Fachtagung Väter in Aktion Samstag 23.04.2016 im Haus St. Martin und VHS Kaufbeuren Referent: Ralf Ruhl Pädagogischer Mitarbeiter / Leitender Redakteur beim online-Portal vaeter-zeit.de und Buchautor. Vater eines Sohnes und einer Tochter, lebt mit Familie in Göttingen. Begeisterter Vorleser zu Hause, manchmal auch in Kita und Schule. Pädagogischer Mitarbeiter in der Familienberatungsstelle der AWO in Eschwege. Kontakt: [email protected]. Site: www.vaeter-zeit.de Forum 3 Väter spielen anders Väter fordern ihre Kinder heraus, sind körperlich präsent und nehmen sich viel Zeit – auch im Spiel. Von dieser väterlichen Spielkultur, diesem anderen Erziehungsstil, profitieren alle: Mütter, Männer und vor allem die Kinder. Wie diese väterliche Spielkultur aussehen kann, was Männer bei Aktionen mit ihren Kindern unbedingt beachten sollten und wie herausfordernde körperbezogene Spiele Spaß machen können, das werden wir in diesem Workshop gemeinsam herausfinden. Väter – fantastische Spielgefährten Sie fordern heraus, sind körperlich präsent und nehmen sich vor allem viel Zeit: Väter sind vor allem für jüngere Kinder die besten Spielgefährten. Dabei gehen sie anders mit dem Nachwuchs um als Mütter. Sich dem freien Fluss des Spiels hingeben ist eindeutig eine Domäne der Väter. Und das viel belächelte „Kind im Manne“ wird zu einer lohnenden Investition in die Bildung von Jungen und Mädchen. Es hat sich etwas getan bei den Vätern. Die Zeiten, in denen sie gelangweilt am Spielplatzrand standen und darauf warteten, dass Sohne oder Tochter endlich mit dem Schaukeln aufhören, sind eindeutig vorbei. Denn Väter spielen gerne! Immerhin 70 % spielen mit ihren Kindern, fanden Rainer Volz und Paul Zulehner in der vor kurzem vorgestellten Männerstudie der Kirchen heraus. Vor zehn Jahren waren es nur 65 %. Spazieren gehen liegt bei den kindbezogenen Aktivitäten auf Platz zwei (60%) und fast die Hälfte kümmert sich um die Hausaufgaben und lernt mit dem Nachwuchs. Auch für Gesellschaftsspiele erübrigen sie viel Zeit, deutlich mehr sogar als die Mütter. Schon 2006 ließ das Statistische Bundesamt wissen, dass Väter etwa 105 Minuten für eine Partie Siedler, Malefiz & Co aufbringen. Wie Väter und wie Mütter spielen Seit den 70er Jahren des vorigen Jahrhunderts werden die Unterschiede im Spielverhalten zwischen Müttern und Vätern untersucht. Prof. W.E. Fthenakis hat die wichtigsten schon 1985 in seinem Standardwerk „Väter“ vorgestellt. Grundsätzlich geändert hat sich seitdem nichts. Demzufolge agieren Väter schon mit Kleinkindern eher taktil und physisch. Das heißt, sie stupsen sie zum Beispiel mit den Fingern an, bewegen Arme und Beine des Säuglings, vor allem, wenn es nicht mehr die volle Aufmerksamkeit zeigt. Die wollen Väter aber unbedingt haben, deshalb legen sie mehr Energie in ihre Aktionen, wenn das Baby sich von ihnen abwendet. Auch wenn die Kinder älter sind, bieten Väter eher körperbetonte Spiele ein. Sport, klettern, balgen, Wettkämpfe – das ist offenbar Männersache! Dabei verbringen sie sich nach einer Studie der Universität Konstanz übrigens nicht etwa mehr Stunden mit ihren Söhnen, wie oft behauptet wird. Ihr Zeitbudget verteilen sie auf Söhne und Töchter gleichermaßen. Mütter hingegen reden mehr mit dem Kind, singen, begleiten seine Aktionen mit Worten, beschreiben, was es gerade macht. Außerdem nutzen sie häufiger Spielzeug, tippen an das Mobile über dem Babybett, bieten Eimer oder Plastiklöffel als Beschäftigungsmaterial an und lesen vor. Viele Väter gehen mit ihren Jüngsten, wenn die Zeit es zulässt und die Kurse zu entsprechenden Terminen angeboten werden, zum Babyschwimmen. Dabei hat der französische Psychologe Jean Le Camus Mütter und Väter in ihren Interaktionen mit dem Baby beobachtet. Und fand heraus, dass Männer ihre Kinder deutlich stärker herausfordern, sowohl in den direkten Berührungen als auch im gesamten Kontaktangebot. Mütter beruhigen ihren Nachwuchs eher und bestätigen sie in ihrem Tun. Herausfordern – das ist das Signal ans Gehirn „versuche etwas Neues! Entdecke neue Möglichkeiten“! Da baut Papa den soeben bewältigten Kletterparcours beim Kinderturnen ein wenig um – und schon muss der Kleine ein neues Hindernis überwinden. Hat er es geschafft, schaut er sich stolz um und Papa nickt ihm zu, mindestens genauso stolz. Wobei sich im Handumdrehen jede Menge neuer Synapsen im Gehirn gebildet haben. Körperliche Spiele, neue Ideen – dafür stehen Väter! Unterschiedliche Stile wertschätzen Was Frauen nicht immer zu schätzen wissen. „Nicht so doll“ ist einer der Standardsätze, den der Papa zu hören bekommt, wenn er sein Kind in die Luft wirft und Flieger spielt. Obwohl das Kleine vor Freude kräht. Oder „du passt aber schon auf, ja?“, wenn Vater und Tochter einen Hügel erklimmen und dabei ein paar Kletterschritte machen müssen. Dabei ist grundsätzlich nichts gegen Besorgnis und Vorsicht einzuwenden. Aber wenn der Vater mit dem Kind spielt oder auf Tour geht, hat er die Verantwortung. Für das Packen der Tasche, die frische Windel und das Frühstücksbrot. Und genauso ist es seine Sache, wie er die Fähigkeiten seines Kindes sieht und was er ihm abverlangt. Hinterher darüber sprechen ist gut, hilft auch bei der Einschätzung des Kindes. Während einer Aktion machen solche einschränkenden Bemerkungen dem Kind eher Angst. Und sie signalisieren: Mama weiß es besser. Dieses Signal geht an das Kind und den Mann. Mögliche Folgen: Der Vater zieht sich tendenziell aus der Betreuung zurück. Und das Kind wird dem Vater gegenüber unsicher, weil es die Bewertung der Mutter teilweise übernimmt. Deshalb ist es wichtig, den Erziehungs- und Spielstil des anderen anzuerkennen und zu würdigen. Denn Kinder brauchen beides, Herausforderung und Bestätigung, Abenteuer und ein ruhiges Nest. Zwischen Hingabe und Überforderung Väter müssen dabei aufpassen, das Kind nicht zu überfordern. Väter schätzen den Entwicklungsstand ihrer Kinder oft höher ein, als er tatsächlich ist. Sie kaufen Baukästen für Siebenjährige, obwohl der Junge gerade erst eingeschult wurde. Oder meinen, er müsse schon geschickt mit dem Schnitzmesser umgehen können, obwohl er es gerade einmal halten kann. Diese Einschätzung kann über ein Jahr über dem Lebensalter des Kindes liegen. Die Gefahr: Papa schimpft, weil das Kind den Stock, aus dem der Bogen gebaut werden soll, nicht so gut abschabt. Oder nimmt ihm das Gerät gar aus der Hand. Beides signalisiert: Du wirst meinen Erwartungen nicht gerecht – und nach einiger Zeit wird das Kind die Lust auf Vater-Kind-Aktionen verlieren. Auf der anderen Seite können Väter wunderbar in die Welt der Kinder eintauchen. Stundenlang mit Sohn oder Tochter Lego-Häuser bauen, Städte entwerfen, Kugelbahnen austüfteln – daraus können sich viele freie Nachmittage für Mama ergeben! Nach der Beobachtung von Astrid von Friesen, Pädagogin und Psychologin in Dresden, sind klassische Hobbys vor allem ein Männerding. Damit ist nicht nur das Briefmarkenalbum gemeint, auch die Carrera-Bahn oder das Bogenschießen. Der Reiz: Papa macht hier etwas für sich, das Kind kann sich zuordnen, ist damit Papa in seiner Welt nahe. Und Väter können sich nach von Friesen viel besser selbstvergessen dem Flow hingeben, bei dem die Zeit wie im Flug vergeht und alles ohne Mühe machbar scheint. Sie tauschen also wirklich ein in ein Spiel – genau wie das Kind. Wer da vom Kind im Manne spricht hat Recht. Und spricht ein echtes Lob aus! Ralf Ruhl Quelle: https://www.vaeter-zeit.de/kinder-spielen/vaeter-fantastische-spielgefaehrten.php
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