] (7) Die Agrarbehörde hat auf Antrag unter Ausschluss des ordentlichen Rechtsweges zu entscheiden über Streitigkeiten a) zwischen der Agrargemeinschaft und ihren Mitgliedern oder zwischen den Mitgliedern untereinander aus dem Mitgliedschaftsverhältnis sowie b) zwischen der Gemeinde und einer Agrargemeinschaft auf Gemeindegut im Sinn des § 33 Abs. 2 lit. c. Anträge nach lit. a und b sind bei der Agrarbehörde schriftlich einzubringen und zu begründen. Richten sich solche Anträge gegen Beschlüsse der Vollversammlung, so sind sie innerhalb von zwei Wochen nach der Beschlussfassung, richten sie sich gegen Beschlüsse oder Verfügungen anderer Organe der Agrargemeinschaft, so sind sie innerhalb von zwei Wochen nach der satzungsgemäßen Bekanntmachung einzubringen. Nicht zulässig sind Anträge, die sich gegen vom Substanzverwalter einer Agrargemeinschaft auf Gemeindegut im Sinn des § 33 Abs. 2 lit. c Z 2 in den im § 36c Abs. 1 genannten Angelegenheiten getroffene Verfügungen richten, sowie Anträge von Mitgliedern, die dem von ihnen angefochtenen Beschluss bei der Beschlussfassung zugestimmt oder an dieser trotz ordnungsgemäßer Einladung nicht teilgenommen haben. Die Agrarbehörde hat Beschlüsse - 13 - (Verfügungen) von Organen der Agrargemeinschaft aufzuheben, wenn sie gegen dieses Gesetz, eine Verordnung aufgrund dieses Gesetzes oder gegen den Regulierungsplan einschließlich eines Wirtschaftsplanes oder einer Satzung verstoßen, und dabei wesentliche Interessen des Antragstellers verletzen. (8) In Verfahren nach den Abs. 3 und 4 ist nur die Agrargemeinschaft Partei. In Verfahren nach den Abs. 6 und 7 sind jedenfalls die Agrargemeinschaft und die den Antrag stellenden Mitglieder Parteien; bei Streitigkeiten zwischen einer Gemeinde und einer Agrargemeinschaft nach § 33 Abs. 2 lit. c ist auch die Gemeinde Partei.“ „Vermögensrechtliche Auseinandersetzung für die Vergangenheit bei Agrargemeinschaften auf Gemeindegut im Sinn des § 33 Abs 2 lit c Z 2 § 86d. (1) Vermögenswerte Ansprüche aus dem Mitgliedschaftsverhältnis und aufgrund des Mitgliedschaftsverhältnisses zwischen einer Agrargemeinschaft auf Gemeindegut im Sinn des § 33 Abs. 2 lit. c Z 2, den Nutzungsberechtigten und der substanzberechtigten Gemeinde, die vor dem Ablauf des Tages der Kundmachung des Gesetzes LGBl. Nr. 70/2014 entstanden sind, gelten als wechselseitig abgegolten, sofern im Folgenden nichts anderes bestimmt ist. Eine vermögensrechtliche Auseinandersetzung über solche Ansprüche findet nur statt in Bezug auf a) geldwerte unentgeltliche Zuwendungen der Agrargemeinschaft an Nutzungsberechtigte oder Dritte aus dem Substanzwert (§ 33 Abs. 5), die nach dem 10. Oktober 2008 erfolgt sind, jedoch mit Ausnahme von solchen Zuwendungen, die aus dem Überling (§ 33 Abs. 5 lit. b) oder nach dem Inkrafttreten des Gesetzes LGBl. Nr. 7/2010 mit Zustimmung der substanzberechtigten Gemeinde aus Substanzerlösen (§ 33 Abs. 5 lit. a) erfolgt sind, b) geldwerte unentgeltliche oder entgeltliche Zuwendungen der Agrargemeinschaft an Nutzungsberechtigte oder Dritte aus dem Substanzwert (§ 33 Abs. 5), die nach dem 28. November 2013 ohne Zustimmung der substanzberechtigten Gemeinde erfolgt sind, […]“ 4. Die Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz: entscheidungswesentliche Bestimmung des § 28 des Verwaltungsgerichts- verfahrensgesetzes (VwGVG), BGBl I Nr 33/2013 idF BGBl I Nr 122/2013, einschließlich der Überschrift lautet auszugsweise wie folgt: „Erkenntnisse § 28. (1) Sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen […]“ - 14 - VI. 1. Erwägungen: Zur Rechtzeitigkeit: Gemäß § 7 Abs 4 VwGVG beträgt die Frist zur Erhebung einer Beschwerde gegen den Bescheid einer Behörde gemäß Art 130 Abs 1 Z 1 B-VG vier Wochen. Der Bescheid der belangten Behörde wurde den Beschwerdeführern zuhanden ihres Rechtsvertreters am 04.11.2015 zugestellt. Die am 02.12.2015 auf digitalem Weg bei der Agrarbehörde eingebrachte Beschwerde vom 01.12.2015 ist daher fristgerecht. 2. Zur Zulässigkeit der Beschwerde: Gegenstand des vom bekämpften Bescheid erfassten Antrages des Substanzverwalters vom 24.09.2015 ist eine Streitigkeit zwischen der Gemeindegutsagrargemeinschaft Mutters und mehreren Agrargemeinschaftsmitgliedern. Die Gemeindegutsagrargemeinschaft Mutters fordert – auf der Grundlage des Haftungsbescheides des Finanzamtes Innsbruck vom 09.07.2015 – von den beschwerdeführenden Mitgliedern der Agrargemeinschaft als Schuldner der Kapitalertragsteuer im Sinne des § 95 Abs 1 EStG 1988 die anteilsmäßige Rückerstattung der von ihr als Abzugsverpflichteter geleisteten Kapitalertragsteuer. Die Beschwerdeführer bestreiten den von der Gemeindegutsagrargemeinschaft Mutters geltend gemachten Anspruch. Der Antrag der Gemeindegutsagrargemeinschaft Mutters, vertreten durch deren Substanzverwalter Bürgermeister Hansjörg Peer, vom 24.09.2015 ist als solcher nach § 37 Abs 7 lit a TFLG 1996 zu qualifizieren. Die Beschwerdeführer waren daher berechtigt, gegen den Bescheid der belangten Behörde vom 28.10.2015, Zahl AGM-R285/498-2015, Beschwerde zu erheben. Der Sechst- und Siebtbeschwerdeführer haben den ihnen mit dem angefochtenen Bescheid vorgeschriebenen Betrag bezahlt. Beide Rechtsmittelwerber haben allerdings ihre Beschwerde ausdrücklich aufrechterhalten, um die ihnen von der belangten Behörde aufgetragene Verpflichtung durch das Verwaltungsgericht prüfen zu lassen. Von einer mangelnden Beschwer ist daher nicht auszugehen. 3. In der Sache: 3.1. Zum Haftungsbescheid vom 09.07.2015, Abgabenkonto Nr. 81 – 150/0016: Mit Haftungsbescheid vom 09.07.2015, Abgabenkontonummer 81 – 150/0016, hat das Finanzamt Innsbruck die Gemeindegutsagrargemeinschaft Mutters im Hinblick auf die in den Jahren 2010 bis 2013 getätigten Ausschüttungen verpflichtet, die Kapitalertragsteuer in der Höhe von € 134.183,75 abzüglich eines Betrages von € 2.660,--, sohin insgesamt € 131.523,75, zu bezahlen. - 15 - In der Begründung dieses Bescheides verweist das Finanzamt auf den Bericht gemäß § 150 BAO über das Ergebnis der Außenprüfung vom 09.07.2015. Darin heißt es unter anderem wörtlich: „Die Agrargemeinschaft Mutters hat das Rechtholz ihrer Mitglieder an Dritte verkauft und ist bei diesem Verkauf nach außen als Agrargemeinschaft Mutters aufgetreten. Die gesamte Abwicklung dieser Tätigkeit erfolgte über das Konto 30.072.581 bei der Raika Mutters/Natters. Somit ist im steuerlichen Sinn diese Tätigkeit der Agrargemeinschaft zuzurechnen, sodass die Einkünfte daraus von der KESt befreit sind (L+F-Einkünfte), die Ausschüttungen jedoch der KESt unterliegen. … Die KESt wird von den Empfängern getragen. Daher wird die KESt iHv 25% des Ausschüttungsbetrages vorgeschrieben. Die KESt ist grundsätzlich vom Schuldner (Agrargemeinschaft) abzuführen, nur ausnahmsweise wird der Empfänger der Kapitalerträge in Anspruch genommen. Da für die Agrargemeinschaft erkennbar war, dass eine steuerpflichtige Ausschüttung vorliegt, wird die Haftung beim Schuldner geltend gemacht. … Die Vorschreibung der KESt erfolgt daher bei der abzugsverpflichtenden Gemeindegutsagrargemeinschaft Mutters … .“ Die Agrargemeinschaft Mutters hat aus den in den Jahren 2010 bis 2013 durch den Verkauf des „Rechtholzes“ erzielten Erlösen Ausschüttungen an ihre Mitglieder vorgenommen. Diese Ausschüttungen hat das Finanzamt Innsbruck als Kapitalerträge qualifiziert. Gemäß § 95 Abs 3 Z 1 EStG hat das Finanzamt Innsbruck die Gemeindegutsagrargemeinschaft Mutters als abzugsverpflichtete Schuldnerin der Kapitalerträge angesehen und ihr die Leistung der Kapitalertragsteuer mit dem Haftungsbescheid vom 09.07.2015 vorgeschrieben. Die anteilsberechtigten Mitglieder als Empfänger der Kapitalerträge sind folglich die Schuldner der Kapitalertragsteuer im Sinne des § 95 Abs 2 EStG 1988. 3.2. Zum Regressanspruch der Gemeindegutsagrargemeinschaft Mutters (Antrag vom 24.09.2015): Die Gemeindegutsagrargemeinschaft Mutters hat die ihr mit Haftungsbescheid vom 09.07.2015 vorgeschriebene Kapitalertragsteuer entrichtet. Sie hat somit anstelle der Schuldner der Kapitalertragsteuer, nämlich der Mitglieder der Agrargemeinschaft Mutters als Empfänger der Kapitalerträge, die aushaftende Kapitalertragsteuer bezahlt. Nach dem eindeutigen Wortlaut des § 1358 ABGB tritt in die Rechte des Gläubigers ein, wer eine fremde Schuld bezahlt. Bei der vom Finanzamt Innsbruck gegenüber der Gemeindegutsagrargemeinschaft geltend gemachten Steuerforderung handelt es sich um einen öffentlich-rechtlichen Anspruch. Nach § 1358 ABGB gehen auch öffentlich-rechtliche Ansprüche über, soweit dies nicht besondere Vorschriften ausschließen (Gamerith in Rummel3 § 1358 Rz 7). Die Forderung des Finanzamtes ist im gegenständlichen Fall im Wege der Legalzession gemäß § 1358 ABGB auf die Gemeindegutsagrargemeinschaft Mutters als Schuldnerin der Kapitalerträge und Abzugsverpflichtete gemäß § 95 Abs 3 EStG 1988 - 16 - übergegangen (vgl Norbert Bramerdorfer, Der zivilrechtliche Regressanspruch des Steuerhaftenden gegenüber dem Steuerschuldner, JBl 2002, 82f). In diesem Zusammenhang weisen die Beschwerdeführer allerdings darauf hin, dass eine Auseinandersetzung zwischen der Gemeindegutsagrargemeinschaft Mutters und ihren Mitgliedern im Hinblick auf die vor dem 30.06.2014 erfolgten verfahrensgegenständlichen Ausschüttungen ausschließlich nach den Bestimmungen des § 86d TFLG 1996 zu erfolgen habe. Dementsprechend dürfe die Gemeindegutsagrargemeinschaft Mutters ihre Mitglieder wegen aller Entnahmen aus dem Rechnungskreis I auch nach dem durch die Novelle LGBl Nr 70/2014 geänderten Rechtsregime nicht belangen. Ein Vermögensausgleich könne somit wegen aller Entnahmen, die nach der bis 30.06.2014 geltenden Rechtslage rechtmäßig gewesen seien, nicht stattfinden. Das Landesverwaltungsgericht Tirol hält dazu Folgendes fest: Entsprechend der (verfassungswidrige) Judikatur des Übertragung Verfassungsgerichtshofes des Gemeindegutes in das wurde durch Eigentum der die Agrar- gemeinschaft das Substanzrecht der Gemeinde – ursprünglich in Form des Eigentums – in ein agrargemeinschaftliches Anteilsrecht umgewandelt (VfGH 02.10.2013, Zl B 550/2012 ua). Die Gemeinde ist somit an der Agrargemeinschaft anteilsberechtigt, ihr Anteil ist der Substanzwert abzüglich der Belastung durch land- und forstwirtschaftliche Nutzungsrechte im Umfang des Haus- und agrargemeinschaftliches Gutsbedarfes (VfGH 02.10.2013, Zl Anteilsrecht kann der B 550/2012 Substanzwertanspruch weder ua). Als ersessen werden, noch kann er verjähren (VwGH 24.07.2008, Zl 2007/07/0100; 21.10.2004, Zl 2003/07/0107). Die Nutzungsrechte der Mitglieder der Gemeindegutsagrargemeinschaft Mutters bestehen und bestanden ausschließlich im Bezug von Naturalleistungen zur Deckung des Haus- und Gutsbedarfes. Auch mit Eintritt der Rechtskraft des Regulierungsplanes vom 10.10.1945, Zl I-103/61, ging – entsprechend der Judikatur des Verfassungsgerichtshofes – die rechtliche Qualifikation der betroffenen Grundstücke als Gemeindegut insofern nicht unter, als das ursprünglich in Form des Eigentums bestehende Substanzrecht der Gemeinde in ein agrargemeinschaftliches Anteilsrecht umgewandelt wurde. Damit blieb der Anspruch der Gemeinde Mutters auf den Substanzwert und somit auf die dem Substanzwert zuzuordnenden Überschüsse aus der land- und forstwirtschaftlichen Tätigkeit auch mit Eintritt der Rechtskraft des Regulierungsbescheides vom 10.10.1945 aufrecht. Dementsprechend waren auch nach dem Eintritt der Rechtskraft des Regulierungsbescheides die Nutzungsrechte auf den Bezug von Naturalleistungen zur Deckung des Haus- und Gutsbedarfes beschränkt. Die TFLG-Novelle LGBl Nr 70/2014 sichert den Substanzanspruch der Gemeinden dadurch, dass die Bewirtschaftung der Substanz der Grundstücke des atypischen Gemeindegutes einschließlich Vermögen aller Dispositionen der über Substanzerlöse und Agrargemeinschaft mit ihrem das In-Kraft-Treten gesamte zur vorhandene Gänze auf den Substanzverwalter übergingen. Schon seit der Novelle LGBl Nr 7/2010 konnte zudem in Angelegenheiten, die den Substanzwert der agrargemeinschaftlichen Grundstücke betreffen, - 17 - ein Organbeschluss nur mit Zustimmung der Gemeinde rechtswirksam gefasst werden. Konkret erfolgt die Sicherstellung des Substanzanspruches der Gemeinde durch die neuen Bestimmungen über die Wirtschaftsführung und die Substanzverwaltung (§ 36a bis 36k TFLG 1996; insbesondere gilt es die §§ 36d und 36f Abs 1 TFLG 1996 zu beachten), sowie die vermögensrechtlichen Übergangsbestimmungen (§ 86e Abs 4 und 5 TFLG 1996). Dadurch erhielten die substanzberechtigten Gemeinden Zugriff auf das gesamte vorhandene Vermögen der atypischen Gemeindegutsagrargemeinschaften. Die an dem gemäß § 86e Abs 4 TFLG 1996 festgesetzten Stichtag übergebenen, auf verschiedenen Konten veranlagten Gelder in Höhe von Euro 400.000,-- waren und sind dem Substanzwert zuzuordnen und waren daher der Gemeinde Mutters aufgrund des ihr zustehenden Substanzwertanspruches zurückzugeben. Bei dem auf dem Sparbuch Nr 30.072.581 veranlagten Geld – Erlöse aus Holzverkäufen – handelt es sich um Überschüsse aus der land- und forstwirtschaftlichen Tätigkeit. Auch diese stehen und standen der Gemeinde aus dem Titel des Eigentumsrechtes zu (vgl VfGH 02.10.2013, Zlen B 550/2012 ua mit Hinweis auf die Judikatur, ebenso VfGH 09.12.2014, Zlen B 891/2013-10 ua). Entgegen dem Vorbringen der Beschwerdeführer unterlagen die auf dem genannten Sparbuch veranlagten Gelder keineswegs der freien Verfügung durch die Mitglieder der Agrargemeinschaft Mutters, sondern standen als Überschüsse aus der landund forstwirtschaftlichen Tätigkeit der Gemeinde zu. Mit der Aushändigung dieses Sparbuchs an den Substanzverwalter der Gemeindegutsagrargemeinschaft Mutters erfolgte die Rückgabe an die über diese Gelder verfügungsberechtigte Gemeinde Mutters. Die im § 86d TFLG 1996 geregelte vermögensrechtliche Auseinandersetzung für die Vergangenheit ergänzt Substanzverwaltung und die Bestimmungen dient ebenfalls der über die Wahrung Wirtschaftsführung des Substanzanspruchs und der substanzberechtigten Gemeinde. § 86d TFLG 1996 erfasst vor allem jene Fälle, in denen aus der Substanz erwirtschaftete Vermögenswerte die Agrargemeinschaft ohne Gegenleistung verlassen haben. Allerdings gilt es auch gegenläufige Ansprüche der Nutzungsberechtigten zu berücksichtigen und zwischen diesen Ansprüchen und dem Substanzanspruch der Gemeinde einen angemessenen Ausgleich zu schaffen. Mit In-Kraft-Treten der Novelle LGBl Nr 70/2014 am 01.07.2014 erhielten die substanzberechtigten Gemeinden Zugriff auf das gesamte vorhandene Vermögen der atypischen Gemeindegutsagrargemeinschaften. § 86e Abs 4 TFLG 1996 stellt sicher, dass das vorhandene Vermögen in die Dispositionsbefugnis des Substanzverwalters gelangt. § 86d TFGL 1996 regelt jene Fälle, in denen aus der Substanz erwirtschaftete Vermögenswerte die Agrargemeinschaft ohne Gegenleistung verlassen haben und somit nicht vorhanden sind. Unbestritten ist, dass die als „Überling“ zu qualifizierenden Ausschüttungen der Jahre 2010 bis 2013 die Agrargemeinschaft verlassen haben. Gemäß § 86d Abs 1 lit b TFLG 1996 findet eine vermögensrechtliche Auseinandersetzung über diese als Überling zu qualifizierende Ausschüttungen nicht statt. - 18 - Mit Schriftsatz vom 24.09.2015 hat die Gemeindegutsagrargemeinschaft Mutters allerdings die im Wege der Legalzession auf sie übergegangene Steuerschuld, nämlich die vom Finanzamt Innsbruck für die in den Jahren 2010 bis 2013 getätigten Ausschüttungen vorgeschriebene Kapitalertragsteuer, geltend gemacht. Es handelt sich somit um keinen vermögenswerten Anspruch zwischen der Gemeindegutsagrargemeinschaft Mutters und den Mitgliedern dieser Agrargemeinschaft als Nutzungsberechtigten. Darüber hinaus ist der von der Gemeindegutsagrargemeinschaft Mutters gegenüber den beschwerdeführenden Agrargemeinschaftsmitgliedern geltend gemachte Anspruch erst mit der Bezahlung der vom Finanzamt vorgeschriebenen Kapitalertragsteuer einschließlich der damit bewirkten Legalzession und folglich nach dem Ablauf des Tages der Kundmachung des Gesetzes LGBl Nr 70/2014 entstanden. Die Gemeindegutsagrargemeinschaft Mutters hat als Abzugsverpflichtete die ihr vom Finanzamt Innsbruck mit Haftungsbescheid vom 09.07.2015 vorgeschriebene Kapitalertragsteuer geleistet. Schuldner der Kapitalertragsteuer sind allerdings die Mitglieder der Agrargemeinschaft als Empfänger der Kapitalerträge. Durch die Zahlung der Steuerschuld ist die entsprechende Forderung auf die Gemeindegutsagrargemeinschaft Mutters im Wege der Legalzession gemäß § 1358 ABGB übergegangen. Entgegen dem Vorbringen der Beschwerdeführer handelt es sich bei dieser Steuerschuld um keinen vermögenswerten Anspruch aufgrund des Mitgliedschaftsverhältnisses zwischen einer Agrargemeinschaft auf Gemeindegut im Sinne des § 33 Abs 2 lit c Z 2 und den Nutzungsberechtigten. § 86d TFLG 1996 ist im Hinblick auf die von der Gemeindegutsagrargemeinschaft Mutters mit Schriftsatz vom 24.09.2016 geltend gemachten Ansprüche folglich nicht anwendbar. Auch der von den Beschwerdeführern herangezogene § 1409 ABGB vermag die mit dem angefochtenen Bescheid den Beschwerdeführern aufgetragene Verpflichtung nicht zu beseitigen. Zweck des § 1409 ABGB ist, zu verhüten, dass den Gläubigern durch die Übertragung des (ganzen) Vermögens ihres Schuldners im Wege eines schuldrechtlichen Vertrages unter Lebenden auf eine andere Person ihre bisherige Haftungsgrundlage entzogen wird. Die Übertragung des vorhandenen Vermögens der Gemeindegutsagrargemeinschaft Mutters in die Dispositionsbefugnis des Substanzverwalters gemäß § 86e Abs 4 TFLG 1996 steht in keinem Zusammenhang mit der mit Haftungsbescheid vom 09.07.2015 festgestellten Steuerschuld der Mitglieder der Gemeindegutsagrargemeinschaft Mutters. Diese Steuerschuld ist entstanden, da den Mitgliedern der Agrargemeinschaft Mutters in den Jahren 2010 bis 2013 aus den durch Holzverkäufe („Rechtholz“) erzielten Erlöse Ausschüttungen gewährt wurden, die steuerrechtlich als Kapitalerträge zu qualifizieren sind. Nach dem eindeutigen Wortlaut des § 86d Abs 1 lit b TFLG 1996 findet eine vermögensrechtliche Auseinandersetzung über diese als Überling zu qualifizierende Ausschüttungen nicht statt und hat dieses, sich aus den Ausschüttungen zusammensetzende Vermögen die Gemeinde Mutters auch nicht übernommen. Vielmehr gelten diese Vermögenswerte als abgegolten gemäß § 86d Abs 1 erster Satz TFLG 1996. Folglich findet § 1409 ABGB auf den gegenständlichen Fall keine Anwendung. - 19 - 3.3. Zur Zuständigkeit der Agrarbehörde: Nach dem eindeutigen Wortlaut des § 37 Abs 7 lit a TFLG 1996 hat die Agrarbehörde unter Ausschluss des ordentlichen Rechtsweges über Streitigkeiten zwischen der Agrar- gemeinschaft und ihren Mitgliedern oder zwischen den Mitgliedern untereinander aus dem Mitgliedschaftsverhältnis zu entscheiden. Die Gemeindegutsagrargemeinschaft Mutters hat die im Wege der Legalzession auf sie übergegangene Steuerforderung von den Mitgliedern der Agrargemeinschaft als Empfänger der Kapitalerträge und damit Schuldner der Kapitalertragsteuer eingefordert. Die Beschwerdeführer haben allerdings insbesondere unter Hinweis auf § 86d TFLG 1996 die Zahlung verweigert. Über die daraus entstehende Streitigkeit zwischen der Gemeindegutsagrargemeinschaft Mutters und den beschwerdeführenden Mitgliedern der Gemeindegutsagrargemeinschaft Mutters hat die Agrarbehörde unter Ausschluss des ordentlichen Rechtsweges zu entscheiden. Daher ist es rechtlich unerheblich, ob sich die Rechtsnatur der auf die Gemeindegutsagrargemeinschaft übergegangene Steuerforderung durch die Legalzession geändert hat oder nicht (Näheres siehe Gamerith in Rummel3 § 1358 Rz 7 mit Hinweisen auf die Rechtsprechung und Lehre). VIII. Ergebnis: Gegenstand des vom bekämpften Bescheid erfassten Antrages vom 24.09.2015 ist ein von der Gemeindegutsagrargemeinschaft Mutters gegenüber den Nutzungsberechtigten der Gemeindegutsagrargemeinschaft Mutters geltend gemachter Anspruch. Die Gemeindegutsagrargemeinschaft fordert von jedem Mitglied, bezogen auf dessen Anteil, die Rückerstattung der von ihr geleisteten Kapitalertragsteuer. Diese Steuerforderung ist im Wege der Legalzession gemäß § 1358 ABGB auf die Gemeindegutsagrargemeinschaft Mutters übergegangen. Bei der von der Gemeindegutsagrargemeinschaft Mutters geltend gemachten Forderung handelt es sich um keinen vermögenswerten Anspruch im Sinne des § 86d TFLG 1996, diese Bestimmung ist daher im gegenständlichen Verfahren nicht anzuwenden. Die Gemeindegutsagrargemeinschaft Mutters, vertreten durch den Substanzverwalter Bürgermeister Hansjörg Peer, hat beantragt, die Agrarbehörde möge über den von ihr gegenüber den beschwerdeführenden Mitgliedern der Agrargemeinschaft geltend gemachten Anspruch auf anteilsmäßige Erstattung der von ihr geleisteten Kapitalertragsteuer entscheiden. Den von der Gemeindegutsagrargemeinschaft Mutters behaupteten Anspruch haben die beschwerdeführenden Agrargemeinschaftsmitglieder bestritten. Die Zuständigkeit zur Entscheidung über diese Streitigkeit fällt nach dem eindeutigen Wortlaut des § 37 Abs 7 lit a TFLG 1996 in die Zuständigkeit der Agrarbehörde. Entgegen dem Vorbringen der Beschwerdeführer ist der angefochtene Bescheid nicht rechtswidrig. Agrarbehörde abzuweisen. Die Beschwerde vom gegen 28.10.2015, den Bescheid der AGM-R285/498-2015 Tiroler war Landesregierung daher als als unbegründet - 20 - Zwar hat der Sechst- und Siebtbeschwerdeführer nach Erlassung des angefochtenen Bescheides den vorgeschriebenen Betrag bezahlt, beide Rechtsmittelwerber haben allerdings ihre Beschwerde nicht zurückgezogen. Da entsprechend Kapitel 2. der „Erwägungen“ des gegenständlichen Erkenntnisses von keiner mangelnden Beschwer auszugehen ist, war keine gesonderte Entscheidung (Einstellungsbeschluss) über die Beschwerde des Sechst- und Siebtbeschwerdeführers zu erlassen. IX. Zulässigkeit der ordentlichen Revision: Gemäß § 25a Abs 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art 133 Abs 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen. Gemäß Art 133 Abs 4 B-VG ist die Revision gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere wenn das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Das Landesverwaltungsgericht Tirol hat im gegenständlichen Verfahren mehrere Rechtsfragen – Übergang eines öffentlich-rechtlichen Anspruches (Steuerforderung) im Wege der Legalzession auf die Gemeindegutsagrargemeinschaft Mutters, Anwendbarkeit des § 86d TFLG 1996 auf eine solche Forderung etc – zu beurteilen, die von weitreichender Bedeutung sind und bislang nicht Gegenstand der höchstgerichtlichen Rechtsprechung waren. Daher erklärt das Landesverwaltungsgericht Tirol die ordentliche Revision für zulässig. Ergeht an: 1. Herrn Max Eberl, Dorfstraße 2, 6162 Mutters; 2. Herrn Robert Eberl, Nockhofweg 36a/1, 6162 Mutters; 3. Herrn Engelbert Fritz, Natterer Straße 8, 6162 Mutters 4. Herrn Josef Fritz, Natterer Straße 15/2, 6162 Mutters 5. Herrn Gottfried Jaufenthaler, Kirchplatz 9, 6162 Mutters 6. Herrn Gebhard Muigg, Dorfstraße 24/1, 6162 Mutters 7. Herrn Johann Pfurtscheller, Dorfstraße 10, 6162 Mutters 8. Herrn Josef Pfurtscheller, Am Bachrain, 6092 Birgitz alle zH Herrn RA Univ. Doz. Dr. Bernd A. Oberhofer, Schöpfstraße 6b, 6020 Innsbruck, samt einer Ausfertigung der Niederschrift über die mündliche Verhandlung am 14.03.2016 9. die Gemeindegutsagrargemeinschaft Mutters, vertreten durch Herrn Substanzverwalter Bürgermeister Hansjörg Peer, zH Herrn Rechtsanwalt Dr. Markus Heis, Anichstraße 3/III, 6020 Innsbruck, samt einer Ausfertigung der Niederschrift Verhandlung am 14.03.2016 über die mündliche - 21 - 10. die Tiroler Landesregierung als Agrarbehörde, Abteilung Agrargemeinschaften, Heiliggeiststraße 7 – 9, 6020 Innsbruck (do Zl AGM-R285/503-2015) 11. das Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft, Stubenring 1, 1010 Wien Landesverwaltungsgericht Tirol Dr. Wolfgang Hirn (Richter)
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