Lesen Sie ein interessantes Interview - Eritrea

"Die Eritreer sind ehrliche und stolze Leute": Eritrea-Kenner Stauffer
"Die Schweiz verkennt die Leistung der
eritreischen Staatsführung"
Afrika-Kenner Hans-Ulrich Stauffer beurteilt die Situation im Flüchtlings-Staat Eritrea weit
positiver als die Schweizer Behörden
Von RUEDI SUTER
Die offizielle Schweiz behandle das Flüchtlingsland Eritrea unfair, indem sie es
schlechter darstelle als es tatsächlich sei. Dies sagt der Basler Anwalt und
Menschenrechtler Hans-Ulrich Stauffer. Er bereiste Eritrea mehrfach und begleitete
kürzlich die Schweizer Politiker-Delegation. Jetzt fordert er eine neue Annäherung an
den nordostafrikanischen Staat – trotz dessen rechtsstaatlichen Defiziten.
OnlineReports: Herr Stauffer, im Februar begleiteten Sie sozusagen als "Reiseführer" die
Schweizer Parlamentarier und Parlamentarierinnen, die sich ein Bild von Eritrea machen
wollten. Was fiel Ihnen dabei auf?
Hans-Ulrich Stauffer: Der Aufenthalt in der Hauptstadt Asmara – einem architektonischen
Juwel – ist problemlos. Es besteht absolute Bewegungsfreiheit – von einem "Schatten", wie es
ihn beispielsweise in Teilen der Türkei gibt, keine Spur. Für Reisen über Land wird eine
Reisebewilligung benötigt, was eine geringfügige bürokratische Hürde ist. Überall kann mit
den Leuten gesprochen werden, sei es im Kaffee in der Stadt, sei es mit dem Getreidebauer
auf dem Land. Die spontan angesprochenen Jugendlichen äusserten sich ohne Hemmungen
über die massive Migrationsbewegung.
OnlineReports: Wie hat sich das Land entwickelt?
Stauffer: Wo es Wasser hat, ist es grün. Das Land ist fruchtbar. Der Bau von Hunderten von
Stauseen und Rückhaltebecken ermöglicht eine intensivere landwirtschaftliche Nutzung. Die
riesigen Anstrengungen für Terrassierung und Aufforstung sind unübersehbar. Eritrea
unternimmt grosse Anstrengungen für die Nahrungsmittelsicherung. Daneben fallen die
gelben Sinotrucks-Lastwagen auf: Sie bringen das halbverarbeitete Kupfer aus der vor kurzem
eröffneten Bisha-Mine vom westlichen Tiefland über Asmara nach Massawa, wo es verschifft
wird. Nächstes Jahr soll mit dem Abbau in einem der weltgrössten Kalilager in der DanakilWüste begonnen werden. Da ist etwas im Entstehen.
OnlineReports: Was zeichnet die Eritreerinnen und Eritreer aus?
Stauffer: Sie sind stolz, und sie fühlen sich als Eritreer und Eritreerinnen, unabhängig von
ihrer ethnischen Zugehörigkeit oder Religion. Und sie sind ehrlich.
OnlineReports: Wie begegnen die Menschen den Ausländern?
Stauffer: Freundlich, manchmal zurückhaltend, manchmal mit direktem Ansprechen. Der
Kontakt zu den Leuten ist einfach. Über Alltägliches wird gerne gesprochen, beispielsweise
über Fussball, die Preise bei den Grundnahrungsmitteln oder die Folgen der
Stromunterbrüche. Auch über die Gründe zum Massen-Exodus konnte ich mit verschiedenen
Jugendlichen sprechen. Über die politische Zukunft wird jedoch nur im Kreise von Vertrauten
gesprochen.
OnlineReports: Warum dieser Massen-Exodus von monatlich über 3'000 Menschen vor allem
in Richtung Europa? Genannt werden Massenexekutionen, Verschwindenlassen und
Folterungen.
Stauffer: Den Vorwurf von Massenexekutionen höre ich das erste Mal. Selbst Vertreter
westlicher Staaten oder internationaler Organisationen wissen nichts davon. Wenn daran was
wäre, wäre das in den Gesprächen mit europäischen Botschaftern oder internationalen
Organisationen angesprochen worden."Die Zahlen politischer Gefangenen
sind mir schleierhaft."
OnlineReports: Mit welchem Eindruck reiste die Schweizer Politiker-Delegation, die Sie
begleiteten, nach Hause?
Stauffer: Allen war klar, dass ein paar Tage im Land nicht reichen, um Einschätzungen
vornehmen zu können. Es scheint mir aber, dass sie mit einem anderen Bild nach Hause
gereist sind als sie es vorher hatten. Die Mischung zwischen Kontakten zu hochrangingen
Regierungsvertretern – es fanden Gespräche mit mehreren Ministern statt – und mit
Vertretern europäischer Staaten, der EU und der UNO gaben einen vertieften Einblick und
führten zu einem nuancierten Bild.
OnlineReports: Amnesty International Schweiz kritisiert, die Gruppe habe sich von der
Diktatur "Sand in die Augen streuen" lassen.
Stauffer: Ich erachte es als unanständig, sie als ahnungslose, leicht beeinflussbare Naivlinge
hinzustellen. Die Politiker waren offen und unvoreingenommen. Auf allen Reisen über Land
war die Gruppe alleine unterwegs und konnte sich mit Leuten treffen, wie sie wollte. An den
Treffen mit Regierungsvertretern wurden harte Fragen gestellt. An den Treffen mit Vertretern
internationaler Organisationen, so beispielsweise mit der Uno-Landesvertreterin, kamen die
Demokratie-Defizite zur Sprache.
OnlineReports: Aber damit sind keine Missstände beseitigt.
Stauffer: Laut internationalen Organisationen gib es in Eritrea keine nennenswerte
Korruption. Auch sei Eritrea eines der wenigen Länder, das mehrere der Uno-Milleniumsziele
erreicht hat. So beispielsweise bezüglich drastischer Senkung der Kindersterblichkeit,
Ausrottung von Polio, Masern und Malaria, dem Zugang zu sauberem Wasser und anderes
mehr. Was mir als Besucher auch auffällt: Keine Kriminalität, keine Angst, auch nachts in der
Stadt unterwegs zu sein.
OnlineReports: Trotzdem: Die Rede ist von geschätzten 500 Haftanstalten, in denen Tausende
unter übelsten Bedingungen ohne Anklage und Prozess eingesperrt seien.
Stauffer: Woher die Zahlen von 500 Haftanstalten oder 10'000 politischen Gefangenen
kommen, ist mir schleierhaft. Sie wurden – nicht erhärtet – vor Jahren irgendeinmal von
Amnesty International in die Welt gesetzt und haben sich dann durch stetes Wiederholen zu
einer scheinbaren Wahrheit verfestigt. Eritrea hat etwa 3,6 Millionen Einwohner in 2'000
Dörfern. Nur in einem kleinen Teil der Kommunen hat es Polizeistationen mit
Gefängniszellen.
OnlineReports: Als Migrationsgrund wird vor allem der endlose Militärdienst genannt.
Stauffer: Zwischen Eritrea und Äthiopien besteht auch heute noch der Kriegszustand. Im
Grenzkonflikt von 1998/2000 haben sich beide Staaten auf ein internationales
Schiedsgerichts-Verfahren geeinigt. Doch Äthiopien anerkennt das Urteil aus Den Haag nicht.
Das hat zur Folge, dass in Eritrea noch immer Zehntausende unter Waffen stehen hat. Dieser
Zustand "kein Krieg-kein Frieden" ist für Eritrea weitaus schwieriger zu tragen als für
Äthiopien mit seinen 80 Millionen Bewohnern.
OnlineReports: Sie meinen, der in der Praxis unbefristete Militärdienst sei zur Verteidigung
notwendig?
Stauffer: Die vorgesehene Dauer für den Nationaldienst ist 18 Monate. Nationaldienst heisst
aber nicht nur Militärdienst. Darunter fällt auch die Arbeit im Spital, in der Zivilverwaltung
oder in Privatunternehmen. Ich habe einen Psychologen kennen gelernt. Er arbeitet vormittags
drei Stunden im Gesundheitswesen im Rahmen des National Service und am Nachmittag auf
eigene Rechnung in seiner Praxis. Wo der Einsatz 18 Monate oder kürzer oder länger dauert,
ist dies nicht nachvollziehbar und erscheint willkürlich.
"Der Uno-Menschenrechtsrat verwendete
fragwürdige Grundlagen."
OnlineReports: Wie es heisst, erhalten die Armee-Angehörigen aber keinen Sold, der diesen
Namen verdient.
Stauffer: Auf Anfang 2016 wurde auch der Sold – bisher 500 bis 700 Nakfa (30 bis 40
Dollar) – erhöht. Neu werden 2'500 bis 3'500 Nakfa ausbezahlt.
OnlineReports: Amnesty International spricht von schweren Menschenrechtsverletzungen.
Stauffer: Unbestreitbar gibt es politische Gefangene. Die eritreische Ausland-Gemeinde ist
eine der am besten organisierte. Es müsste also detailliertes Wissen über Gefangene geben,
beispielsweise Namen. Das gibt es aber nicht. Von ausländischen Mitgliedern von
internationalen Organisationen, mit denen ich mehrfach gesprochen habe, wird die Zahl der
politischen Gefangen auf unter 100 Personen geschätzt. Und dann stellt sich die Frage, ob die
wegen Korruption einsitzenden als politische Gefangene zu betrachten sind oder nicht.
OnlineReports: Auch der UN-Menschenrechtsrat hat harsche Kritik geäussert?
Stauffer: Er hat 2015 einen Bericht herausgegeben, der auf fragwürdigen Grundlagen beruht.
Es wurden nämlich mehr als 500 Flüchtlinge in den Lagern in Äthiopien und in Europa
befragt. Die Ergebnisse dieser Befragung erscheinen mir so aussagekräftig, wie wenn die
Exil-Kubaner in Miami über Kuba befragt würden. Selbst Botschafter kritisieren dieses
Vorgehen. Nichts desto trotz muss festgestellt werden, dass die politischen Spielräume in
Eritrea sehr klein sind. Eine breitere politische Diskussion würde der Entwicklung des Landes
eher nützen als schaden.
OnlineReports: Weshalb denn sperrt sich das Regime unter Staatsoberhaupt Isayas Afewerki
gegen alle, die zur Klärung der Vorwürfe Einblick verlangen – selbst gegen das Internationale
Komitee vom Roten Kreuz IKRK?
Stauffer: Das IKRK hat aufgrund der Genfer-Konvention das Recht, Gefangene in
zwischenstaatlichen Konflikten zu besuchen. Andere Gefangenbesuche sind gestützt auf die
Genfer Konvention aber nicht möglich und müssten speziell ausgehandelt werden. Anderseits
hat Sheila Keetharuth, die Sonderberichterstatterin des Uno-Menschenrechtsrates, eine
Dokumentation über Menschenrechtsverletzungen herausgegeben, deren Zustandekommen
anerkannten wissenschaftlichen Kriterien nicht standhält.
"Eritrea muss sich bewegen,
um seine Glaubwürdigkeit zu erhöhen."
OnlineReports: "Reporter ohne Grenzen" klagt, dass seit 2001 alle privaten Medien verboten
und seit 2010 keine ausländischen Korrespondenten mehr geduldet sind. Medienschaffende
würden der Zensur unterworfen, inhaftiert, verfolgt.
Stauffer: Das Verbot privater Medien kam zu einem Zeitpunkt, in welchem Eritrea
geschwächt aus dem Krieg mit Äthiopien heraus kam. Ich kann die Gründe nicht
nachvollziehen, weshalb auch heute die Medienvielfalt nicht wieder hergestellt ist. Leider hat
sich Eritrea während Jahren auch selbst abgeschottet. Das hat sicherlich zur Isolation
beigetragen. Nun scheint sich jedoch auch in diesem Bereich ein Wechsel abzuzeichnen. Visa
für Medienschaffende werden grosszügig erteilt. Zahlreiche Journalisten und TV-Teams
haben in den letzten Monaten das Land besucht. Sie werden, wie ich selbst mehrfach erfahren
konnte, in keiner Art behindert.
OnlineReports: Weshalb diese selbst gewählte Isolation?
Stauffer: Ein Problem sehe ich darin, dass in Eritrea die Befreiungsbewegung an der Macht
ist. Da stossen militärische Denkmuster und zivilgesellschaftliche Ansätze frontal
aufeinander.
OnlineReports: Wie kann sich Eritrea aus dieser Isolation befreien?
Stauffer: Die "Befreiungsbewegung an der Macht" muss lernen, dass die gesellschaftliche
Entwicklung nicht von einem kleinsten Zentrum aus definiert und ungesetzt werden kann.
Eritrea muss sich bewegen, um seine Glaubwürdigkeit zu erhöhen. Da ist einiges in
Bewegung: Die Uno-Menschenrechtskommission hat im Januar 2016 erstmals Gefangene
besuchen können.
OnlineReports: Weshalb hauen die Jungen ab?
Stauffer: Jugendliche verlassen das Land wegen der fehlenden Perspektiven. Arbeitsplätze in
unserem Sinne gibt es kaum. Die Jugend ist bestens vernetzt. Internationale
Telefonverbindungen können frei gewählt werden. Ebenso können beliebige TV-Sender mit
Satellitenschüsseln empfangen werden. Von denen hat es auf jedem Haus. Jugendliche haben
ein Bild davon, wie das Leben anderswo sein könnte.
"Die Schweiz sollte Anreize
für Rückkehrwillige schaffen."
OnlineReports: Wir sprechen also vor allem von Wirtschaftsflüchtlingen?
Stauffer: Ein Freund von mir wurde von einem Schuhputzer gefragt, ob es stimme, was sein
Kollege ihm aus der Schweiz berichte. Er lebe gratis in einer Dreizimmerwohnung und
erhalte pro Monat 800 Dollar – 800 Franken - vom Staat. 800 Dollar! Das ist etwa das
Einkommen des Schuhputzers in drei bis vier Monaten. Dass jemand mit 800 Franken in der
Schweiz nicht weit kommt, kann sich der Schuhputzer nicht vorstellen. Doch weshalb soll er
dieser Verlockung nicht folgen?
OnlineReports: Die Migration in die Schweiz über die Mittelmeerroute kostet zwischen 5'000
bis 8'000 Dollar, die zumeist vom Familienclan zusammengekratzt werden. Warum wollen so
viele in die Schweiz?
Stauffer: Die Migrationsbewegung von Eritrea nach Europa hat zwei Faktoren: der PushFaktor sind die schwierigen Lebensbedingungen und fehlenden wirtschaftlichen
Zukunftsaussichten. Der Pull-Faktor ist – was die Schweiz betrifft – in der Zusicherung des
Aufenthaltsrechts gegeben. Solange die offizielle Schweiz Asyl oder vorläufige Aufnahme
gewährt, weil sie davon ausgeht, bei allen Eritreern handle es sich um politische Flüchtlinge,
die dem Militärdienst entflohen seien und darüber hinaus auch noch einer nicht zugelassenen
Religionsgemeinschaft angehören, ist die Schweiz ein Magnet.
OnlineReports: Wie also soll sich die offizielle Schweiz gegenüber den ankommenden
Eritreern verhalten?
Stauffer: Die Mehrheit der eritreischen Emigranten sucht in der Schweiz ein besseres Leben.
Das finden sie jedoch nicht, wenn sie beruflich keine Chancen haben. Hält die Schweiz an
ihrer Auffassung fest, dass diesen Menschen entweder Asyl oder eine vorläufige Aufnahme
gegeben werden soll, so müssen sie auch beruflich eingegliedert werden. Katastrophal ist
natürlich die Situation der Minderjährigen, denen oft jegliche Ausbildung fehlt und die
aufgrund der Flucht völlig traumatisiert sind. Dann sollte sich die Schweiz aber auch der
Frage stellen, ob diesen Menschen wirklich ein Asylstatus oder die vorläufige Aufnahme
zugebilligt werden kann.
OnlineReports: Könnte die Schweiz nicht Anreize für Rückkehrwillige schaffen?
Stauffer: Doch. Israel praktiziert dies seit kurzem, indem freiwillig Zurückkehrende Eritreer
3'500 Dollar erhalten. Etwa 1'200 Eritreer haben bis heute davon Gebrauch gemacht. Ich
sprach mit einer Gruppe von zwanzig Rückkehrern. Sie alle sagen aus, dass die Rückkehr
kein Problem gewesen sei. Ein paar der frühen Emigranten konnten in Israel Geld verdienen,
das sie nun für ein eigenes Geschäft brauchen wollen.
OnlineReports: Eben haben Sie ein Buch über Eritrea geschrieben. Was hat Sie dazu
motiviert?
Stauffer: Ich wurde immer wieder um eine Einschätzung gebeten, was denn in Eritrea los sei.
So habe ich Anfang 2014 beschlossen, mir ein eigenes Bild zu machen und bin nach Eritrea
gereist. Rasch haben sich mir viele Türen geöffnet und ich erhielt viele interessante
Informationen. Ich kam zur Überzeugung, dass Eritrea unfair behandelt wird.
"Eritrea ist ein stabiler Faktor:
Es braucht mehr Fairness."
OnlineReports: Unfair behandelt – inwiefern?
Stauffer: Weshalb sagt die offizielle Schweiz, dass zu Eritrea keine Annäherung erfolge,
solange die Diktatur bestehe? Gleichzeitig bereisen hochrangige Delegationen Saudi Arabien,
wo regelmässig freitags gehängt wird, oder China, wo 500 Menschenrechtsanwälte nach einer
Razzia inhaftiert sind. Die Schweiz verkennt die Leistungen der Staatsführung.
OnlineReports: Können Sie uns noch andere Beispiele nennen?
Stauffer: Das Regime hat punkto Nahrungsmittelsicherheit, Gesundheitswesen und
Erziehungswesen enorm viel geleistet. Weiter fällt auf, dass grosse Fortschritte in der
Infrastruktur erzielt worden sind. Die Überlandstrassen sind in gutem Zustand, drei Viertel
aller Dörfer haben Anschluss an das Elektrizitätsnetz und noch mehr haben Zugang zu
sauberem Wasser. Das sind Errungenschaften, die in vielen anderen afrikanischen Ländern
Träume geblieben sind. Interessant ist auch die Art und Weise, wie der Staat mit den
gewaltigen Rohstoffvorkommen umgeht. Da wird nicht einfach eine Konzession an einen
Multi erteilt, sondern versucht, durch Joint Ventures einen angemessenen Anteil am Erlös im
Land zu behalten.
OnlineReports: Was sind im wirtschaftlichen Bereich die grössten Probleme des Landes?
Stauffer: Eritrea unterliegt UN-Sanktionen wegen angeblicher Unterstützung der somalischen
al Shabaab-Milizen. Es ist jedoch – wiederum von der Uno – bestätigt, dass Eritrea diese nicht
unterstützt. Zudem ist der private Sektor bescheiden. Die Hürden für den Aufbau eines
eigenen Geschäfts sind hoch. Hier müssten die bürokratischen Herausforderungen abgebaut
werden.
OnlineReports: Warum also immer noch Sanktionen?
Stauffer: Wenn ich das wüsste! Die Uno-Vertreterin in Eritrea, die ruandische Diplomatin
Christine Umotoni, sagte mir im Gespräch: Sanktionen sind leicht beschlossen, aber schwierig
aufzuheben. Ich weiss nur: Die Sanktionen haben zur gegenwärtigen Isolation Eritreas
beigetragen, politisch wie auch wirtschaftlich. In Eritrea fehlt es an Investitionen, an
Arbeitsplätzen.
OnlineReports: Und was bräuchte es von internationaler Seite?
Stauffer: Mehr Fairness! Eritrea wurde mehrfach von der Internationalen Gemeinschaft vor
den Kopf gestossen: das erste Mal mit der Zwangsfusion mit Äthiopien, das letzte Mal beim
Hängenlassen nach dem Schiedsgerichtsurteil aus Den Haag, das Äthiopien nicht anerkennt.
Dieses Gefühl, stets Spielball übergeordneter Interessen zu sein und verraten zu werden, prägt
das Denken der führenden Köpfe. Es sollte anerkannt werden, dass Eritrea mit seinen zwei
Religionen, Christentum und Islam, ein stabiler Faktor in einer höchst unstabilen Region ist.
Dieses Interview war dank des OnlineReports-Recherchierfonds möglich.
30. März 2016