Beate Hirt, Frankfurt hr1-Zuspruch am Donnerstag, 31. März 2016 Ostern und der Frühling Eigentlich ist das Christentum ja keine „Naturreligion“, wie man manchmal die Religion von Naturvölkern nennt. Es gründet sich nicht auf Naturphänomene und – zyklen, sondern auf ein Buch, die Bibel, und eine ganz bestimmte Person, Jesus Christus eben. Und trotzdem: Auch das Christentum ist eng an die Natur gebunden. Gerade an Ostern wird mir das immer stärker bewusst, und ich find das, ehrlich gesagt, faszinierend. Natürlich: Ostern ist das Fest der Auferstehung Jesu. Aber: Dieser Termin im Frühling, der hängt eben eng mit der Natur zusammen. Ostern findet nämlich immer am Sonntag nach dem ersten Frühjahrsvollmond statt. Dieses höchste christliche Fest hat also gleich mit zwei Naturzyklen zu tun: mit dem Lauf der Jahreszeiten und mit dem Lauf des Mondes. Das geht schon zurück auf das jüdische Paschafest. Auch das wird seit Jahrtausenden immer zum Frühjahrsvollmond gefeiert, auch damals war das so, als Jesus mit seinen Freunden das Paschamahl begangen hat und danach am Kreuz gestorben und wieder auferstanden ist. Zugegeben - in diesem Jahr liegt das jüdische Pessach einen ganzen Monat nach unserem Ostern. Aber das hat mit den unterschiedlichen Kalendern und Frühlingsanfängen zu tun. Beiden Festen ist gemeinsam: Sie sind höchste religiöse Feste im frühen Frühling. Dass die wichtigsten religiösen Feste sich am Lauf der Natur orientieren, das geht tatsächlich auf uralte Naturreligionen zurück. Aber es passt auch perfekt zu dem, was Christen an Ostern feiern: Das Leben siegt über den Tod, das Licht setzt sich gegen die Finsternis durch. Ich finde es faszinierend, dass ich das eben nicht nur in der Bibel lesen, sondern auch in der Natur spüren kann. Wenn jetzt am Anfang des Frühlings die Sonne auf meine Haut scheint, wenn das erste, leuchtende Grün an den Bäumen hervorkommt: Dann kann ich es ja richtig erleben, mit allen Sinnen wahrnehmen: Auferstehung. Das Leben kommt neu hervor. Da, wo eben noch alles trocken und tot war, da wird die Welt plötzlich grün oder gelb und weiß und überwältigend lebendig. Alles leuchtet und duftet ganz fantastisch. Auch das gehört jedes Jahr zu Ostern. Für mich ist die Natur immer mehr ein göttlicher Fingerzeig, er sagt: Du darfst es wirklich spüren und glauben: Das Leben wird gewinnen – es fängt auch für dich neu an. Zum Nachhören als Podcast: http://www.hr-online.de/website/radio/hr1/index.jsp?rubrik=19034 1
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