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Beratungsvorlage zu TOP 5 der 12. Sitzung des Klinikbeirates der Christophorus
Klinik am 17. März 2016
Unbegleitete Ausgänge von Patienten in Münster-Amelsbüren und Senden
Ausgangssituation
Nachdem Ende 2000 die damalige nordrhein-westfälische Landesregierung bekannt
gegeben hat, dass auf dem Gelände des Alexianer-Krankenhauses in Münster eine Klinik für
Forensische Psychiatrie entstehen soll, hat sich eine „Bürgerinitiative Keine Forensik in Haus
Kannen! Nicht mit uns !!! e.V“ gegründet. Eine zentrale Forderung der Bürgerinitiative war
seinerzeit, dass es keine unbegleiteten Ausgänge von Klinikpatienten in der Gemeinde
Senden und im Stadtteil Münster-Amelsbüren geben dürfe. Diese zentrale Forderung ist im
April 2002 auch vom Gemeinderat Senden aufgegriffen und in einer Erklärung formuliert
worden (Anlage 1). Hintergrund dieser Forderung war vor allem die Lockerungspraxis des
LWL-Zentrums für Forensische Psychiatrie in Lippstadt-Eickelborn. Dort sind seit 1994
unbegleitete Ausgänge von Sexualstraftätern auf Basis einer freiwilligen Selbstverpflichtung
in einem Radius von 8 km rund um den Klinikstandort ausgeschlossen.
Nach langer Diskussion mit der Bürgerinitiative hat der damalige Planungsbeirat auf
Vorschlag des Landesbeauftragten für den Maßregelvollzug, Herrn Dönisch-Seidel und des
Geschäftsführers der damaligen Alexianer Trägergesellschaft, Herrn Jutkeit, eine
vergleichbare Erklärung abgegeben. Danach werden gemäß Punkt 3 der Erklärung „im
Stadtteil Münster-Amelsbüren und in der Gemeinde Senden keine therapeutischen Ziele für
unbegleitete Ausgänge verfolgt“. Die Erklärung ist als Auszug aus dem Protokoll der Sitzung
des Planungsbeirates vom 21. November 2002 gegenüber der Bürgerinitiative veröffentlicht
worden (Anlage 2). Auf diese Zusage sind die Alexianer in den letzten 13 Jahren sowohl von
Seiten der Bürgerinitiative, die seit Jahren nicht mehr aktiv ist, aber auch von Seiten der
Nachbarschaft und der Kommunalpolitik regelmäßig „moralisch“ verpflichtet worden.
Im Rahmen der letzten Sitzung des Klinikbeirates ist erstmals darüber diskutiert worden, ob
die mehr als 13 Jahre alte Zusage noch zeitgemäß ist. Unstreitig ist nach Auffassung der
Betriebsleitung der Christophorus Klinik, dass der generelle Ausschluss von unbegleiteten
Lockerungen für bestimmte Zielgebiete einer strengen juristischen Prüfung nicht standhalten
würde. Es stellt sich allerdings die Frage, ob die Patienten der Christophorus-Klinik
überhaupt ein berechtigtes Interesse an einem unbegleiteten Ausgang in Amelsbüren oder
Senden fundiert begründen und damit erstreiten könnten, da unbegleitete Ausgänge in
andere Zielgebiete innerhalb des Stadtgebietes Münster möglich sind und auch seit
Inbetriebnahme der Klinik durchgeführt werden.
Neben der rechtlichen Dimension dieser Fragestellung gilt es jedoch auch die „weichen
Faktoren“ wie die Aspekte „Glaubwürdigkeit“ und „Verlässlichkeit“ zu beachten. Dass sich die
Diskussion über den Forensikstandort in Münster in den letzten Jahren wohltuend
versachlicht hat, ist wohl einerseits der sehr intensiven und sachlichen Öffentlichkeitsarbeit
wie z.B. die Durchführung von Forensikforen, einer Vielzahl von Vorträgen und
Klinikführungen durch die ärztliche und pflegerische Klinikleitung und einer insgesamt
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Beratungsvorlage zu TOP 5 der 12. Sitzung des Klinikbeirates der Christophorus
Klinik am 17. März 2016
positiven Medienpräsenz zu verdanken. Aber sicherlich hat auch die Verlässlichkeit des
Klinikträgers, einmal zugesagte Verabredungen auch einzuhalten, zu einer deutlichen
Entspannung der öffentlichen Aufregung beigetragen. Aus diesem Grunde ist die
Relativierung oder Rücknahme der Zusage aus dem Jahre 2002 sehr gründlich und
sorgfältig abzuwägen.
Auswirkungen der Lockerungseinschränkung auf den Klinikbetrieb
Nach nunmehr fast fünfjährigem Betrieb der Christophorus Klinik ist festzustellen, dass das
eingeschränkte „Lockerungsverbot“ für die Gemeinde Senden und den Stadtteil MünsterAmelsbüren den Klinikbetrieb nicht gravierend behindert oder einschränkt. Selbstverständlich
verfügen zwar beide Zielgebiete über „Lockerungsziele“ wie Bäcker, Supermärkte oder
gastronomische Angebote. Letztlich können diese Zielorte aber ebenso gut mit einem
angemessenen Zeitaufwand in Münster-Innenstadt oder Münster-Hiltrup genutzt werden.
In einem Punkt erschwert die Lockerungseinschränkung jedoch den Klinikbetreib erheblich.
Dies betrifft die unbegleiteten Ausgänge auf dem Alexianer-Campus in Münster-Amelsbüren.
Da der Campus zum Stadtteil Amelsbüren gehört hat es hier aus Gründen der Verlässlichkeit
und Glaubwürdigkeit bis zum heutigen Tage keine unbegleiteten Ausgänge gegeben.
Insbesondere bei den Patienten, die einen hohen Lockerungsstatus haben und bei denen
eine Beurlaubung in eine Komplementäreinrichtung kurz bevor steht, ist die permanente
Begleitung durch einen Klinikmitarbeiter auf dem Weg zur Arbeitserprobung in die AlexianerWerkstatt, das Roncalli-Haus oder in den Sinnespark aus therapeutischen Gründen
vollkommen unsinnig und in einzelnen Fällen sogar kontraproduktiv. Zudem kommt es zu
bestimmten Zeiten vor, dass aufgrund personeller Engpässe in der Klinik therapeutisch
gebotene Lockerungen nicht gewährt werden können. Dies trifft natürlich auch die Patienten,
deren Lockerungsstatus einen unbegleiteten Ausgang auf dem Alexianer-Campus ohne
Bedenken zulassen würde.
Empfehlung der Betriebsleitung
Unter Abwägung der v.g. Aspekte plädiert die Betriebsleitung der Christophorus Klinik dafür,
nach wie vor und bis auf Weiteres auf unbegleitete Ausgänge von Patienten im Stadtteil
Münster-Amelsbüren und in der Gemeinde Senden zu verzichten. Von dieser Regelung soll
jedoch der Alexianer-Campus in Münster-Amelsbüren ausgenommen werden.
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