Dr. Jenna Müllener PPZ Ralph Leonhardt PÄDAGOGISCHES PRAXIS–ZENTRUM Interkantonale Bildungsinstitution Schulungen und Beratungen Tf: 044 918 02 01 Bahnstrasse 21, 8610 Uster eMail: [email protected] / www.ppz.ch Mobile: 079 695 71 41 1. Lernkontrollen und Bewertung (Transparenz, Leistungsnoten) 1.1 Kurzdefinition Kleiner Einblick in die Beurteilung an der Schule Bei einer Prüfung in einem bestimmten Fach werden in der Regel mehrere Lernziele (Stoffziele = Sachkompetenzen) gleichzeitig überprüft. Die Theorie spricht in diesem Fall von einer summativen Beurteilung. Im Zeugnis wird die Leistung der Schüler in einem bestimmten Fach in Form einer Note (oder mit Worten) ausgewiesen. Sie setzt sich aus dem Durchschnitt der in den summativen Lernkontrollen erreichten Noten zusammen. Leistungen in der Selbst- und Sozialkompetenz (zum Beispiel Engagement, Verlässlichkeit, Eigenverantwortung, Fleiss, Sorgfalt etc.) werden in den meisten Zeugnissen separat ausgewiesen. Eine Beurteilung im Zeugnis soll verlässlich Auskunft über die Leistungsfähigkeit des Lernenden im entsprechenden Fach geben. Eine Schülerin, die z.B. in der Mathematik die Note 5 erhält, ist eine gute Rechnerin. Ein Schüler, der zwar fleissig, verlässlich, engagiert etc. ist, in den Prüfungen jedoch trotzdem ungenügende Leistungen erzielt, wird im Zeugnis eine ungenügende Beurteilung in diesem Fach (Sachkompetenz) erhalten. Beurteilung wird von Menschen, also auch Erwachsenen, in der Regel dann als gerecht empfunden, wenn die Ziele vor einem Test / einer Überprüfung bekannt sind und wenn vorgängig transparent festgehalten wurde, was zum Beispiel für eine bestimmte Note / eine genügende Leistung gelöst werden muss. Der Mensch möchte also bereits vor einem Test wissen, was er leisten muss, damit er bestehen wird; also die Kriterien kennen. Werner Sacher bezeichnet das als Kriterialnorm. © www.ppz.ch / Hort / Beurteilung 1 Dr. PPZ Jenna Müllener Ralph Leonhardt PÄDAGOGISCHES PRAXIS–ZENTRUM Interkantonale Bildungsinstitution Schulungen und Beratungen Tf: 044 918 02 01 Bahnstrasse 21, 8610 Uster eMail: [email protected] / www.ppz.ch Mobile: 079 695 71 41 In erster Linie bezüglich der Selbst- und Sozialkompetenz kann auch der Hort mit ggf. wichtigen zusätzlichen Informationen zu den Fähigkeiten und Fertigkeiten eines Kindes beitragen, sofern ein entsprechender Austausch mit zwischen Schule und Hort organisiert ist. 1.2 Umsetzungsbeispiele Anregung für den Hortalltag Die Hortmitarbeitenden entwickeln Piktogramme (Bilder), die mit den Kindern besprochen und danach im Hort gut sichtbar aufgehängt werden. Diese Piktogramme stehen für ausgewählte Indikatoren und zeigen erwünschte Verhaltensweisen der Kinder zu Zielen der Selbstund Sozialkompetenz. Sie zeigen zum Beispiel die einzelnen Schritte, die ein Kind beim Übergang zwischen dem Freispiel und dem Mittagstisch leisten soll. Entsprechende Beobachtungen zu den einzelnen Indikatoren können so auch wichtige Informationen zu Elterngesprächen liefern. Deshalb hat unsere Hortleitung mit der Schule vereinbart, dass der Hort jeweils kurz per Mail über anstehende Elterngespräche informiert wird und sich ggf. auch mit der entsprechenden Lehrperson in Verbindung setzen kann. ..... 2. Selbst- und Sozialkompetenz & Selbstbeurteilung 2.1 Kurzdefinition Im Hort üben die Kinder in erster Linie an Ziele der Selbst- und Sozialkompetenz, wobei (z.B. bei der Aufgabenhilfe) die Kinder auch bei ausgewählten Stoffzielen unterstützt und gefördert werden. Zur Beurteilung der Fähigkeiten und Fertigkeiten von Kindern bzgl. Zielen der Selbst- und Sozialkompetenz müssen diese in Form von beobachtbaren Verhaltensweisen (wenn du das Ziel © www.ppz.ch / Hort / Beurteilung 2 Dr. PPZ Jenna Müllener Ralph Leonhardt PÄDAGOGISCHES PRAXIS–ZENTRUM Interkantonale Bildungsinstitution Schulungen und Beratungen Tf: 044 918 02 01 Bahnstrasse 21, 8610 Uster eMail: [email protected] / www.ppz.ch Mobile: 079 695 71 41 erreicht hast, höre/sehe ich ...), sogenannten Indikatoren aufgeschlüsselt werden. Von zentraler Bedeutung ist, dass die Kinder unter einem bestimmten Ziel (zum Beispiel: Ich kann 15 Min. Minuten lang an einer Arbeit bleiben) exakt das Selbe verstehen wie die Hortnerin. Mit Hilfe von „Modelling“ (UK S. 192) lässt sich dieses Verständis 1:1 aufbauen. Die Kinder sollen lernen, sich in zunehmendem Masse selber richtig einzuschätzen. Klare Ziele (Kriterien / Indikatoren) sind auch hierfür eine wichtige Voraussetzung. Wer einerseits das Ziel vor Augen hat (und dieses auch wirklich verstanden hat) und es mit dem eigenen Resultat vergleichen kann, hat sich grundsätzlich Gedanken zur eigenen Leistung gemacht. Eine Fremdeinschätzung zeigt dann auf, wie andere diese Leistung beurteilen. Eine gute Selbstbeurteilung enthält immer auch überprüfbare Massnahmen, mit denen die Betroffene allfällige Probleme Schritt für Schritt lösen kann. Hierzu benötigen die Kinder in erster Linie jemanden, der sich erste Ideen erzählen lässt, nachfragt und ggf. auch einen Tipp gibt. Selbstbeurteilung macht Sinn, wenn sie eher selten, dafür aber sorgfältig durchgeführt wird. 2.2 Umsetzungsbeispiele Anregungen für den Hortalltag Ein Hortmitarbeiter möchte an folgendem Lernziel arbeiten und dieses Ziel auch auf eine geeignete Art und Weise überprüfen und beurteilen: „Ich kann das Spiel xy mindestens 15 Minuten lang so spielen, dass es für alle ein schönes Erlebnis ist.“ Zunächst einmal überlegt sich der Hortmitarbeiter, woran er erkennt, dass die Kinder in seinem Sinne selbstständig und gut miteinander spielen: Was genau möchte ich während des Spiels sehen / hören? Diese beobachtbaren Verhaltensweisen (Indikatoren) bespricht er mit den Kindern, damit ihnen die Erwartungen des Hortmitarbeiters unmissverständlich klar sind. Unter Umständen kann der Hortmitarbeiter auch ein entsprechendes Modelling (UK S. 192) durchführen, um die Ziele noch besser sichtbar zu machen. © www.ppz.ch / Hort / Beurteilung 3 Dr. Jenna Müllener PPZ Ralph Leonhardt PÄDAGOGISCHES PRAXIS–ZENTRUM Interkantonale Bildungsinstitution Schulungen und Beratungen Tf: 044 918 02 01 Bahnstrasse 21, 8610 Uster eMail: [email protected] / www.ppz.ch Mobile: 079 695 71 41 Die Mitarbeiter eines Horts nehmen sich vor, über einige Wochen hinweg bewusst an ausgewählten Zielen der Selbst- und Sozialkompetenz (und zwar vernetzt mit Stoffzielen) zu arbeiten. Das geht besonders effizient, wenn möglichst alle Erwachsenen am selben Strick ziehen. Natürlich braucht es dazu eine entsprechende Alltags-Organisation. Das meint: Wenn zum Beispiel Selbständigkeit und Konzentrationsfähigkeit geübt werden sollen, müssen im Hortalltag auch Sequenzen eingeplant werden, in denen die Kinder tatsächlich alleine arbeiten / üben können. Die Beobachtungen, die die Hortmitarbeitenden in diesen Sequenzen zu den Indikatoren (erwünschten Verhaltensweisen) machen, können festgehalten werden und ggf. auch in Elterngespräche mit einfliessen. 3. Lernbegleitung und Förderung 3.1 Kurzdefinition Beurteilung und Förderung gehören wo immer möglich zusammen. Es macht wenig Sinn, die Leistung der Kinder zu beurteilen, ohne dass anschliessend die Möglichkeit besteht, allfällige Lücken zu schliessen und entsprechende Ziele (auch zu einem späteren Zeitpunkt) zu erreichen. Ausserdem wäre es höchst demotivierend, wenn ein Kind erkennen müsste, seine Leistung sei „schlecht“ und es danach nicht erfahren würde, was es Schritt für Schritt tun kann, um sich zu verbessern. Wenn es darum geht, den individuellen Leistungsfortschritt einzelner Kinder zu beurteilen, kann die Individualnorm angewandt werden. Eine Beurteilung in der Individualnorm „misst“ das Engagement / den Fleiss eines Kindes und nicht das Endresultat. Das meint, dass ein Kind, das sich engagiert und fleissig vorbereitet, sich deshalb auch verbessert, aber trotzdem noch keine genügende Leistung gemäss Kriterien erzielt, durchaus positiv für seinen Einsatz beurteilt bzw. gelobt werden kann. Werner Sacher rät allerdings davon ab, solche individuellen Leistungen in der Schule mit gängigen Notenwerten zu beurteilen, da es für die Kinder (und auch deren Eltern) oft schwierig ist, nachzuvollziehen, warum ein Kind, das für sein Engagement / © www.ppz.ch / Hort / Beurteilung 4 Dr. Jenna Müllener PPZ Ralph Leonhardt PÄDAGOGISCHES PRAXIS–ZENTRUM Interkantonale Bildungsinstitution Schulungen und Beratungen Tf: 044 918 02 01 Bahnstrasse 21, 8610 Uster eMail: [email protected] / www.ppz.ch Mobile: 079 695 71 41 seinen Fleiss mit guten Noten beurteilt wurde, im Zeugnis dann aber doch nur eine 3 (Leistungsnote) erreicht. Die aktuelle Forschung empfiehlt, individuelle Lernfortschritte mit Worten / im Gespräch zu würdigen, hier aber keine Zahlenwerte zu verwenden. Individuelle Beurteilungen wie auch gezielte individuelle Förderung lassen sich im Hort am ehesten in Sequenzen durchführen, in denen die Kinder selbständig arbeiten. Hier wird in der Regel von der formativen Beurteilung gesprochen, der Lernbegleitung also. Förderung im Rahmen der Lernbegleitung ist vor allem dann effizient und effektiv, wenn die Hortmitarbeitenden, aber auch die Kinder gewisse Grundkenntnisse darüber haben, wie einem Kind mit Problemen am besten geholfen werden kann. Wirksam geholfen wird in der Regel dort, wo zuerst einmal sorgfältig zugehört wird, was die andere Person schon alles ausprobiert hat und wo anschliessend höchstens ein Tipp folgt (und nicht die Lösung). Dies deshalb, da ein Mensch nur dann stolz auf sich ist (und auch dessen Selbstwert gestärkt wird), wenn er etwas aus eigener Kraft (mit Fleiss und Engagement) erreicht hat. Wer zu früh die Lösung präsentiert, verpasst die Möglichkeit, den Selbstwert der Kinder zu stärken. Dasselbe gilt übrigens auch für Erwachsene ... Das alles kann nur gelingen, wenn die Hortmitarbeitenden sich selbst Sorge ebenfalls Sorge tragen und ihre eigenen Grenzen kennen. Im Rahmen der ‚Beurteilung und Förderung’ könnten Hortmitarbeiter/-innen immer noch mehr und noch Besseres tun. Dies darf aber nicht auf Kosten der Gesundheit geschehen! (vgl. Kapitel Selbstmanagement) © www.ppz.ch / Hort / Beurteilung 5 Dr. PPZ Jenna Müllener Ralph Leonhardt PÄDAGOGISCHES PRAXIS–ZENTRUM Interkantonale Bildungsinstitution Schulungen und Beratungen Tf: 044 918 02 01 3.2 Bahnstrasse 21, 8610 Uster eMail: [email protected] / www.ppz.ch Mobile: 079 695 71 41 Umsetzungsbeispiele Anregungen für den Hortalltag Eine Hortnerin möchte ihre Kinder dazu befähigen, andere Kinder bei Problemen auf eine gute Art und Weise zu unterstützen. Dazu thematisiert sie mit der Gruppe die Frage: Wie sieht eine geschickte Hilfestellung aus? Gemeinsam mit den Kindern entsteht ein Merkplakat, auf welchem die einzelnen Schritte für die Hilfe festgehalten sind, zum Beispiel: 1. Schritt: Was hast du bis jetzt ausprobiert? 2. Schritt: Gut zuhören. 3. Schritt: Wenn kaum etwas ausprobiert wurde: Was könntest du sonst noch versuchen? 4. Schritt: Einen Tipp geben, ohne die Lösung zu verraten .... Weitere Beispiele aus verschiedenen Schulstufen: UK S. 186-188 © www.ppz.ch / Hort / Beurteilung 6
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