Moritz Bleibtreu über Erfolg, Wien und seine

WirtschaftsBlatt deluxe * edition 8* 2015 * NR. 70
deluxe
Gute Zeiten
Moritz Bleibtreu über Erfolg, Wien und
seine Leidenschaft für Schweizer Uhren
Plus
Uhren d
e
Jahres s
2015
JAEGER-LECOULTRE BOUTIQUE
Graben 28, 1010 Wien
Geophysic Universal Time
Philippe Jordan, Chefdirigent und Musikdirektor in Paris und Wien
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A JOURNEY THROUGH TIME – WITH RIMOWA
Die 1920er Jahre waren die Blütezeit von Hollywood und der Beginn der modernen Luftfahrt.
Hugo Junkers stellte 1919 das erste Ganzmetall-Verkehrsflugzeug der Welt vor. Dieses wurde aus dem
von Alfred Wilm im Jahre 1906 entdeckten Flugzeugaluminium gebaut. 1950 präsentierte
RIMOWA den Reisekoffer mit dem unverwechselbaren Rillendesign aus dem gleichen Material –
zu dieser Zeit der leichteste Reisekoffer der Welt. Schon damals setzte RIMOWA den Trend
des geringen Gewichts – eine Pionierleistung in der Branche.
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EDITORIAL
Alexander Pfeffer
Coverfoto: Robert Grischek, Kolumnenfoto: Richard Tanzer
Chefredakteur WirtschaftsBlatt deluxe
edition 8*15 deluxe 5
Uhr des Jahres 2015. Zeitwerk Minutenrepetition von A. Lange & Söhne.
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EDITORIAL
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LINIEN UND EINE AUSDRUCKSTARKE SILHOUETTE SIND DAS RESULTAT BEACHTLICHER PERFEKTION UND BALANCE:
EINE NEUE FORM IST GEBOREN.
DELUXE STELLT VOR
Moritz Bleibtreu
Spätestens seit dem Film „Lola rennt“
(1998) läuft es für den 44-jährigen
Schauspieler richtig rund. Der Sohn der
österreichischen Schauspielerin Monica
Bleibtreu(1944–2009)unddesSchauspielers
Hans Brenner (1938–1998) gehört mit
seinem markanten Gesicht und seiner
unverwechselbaren Art zu den Fixsternen
des deutschen Kinos. Wir trafen den Star in
Genf zum Exklusivinterview. Ab Seite 44.
Szymon Brodziak
Der gebürtige Pole, Jahrgang 1979, ist für
aufregende, künstlerisch anspruchsvolle
Nacktaufnahmen bekannt und wird gern mit
dem großen Helmut Newton verglichen.
„Er ist der Meister, ich bin nur der Anfänger“,
sagt er dazu bescheiden. Seine Werke waren
bereits in der Newton-Stifung in Berlin zu
sehen und werden jetzt im Grazer Atelier
Jungwirth gezeigt. Erste Einblicke ab Seite 60.
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Wir verlosen zwei CourvoisierVSOP-Geschenksets inklusive
Champagnerschalen und des
renommierten Marcel-ProustRomans „Auf der Suche nach
der verlorenen Zeit“.
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Weitere Links, Informationen
und Bilder zu den Storys.
Fotos: Robert Grischek (2), Szymon Brodziak, beigestellt
Ronja von Rönne
Den aufmerksamen Literaturfans wird
der Name vielleicht schon etwas sagen.
Schließlich hat die 23-Jährige heuer beim
Bachmannpreis teilgenommen. Seit heuer
findet man die Texte der Berlinerin im
Feuilleton der „Welt“. Auch wenn sie zum
Gegenteil auffordert, sollten Sie sich für
ihren Beitrag ab Seite 40 Zeit nehmen.
INHALT
24
28
14 Durch die Zeit reisen
Die Uhrenmanufaktur Breguet zeigt die
größte Ausstellung antiker Uhren aus ihrer
Schatzkammer, die Amerika je gesehen hat.
16 Diktatur der Pünktlichkeit
Europa hat die Uhr, Afrika die Zeit. Unser
Autor Franzobel hat beides: Er nimmt sich Zeit,
um über die Uhr zu philosophieren.
18 Take your time
Was die Uhrenwelt am Laufen hält: Wir präsentieren wichtige Ereignisse des kommenden
Jahres.
22 Tickende Hommage
Chopard-Kopräsident Karl-Friedrich Scheufele
huldigt mit dem Chronometer FB 1 dem
legendären Uhrmacher Ferdinand Berthoud.
20
10 deluxe edition 8*15
24 Was es 2016 schlagen wird?
Wir haben sechs CEOs und Präsidenten
bedeutender Uhrenmanufakturen gebeten,
einen Blick auf das kommende Jahr zu werfen.
28 Die Uhr des Jahres
Welche Herrenarmbanduhr hat 2015 am meisten
beeindruckt? Als Sieger ging die A. Lange &
Söhne Zeitwerk Minutenrepetitior hervor.
Fotos: Panerai, A. Lange & Söhne; Illustrationen: Patrick Leger
20 Uhrsprung ins Jetzt
Für viele Uhrenliebhaber liegt die eigentliche
Sehenswürdigkeit in Florenz vis-à-vis des weltberühmten Doms: der Stammsitz von Panerai.
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INHALT
60
54
50
40 Reine Zeitverschwendung
Sie können doch sicher etwas Besseres mit
Ihrer Zeit anfangen, als diesen Text zu lesen.
Dauert auch viel zu lang.
44 „Ich bin nicht nur im Herzen Wiener“
Hollywood, Uhren und Käsekrainer: Schauspieler
Moritz Bleibtreu entpuppt sich im Exklusivinterview als Experte auf vielen Gebieten.
50 Süßes Leben hinter Klostermauern
Wo einst Mönche sangen und Nonnen beteten,
kann heute stilvoll genächtigt werden. Fünf
Hotels, über die die Hand Gottes wacht.
54 Größer, dicker, vornehmer
Jetzt erreicht der SUV-Boom auch die Luxusklasse. Der neue Bentley Bentayga ist deshalb
nur der Anfang.
66 Nachts im Museum
Wenn im County Museum of Art den Gästen
mehr Beachtung geschenkt wird als den
Exponaten, dann findet die Art+Film-Gala statt.
WirtschaftsBlatt deluxe Medieneigentümer, Herausgeber, Verleger WirtschaftsBlatt Medien GmbH, Anschrift: Hainburger Straße 33, 1030 Wien, Telefon: 01/60 117-0, Redaktion Dw 306, Fax 259,
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Anzeigen Projekt- und Anzeigenleitung: Thomas Gubier, Telefon: 01/514 14-258, Mailadresse: [email protected] (Anzeigenabteilung), Druckunterlagenübermittlung: [email protected],
Produktion Leitung: Stephan Flisnik, Alexander Schindler, Art-Direction: Matthias Eberhart, Fotoredaktion: Yasmin El Mohandes, Bildbearbeitung: Christian Stutzig, Hersteller: Neografia a.s., Škultétyho 1,
036 55 Martin, Slowakei, Tel: +421 434 201 243, Fax: Dw 712, [email protected], www.neografia.sk, Web wirtschaftsblatt.at, Bankverbindung BA-CA, IBAN: AT501100009494402200, BIC: BKAUATWW.
Alle Rechte, auch die Übernahme von Beiträgen nach § 44 Abs. 1 Urheberrechtsgesetz, sind vorbehalten. Gerichtsstand ist Wien. Das WirtschaftsBlatt deluxe erscheint achtmal im Jahr mit der Freitagsausgabe des WirtschaftsBlatts. Offenlegung gem. § 25 Medieng. http://www.wirtschaftsblatt.at/impressum
Nächste Ausgabe: Freitag, 26. 2. 2016
12 deluxe edition 8*15
Fotos: Szymon Brodziak, Bentley, The Dominican
60 Polens Helmut Newton
Szymon Brodziak wird als neuer Helmut
Newton gefeiert. Jetzt zeigt das Grazer Atelier
Jungwirth seine Bilder.
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UNGLAUBLICH REISEN
redaktion
Alexander Pfeffer
DURCH
DIE ZEIT
REISEN
Was verbindet Marie-Louise von Österreich mit San Francisco? Breguet.
Die Schweizer Uhrenmanufaktur zeigt bis zum 10. Jänner die größte
Ausstellung antiker Uhren aus ihrer Schatzkammer, die Amerika je
gesehen hat. Ein Highlight ist dabei die hier gezeigte Breguet N°2784, die
am 27. September 1813 an Napoleons Gemahlin Marie-Louise verkauft
wurde. Insgesamt sind in den Fine Arts Museums of San Francisco
14 deluxe edition 8*15
(FAMSF) mehr als 70 Taschen- und Standuhren des Gründers Abraham
Louis Breguet (1747–1823) zu sehen. Die Exponate decken einen großen
Zeitraum ab, der von der Gründung des Hauses im Jahr 1775 bis ins Art
déco in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts reicht. Einzige Ausnahme:
die 2008 fertiggestellte getreue Replik der berühmten „Marie-Antoinette“,
deren Kompliziertheit und Geschichte die Uhrenwelt bis heute fasziniert.
*
Foto: Breguet
San Francisco
Montblanc
Heritage Chronométrie
and Hugh Jackman
Crafted for New Heights
Mit der Montblanc Heritage Chronométrie
Quantième Complet Vasco da Gama
Special Edition würdigt die Maison den
europäischen Entdecker und sein Streben
nach höchster Präzision. Die Uhr
verfügt über einen vollständigen
Kalender und eine Mondphase, die
von einer blau lackierten Sternenkonstellation umgeben ist. Sie
zeigt jenen Nachthimmel über
dem Kap der Guten Hoffnung,
wie auch Vasco da Gama ihn
1497 auf seiner ersten Reise
nach Indien sah. Visit and
shop at Montblanc.com
KOLUMNE
DIKTATUR DER PÜNKTLICHKEIT
Europa hat die Uhr, Afrika die Zeit. Unser Autor Franzobel hat beides:
Er nimmt sich Zeit, um über die Uhr und das Prinzip der Zeit zu philosophieren.
K
önnen Sie sich an Ihren letzten Urlaub ohne Handy
und Computer erinnern? Waren Sie damals auch
glücklicher und haben beschlossen, die Abhängigkeit
von den Neuen Medien zu reduzieren? Und wissen
Sie auch noch, wie lange das Vorhaben gehalten hat, wie
schnell Sie wieder in den Nur-einmal-schnell-Nachrichtenchecken-Modus hineingekippt sind?
Ein Weltenbummler hat mir einmal erzählt, dass Afrikaner
bei Terminvereinbarungen immer lachen. Zum ausgemachten
Zeitpunkt kommt dann keiner, was den an Pünktlichkeit
gewöhnten Europäer zur Verzweiflung bringt, sonst aber
nichts macht, weil auch das bestellte Transportmittel, meist
ein Bus, nicht da ist. Wenn das Fahrzeug irgendwann dann
doch eintrifft, trudeln zur selben Zeit, und zwar wie von Geisterhand geführt, auch die Passagiere ein. Keiner weiß, wie,
aber es funktioniert. Europa hat die Uhr, Afrika die Zeit.
Während wir in der sogenannten Ersten Welt den Gott
der Neuen Medien anbeten, uns ihm bedingungslos
16 deluxe edition 8*15
A
uf Schiffen wurde früher, um die gerechte Verteilung der Wachen zu gewährleisten, halbstündig
geglast. Glockenschläge zeigten an, wie spät es
war. Seit der Erfindung des hochseetauglichen
Chronometers durch den englischen Tischler John Harrison
war auch eine Berechnung des Längengrads möglich – und
somit eine exakte Kartografie. Ohne Uhren hätte es keine
Industrialisierung und vielleicht auch keine Eroberung der
Welt durch den Kapitalismus gegeben.
Seit Einstein aber ahnen wir etwas Ungeheuerliches, die
Zeit ist nicht konstant. Ich habe „ahnen“ geschrieben, weil ich
denke, wissen kann man so etwas nicht. Die Zeit ist eine
seltsame Kategorie, eine manchmal zähe, oft dünnflüssige
Masse, die unseren Lebenserfahrungen so komplett widerspricht, dass wir froh sind, sie mittels Uhren vermeintlich in
den Griff zu bekommen.
Glücklicher sind natürlich die Afrikaner, denen das Gestundete nicht zerstückelt wird. Sie befinden sich in einem dauerhaften Zeitkontinuum, in einem Zustand, den wir im Urlaub
manchmal kosten. Oft sehne ich mich danach, aber bis es so
weit ist, dass ich alle elektronischen Geräte aus dem Fenster
werfe, erfreue ich mich an der Uhr, die mit Höhenmesser,
Barometer und Kompass immer Spaß macht und mir die Zeit
vertreibt, wenn ich sie habe.
*
Foto: Peroutka, Montage
„Ohne Uhren hätte es keine
Industrialisierung und vielleicht
auch keine Eroberung der Welt
durch den Kapitalismus gegeben.“
unterwerfen, die Heilige Dreifaltigkeit Google, Facebook und
Twitter verehren, immer verfügbar sind, immer erreichbar –
denn dieser neue Gott ist allwissend und duldet keine Götter
neben sich – haben die Afrikaner oft nicht einmal eine Uhr.
Meine ist (wenigstens dem Namen nach) ein Schweizer Fabrikat mit integriertem Höhenmesser, Barometer, Kompass
und anderem Schnickschnack. Nichts Besonderes, aber in
ärmeren Gegenden – etwa bei Gauchos in der argentinischen Pampa, bei persischen Teppichwebern zwischen Yazd
und Isfahan oder Salzschauflern in der Nähe von Dakar –
haben mir die staunend-gierigen Blicke der Kinder stets
verraten, dass diese 300-¤-Uhr für sie das höchste Glück
auf Erden wäre, der Inbegriff von Wohlstand, Reichtum und
einem erfüllten Leben.
Dabei ist die Uhr das erste Instrument zur Disziplinierung.
Wer hätte gedacht, dass wir sie einmal freiwillig tragen,
darauf auch noch stolz sein würden? Das hätte vor 30 Jahren
auch bei den Handys niemand für möglich gehalten. Unsere
freudig-freiwillige Unterwerfung unter den Überwachungsstaat wäre nicht einmal George Orwell eingefallen. Die Uhren
auf den Kirchtürmen, Schlössern und Fabriken haben einst
dafür gesorgt, dass keine Zeit mehr war, schon gar keine für
Müßiggang. Uhren sind die ersten Diener des Gottes der
Arbeit. Handys sind seine Polizei.
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ZEITPLAN
TAKE
YOUR TIME
20
Jahre
Parmigiani Fleurier
1996 gab Michel
Parmigiani seine
Werkstatt zugunsten
der Gründung einer
eigenen Marke auf:
Parmigiani Fleurier.
Was die Uhrenwelt am
Laufen hält: Wir präsentieren
wichtige Ereignisse des
kommenden Jahres.
von Alexander Pfeffer
110
Jahre
Montblanc
Eine Uhr zum Jubiläumsjahr:
der Timewalker Exotourbillon
Minute Chronograph Limited
Edition 100.
Salon International de la
Haute Horlogerie (SIHH)
18. bis 22. Jänner 2016,
Ort: Palexpo Genf.
Wichtig: Die SIHH ist
keine Publikumsmesse –
Eintritt nur mit Einladung!
Baselworld – Weltmesse
für Uhren und Schmuck
17. bis 24. März 2016,
Ort: Messe Basel.
Die Zahlen sprechen für
sich: Rund 1500 Aussteller
und 150.000 Besucher.
80
Jahre
IWC Fliegeruhren
1936 stellte IWC seine erste
Fliegeruhr her (Foto u.). Wir
sind gespannt, wie die Manufaktur das Jubiläum zelebriert.
Spiele der XXXI. Olympiade
in Rio de Janeiro
Der Countdown läuft: Als
Olympia-Zeitnehmer hat
Omega die Mark II „Rio 2016“
auf den Markt gebracht.
Fotos: Hersteller, Stefano Grasso
Longines Global Champions Tour –
Vienna Masters 2016
Die „Formel 1 des Pferdesports“ gastiert
auch 2016 wieder vor dem Rathaus.
Voraussichtlicher Termin: September.
Glashütte Original
eröffnet Wien-Boutique
Die noblen Zeitmesser aus
Glashütte bekommen jetzt
auch ihre eigene noble Adresse:
Kohlmarkt 4. Die geplante
Eröffnung: Frühjahr 2016.
18 deluxe edition 8*15
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PASSION
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DESIGN
redaktion
Alexander Pfeffer
Für viele Uhrenliebhaber liegt die eigentliche Sehenswürdigkeit in Florenz vis-à-vis des weltberühmten Doms: Der
Stammsitz von Officine Panerai, der legendären Luxusmarke
mit militärhistorischem Hintergrund. Doch genau an diesem
nagte der Zahn der Zeit. CEO Angelo Bonati ordnete eine
Neugestaltung sowie Vergrößerung der Räumlichkeiten an.
Der Auftrag: Die Markenphilosophie, die heute genau dieselbe Gültigkeit besitzt wie in den 1930er- bis 1950er-Jahren, als
Panerai die italienische Marine mit Präzisionsinstrumenten
für ihre Kampftaucher belieferte, auch optisch zu transportieren. Für diese Aufgabe wurde mit Patricia Urquiola die
erfolgreichste Frau im Designbereich verpflichtet. „Uns eint
die Liebe zum Design und zur Technologie, die wir aber beide
stets auf authentische und schlichte, nie auf protzige Art und
Weise zum Ausdruck bringen“, so die Spanierin.
*
20 deluxe edition 8*15
Fotos: Panerai
UHRSPRUNG
INS JETZT
Liebe zu Design und Technik: Panerai-Boss Angelo Bonati und Architektin
Patricia Urquiola haben das Stammhaus in Florenz neu gestaltet.
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ZEITMESSER
redaktion
Alexander Pfeffer
Uhr mit historischem
Bezug. Das Chronometer
Ferdinand Berthoud FB 1
ist auf 50 Stück limitiert.
Karl-Friedrich Scheufele – ein Name, der untrennbar mit
Chopard verbunden ist. Doch jetzt hat sich der Ko-Präsident
der Marke für ein neues Projekt Zeit genommen. Mit diesem
huldigt er einer großen, vielleicht nicht ganz so bekannten
Persönlichkeit der Uhrmacherkunst: Ferdinand Berthoud
(1727–1807). Der Schweizer schuf etwa für Ludwig XVI.
Schiffschronometer und hat auch für Napoleon gearbeitet.
„Er fertigte sogar Dezimalchronometer und war wie eine
Art Wissenschaftler“, so Karl-Friedrich Scheufele. Seine
Bewunderung findet im Chronometer FB 1 Ausdruck, das
unter der neuen Marke Chronométrie Ferdinand Berthoud
auf den Markt gebracht wird. Das Tourbillon-Modell gibt es
in zwei Varianten, es ist auf 50 Stück limitiert und wird rund
220.000 ¤ kosten. „Das ist kein Nostalgieprojekt, sondern eine
zeitgenössische Interpretation eines Chronometers als Armbanduhr“.
*
22 deluxe edition 8*15
Fotos: Hersteller
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HOMMAGE
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UMFRAGE
Jérôme Lambert, Montblanc
Mit welchen Modellen wird uns Montblanc 2016
überraschen?
Wir werden das Segment zwischen 2000 und
5000 ¤ weiter stärken und hier Modelle mit
einer komplett neuen uhrmacherischen
Substanz präsentieren – sogar im Bereich unter
3000 ¤. Doch auch in der Preisklasse bis
10.000 ¤ wollen wir attraktive Zeitmesser
offerieren. Dieses Jahr konnten wir ja einen
Jahreskalender zum attraktiven Preis von
6000 ¤ anbieten. Und im Segment der
Komplikationen werden wir eine Neuheit
vorstellen, die die nächste Dimension für
Montblanc in der Feinuhrmacherei sein wird.
Welche Bedeutung messen Sie Smartwatches aus
heutiger Sicht bei?
Die neuen Smartwatches sind ein wichtiger
Trend, dem man Rechnung tragen muss.
Bei Montblanc haben wir mit dem sogenannten
E-Strap die Funktionalität unserer TimewalkerUhr erweitert. Dieses spezielle Armband trägt
das Device, das einen Activity Tracker,
intelligente Anzeigen, Fernsteuerungen und
eine Find-Me-Funktion bietet. Die klare
Philosophie lautet hier aber: zusätzlich, nicht
anstatt. Sollte die Elektronik nach einigen
Monaten wieder überholt sein, können Sie
diese austauschen oder die Uhr ohne Wearable
Technology tragen.
Was wird 2016 für die Uhrenindustrie schwieriger?
Jedes Jahr bringt neue Herausforderungen, die
man mit einer so einzigartigen Marke wie
Montblanc gut meistern kann. Wir unterscheiden uns ja von anderen Marken, die sich im
Laufe der Zeit nur mit einem Metier beschäftigt
haben. Montblanc hat neben den Uhren auch
die anderen erfolgreichen Standbeine –
Schreibgeräte, Leder und Luxusaccessoires.
Welche Märkte werden 2016 für Montblanc an
Bedeutung gewinnen?
Mit Dependancen in 80 Ländern und mehr als
450 Montblanc-Boutiquen sind wir weltweit
sehr gut vertreten. Es wird immer Märkte
geben, in denen das Wachstum etwas
nachlässt – wie derzeit z. B. in HK und China.
Aber durch unsere starke, globale Präsenz
können wir das durch Wachstum in anderen
Regionen, wie z. B. Korea, Japan oder Europa,
ausgleichen. Das ist die Stärke von Montblanc.
Wie zufrieden sind Sie mit dem österreichischen
Markt?
Der österreichische Markt ist ein sehr interessanter Uhrenmarkt, der nicht nur von Touristen,
sondern auch von einer starken, lokalen
Klientel profitiert. Wir haben uns die letzten
Jahre sehr gut entwickelt, haben aber noch viel
Lust auf weiteres Wachstum.
24 deluxe edition 8*15
WAS ES 2016
SCHLAGEN WIRD?
Wir haben sechs CEOs und Präsidenten bedeutender
Uhrenmanufakturen gebeten, für uns die Uhren
vorzustellen und einen Blick auf das kommende Jahr
zu werfen. Welche Trends bestimmen die nächsten
Monate, wie entwickelt sich der Markt, und werden
Smartwatches die Zukunft bestimmen?
von Alexander Pfeffer ◆ Illustrationen: Patrick Leger
UMFRAGE
Georges Kern, IWC
Welche Trends werden das Uhrenjahr 2016 prägen?
Die Uhren werden wieder kleiner. Wir haben
bei der Portofino-Kollektion eine 37-mm-Linie
eingeführt, um mit unserer Kollektion auch
Uhrenliebhaber mit schmaleren Handgelenken
anzusprechen. Darüber hinaus spielt der Preis
eine Rolle. Die Kunden werden preissensibler.
Es ist wichtiger denn je, auch unsere lokalen
Kunden zu adressieren – egal ob in Zürich, New
York oder Shanghai.
Welche Bedeutung messen Sie Smartwatches aus
heutiger Sicht bei?
Man muss unterscheiden zwischen Smartwatches und Wearables. IWC Schaffhausen
wird niemals Smartwatches herstellen. Das ist
nicht unser Kerngeschäft. Wearables sind
etwas anderes. Sie werden heutzutage von
Jugendlichen getragen, um deren Schritte,
Kalorienverbrauch oder Schlafrhythmen zu
messen. Wearables können optional in ein
Uhrenarmband integriert werden. Sie bleiben
eine Option für die Kunden. Damit richten wir
die Funktionen auf unsere Uhren aus und nicht
umgekehrt. Als traditionelle Uhrenmarke gilt
es, relevant zu bleiben.
Was wird 2016 für die Uhrenindustrie schwieriger?
Der Markt wird kompetitiver. Es gilt, für
verschiedene Regionen die richtigen Angebote
zu unterbreiten. Das Streben nach Neuheit,
Neuheit, Neuheit hat sich für mich überholt.
Stattdessen glaube ich an das Streben danach,
noch besser zu werden.
„Das Streben nach Neuheit hat sich
für mich überholt. Ich glaube an das
Streben danach, besser zu werden.“
Thierry Stern, Patek Philippe
Mit welchen Modellen wird uns Patek Philippe heuer
überraschen?
Konkretes darf ich Ihnen nicht verraten, da
müssen Sie auf Basel warten. Aber ein
bedeutendes Projekt will ich an dieser Stelle
nicht unerwähnt lassen: Mit der Grundsteinlegung am 15. Oktober für unser neues Gebäude
am Firmenstandort in Plan-les-Ouates werden
wir unsere Geschäftstätigkeit weiter ausbauen
und langfristig sichern können.
Welche Bedeutung messen Sie Smartwatches aus
heutiger Sicht bei?
Smartwatches sind eine ganz andere Welt und
ein ganz anderes Marktsegment als unsere
traditionelle Uhrmacherkunst. Aber natürlich
sind wir uns der neuen Trends bewusst, und
dazu gehören nun einmal Smartwatches. Auch
in der Haute Horlogerie werden „smarte
Uhren“ entwickelt, die möglichst einfach in der
Handhabung und sehr leicht zu lesen sind,
etwa wenn sie mehrere Zeitzonen haben. Der
Mehrwert mechanischer smarter Uhren ist
auch die natürliche Energie – entweder durch
die Bewegung des Handgelenks für Automatikaufzug oder durch die Hand für Handaufzugsuhren. Ich glaube nicht, dass Smartwatches im
Hinblick auf ihren emotionalen Wert mit
mechanischen Uhren aus der Haute Horlogerie
konkurrieren können. Ein weiterer wichtiger
Aspekt ist die Tatsache, dass eine hochwertige
mechanische Uhr immer repariert werden
kann. Service ist ein Schlüsselwert, und wir sind
in der Lage, jede Uhr, die wir seit 1839
produziert haben, auch zu reparieren. Was ich
jedoch sehr positiv am Trend zur Smartwatch
finde: Junge Menschen gewöhnen sich wieder
daran, Uhren am Handgelenk zu tragen – und
später greifen sie dann vielleicht zu einer
klassischen mechanischen Uhr.
edition 8*15 deluxe 25
UMFRAGE
Jean-Claude Biver,
TAG Heuer
Welche Trends werden das Jahr 2016 prägen?
Ich glaube, dass 2016 von Farben und neuen, vor
allem leichten Materialien definiert sein wird.
Mit welchen Modellen wird uns TAG Heuer
überraschen?
Wir werden den soeben angesprochenen
Trends folgen und mit neuen Materialien sowie
neuen Farben auftreten.
Welche Bedeutung messen Sie Smartwatches aus
heutiger Sicht bei?
Wir sind davon überzeugt, dass eine Smartwatch wie unsere TAG Heuer Connected eine
große Zukunft hat und den Durchbruch schafft.
Die Uhrenindustrie wird jedenfalls nie wieder
dieselbe sein. Und es ist dringend notwendig,
dass sich die Schweizer Uhrenindustrie im
Smartwatch-Bereich positioniert und an diesem großen Markt mitpartizipiert.
Was wird 2016 für die Uhrenindustrie schwieriger?
Ich glaube, 2016 wird wie 2015, vielleicht sogar
ein bisschen besser. Vorausgesetzt, die Wirtschaft und die politische Stabilität spielen mit.
„Ich glaube, 2016 wird wie 2015,
vielleicht sogar ein bisschen besser.“
Peter C. Stas,
Frédérique Constant
Welche drei Trends werden das Jahr 2016
definieren?
Erstens: Die Stärkung der Distributoren und
Einzelhändler. Viele Hersteller haben nach
enttäuschenden Ergebnissen in China, Russland und Hongkong die bereits produzierten
Uhren in andere Märkte verkauft und dabei
vielfach überfüllte Lager verursacht. Dieser
Trend, der uns nicht betrifft, hat alle Märkte
und Hersteller unter Druck gesetzt und wird
sich 2016 leider fortsetzen.
Zweitens: Der Einfluss von SmartwatchVerkäufen im Einstiegssegment wird steigen.
26 deluxe edition 8*15
Frédérique Constant wird davon nicht wirklich
berührt, da wir klassische Uhren erzeugen und
unsere Horological Smartwatch haben. 2015
haben wir 15.000 dieser Uhren verkauft. Und
2016 soll es ähnlich werden.
Drittens: Die Konsolidierung des klassischen
Einzelhandels zugunsten des Onlineshoppings
wird sich fortsetzen.
Mit welchen Produkten werden uns Frédérique
Constant und Alpina überraschen?
Wir werden ein neues Manufakturkaliber in
Basel vorstellen. Ich kann nicht zu viel verraten,
aber glauben Sie mir, es wird revolutionär. Es
ist eine Innovation in den Bereichen Produkt
und Preis für Frédérique Constant als Hersteller
leistbarer Luxusuhren.
Wie zufrieden sind Sie mit dem österreichischen
Markt?
Der österreichische Markt wurde immer schon
stark vom Tourismus beeinflusst. Ich habe das
Gefühl, dass immer mehr Touristen nach Österreich kommen und die österreichische Wirtschaft gut unterwegs ist – ich bin also recht
zuversichtlich.
Apropos Revolution: Welche Bedeutung messen Sie
Smartwatches aus heutiger Sicht bei?
Es ist nicht wirklich eine Revolution, aber es
gibt Auswirkungen. Frédérique Constant
verkauft 2015 etwa zehn Prozent der
Produktion als Smartwatch. Lassen Sie mich in
diesem Zusammenhang noch einmal darauf
hinweisen, dass unsere Horological Smartwatch wie eine klassische Schweizer Uhr
aussieht, das ist die Stärke unserer Lösung.
Wie zuversichtlich sind Sie bezüglich des
österreichischen Markts?
Wir sind in Österreich in den vergangenen
zehn Jahren stetig gewachsen und werden
diesen Weg Schritt für Schritt weitergehen,
den Vertrieb verbessern und unsere Markenbekanntheit erhöhen.
UMFRAGE
„Wir erleben eine wachsende Nachfrage
nach mechanischen Komplikationen.“
Wilhelm Schmid,
A. Lange & Söhne
Welche drei Trends werden das Jahr 2016 prägen?
In einer Zeit, in der immer mehr Menschen
virtuell unterwegs sind, nimmt die Sehnsucht
nach wahrhaften Erlebnissen und sinnlich
erfahrbaren Produkten zu. Handgefertigte
mechanische Zeitmesser sind ein Gegengewicht zur virtuellen Welt. Damit Hand in Hand
geht das Bedürfnis nach Marken, die den
Worten auch Taten folgen lassen und echte
Werte für die Kunden schaffen. Daraus ergibt
sich ein dritter Trend, der gerade für uns
relevant ist: Wir erleben eine wachsende Nachfrage nach mechanischen Komplikationen, die
die Uhrmacherei auf die Ebene der Kunst erheben und den Wert der Uhr als Sammlerobjekt
steigern.
Womit wird Ihre Manufaktur uns überraschen?
Wir haben genau überlegt, was wir die nächsten fünf oder sechs Jahre machen. Aber wenn
ich es Ihnen jetzt verrate, ist es keine Überraschung mehr. Wir sind eine Marke, die stark bei
Sammlern verankert ist. Und Sammler muss
man überraschen. Nach der Grand Complication haben alle erwartet, dass wir für die erste
Minutenrepetition ein klassisches Modell wie
die 1815 wählen würden. Mit der Zeitwerk
haben wir genau das Gegenteil getan und uns
für eine avantgardistische Lösung entschieden.
Wenn man sich unsere uhrmacherischen
Komplikationen der vergangenen Jahre ansieht
und weiß, dass wir unser Niveau und Tempo
halten wollen, kann man sich auf schöne
Überraschungen freuen.
„Wir sind in
Österreich in
den vergangenen
zehn Jahren
stetig gewachsen
und werden
diesen Weg
weitergehen.“
Welche Bedeutung messen Sie Smartwatches aus
heutiger Sicht bei?
Es ist für mich schwer, das langfristige Marktpotenzial von Smartwatches einzuschätzen.
Das ist eine völlig andere Produktkategorie, die
sich gewissermaßen in einem Paralleluniversum entwickelt. Die Smartwatch ist von dem,
was wir machen und was unsere Kunden
wollen, weit entfernt. Ich bin mir – nicht zuletzt
durch die Analyse der gesellschaftlichen
Trends – sicher, dass hochwertige mechanische
Zeitmesser ihren Platz am Handgelenk
behaupten werden, weil sie für zeitloses
Design, handwerkliche Qualität und echte
Werte stehen.
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WAHL
UHR
JAHRES
DIE
DES
Jahresbilanz der wichtigsten deutschsprachigen Uhrenexperten:
Welche Herrenarmbanduhren konnten sie 2015 am meisten
beeindrucken? Das Ergebnis fiel denkbar knapp aus: Einen Tick
voraus war letzten Endes die Zeitwerk Minutenrepetition von
A. Lange & Söhne. Welche Modelle darüber hinaus genannt
wurden, erfahren Sie auf den nächsten Seiten.
von Alexander Pfeffer
A. Lange & Söhne Zeitwerk Minutenrepetition
„Zeitwerk Minutenrepetition von
A. Lange & Söhne schlägt auf Anforderung nur das, was die große digitale
Zeitanzeige gerade darstellt. Und zwar
auf die Minute genau. Das Handaufzugskaliber L043.5 besteht aus 771
Komponenten. Sechs Patente schützen
das klangvolle Œuvre aus dem
sächsischen Uhrenmekka Glashütte.“
Gisbert L. Brunner
Fachjournalist und Uhrenautor
„Mit der Zeitwerk steigt die Nobelmanufaktur aus Glashütte in den
uhrmacherischen Olymp auf. Die
akustische Zeitanzeige gilt nicht
umsonst als die Königsdisziplin der
Uhrmacherei.“
Thomas Wanka
Chefredakteur „Uhren-Magazin“
28 deluxe edition 8*15
„Die erste Uhr der Welt mit dezimaler
Minutenrepetition ist erklärungsbedürftig, aber gerade das macht ihren
großen Reiz aus. Wie könnte man den
200. Geburtstags des Firmengründers
besser feiern?“
Joern Frederic Kengelbach
Uhrenexperte der „Welt“, „Welt am
Sonntag“ und von „Icon“
„A. Lange & Söhne lässt auch dieses Jahr
wieder von sich hören – mit der Zeitwerk
Minutenrepetition. Die Mechanik dieser
Uhr ist ein technischer Leckerbissen, sie
kombiniert erstmals eine digitale
Sprungziffernanzeige mit einer Minutenrepetition.“
Martin Häußermann
freier Journalist (u.a. für die „FAZ“
sowie das Magazin „ArmbandUhren“)
Foto: Hersteller
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WAHL
Alexander Linz
FachjournalistundAutor
www.watch-insider.com
Apple Watch Hermès Double Tour: Kein
anderes Objekt der Unterhaltungselektronik
(das ist bitte sehr keine Uhr, selbst wenn Apple
sie so nennt) hat die Schweizer Uhrenindustrie
derart in Angst und Schrecken versetzt wie
Apples Versuch, den begehrten Platz an
unseren Handgelenken zu erobern. Besonders
gut scheint es für Apple jedoch nicht zu laufen,
sonst hätte man Hermès nicht gebeten,
Steigbügelhalter zu spielen. Sei‘s drum! Fakt ist
jedenfalls, dass genau die hier gezeigte,
gepimpte Apple Watch total vergriffen ist.
Breguet Tradition Chronographe Indépendant
7077: So schön und technisch so interessant!
Der Chronograf verfügt über zwei unabhängige
Räderwerke samt dazugehöriger Hemmung.
Die zur Zeitanzeige gehörige Unruh oszilliert
mit gemächlichen drei Hertz oder 21.600
Halbschwingungen pro Stunde. Der Chronograf verfügt über eine Fünf-Hertz-Hemmung,
deren Unruh mit 36.000 Halbschwingungen
pro Stunde oszilliert. Letztere ermöglicht das
Messen von Zeitintervallen mit 1/10-Sekunden-Präzision.
Breitling Galactic Unitime SleekT: Mit ihr
debütierte heuer das hauseigene Automatikkaliber. Noch mehr Autonomie von Zulieferern ist
damit gewährleistet und die Dreizeigermodelle
der Grenchner Manufaktur werden künftig
deutlich aufgewertet. Breitling wollte das Automatikkaliber B35 aber nicht einfach nur so
vorstellen, sondern man paarte es gleich mit
dem ebenso hausintern entwickelten UnitimeMechanismus, der schon in Kombination mit
einem Chronografen eine gute Figur machte.
Jaeger-LeCoultre Geophysic Universal Time:
Das ist eine wunderschöne Weltzeitzonenuhr
für Globetrotter, die neben der Lokalzeit
simultan die Zonenzeiten in den 23 wichtigsten anderen Zeitzonen anzeigt. Blickt man auf
das Zifferblatt, so sieht man einen Sekundenzeiger, der in Ein-Sekunden-Schritten
darüberschreitet und nicht, wie sonst üblich,
kontinuierlich, in ganz kleinen, ruckartigen
Bewegungen über selbiges streicht. Der
Verdacht, es könnte sich um eine schnöde
Quarzuhr handeln, drängt sich auf. Doch weit
gefehlt, das nennt man springende (wahre)
Sekunde und das ist hochwertige Swiss-madeMechanik, genannt „True Second“.
30 deluxe edition 8*15
Fotos: Hersteller
Glashütte Original Senator Cosmopolite: Es
wird schwer sein, diesen Zeitmesser und sein
geniales 430-teiliges Automatikkaliber 89-02
noch zu toppen. Die perfekte Uhr für den
Vielreisenden kann parallel zur Ortszeit 37
verschiedene Zeitzonen und deren Zonenzeiten anzeigen, darunter auch zahlreiche Zonenzeiten mit Halb- und Dreiviertelstundenabweichung. Alle Zeitanzeigen und das Datum
können von dem klar gestalteten Zifferblatt
perfekt abgelesen werden und die Bedienung
des Cosmopolite ist denkbar einfach.
WAHL
Montblanc Heritage Spirit Quantième Perpétual Sapphire: Das ewige Kalendarium im
Stahlgehäuse, das letztes Jahr vorgestellt
wurde, ist der Bestseller im Hause Montblanc.
Sein attraktiver Preis und die hochwertige
Mechanik machen es ungemein interessant.
Man kommt mit der Fertigung kaum nach.
Diese neue Version mit durchsichtigem Saphirzifferblatt im Rotgoldgehäuse toppt die Stahlversion nochmals deutlich. Auch hier stimmen
Preis und Qualität zu 100 Prozent. Das wird der
nächste Bestseller bei Montblanc!
Nomos Glashütte Tangente neomatik: Mutig
und unverdrossen rüstet die kleine Manufaktur
Nomos ihre hauseigenen Uhrwerke technisch
immer weiter auf. Zuletzt spendierte man den
Kalibern eine eigene Hemmung, nun folgt mit
dem Kaliber DUW 3001 ein ultraflaches
Automatikkaliber, das den Vergleich mit den
Großen der Branche nicht scheuen muss.
Damit ausgestattete Modelle nennen sich
„neomatik“. Das Schöne bei Nomos: Fortschritt
findet statt und er kostet nicht die Welt.
Omega Seamaster 300 „Spectre“ Limited
Edition: Nur eine Beispieluhr von vielen, die
man hier zeigen könnte. Omega macht derzeit
einen derart guten Job, dass man eigentlich
gleich alle zehn Plätze an die altehrwürdige
Marke vergeben müsste. Die Seamaster 300
verfügt über die neue, hauseigene Technologie,
die das Uhrwerk vollkommen unempfindlich
gegenüber Magnetfeldern mit einer Stärke von
über 15.000 Gauß macht. Bis dato lag der
Standard bei lediglich 1000 Gauß, und das ist
angesichts immer zahlreicherer und stärkerer
Magnetfelder, die uns täglich umgeben, viel zu
wenig.
Patek Philippe Calatrava Pilot Travel Time:
Alle spotteten während der letzten Baselworld
über diese Calatrava. Dem einen war das
Design jenem einer Kollektion von Zenith zu
ähnlich, dem anderen gefiel sie einfach gar
nicht. Andere fragten: Darf Patek Philippe das
überhaupt? Thierry Stern, Spross der Eigentümerfamilie und Präsident der Manufaktur,
konnte da nur schmunzeln, denn bestellt und
gekauft haben genau diese Uhr dann insbesondere jene, die sie besonders furchtbar fanden.
Seit der Autor dieser Zeilen die Calatrava zum
ersten Mal sah, ist sie für ihn eine der coolsten
Uhren des Jahres.
Rolex Day-Date 40: Bescheiden und ganz
ohne großes Tamtam, so wie das Rolex eben
gern macht, wenn es um technische Verbesserungen geht, debütierte in der neuen Day-Date
auch eine neue Uhrwerkgeneration der
Manufaktur. Das Kaliber 3255 kann alles noch
ein wenig besser und tickt nochmals präziser
als seine Vorfahren – und diese waren schon
nicht gerade schlecht. Man darf das 3255
ohne Übertreibung als eines der besten jemals
in der Schweiz gefertigten Automatikkaliber
bezeichnen.
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WAHL
Thomas Wanka
Chefredakteur „Uhren-Magazin“
„Watchstars“-Executive
Tudor Pelagos: Erstmals in der Geschichte der
Rolex-Tochter tickt im Inneren dieses Titangehäuses ein Manufakturwerk. Das automatische
Kaliber MT5612 bietet dabei eine Gangautonomie von 70 Stunden.
Omega Globemaster: Omega setzt seine Innovationsoffensive mit einer neuen Uhrenfamilie
fort. In der Globemaster arbeitet das neue
Kaliber 8900. Als Master Co-Axial bezeichnet,
ist es gleich von zwei unabhängigen Prüfinstituten auf Ganggenauigkeit und Magnetfeldresistenz getestet.
Nomos Glashütte Tangente neomatik: Die
Tangente neomatik der Manufaktur in Glashütte
wird von einem selbst entwickelten und gefertigten Automatikwerk namens DUW 3001
angetrieben. Das Werk ist dabei so flach, dass
der Klassiker in der Automatikversion nur
unwesentlich größer ist als mit Handaufzug.
Hermès Slim d‘Hermès: Mit diesem Modell
spielt die Pariser Marke ihre gestalterischen
Stärken aus. Zu dem schlanken Gehäuse mit
einem flachen Automatikwerk passt die
aufwendig entwickelte Typografie der Zifferblattgestaltung.
Patek Philippe Calatrava Pilot Travel Time:
Mit der Calatrava Pilot Travel Time gelingt der
Genfer Manufaktur ein echter Coup. Mit der
Neuauflage einer historischen Fliegeruhr
überrascht sie Fachwelt wie Publikum und
erweitert die Kollektion um einen neuen
Renner.
Glashütte Original Senator Cosmopolite: Der
Senator Cosmopolite bietet dem Weltreisenden die perfekte Begleitung auch in Länder, die
sogar um Viertelstunden von den üblichen
Zeitzoneneinteilungen abweichen. Hinzu
kommen das Panoramadatum und eine Gangreserveanzeige.
Piaget Altiplano Chronograph: Der Chronograf
in der Altiplano-Kollektion ist nicht nur Weltrekordhalter. Der flachste mechanische Chronograf der Welt besitzt auch noch eine FlybackFunktion, mit der eine neue Zeitmessung
beginnen kann, ohne den Chronografen zuvor
zu stoppen.
Montblanc Villeret Tourbillon Cylindrique
Geosphères Vasco da Gama: Das Modell
visualisiert die Zeitzonen überaus anschaulich
mit zwei erhabenen Hälften der Erdkugel auf
dem Zifferblatt. Ein dritter Blickfang ist das
Minutentourbillon mit seiner zylindrischen
Unruhfeder bei zwölf Uhr.
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Fotos: Hersteller
Jaeger-LeCoultre Geophysic True Second: Mit
der Geophysic True Second überrascht die
erste Manufaktur aus dem Schweizerischen
Uhrenhochtal Vallée de Joux mit einer Springenden Sekunde. Ein kleines mechanisches
Zusatzwerk im Inneren lässt den Sekundenzeiger springen wie bei einer Quarzuhr.
WAHL
Rüdiger Bucher
Chefredakteur „Chronos“
Bulgari Octo Solotempo: Bulgari ist der König
der Gehäuseform. Die Octo kombiniert einen
achteckigen Zifferblattausschnitt mit einer
runden Lünette und einem viereckigen
Gesamteindruck. Mit dem blauen Zifferblatt
ergibt sich eine gelungene Synthese aus
Extravaganz und Eleganz.
Certina DS Eagle Chronograph: Wer für wenig
Geld einen rasanten, gut designten Sportchronografen sucht, wird bei Certina fündig. Die
DS Eagle mit Stoppfunktion im 46-mmGehäuse gibt es seit diesem Jahr endlich auch
mit Automatikwerk.
Harry Winston Opus 14: Ein Knopf, auf den
man drückt, und ein herausfahrender Arm, der
Scheiben auf einen Teller legt: Die Opus 14 von
Harry Winston spielt mit dem Thema Jukebox,
und zwar auf höchstem technischen Niveau.
Die Scheiben zeigen wahlweise Logo, Datum
oder zweite Zeitzone sowie die – immer
sichtbare – Heimatzeit.
Hermès Slim d’Hermès: Eine Hermès kann
noch so schlicht sein, immer findet sich eine
ganz besondere Raffinesse. Hier sind es die
vom ehemaligen Art Director des Louvre,
Philippe Apeloig, entworfenen durchbrochenen
Ziffern, die speziell gestalteten Hörner und das
handgenähte Krokoband.
Hublot Big Bang Unico Italia Independent
Blue: Hublot forscht nach immer neuen Materialkombinationen, um möglichst spektakuläre
Farben zu kreieren. Strahlend blaue Kohlefaser
erreicht die Manufaktur aus Nyon durch die
Verbindung mit chemisch durchgefärbter und
lichtbeständiger Glasfaser, genannt Alutex.
Dazu gibt es ein blaues Kautschukband mit
Denim-Einlage.
Montblanc Villeret Tourbillon Cylindrique
Geosphères Vasco da Gama: Dreidimensionale
Zeitanzeige: Bei zwölf Uhr dreht sich ein
Tourbillon mit zylindrisch geformter Spiralfeder, darunter stellen zwei Halbgloben die
Weltzeit dar. Konkret liest man eine zweite
Zonenzeit vom kleinen Hilfszifferblatt bei
sechs Uhr ab. Nur 18 Mal baut Montblanc
dieses technische Meisterwerk.
Omega Globemaster: Omega schützt künftig
alle mechanischen Uhren auch gegen starke
Magnetfelder bis 15.000 Gauß und lässt sich
das von einer unabhängigen Instanz zertifizieren. Den Anfang macht die Globemaster.
Patek Philippe Calatrava Pilot Travel Time:
Generationswechsel: Die von alten Fliegeruhren inspirierte Calatrava Pilot Travel Time setzte der junge Patek-Chef Thierry Stern gegen
seinen Vater Philippe durch. Damit zeigt
die Genfer Manufaktur, dass sie
neben klassischer Technik auch
zeitgemäßes Design beherrscht.
Rolex Oyster Perpetual 39: Die
neue Einstiegspreislage bei Rolex:
eine Uhr, die alles hat, was man
braucht, und mit 39 mm weder zu
klein noch zu groß ist. Beste Technik,
dezentes Design sowie ein Schuss
Understatement.
TAG Heuer Carrera Calibre Heuer 01: TAGHeuer-Chef Jean-Claude Biver hat der
berühmten Carrera-Linie einen neuen, noch
moderneren Look verpasst. Erstes Modell ist
der Chronograf mit dem überarbeiteten
Kaliber 1887, das jetzt Calibre Heuer 01 heißt.
2016 folgt ein Tourbillon-Chronograf zu einem
sehr günstigen Preis um circa 15.000 ¤.
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WAHL
Breguet Tradition Chronographe Indépendant
7077: Im Rotgoldgehäuse der Breguet Tradition Chronographe Indépendant 7077 finden
sich zwei völlig getrennte Mechanismen. Einer
kümmert sich ausschließlich um die Anzeige
der Stunden und Minuten. Der andere dient
dem Erfassen von Kurzzeitintervallen bis
maximal 20 Minuten. Und zwar auf die
Zehntelsekunde genau.
Cartier Grand Complication: Fünf Jahre
Entwicklungszeit liegen hinter der Grand
Complication von Cartier. 578 Komponenten
sind nötig, um eines der skelettierten Uhrwerke mit Selbstaufzug, fliegendem Tourbillon,
ewigem Kalender und Minutenrepetition
herzustellen. Die Manufaktur liefert ihr
aktuelles Top-Œuvre mit dem imageträchtigen
Poinçon de Genève.
Hublot Big Bang Alarm Repeater Titanium
Ceramic: Zum zehnten Geburtstag seines
Leadermodells lanciert Hublot den auf 250
Exemplare limitierten Big Bang Alarm Repeater
Titanium Ceramic. Der Wecker meldet sich
durch Anschlagen einer Tonfeder. Darüber
hinaus bildet das Handaufzugswerk mit 72
Stunden Gangautonomie auch eine zweite
Zonenzeit ab. Jeweils 250 Exemplare.
Parmigiani Fleurier Tonda 1950 Tourbillon:
Flacher geht es derzeit nicht. Das 32 Millimeter
große Automatikkaliber PF517 mit MikrorotorAufzug und „fliegendem“ Minutentourbillon,
Unruhfrequenz drei Hertz, misst lediglich 3,4
Millimeter in der Höhe. Parmigiani Fleurier
verbaut es in einem klassischen runden Roségoldgehäuse zum Tonda 1950 Tourbillon.
34 deluxe edition 8*15
WAHL
Gisbert L. Brunner
Fachjournalist und Autor
Montblanc Villeret Tourbillon Cylindrique
Geosphères Vasco da Gama: Um einen Eyecatcher erster Güte handelt es sich bei diesem
Modell von Montblanc, limitiert auf 18 Exemplare. Sein Handaufzugskaliber MB M68.40
besticht unter anderem durch die bislang noch
nie praktizierte Kombination aus Drehgang mit
zylindrischer Unruhspirale und dreidimensionalem Zeitzonendispositiv.
Nomos Minimatik: Nomos hat ein neues, 3,2
Millimeter flaches Automatikwerk entwickelt.
Die Uhrmacher fügen den Mikrokosmos
namens DUW 3001 aus 157 Komponenten
zusammen. Die Zeit teilt das exklusive, weil in
Sachsen selbst gefertigte „Swing“-System in
Sechstelsekundenschritte. Zu finden in der nur
35 Millimeter großen Minimatik.
Omega Globemaster: Die umfassenden
Qualitäten des Omega Globemaster Co-Axial
Master Chronometer bescheinigen zwei
Zertifikate. Eines stammt von der Schweizer
Chronometerkontrolle COSC, das zweite vom
Eidgenössischen Institut für Metrologie,
Metas. Der Zeitmesser mit dem Automatikkaliber 8900 widersteht Magnetfeldern bis zu
15.000 Gauß. Maximale tägliche Gangabweichung: null bis fünf Sekunden.
Rolex Day-Date 40: Im Hause Rolex verkörpert das durch 14 Patente geschützte Automatikkaliber 3255 eine Revolution. Zu seinen
Delikatessen gehören u.a. die „Chronergy“Hemmung mit 15 Prozent höherem Wirkungsgrad, 70 Stunden Gangautonomie sowie eine
tägliche Ganggenauigkeit zwischen minus zwei
und plus zwei Sekunden. Der Mikrokosmos
tickt im Modell Day-Date 40.
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Fotos: Hersteller
Vacheron Constantin Harmony Chronograph:
Nur 5,2 Millimeter misst das Automatikkaliber
3500 von Vacheron Constantin in der Höhe.
Damit handelt es sich um den flachsten
Schleppzeiger-Chronografen mit automatischem Aufzug durch eine peripher drehende
Schwungmasse. Der damit ausgestattete
Harmony Chronograph mit Platingehäuse ist
auf zehn Exemplare limitiert.
35
WAHL
Martin Häußermann
freier Journalist (u. a. für die „FAZ“
sowie das Magazin „ArmbandUhren“)
Breitling Transocean Chronograph 1915:
Breitling feiert Geburtstag: Der unabhängige
Chronografendrücker wird 100 Jahre alt und
mit dem Transocean Chronograph 1915
gefeiert. Dafür wurde das Chronografenwerk
B14 mit Ein-Drücker-Bedienung und Handaufzug konstruiert.
Seiko Marinemaster Professional 1000m: Seit
50 Jahren verkauft Seiko Taucheruhren, was
die Japaner mit einem Sondermodell der
Marinemaster 1000 Professional in Titan mit
Goldlünette feiern. Dazu bietet Seiko weiterhin
sehr ansehnliche mechanische Taucheruhren
unter 1000 ¤.
Tudor Pelagos: Mit zwei verwandten
Manufakturkalibern emanzipiert sich Tudor
von der großen Schwester Rolex. Uns gefällt
besonders die Pelagos mit dem Automatikkaliber MT 5612.
Chopard Mille Miglia: Chopard hat ein Großserien-Automatikwerk an den Start gebracht,
das in der eigenen Fabrik Fleurier Ebauches
gefertigt wird und erstmals die Rallye-Uhren
der Mille-Miglia-Serie antreibt.
HYT H3: HYT baut coole Uhren, die die Zeit
per Flüssigkeitsstand in einem Röhrchen
anzeigen. Bei der aktuellen Neuheit H3 ersetzt
ein hydraulisches System zum Teil sogar
Zahnräder.
IWC Portugieser Jahreskalender: Zum 75.
Geburtstag spendiert IWC Schaffhausen der
Portugieseruhr ein neues Uhrwerk. Der Jahreskalender ist eine Komplikation, die man bei den
Ostschweizern bisher vergeblich suchte.
Stowa Rana: Raus aus der Retrofalle. Stowa
schafft dies mit der Rana, einer sehr eigenständigen Automatikuhr, entworfen vom ehemaligen Apple-Designer Hartmut Esslinger.
Vacheron Constantin 57260: Die komplizierteste mechanische Uhr aller Zeiten darf in
dieser Auswahl nicht fehlen. Ihre wahre
Bedeutung wird das Einzelstück 57260 aber
erst zeigen, wenn Vacheron Constantin
Entwicklungen aus diesem Projekt in
Serienuhren umsetzt und damit einem
breiteren Publikum zugänglich macht.
Fotos: Hersteller
Mühle-Glashütte M 29 Classic Einzeiger:
Mühle ergänzt seine Linie M 29 mit einem
Modell, das die Zeit nur mit einem Stundenzeiger anzeigt, dank entsprechender Skalen auf
zwei Minuten genau. Firmenchef Thilo Mühle
versicherte, der fehlende Minutenzeiger sei
keine Sparmaßnahme.
36 deluxe edition 8*15
WAHL
Joern Frederic Kengelbach
Uhrenexperte der „Welt“,
„Welt am Sonntag“ und von „Icon“
Audemars Piguet Royal Oak Concept Laptimer
Michael Schumacher: Die Vorstellung dieser
Uhr in den Stallungen der Ehefrau des verunglückten Rennfahrers hätte zum PR-Supergau
werden können. Hätte, denn es war eine der
spannendsten Neuvorstellungen dieses Jahres.
Eine Funktion, die als Michael-SchumacherKomplikation in die Geschichte der Uhrmacherei
eingehen wird.
TAG Heuer Carrera Heuer Calibre 02: Seit dem
Wechsel an der Spitze bei der Schweizer Manufaktur verfolgt LVMH-Gruppenchef Jean-Claude
Biver eine knallharte Value-for-Money-Strategie.
Nach dem in Basel bereits vorgestellten Manufaktur-Automatikchrono für unter 5000 ¤ bietet
man mit der 02, einem Tourbillon-Chronografen,
erstmals eine solche Funktion im Segment unter
20.000 ¤ an.
Vacheron Constantin 57260: Die komplizierteste Uhr der Welt ist zwar nicht für Handgelenke
geeignet, darf hier aber nicht fehlen. Die
Taschenuhr Codename Tivoli ist die „Henry
Graves“ unserer Zeit. Alle 57 Funktionen dieser
außergewöhnlichen Uhr wurden neu erdacht.
Montblanc 1858 Chronograph Tachymeter Limited Edition: Die Uhr wurde zwar erst im
Herbst auf der SIAR in Mexiko vorgestellt, steht
aber für mich ohne Frage schon jetzt als
schönste Retro-Uhr des Jahres fest.
Tudor North Flag: Der absolute Preis-LeistungsSieger dieses Jahres, zudem eine wunderbare
Uhr für jeden Tag. Das Design geht auf ein Modell von 1972 zurück, in der Uhr tickt erstmals
ein hauseigenes Manufakturwerk von Tudor.
Oris Big Crown ProPilot Calibre 111: Die Fliegeruhr des Jahres kommt mit zehn Tagen Gangreserve. In ihr tickt die industrialisierte Variante
des neuen Oris-Kalibers, des ersten Werks der
Firma seit über 30 Jahren.
Jaeger-LeCoultre Geophysic Universal Time:
Wie sieht die mechanische Uhr der Zukunft
aus? Die Frage beantwortet die Firma mit der
größten Anzahl selbst entwickelter Uhrwerke
im Schweizer Vallée de Joux (seit 1833 hat
man sich unglaubliche 1249 Uhrwerke
ausgedacht) natürlich mit einem ganz
besonderen Werk für Vielreisende, das auch
noch die wahre Sekunde anzeigt.
Nomos Minimatik: Die deutsche Firma beweist
mit der neuen Kollektion, in der das neue
ultraflache Automatikwerk tickt, dass sich
Eleganz, Technik und ein moderater Preis nicht
ausschließen müssen.
Omega Seamaster 300 „Spectre“ Limited Edition: Zum 25-Jahr-Jubiläum der „Bond“-Uhren
spendiert Omega dem Geheimagenten eine
besonders alltagstaugliche Uhr: Die auf 7007
Exemplare limitierte Uhr wird erstmals das neue
Metas-Zertifikat bekommen und ist gegen alle
Widrigkeiten des Alltags geschützt.
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WAHL
Markus Köchli
Leiter Specials „Handelszeitung“
Hublot Big Bang Zermatt: 30 Millimeter Seil,
gefunden auf dem 4320 Meter hohen
Matterhorn, sind eingebaut in das Automatikkaliber HUB 4100. Ein netter Gag, der die
Rückseite des Chronografen aufpeppt. Und
Jean-Claude Biver wäre nicht der große
Zampano, wenn er nicht gleichzeitig mit der
Präsentation der auf insgesamt 300 Stück
limitierten Big Bang in Zermatt eine HublotBoutique eröffnet hätte.
Montblanc Heritage Chronométrie Exo
Tourbillon Minute Chronograph: CEO Jérôme
Lambert lehrt die Konkurrenz und mitunter
auch seine Mitstreiter aus dem RichemontKonzern als Preisbrecher das Fürchten.
Montblanc mischt den Uhrenbereich zwischen
3000 und 10.000 ¤ wie schon lange kein
Mitbewerber auf. Die Käufer – und dank der
Bohème-Kollektion auch die Käuferinnen –
erhalten für relativ wenig Geld viel interessante
Mechanik ans Handgelenk.
MB&F Melchior: Max Büsser, trotz seiner
steilen Karriere als Uhrendesigner im Innern
immer ein bisschen Bube geblieben, ist mit
seinen wilden Kreationen unter den unabhängigen Genfer Uhrmachern die Nummer eins.
Seine Luxustischuhr Melchior (rund 30 Zentimeter hoch, 480 Teile) zeigt, dass die Uhrmacherei nicht immer todernst genommen
werden darf.
38 deluxe edition 8*15
Vacheron Constantin 57260: Dieses Unikat, die
rund ein Kilogramm schwere Taschenuhr mit
doppelseitigen Zifferblättern, sprengt alle
Konventionen. 57 verschiedene Funktionen
(Komplikationen) kann sie erfüllen – Weltrekord.
Das gilt auch für den geheim gehaltenen Kaufpreis. Man munkelt von etwa sechs Millionen ¤.
Der Auftraggeber und mittlerweile Besitzer hat
sich bisher nicht zu erkennen gegeben.
Oris Big Crown ProPilot Calibre 111: Das Familienunternehmen aus dem Kanton Basel-Land
baut nach längerer Pause wieder eigene Kaliber
und erinnert so an die über 110-jährige Firmengeschichte. Das Handaufzugswerk mit ZehnTage-Gangreserve, einer pantentierten, nicht
linearen Gangreserveanzeige und jetzt auch mit
einer Datumsfunktion wird in die 44 mm große
Schale der neuesten Fliegeruhr eingebaut.
Ferdinand Berthoud FB 1: Neue Alte oder alte
Neue haben es bisweilen schwer, im hart
umkämpften Markt Fuß zu fassen. Das gilt nicht
für den Traditionalisten aus Fleurier. Chopards
Ko-Präsident Karl-Friedrich Scheufele hat die
Marke Ferdinand Berthoud in den letzten neun
Jahren wachgeküsst. Drei Jahre Entwicklungszeit, 1120 Komponenten und vier Patentanmeldungen stehen hinter dem Chronometer FB 1.
Für höchste Präzision der Armbanduhr sorgt ihre
28,5 cm lange Kette aus fast 800 Teilen.
Perrelet Turbine Skeleton: Die 200 Jahre alte
Marke aus Biel beherrscht das Spiel mit der
Transparenz. Mit der Kollektion Turbine Skeleton
gelingt das perfekte Zusammenspiel von moderner Ästhetik und handwerklichen Fertigkeiten.
Zum ersten Mal vereint Perrelet ein skelettiertes
Uhrwerk mit einer Turbine und erfindet so sein
ikonisches Modell neu.
Partime: Zeit lässt sich auch grafisch anzeigen.
Das ist zwar gewöhnungsbedürftig, macht aber
letztlich Spaß. Wem das Mühe macht: Die Zeit
gibt es sekundengenau per Knopfdruck auf dem
Zifferblatt. Wer das Prinzip der Uhr von Andreas
Mossner aus Zürich noch nicht verstanden hat,
hier die Hilfestellung: Die Partime (siehe Abbildung links) zeigt 6.30 Uhr.
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Roségold
rote Turmaline
€ 3.400,00
Certina DS First Lady Ceramic Chrono:
Sportliches kann auch feminin sein. Frauen
schätzen mittlerweile auch Größe. Certina
kommt ihnen mit dem 38-mm-Gehäuse entgegen. Die sanft geschwungene Keramiklünette
und das edle, floral gemusterte Zifferblatt
vereinen Form und Funktion. Der neue
Zeitmesser in strahlendem Weiß oder
kontrastreichem Schwarz mit roségoldenen
PVD-Akzenten wird an einem Kautschukarmband getragen.
Frédérique Constant Horological: Klar, im Jahr
der Apple Watch darf eine Antwort aus der
Schweiz auf die intelligente Uhr aus den USA
nicht fehlen. FC-Firmeninhaber Peter C. Stas
zeigt, dass Schlaues nicht unbedingt nur aus
Cupertino kommen muss. Das 41 mm große
Instrument aus Genf mit dem Charakter einer
normalen Armbanduhr bietet unter anderem
Aktivitätentracker, Schlafüberwachung und
weiteres mehr.
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LITERATUR
Sie können doch sicher etwas Besseres mit Ihrer Zeit
anfangen, als diesen Text zu lesen. Dauert auch viel zu lang.
Von Ronja von Rönne
40 deluxe edition 8*15
Foto: Getty Images
Reine
Zeitverschwendung
LITERATUR
I
ch habe keine Zeit für diesen Text. Er wird mich höchstwahrscheinlich einige Stunden meines Lebens kosten,
es sei denn, ich finde noch mehr lange Füllwörter wie
„höchstwahrscheinlich“, um diese Zeilen zu füllen. Das
werde ich tun. Höchstwahrscheinlich. Ich könnte die
Zeit, die ich für diesen Artikel aufwende, in viel
angenehmere Dinge investieren. Ich liege gern herum. Ich
möchte den neuen Roman von Clemens Setz lesen. Aber
ich raube nicht nur mir die Zeit, sondern auch Ihnen, liebe
Leser. Denn in diesem Text geht es um Zeit und um unseren wenig rationalen Umgang damit. Ich verrate Ihnen an
dieser Stelle schon die These, und mehr wird auch inhaltlich nicht dazukommen. Keine Überraschung. Keine neue
Idee. Ab hier ist Deko.
Ich warne Sie jetzt schon, gleich zu Beginn, damit Sie
weiterblättern können und sich die zehn Minuten Lebenszeit sparen können, für den etwas informativeren Teil dieses Magazins vielleicht, die komplizierte Zubereitung einer Tasse Jasmintee oder die Rettung Ihrer Beziehung. Sie
werden in diesem Artikel nur an das sehr Offensichtliche
erinnert werden: dass Zeit wertvoll ist. Es ist Mittwoch,
jung ist dieser Mittwoch, erst acht Minuten alt. Über ein
Viertel meiner voraussichtlichen Lebenszeit ist verstrichen. Ein Tag hat 24 Stunden. Eine Minute hat 60 Sekunden. Der schnellste Mann der Welt läuft 100 Meter in 9,58
Sekunden. Um das herauszufinden, habe ich 16 Sekunden
lang gegoogelt. Zehn Sekunden lang habe ich darüber
nachgedacht, ob ich diesen Satz im Text lasse.
Das sind Zahlen, Ziffern, die Orientierung geben darüber,
wie viel Zeit vergangen ist, und vor allem darüber, wie viel
noch bleibt. Es sind Zahlen, die so tun, als seien sie ein
objektives Zeitmaß.
edition 8*15 deluxe 41
LITERATUR
Dabei beweisen schon die Verben, mit denen man die Zeit
beschreibt, dass es so einfach nicht ist. Zeit lässt sich
verschleudern, der Urlaub verfliegt, die Kündigungsfrist
verstreicht, die Zeit kriecht, wenn man auf etwas Schönes
wartet, und manchmal, nur für eine Ewigkeit, bleibt sie
stehen. Oft in Gewitternächten.
Wenn wir auf die Uhr sehen, stimmt das natürlich nicht. Das
Uhrwerk tickt, ein Metronom, stetig, verlässlich, in Momenten voller Selbstzweifel, und kurz vor der Deadline tut es das
sogar unerbittlich. Doch vielleicht irrt sogar Albert Einstein,
wenn er sagt: „Zeit ist das, was man an der Uhr abliest.“
Denn unser sprachlicher Umgang mit der Zeit straft das
gleichmäßige Ticken Lügen, und glaubhafter wirkt ein
anderes Einstein-Zitat: „Wenn man zwei Stunden lang mit
einem Mädchen zusammensitzt, meint man, es wäre eine
Minute. Sitzt man jedoch eine Minute auf einem heißen
Ofen, meint man, es wären zwei Stunden.“ Was auf jeden
Fall nicht stimmen kann, ist, dass jedes Einstein-Zitat ein
Zitat von Einstein ist; bei der Menge ist das schon rein
zeitlich nicht möglich, selbst wenn diese relativ ist.
Die Zeit vergeht immer schneller, wir versuchen weiter, sie
einzuholen. Das weiß man. Das ist der moderne Lebenslauf.
Geburt, Schule, Arbeit, Burn-out, Ayurveda-Auszeit in
Indien und Bikram-Yoga-Kurse in Berlin-Mitte. Am Ende ist
man erschöpft, japst „Entschleunigung!“, isst Slow Food
extra langsam und bekommt dafür doch keine Gratisminuten. Man meditiert morgens und hat ein schlechtes Gewissen
dabei, weil man in der Zeit auch locker die ersten Mails
hätte abarbeiten können. Die Zeit ist
gegen einen, egal wie tief man in den
Bauch atmet, und erst, wenn einem
dieser Gedanke keine Angst mehr
macht, hat man sie besiegt.
„Ohne Bewusstsein
für das Jetzt ist das
Heute immer nur eine
unverschämte
Erwartungshaltung
an morgen.“
Verzeihen Sie mir die unnötigen
Einschübe, aber sie gehen mir leicht
von der Hand und sparen damit, was ich
nicht weiter verschwenden möchte:
Zeit. Denn das ist die Quintessenz jedes
Textes über Zeit: Sie ist simpel, sie ist
bekannt, und ich weise hier noch einmal
darauf hin, dass mehr nicht kommen wird. Denn man kann
kaum mit einem Artikel über die Zeit überraschen. Man
kann kaum neue, kluge Erkenntnisse zutage bringen, denn
das Erschreckende an der Zeit ist ja, dass wir alles über sie
wissen.
Wir verkaufen unsere Stunden, das nennt sich Arbeit, wir
verschenken sie, das nennt sich Liebe, und manchmal
verschwenden wir sie, das nennt sich Netflix. Wenn man zu
viel Zeit hat, hat man Langeweile und den richtigen Job. Hat
man zu wenig, wird man unglücklich und muss noch mehr
arbeiten, um den Therapeuten zu bezahlen. Man weiß, dass
nur die Zeit, die man sich nimmt, einem schlussendlich
etwas gibt, und dass wir uns der Zeit immer erst bewusst
werden, wenn sie auf das Ende zutaumelt, wissen wir auch.
Man weiß, dass Zeit kostbar ist, man weiß, dass sie vergeht,
man ist sich relativ sicher, dass die eigene irgendwann
ablaufen wird, auch wenn man nicht begreift, weshalb es
gegen diese Unverschämtheit keine Onlinepetition gibt.
Es gibt viele Vergleiche von Geld und Zeit, in „Momo“
handeln die grauen Herren mit ihr, und brüsk wird einem
ein „Zeit ist Geld“ entgegengeworfen, um achtjährige
Turbogymnasien zu rechtfertigen. Je mehr Geld auf dem
42 deluxe edition 8*15
Gleichzeitig aber kann Zeit immer effizienter genutzt
werden. Der Zeitsoziologe Hartmut Rosa schreibt, die
Geschwindigkeit der Kommunikationsübertragung habe
seit Beginn der Industrialisierung um das 107-Fache
zugenommen, die Transportgeschwindigkeit um das
102-Fache. Es ist also möglich, sehr schnell Bescheid zu
geben, dass man leider keine Zeit für etwas hat, das man
sehr schnell erreichen könnte.
Man weiß alles über sie, die Zeit, und
trotzdem ist unser Umgang damit so
wahnsinnig leichtsinnig, dass wir
rührende John-Green-Bücher über
krebskranke Jugendliche benötigen,
um uns wieder daran zu erinnern, wie
kostbar sie ist. Dass Zeit nie verschwendet ist, wenn sie verschwendet
wird, wissen wir, und dass sterbende
Menschen bereuen, zu viel Zeit mit der
Arbeit verbracht zu haben, wissen wir
auch. Doch obgleich man immer Zeit dafür findet, darüber
zu reden, dass man keine hat, fehlt im Alltag jedes
Bewusstsein dafür, wie grauenhaft das stimmt.
Doch solange das Wissen um die Zeit nur theoretisch und
nicht emotional bewusst wird, verschleudern wir sie eben.
Im Gegensatz zu Geld droht keine Mahnung, die Rechnung
ist sofort bezahlt, und ob man sich zu Tode arbeitet oder
die Tage besinnungslos im Internet verspult – es rächt sich
erst im Nachhinein.
Ohne Bewusstsein für das Jetzt ist das Heute immer nur
eine unverschämte Erwartungshaltung an morgen. Und
das Morgen hält selten, was es verspricht. Meistens
vertröstet es nur, guckt einen mit großen Augen an und
verweist scheinheilig auf den nächsten Tag. Und jedes Mal
glaubt man ihm. Jeden verdammten Tag. Doch wenn man
aufhört zu glauben, dass eine Stunde eine Stunde ist,
sondern eher immer jetzt, verliert sich die Angst etwas.
Denn obwohl eine Stunde 60 Minuten hat, obwohl es 2015
ist und nicht für immer sein wird, ist jetzt für immer jetzt,
und das stimmt erst, wenn man es glaubt. Man weiß alles
über die Zeit. Man kann den Zitaten nichts hinzufügen.
Man kann sich nur ab und an daran erinnern.
*
Foto: Getty Images
Zeit ist die kostbarste Ressource, über
die wir verfügen, abgesehen vielleicht
von Wasser. Ein verdurstender Mann in
der Wüste wünscht sich wohl kaum
noch mehr Zeit dort. Eher fragt er sich,
warum er durstig im Sand herumsitzen
muss, nur um als mittelmäßiges
Fallbeispiel zu dienen.
Markt ist, desto weniger ist es wert. Je mehr Jahre wir
schon verlebt haben, desto kürzer kommt uns ein einzelnes
vor. Zeit ist also, genau wie Geld, der Inflation unterworfen.
44 deluxe edition 8*15
INTERVIEW
Ich bin nicht
nur im Herzen
Wiener
Hollywood, Uhren und Käsekrainer: Schauspieler Moritz Bleibtreu
entpuppt sich im Exklusivinterview als Experte auf vielen Gebieten.
Und so plaudern wir mit dem 44-Jährigen über Wiener-WürstelstandVokabular, Schweizer Zeitmesser und amerikanische TV-Serien.
Von Alexander Pfeffer
Fotografiert von Robert Grischek
edition 8*15 deluxe 45
INTERVIEW
deluxe: Sie sind deutscher Schauspieler österreichischer Herkunft,
wie Wikipedia zu berichten weiß. Lassen Sie uns also gleich einmal
mit einem kleinen Test beginnen: Wie essen Sie Ihr Wiener Schnitzel?
MORITZ BLEIBTREU: Gute Frage, denn ich bin ja tatsächlich
nicht nur im Herzen Wiener. Auf keinen Fall so, wie die Deutschen
das machen, mit Soße und Champignons und dergleichen. Ich esse
mein Schnitzel am liebsten sehr frisch und knusprig, möglichst
dünn, ohne Zitrone und mit einem Erdäpfel-Vogerlsalat, so wie es
sich gehört. Was die wenigsten Leute wissen, ist: Die Zitrone rührt
daher, dass man die Schnitzel früher in größeren Mengen vorgebraten hat und sie dann am nächsten Tag, wenn sie schon ein bisschen zäh waren, mit Zitronensaft beträufelt hat, weil die Säure die
Zähigkeit nimmt. Denn Zitrone auf eine schöne, knusprige Panade
zu tun, ist eigentlich ein Hohn.
Wissen Sie, was eine „Eitrige“ ist?
Selbstverständlich! „Eitrige und ein 16er-Blech dazu“ würde ich
bestellen.
Bisher sehr gut, und jetzt die Maturafrage: Am Würstelstand gibt’s
öfters die Formulierung: „Oba Tschenifa!“
„Aber schnell“, heißt das ( frei nach Sängerin Jennifer Rush, Anm.
d. Red.). Ihre Frage kann ich aber noch toppen: „A Tschappi fürs
Ei.“ Wissen Sie, was das heißt?
Nein.
Tschappi steht für den Fruchtsaft Cappy und das Ei für die Frau,
das Mädchen.
Gratulation. Es steckt also jede Menge Österreich in Ihnen. Können
wir Sie auch vereinnahmen und zum Österreicher machen?
Ich fühle mich in Österreich wahnsinnig wohl. Gerade zu Wien
Leidenschaft für Uhren ausmachen. Erstens kann ich etwas mit
Statussymbolen anfangen. Ich verstehe, warum Leute, die nicht
viel gehabt haben, eine große teure Uhr haben. Sie wollen zeigen,
dass sie etwas geschafft haben. Das mag ich sehr. Bei uns in
Deutschland ist das aber so eine Sache mit Statussymbolen, da
heißt es immer gleich, man muss bescheiden und politisch korrekt
sein. Dann kommt noch mein großes Interesse an Kunsthandwerk
hinzu – egal, ob das ein Schreiner ist, der großartige Möbel baut,
oder einer, der Autos anfertigt oder großartige Uhren – das alles
fasziniert mich sehr. Ich muss endlich mal die Uhrenmanufaktur
in Schaffhausen besuchen.
Können Sie sich noch an Ihre erste Uhr erinnern?
Meine erste Uhr war eine Rolex. Die hab ich bei Wempe bar
bezahlt, auch so eine Art Statussymbol. Das war das erste Mal,
dass ich mit einem Film ein bisschen mehr Geld verdient hatte.
Das allererste teure Teil, das ich mir je gekauft habe. Viele Leute
meinten, dass sie mir die billiger besorgen könnten – ich wollte sie
aber eigentlich gar nicht billiger, sondern bei Wempe besorgen.
Ich wollte, dass mir der Mann mit den weißen Handschuhen die
Tür aufmacht, sie rausholt und so weiter. Jetzt besitze ich mehrere
Uhren, aber Sammler bin ich keiner, denn das sind ja Leute, die
wirklich übertrieben viel Ahnung von Dingen haben. Mir machen
Uhren jedenfalls unheimlich viel Spaß, und es ist schön, zumindest
für jeden Anlass eine zu haben.
Welche Rolle spielt Zeit in Ihrem Beruf?
Eine große, wie in jedem Beruf. Ich bin immer viel zu pünktlich.
Das ist ganz tief in mir drinnen, ich weiß nicht, warum. Ich
wünschte mir manchmal, nicht so pünktlich zu sein, weil ich
immer warten muss, bis die anderen auftauchen.
Es gibt ja das alte Schauspielersprichwort: „Für‘s Warten wird man
bezahlt.“ Wie verbringen Sie Ihre Wartezeiten?
Da ist etwas Wahres dran. Man hat tatsächlich
viel Wartezeit, aber angenehme. Man kann
sich mit Kollegen unterhalten oder sich ein
gutes Buch mitnehmen. Privat habe ich leider
gar nicht so viel Zeit zu vertrödeln. Spätestens
seit ich Vater bin, hat das Wort Zeit einen
völlig anderen Stellenwert bekommen. Also
die Zeit, die man sich für andere nehmen
muss. Das heißt die Zeit, die ich habe, verbringe ich eigentlich
immer mit der Familie und mit Freunden, ganz unspektakulär.
„Ich wünschte mir manchmal, nicht so
pünktlich zu sein, weil ich immer warten
muss, bis die anderen auftauchen.“
habe ich eine starke Verbundenheit. Als Kind war ich oft hier, um
meine Oma zu besuchen, und in den Sommerferien ging’s an den
Neusiedler See. Aber generell tue ich mir mit Zugehörigkeiten
schwer. Ich bin ein Weltbürger und Weltmensch.
Dieses Gespräch findet auch in Hinblick auf unsere Uhrenausgabe
statt: Sie sind Uhrenfan und IWC-Liebhaber. Gibt es bevorzugte
Modelle?
Ja, ich bin Uhrenfan, und ja, die gibt es. Selbstverständlich
IWC. Die IWC Ingenieur Perpetual Calendar, die ich gerade trage,
ist wunderschön. Es sind vor allem zwei Dinge, die meine
46 deluxe edition 8*15
Wir haben auch keine Zeit zu vertrödeln. Wenn doch, dann mit
TV-Serien …
Ich hab ja sehr lange nichts im Fernsehen gemacht, es ist aber eine
Tatsache, dass sich die Inhalte und die Risikobereitschaft in
TV-Serien stark verändert und verbessert haben. Früher wurden
Erzählstränge so gemacht, dass es recht seicht dahinging, damit
man sich auch beim Verpassen einer Folge noch auskannte. Das ist
jetzt bei Serien wie „Breaking Bad“ oder „True Detective“ ja gar
INTERVIEW
edition 8*15 deluxe 47
INTERVIEW
nicht mehr möglich, die werden so inszeniert, dass man hängen
bleibt. Diese Entwicklung ist für uns Schauspieler natürlich
wahnsinnig interessant, denken Sie nur an so komplexe Figuren wie
Sherlock. Heute haben wir dank Serien wie „Die Sopranos“ die
Möglichkeit, wahnsinniges Zeug zu machen und uns spielerisch
auszuleben.
Sie scheinen auch hier Experte zu sein. Haben Sie derzeit eine
Lieblingsserie?
Jetzt habe ich gerade keine, in der ich voll drinstecke. Haben Sie
einen Tipp?
„Fargo“. Das bringt mich gleich zur nächsten Frage: Sind TV-Serien
das neue Kino?
Die neuen Serien werden natürlich die Sehgewohnheiten verändern.
Die Kinozahlen sind seit zehn Jahren stark rückläufig. Kinokarten
sind mittlerweile wirklich fast schon Luxusartikel. Viele Leute, gerade in der gehobenen Mittelschicht, haben
ihre Heimkinos mit Beamern, Netflix usw.
Kino wird es immer geben, aber dieses Gemeinschaftsgefühl Kino ist langsam am Verschwinden. Sicherlich schade, aber ich bin
kein Mensch, der nachtrauert.
Wenn wir über Hollywood reden, reden wir über etwas, das seit fast
zehn Jahren eigentlich gar nicht mehr existiert. Das ist ein Label für
die Champions League des Filmemachens und ja seit vielen Jahren
schon gar nicht mehr amerikanisch, im Gegenteil. Das Kino war
noch nie so globalisiert wie heute, und das wird noch weitergehen,
das sieht man auch an der Entwicklung im Fernsehen. Zum Beispiel
kommen bei „Game of Thrones“ Schauspieler aus der ganzen Welt
zusammen und machen Sachen, die wir dann mit Hollywood
assoziieren, obwohl weder amerikanische Regisseure noch Schauspieler im Einsatz sind und auch nicht in Amerika gedreht wird.
Das, was Hollywood einmal war, das gibt’s fast gar nicht mehr. Ich
habe meine Ausbildung in den Staaten gemacht, habe in New York
gelebt und stand vor der Wahl, dorthin zu ziehen, aber das war nie
mein Bestreben. Schauspielerei hat für mich immer schon viel mit
Muttersprache, Identifikation und Identität zu tun. Ich habe nie mit
dem Gedanken gespielt, aus Deutschland wegzugehen.
„Wenn wir über Hollywood reden, reden
wir über etwas, das seit fast zehn Jahren
eigentlich gar nicht mehr existiert.“
Und wie wird es weitergehen?
Man kann heute schon mit geringem Aufwand
eine gute Qualität erzeugen, ein großer Vorteil
für Filmemacher. Heutzutage braucht man keine Millionen Euro
mehr für einen Film, wenn man eine gute Geschichte zu erzählen
hat. Das ist eigentlich wie in dem berühmten Schlusssatz von „Reise
ins Herz der Finsternis“, der Doku über „Apocalypse Now“: „Irgendwann wird ein dickes Mädchen aus Iowa mit einer kleinen Videokamera kommen und das ganze Kino auf den Kopf stellen.“ Genau das passiert momentan. Man muss das einfach als eine Chance
begreifen.
Videokamera hin oder her – Stars wird es immer geben. Und Sie
sind nach Mario Adorf zum beliebtesten deutschen Schauspieler
gewählt worden – wie erklären Sie sich das?
Das sind Sachen, die kann ich Ihnen nicht erklären. Der Status
eines Celebrity hat, wie alles im Leben, Vorteile und Nachteile. Ich
habe mit 16 beschlossen, Schauspieler zu werden, und bin auch in
einem Schauspielerhaushalt groß geworden. Das hatte mit Ruhm,
Geld und Erfolg gar nichts zu tun, im Gegenteil. Gerade Ruhm und
Geld hatten mit meiner Ambition nichts zu tun – wenn es anders
gewesen wäre, hätte man mir wahrscheinlich gesagt, dass ich
besser einen anderen Beruf ergreifen solle.
Es war jedenfalls die richtige Entscheidung. Sie sind unbestritten
einer der erfolgreichsten deutschen Schauspieler und haben mit
Steven Spielberg und Brad Pitt gedreht. Wie weit weg oder wie nah
ist Hollywood für Sie?
48 deluxe edition 8*15
Wir haben jedoch mit Christoph Waltz einen Mann in Hollywood.
Vor einigen Jahren hätte wohl niemand gedacht, dass er einen
Oscar gewinnen könnte. Ist er dadurch ein Vorbild geworden?
Wir alle hier in Deutschland haben ja die ganze Zeit über gewusst,
dass er ein großartiger Schauspieler ist, das war nichts Neues. Das
andere kam einfach zur richtigen Zeit und er war am richtigen
Ort. Man kann nur hoffen, dass es hält, er hat es sehr verdient.
Sie selbst hätten auch in „Inglourious Basterds“ mitspielen sollen.
Haben Sie sich geärgert, dass Sie abgesagt haben oder absagen
mussten?
In dem Moment, als es spruchreif war, habe ich mich geärgert,
weil ich es gern gemacht hätte. Ich konnte es nicht. Deswegen
bereue ich es auch nicht. Loyalität ist gerade in unserem Beruf
etwas Wichtiges. Wenn ich sage: „Ich mache das“, dann mach ich
das auch und da kann sonst wer kommen.
Die letzte Frage zielt auf Ihren neuen Streifen „Die dunkle Seite
des Mondes“ ab, der im Jänner in die österreichischen Kinos
kommt. In dem Psychothriller nach dem gleichnamigen Roman von
Martin Suter spielen Sie einen Wirtschaftsanwalt, der sich auf
einen bewusstseinserweiternden Trip begibt. Sind Sie für die
Legalisierung von Marihuana, eine Frage, die in Österreich auch
immer wieder diskutiert wird?
Ja.
*
CHRISTMAS
GLAMOUR
Die Nächte werden wieder länger und die
Anlässe für Partys und Events zahlreicher.
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Ihre besonderen Momente der festlichen Saison
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Liebsten in der Weihnachtszeit eine
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REISE
Süßes
Leben
hinter
Klostermauern
Himmlische Ruhe: Wo einst Mönche
sangen und Nonnen beteten, kann heute
mancherorts stilvoll genächtigt werden.
Fünf Hotels, über die die Hand Gottes wacht.
von Stefanie Bisping
Four SeaSonS Hotel, Florenz
Wahrhaft fürstlich – um nicht zu sagen
päpstlich – logiert es sich im Four Seasons
Hotel Firenze, das in zwei Palästen aus dem
15. und 16. Jahrhundert im größten privaten
Garten der womöglich schönsten aller Städte
liegt. Der eine Palazzo beherbergte einst ein
Kloster, der andere war Adelssitz; beide
verfügen über wunderschöne Zimmer, die
mehr Fresken, Antiquitäten und Kunstwerke
beherbergen als manches Museum. Bis zu
50 deluxe edition 8*15
ihrem Umbau zum Hotel befanden sich die
Gebäude in Privatbesitz; zu den Eigentümern
zählten ein Papst, ein ägyptischer Vizekönig
sowie florentinische Adelige aus fünf Jahrhunderten. Die Kapelle wurde zum Teeraum,
zwei Innenhöfe wurden zu Foyer und Bar
umgestaltet. Die Bäder der 72 Zimmer und
44 Suiten schmücken Kronleuchter und
Badewannen mit Füßen.
www.fourseasons.com/florence
Foto: Four Seasons
Juwel der Renaissance
edition 8*15 deluxe 51
REISE
Ein klösterliches Umfeld eignet sich
bestens zur Freisetzung neuer Energie.
four SeASonS Hotel, MAilAnd
Im Heim der
Klarissinnen
Die 68 Zimmer und 50 Suiten des Hotels Four
Seasons bieten perfekten Service, jeden
erdenklichen Komfort von Marmorbädern bis
zum Spa und sind eine Oase klösterlicher Ruhe.
Trotz technischer Finessen birgt das Interieur
manches architektonische Detail aus dem 15.
Jahrhundert: ein Fresko, ein antikes Möbelstück, die Renaissancesäulen, die beim Umbau
Ende der 1980er-Jahre zufällig entdeckt
wurden. Dieser Säulengang zählt heute ebenso
wie der Innenhof zu den architektonischen
Glanzpunkten des Hotels. 1428 entschloss sich
Margherita della Croce, ihr Haus im Herzen
Mailands in ein Kloster zu verwandeln. Sie
wollte ihr Leben dem Dritten Orden des
heiligen Franziskus widmen. 1456 war die
Gemeinschaft so groß geworden, dass die
Nonnen umzogen – ins heutige Four Seasons.
1463 gab Papst Paul II. ihnen die Erlaubnis,
fortan dem Ersten Orden der heiligen Klara zu
folgen. Die frischgebackenen Klarissinnen
weihten ihr Kloster der Muttergottes und nannten es fortan Santa Maria del Gesù. 1782 wurde
das Kloster aufgelöst; Mitte des 19.
Jahrhunderts zog Joseph Radetzky ein,
österreichischer Statthalter in Norditalien.
www.fourseasons.com/milan
Besuche mit Folgen
Als Anne Boleyn, zweite Frau des berüchtigten Gattinnenverschleißers Heinrich VIII.,
nach ihrer heimlichen Heirat erst einmal im
Kloster im englischen Sopwell abtauchte,
konnte sie kaum ahnen, dass dort einmal
Hotelgäste auf Segways umhersausen oder an
Yoga-Workshops teilnehmen würden. Dass
ihre Ehe zur Gründung der anglikanischen
Kirche führte, beweist aber, dass von
ehrwürdigen Mauern durchaus neue Impulse
ausgehen. Sopwell House war nicht nur das
Versteck von Anne Boleyn nach der
52 deluxe edition 8*15
heimlichen Heirat mit Heinrich VIII. Eine
ganze Reihe von Umbauten später wurde der
kleine Herrensitz das Elternhaus der Mutter
Prinz Philips, des unverwüstlichen Herzogs
von Edinburgh. Sein Vater, Prinz Andreas von
Griechenland, hielt im Garten um die Hand
seiner Mutter Alice an. Heute ist das georgianische Haus mit seinen zeitgenössisch gestylten Zimmern und den dezenten Anklängen
des Landhausstils eine schöne Kulisse für
Kuschel- und Outdoor-Wochenenden.
www.sopwellhouse.co.uk
Fotos: Four Seasons, The Domenican, Bloomfield House, Sopwell House
Sopwell HouSe Hotel & Country Club, St AlbAnS, HertfordSHire, englAnd
XXXXXXXX
tHe dominican, Brüssel
Kloster und Exil
Im 15. Jahrhundert war dies eine Dominikanerabtei, im 19. Jahrhundert fand der
französische Historienmaler, Revolutionär
und spätere Hausmaler Napoleons,
Jacques-Louis David (1748–1825), in dem
Bau im historischen Herzen Brüssels Exil
und Heimat. 200 Jahre später regiert hier
erlesener Luxus. Das Design ist zeitgenössisch, die Linien kühl und klar, die
Technologie auf dem neuesten Stand.
Doch die lange Geschichte des Hauses ist
in Details von Architektur und Ausstattung noch erkennbar: vom schönen Patio
über Rundbögen bis zu den Reproduktionen alter Gemälde in den Zimmern.
www.designhotels.com/the-dominican
PALAIS Chaiselongue
DONNA Lovechair
AMADÉ Schubladenkommode
AMADÉ Beistelltisch
Bloomfield House Hotel & spa, Belvedere, mullingar, irland
Erst Heirat, dann Kloster
Ein klösterliches Umfeld eignet sich bestens
zur Freisetzung neuer Energie. Wo in der
ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts Arbeit
und Gebet den Alltag braver Franziskanerinnen diktierten, können Gäste sich heute in
Falknerei, Bogenschießen und Kajakfahren
auf dem nahen Lough Ennell üben und sich
zwischendurch im komfortablen Hotel dem
Wohlleben hingeben. Die Geschichte des
Bloomfield House reicht indessen noch
weiter zurück: George Rochfort, der zweite
Earl von Belvedere, feierte auf diesem
Witwensitz seines Anwesens Hochzeit mit
der jungen Dora Bloomfield. Noch heute ist
das in einem Park gelegene Haus ein beliebter Schauplatz für stilvolle Hochzeiten und
romantische Wochenenden. Besonders
atmosphärisch ist die Präsidentensuite, die
von einem überdachten Bett mit samtenen
Vorhängen beherrscht wird und herrliche
Blicke auf den See bietet.
www.bloomfieldhousehotel.ie
FENSTER
TÜREN
MÖBEL
POLSTERMÖBEL
SEIT 1927
FLAGSHIPSTORE
SCHOTTENRING 35
1010 WIEN
ONLINE
BESTELLEN
edition
8 15 deluxe 53
*
NWW.AT/SHOP
AUTO
GRÖSSER,
DICKER,
VORNEHMER
Jetzt erreicht der SUV-Boom auch die Luxusklasse.
Der neue Bentley Bentayga ist deshalb nur der Anfang.
Die Kunden sind bereits neugierig, die Konkurrenz ist
aufgeschreckt, weiß unser Autoexperte Thomas Geiger.
B
Doch jetzt kann die Elite aufatmen: Bentley macht endlich Ernst,
riskiert tatsächlich ein paar Spritzer Schlamm auf dem feinen
Zwirn und bringt als erste unter den Luxusmarken nach drei
Jahren Entwicklungszeit und dem aufwendigsten Testprogramm in der Firmengeschichte einen Geländewagen an den
Start: den Bentayga.
„Das wird das luxuriöseste, exklusivste und schnellste SUV der
Welt“, sagt Firmenchef Wolfgang Dürheimer und freut sich, dass
die Vorherrschaft des Range Rover damit zu Ende geht und er
endlich auch im Alltag seiner Kunden ankommt. Denn egal ob in
Europa oder Amerika und erst recht in den neureichen
Boommärkten in China oder Indien – immer dann, wenn er mit
der Familie unterwegs ist oder in die Ferien fährt, lässt der
gemeine Bentley-Kunde seinen Mulsanne oder Continental
stehen und steigt in ein praktischeres Auto um. Bei einem
Kundenstamm von aktuell 78.000 Bentley-Fahrern sollte sich da
der eine oder andere Interessent finden, lächelt Dürheimer ob
der optimistischen Absatzprognosen.
Technisch ist das über fünf Meter lange Dickschiff zwar nicht
54 deluxe edition 8*15
Foto: Bentley
entley-Fahrer sind nicht zu beneiden: So vornehm ihre
Limousinen, Coupés und Cabrios auch sind, so stark
und so schnell, so weit fahren sie dem Trend hinterher.
Denn während das Bürgertum längst hoch über den
Dingen in einem SUV thront, kracht der Adel von Blut
und Geld noch immer in Bodennähe über den Asphalt. Und
während man zwei Golfsäcke gerade noch irgendwie in den
Kofferraum gequetscht bekommt, muss sich um die Skiausrüstung oder gar das Mountainbike das Personal kümmern – was
für eine Schande.
AUTO
Großspurig. „Das luxuriöseste, exklusivste und schnellste SUV der Welt“, so Bentley-Chef Wolfgang Dürheimer.
edition 8*15 deluxe 55
AUTO
Upgrade. Range Rover setzt auf neue Features wie Event Seating oder Luxus bei der Innenausstattung.
Am meisten fürchtet offenbar Land Rover
die Konkurrenz aus dem eigenen Land
und möbelt den Range Rover auf.
Fotos: Hersteller
In Richtung Zukunft. Aston Martin plant als nächste Neuheit ein Cross-over.
56 deluxe edition 8*15
AUTO
Luxusliga. Der Lamborghini Urus soll in der gleichen Liga spielen wie das Bentley-SUV.
viel mehr als ein aufgehübschter Audi Q7. Doch ansehen kann
man dem adeligen Allradler, der mit seiner Aluminiumkonstruktion gegenüber einer Stahlkarosserie immerhin 250 Kilo spart,
seine bürgerliche Verwandtschaft kaum. Das Design mit den
pfannengroßen LED-Scheinwerfern und den weit ausgestellten
Kotflügeln ist protzig, wie es sich für Bentley gehört, und das
Innenleben prunkvoll veredelt – die pfundschweren Aschenbecher und die aus dem Vollen gefrästen Lüfterdüsen inklusive.
Dabei thront man zumindest in der Start-Edition auch im Fond
wie in einem Mulsanne und reist auf bequemen Einzelsesseln.
Doch weil Bentley sich mit dem Bentayga in die Niederungen
des Alltags hinabbegibt, plant die VW-Tochter auch einen Fünfund sogar einen Siebensitzer.
Und das ist nicht die einzige Neuerung: Zum bekannten Luxus
gibt es auf der Ausstattungsliste mehr Hightech, als sich BentleyKunden bislang erträumen konnten. Assistenzsysteme bis hin
zur Einparkautomatik, ein eigener Tabletcomputer als Fernsteuerung für das Infotainmentsystem und solche Banalitäten wie
eine automatisch öffnende Heckklappe – willkommen in der Gegenwart!
Während sich die Briten bei diesen Extras großzügig aus dem
Regal der Bayern bedient haben, gehen sie beim Antrieb ganz
eigene Wege – und markieren einmal mehr die Spitze im
Konzern. Das Luftfederfahrwerk mit einem halben Dutzend
Trimmleveln und einem vom separaten 48-Volt-Netz gespeisten,
elektrischen Wankausgleich soll das Fahren komfortabler
machen als in jedem anderen Geländewagen und der Antrieb
bietet mehr Kraft: Nicht umsonst kommt der nagelneue, ebenfalls um 30 Kilo abgespeckte Zwölfzylinder des Bentayga bei 6,0
Litern Hubraum auf 608 PS und wahnwitzige 900 Nm. Damit
wuchtet er den 2,5-Tonner binnen 4,1 Sekunden von null auf 100
und erreicht ein Spitzentempo von 301 km/h – kein anderer
Geländewagen ist schneller, prahlt Dürheimer und nennt das
W12-Triebwerk trotzdem einen Effizienzmeister. Denn
gegenüber dem bisherigen Zwölfzylinder haben die Briten den
Verbrauch immerhin um knapp zwölf Prozent gedrückt.
Der Stärkste, der Schnellste und überhaupt der Größte – solche
Superlative ist Bentley seinem Ruf zwar schuldig. Aber auch die
Briten wissen, dass sich die Zeiten geändert haben, und schieben
deshalb im nächsten Jahr noch zwei etwas vernünftigere Motorvarianten nach: Für internationale Sparer gibt es ganz zeitgemäß
einen Plug-in-Hybrid und speziell für die Europäer zum ersten
Mal in der Bentley-Geschichte einen Diesel, der als V8-Motor
mit 400 PS natürlich ebenfalls ganz vorn fahren soll.
608 PS, 301 km/h Spitze und mehr Leder als in jedem anderen
Modell des VW-Konzerns – nicht nur bei Leistung und Luxus
definiert Bentley die Spitze im SUV-Segment, sondern auch
beim Preis: Mit mindestens 200.000 ¤ bereits für das Einstiegsmodell wird der Bentayga der teuerste Geländewagen der Welt.
Die Kundschaft scheint das allerdings nicht zu stören. Im
Gegenteil: Für das erste Jahr ist die Produktion bereits
ausverkauft.
Aber der Bentayga hat nicht nur die Kunden neugierig gemacht,
sondern auch die Konkurrenz aufgeschreckt: Wer schon bislang
Geländewagen gebaut hat, der arbeitet jetzt mit Hochdruck an
noch größeren, noch dickeren und noch vornehmeren Modellen.
Und wer bis dato kein SUV im Programm hatte, der will diese
Lücke lieber heute als morgen stopfen.
Am meisten fürchtet offenbar Land Rover die Konkurrenz aus
dem eigenen Land und möbelt deshalb den Range Rover zum
SVAutobiography auf: Von der hauseigenen Abteilung für Special
Vehicles veredelt, bekommen die Varianten mit kurzem oder
langem Radstand dafür außen unter anderem eine auffällige
Zweifarblackierung und neu gestaltete Schriftzüge. Innen
gibt es noch mehr Lack und Leder bis hin zum Einband der
edition 8*15 deluxe 57
AUTO
Eine S-Klasse fürs Gelände. Der neue Mercedes GLS.
Auch die deutschen Hersteller
wappnen sich gegen den
Überflieger aus England.
58 deluxe edition 8*15
ersten Fünfsitzer seit dem legendären LM002 einen Hauch
von Familiensinn in die rasenden Zweierbeziehungen der
Superreichen bringen. Und als wäre das nicht schon
ungewöhnlich genug, schnürt jetzt selbst Rolls-Royce die
Trekkingstiefel: Zwar hat sich Firmenchef Torsten MüllerÖtvös lange gewehrt und argumentiert, ein Rolls-Royce mache
sich nicht schmutzig. Doch nun sind die Lockungen der
Stückzahlen in entlegenen Ländern offenbar doch zu groß
geworden, als dass sich die Briten diesem Trend länger
widersetzen könnten. Deshalb haben sie das Projekt Cullinan
gestartet und tatsächlich ein SUV im Smoking angekündigt.
Diesen Namen haben sie nicht zufällig gewählt: Der Cullinan
ist der größte jemals gefundene Diamant und gibt damit für
Preis, Prestige und Präsenz des Luxus-SUV die Richtung vor.
Neben Lamborghini, Maserati und Rolls-Royce streben noch
ein paar weitere Nischenmarken ins Gelände. So plant Aston
Martin mit dem DBX Concept als nächste Neuheit ein
Cross-over, und selbst die bislang auf federleichte Sportwagen abonnierte Traditionsmarke Lotus denkt über ein SUV
nach. Nur einer macht bei diesem Spiel nicht mit: McLaren.
Zwar haben die Briten nicht minder große Ambitionen und
eifern dem Vorbild Porsche in vielen Dingen nach. „Doch
einen Geländewagen wird es von uns nicht geben“, verspricht
Cheftechniker Ben Gulliver, „selbst wenn die Stückzahlen
noch so verlockend wären. Denn im Gegensatz zu manch
anderer Marke sind wir auch mit unseren Sportwagen allein
profitabel.“
*
Foto: Mercedes
Betriebsanleitung, einem polierten Schlüssel und mehr
Optionen für das Gepäckabteil. So kann man nun erstmals
auch einen ausfahrbaren Ladeboden bestellen. Außerdem hat
die Special-Vehicles-Abteilung zwei besonders luxuriöse
Event-Seats entwickelt, die sich zum vornehmen Picknick
etwa am Rande einer Pferderennbahn nach hinten aus dem
Wagenboden klappen lassen. Auch unter der Haube haben
die Briten noch einmal nachgelegt. Wer das Topmodell mit
dem 5,0-Liter-V8-Kompressormotor bestellt, kann sich über
knapp zehn Prozent mehr Leistung freuen und nun auf 550
PS und bis zu 680 Nm bauen. Daneben gibt es den SVAutobiography auch als SDV6-Hybrid mit einem elektrisch unterstützen V6-Diesel mit 306 PS oder als SDV8 mit einem 340 PS
starken Achtzylinderdiesel.
Aber auch die deutschen Hersteller wappnen sich gegen den
Überflieger aus England. So plant BMW für das Ende des
Jahrzehnts einen X7 als neues Oberklassemodell fürs Unterholz, und die gerade enthüllte Modellpflege für den großen
Mercedes GLS ist nur das Vorspiel für den endgültigen
Aufstieg von Daimlers Dickschiff. Denn wenn in drei, vier
Jahren die Neuauflage kommt, wird das Topmodell tatsächlich zur S-Klasse fürs Grobe und startet auch als Maybach.
Neben diesen Stammspielern springen demnächst einige Seiteneinsteiger in die First-Class-Wagen des SUV-Zugs auf:
Erst kommt schon im neuen Jahr Maserati mit dem aufgebockten Luxusliner Levante, der mit Ferrari-Motoren zum
Sportler auf der Buckelpiste werden soll. Dann darf Lamborghini endlich die Serienfassung des Urus bauen und mit dem
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FOTOGRAFIE
POLENS
HELMUT
NEWTON
Von Szymon Brodziak werden wir
noch viel hören, genauer gesagt
sehen. Der 36-Jährige wird als neuer
Helmut Newton gefeiert und hat
sogar in dessen Foundation in Berlin
ausgestellt. Jetzt zeigt das Grazer
Atelier Jungwirth seine Bilder.
von Christoph Pridun ◆ Fotografien von Szymon Brodziak
60 deluxe edition 8*15
Spontan. „Die Blume“ (2014) ist ein Beispiel für ein
ungeplantes Shooting mit praktisch null Budget.
edition 8*15 deluxe 61
62 deluxe edition 8*15
FOTOGRAFIE
Blickfang.
„Meine Fotos
sollen Ihr Auge
fesseln und Ihre
Fantasie anregen.“
deluxe: Ihre Bilder werden oft mit jenen Helmut Newtons verglichen.
Aber wofür steht der Name Szymon Brodziak?
SZYMON BRODZIAK: Für Klasse und Luxus, gemischt mit Provokation, Perfektion und Schönheit, gemischt mit Emotionen, SchwarzWeiß und Storytelling, gemischt mit überraschenden Elementen.
Bleiben wir beim Newton-Vergleich. Welche sind die größten
Gemeinsamkeiten, welche die größten Unterschiede?
Helmut Newton war der erste Fotograf, dessen Arbeit mir klarmachte,
dass die Fotografie viel mehr ist als nur ein Bild. Dass ein einzelnes Bild
eine Geschichte zu erzählen, Emotionen zu vermitteln und die Fantasie
anzuregen vermag. Dass Sie mit der Fotografie Ihre eigenen Welten
erschaffen, verrückte Dinge tun und davon leben können. Dass Sie
kommerziell erfolgreich, aber dennoch künstlerisch unverwechselbar
und authentisch sein können. In dieser Hinsicht sind wir uns irgendwie
ähnlich. Der größte Unterschied zwischen Helmut Newton und mir?
Er ist der Meister, ich bin nur der Anfänger.
„The Lamp“.
„Einige sehen
eine nackte Frau
mit einer Lampe
auf dem Kopf,
andere ein Stück
Kunst.“
Sie sind natürlich alles andere als ein Anfänger. Wie sind Sie eigentlich
zur Fotografie gekommen?
Meine Freundin Ana hat mich auf die Idee gebracht, mich in diesem
Metier zu versuchen. Doch dann habe ich in Hinblick auf meine
Zukunft Volkswirtschaft studiert. Wirtschaft war aber noch nie so
mein Ding, und so habe ich mit meinen Freunden an der Uni einen
Fotografieklub gegründet. In dieser Zeit habe ich unheimlich viel
gelernt – vom Umgang mit der Kamera über die Arbeit in der
Dunkelkammer bis hin zur Vorbereitung von Ausstellungen. Nach der
Uni und einem Abstecher ins Wein-Business habe ich mich zum
Entsetzen meiner Eltern für die Fotografie entschieden.
Mittlerweile sind Sie ein etablierter Fotokünstler. Und das mit 36. Was
ist der größte Erfolg Ihrer Karriere?
Ich habe ein paar Auszeichnungen, darunter die Goldmedaille beim Prix
de la Photographie Paris und den Fashion-TV-Award als weltbester
Black-&-White-Werbefotograf, erhalten, mein Buch „Brodziak One“ heedition 8*15 deluxe 63
FOTOGRAFIE
Lieblingsarbeit. „Dieses Foto habe ich
in einem Wiener Garten gemacht.“
„Helmut Newton? Er ist der Meister, ich nur der Anfänger.“
rausgebracht und meine Arbeit im „Vatikan der Fotografie“ ausgestellt –
der Helmut-Newton-Stiftung in Berlin. Ich habe Kampagnen für viele
internationale Marken geschossen – all das schätze ich sehr. Aber mein
größter Erfolg – und auch meine größte Stärke – ist, dass ich die Freiheit
habe, kreativ zu sein.
Kunst oder Kommerz: Würden Sie eigentlich auch für den „Playboy“
arbeiten?
Ich würde und ich habe. Ein Pictorial, das ich besonders mag, ist die
Jagdgeschichte zwischen zwei Mädchen, die auch in der gerade laufenden Ausstellung im Atelier Jungwirth in Graz zu sehen ist. Es wurde
vom polnischen „Playboy“ 2009 in Auftrag gegeben und veröffentlicht
und schaffte es auch in viele andere internationalen Ausgaben. Doch
dann hat der US-„Playboy“ die Story wegen der gewalttätigen Charaktere verboten. Ich gebe zu, sie enthielt Motive rund um Waffen, Blut und
Tod, aber das Verbot war ein ziemlicher Schock für mich. Ein Jahr später
beauftragte mich der polnische „Playboy“ mit einem weiteren Pictorial
– diesmal als Promotion für die neue Staffel der HBO-Serie „True
Blood“. Meine Vampirgeschichte machte mich zum ersten polnischen
Fotografen, der im amerikanischen „Playboy“ veröffentlicht wurde.
Sie haben es bereits erwähnt: Ihre Fotos sind oft sehr sexy. Gab es bereits Diskussionen über Ihr Frauenbild?
Viele. Aber es ist seit jeher meine Intention, eine Hommage an die Frau
zu schaffen – mit Fokus auf ihre Stärke, emotionale Komplexität und
Schönheit. Betrachten Sie etwa „The Lamp“ aus der „Noti presents
Naughty Girls“-Kampagne – einige sehen eine nackte Frau mit einer
Lampe auf dem Kopf, andere ein Stück Kunst. Es liegt nicht an mir, das
zu entscheiden.
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Was ist für Sie ein erotisches Foto?
Ein gutes erotisches Foto ist eines, das Ihre Fantasie jenseits des Bildes
selbst anregt. Es führt Sie an Orte, an denen Sie noch niemals waren.
Worauf sollten wir achten, wenn wir Ihre Bilder betrachten?
Auf gar nichts sollten Sie achten. Es ist das gesamte Bild, das Ihr Auge
fesseln und Ihre Fantasie anregen soll. Mein Kreativmotto lautet: „Was
Sie sehen, ist, wer Sie sind.“ Es entscheidet also der Betrachter, ob die
Fotografie interessant ist und worum es darin eigentlich geht.
Warum fotografieren Sie ausschließlich in Schwarz-Weiß?
Es gibt mehrere Gründe dafür. Vor allem die Sehnsucht nach den alten
Zeiten. Ich begann mein Abenteuer in diesem Metier mit der analogen
Fotografie. Ich habe mit ganz traditionellen Filmen gearbeitet, die ich
persönlich in einer Dunkelkammer entwickelt habe. Zweitens denke
ich in Schwarz-Weiß und ich sehe in Schwarz-Weiß – es ist intuitiv für
mich. Drittens ist es viel einfacher, ein erstaunliches Schwarz-WeißBild aufzunehmen als eines in Farbe.
Ihre Bilder sind nun in Graz zu sehen. Welchen Bezug haben Sie zu Österreich?
Vom Skifahren abgesehen gehört eine Wiener Familie zu meinen ersten
Unterstützern und Förderern. Sie war es auch, die mich 2010 mit June
Newton (Fotografin und Ehefrau von Helmut Newton) bekannt gemacht
hat, zu der sich im Laufe der Jahre eine besondere Beziehung entwickelt
hat. Und eines der Bilder, die in Graz zu sehen sind, habe ich in einem
wunderschönen Wiener Garten gemacht. Es zeigt ein Mädchen auf
einem Baum, aber Sie müssen genau hinsehen. Es ist eine meiner Lieblingsarbeiten. Also immer, wenn ich an Österreich denke, lächle ich.
*
Erotisches Werk. „Eines, das Ihre Fantasie
jenseits des Bildes selbst anregt.“
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RED CARPET
Alessandro Michele.
Kim Kardashian.
redaktion Alexander Pfeffer
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Riccardo Tisci.
Fotos: Getty Images
James Turrell.
Asia Chow.
Jared Leto.
Reese Witherspoon.
Gwyneth Paltrow.
Chloë Sevigny.
Wenn im Los Angeles County Museum
of Art (LACMA) den Gästen mehr
Beachtung geschenkt wird als den
Exponaten, dann findet die
Art+Film-Gala statt. Bestaunt wurden
die Roben der Hollywoodstars wie
Gwyneth Paltrow oder Salma Hayek,
beklatscht die beiden Geehrten,
Künstler James Turrell und Regisseur Alejandro González Iñárritu.
Naomi Campbell.
Nachts
im Museum
Jeremy Scott.
China Chow.
n.
Joshua Jackso
Diane Kruger.
Rosie Huntington-Whiteley,
Jason Statham.
François-Henri Pinault,
Salma Hayek.
Amber Valletta.
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Graben 28, 1010 Wien
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Philippe Jordan, Chefdirigent und Musikdirektor in Paris und Wien
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