side by
*side Jahresbericht 2015
1
Herausgeberin
Hilti Foundation
Feldkircherstrasse 100
Postfach 550
9494 Schaan
Liechtenstein
T +423 234 4313
[email protected]
www.hiltifoundation.org
Schaan, März 2016
1
4
Editorial
7
Kultur und Wissenschaft
Venezuela meets Europe
Sozialer Wandel durch Musik: Die Hilti
Foundation unterstützt inzwischen
zehn Projekte in diesem Bereich. Einige von ihnen sind im Sommer 2015
in Mailand zusammengekommen. Ein
unvergessliches Erlebnis für alle
Teilnehmenden und das Publikum.
Lektion in Sachen Zivilisation
Seit zwanzig Jahren fördert die Hilti
Foundation die Arbeit des französischen Unterwasserarchäologen Franck
Goddio. Im Interview gibt Goddio
Auskunft zur aktuellen Ausstellung
in Paris.
41
Berufliche Aus- und Weiterbildung
Diplom für eine bessere
Zukunft
Die medizinische Versorgung auf dem Land
ist in allen Entwicklungsländern eine
grosse Herausforderung. Die Hilti Foundation unterstützt in Sambia mit Partner
SolidarMed ein aussergewöhnliches Projekt.
65
Gesellschaftliche Entwicklung
Handwerk fürs Leben
6 Berufe, 93 Lehrlinge: In Monaragala,
Sri Lanka, erhalten Jugendliche aus
armen Familien die Chance, kostenlos
einen handfesten Beruf zu erlernen.
Das Projekt besteht seit zehn Jahren und
ist dank der Unterstützung von Hilti
Mitarbeitenden sehr erfolgreich.
by side
* side
In der Mailänder Scala spielte im
Sommer 2015 ein ganz besonderes Orchester auf: Europäische
Jugendliche musizierten side by side
mit ihren Kollegen aus Venezuela.
Zeit zum Üben: eine einzige
Woche.
88
Zahlen & Fakten
Das Wichtigste in Kürze: Die Hilti
Foundation stellt sich vor und dokumentiert das Stiftungsjahr 2015 in Zahlen.
3
Grosszügig
fördern,
nachhaltig
helfen.
Egbert Appel
Präsident des Stiftungsrats
Michael Hilti
Mitglied des Stiftungsrats
4
Liebe Leserin, lieber Leser
Es ist uns eine besondere Freude, Ihnen auch dieses Jahr einen Einblick
in unsere Tätigkeiten zu geben. Der Ihnen vorliegende Jahresbericht
bietet nicht nur Einblicke in ausgewählte Projekte, sondern schenkt vor
allem jenen Menschen Aufmerksamkeit und Anerkennung, die sich
in diesen Projekten engagieren.
Es sind die Menschen, die Initiativen fördern und begleiten und Projekte
Wirklichkeit werden lassen. Menschen, die mit ihrem täglichen Einsatz
und unermüdlichen Engagement versuchen, eine bessere Zukunft für uns
alle zu schaffen – die Welt zum Besseren zu verändern.
Menschen, die sich einsetzen für Aus- und Weiterbildung, für die Erforschung unserer Geschichte, für gesellschaftliche und wirtschaftliche
Entwicklung oder auch dafür, bezahlbaren Wohnraum für die Bedürftigen
der Welt zu schaffen. All dies tun sie mit dem Ziel der Nachhaltigkeit
und Beständigkeit.
Wir blicken in unserem Jahresbericht auf die Menschen, die für ihre Projekte die Extrameile gehen, die nach Veränderung streben und damit
Veränderungen ihres Umfeldes bewirken. Das ist nicht immer einfach und
erfordert Passion, Mut, eine hohe Eigenmotivation und vor allem ständige Beharrlichkeit. Nur so entsteht nachhaltige Veränderung.
So suchen und entwickeln wir Ideen und Initiativen mit unseren Partnern,
Ideen und Initiativen, mit denen wir einen Quantensprung erzeugen wollen. Wir setzen auf Projekte, die regional wie international multiplizierbar
sind und eine möglichst grosse Zahl von Empfängern erreichen.
Unser Ziel ist es, Menschen neue Perspektiven zu eröffnen und die Chance zu geben, ihr Schicksal selbst in die Hand zu nehmen. Erfolgreich
realisierte Projekte werden nach drei bis fünf Jahren in die Eigenverantwortung dieser Menschen abgegeben, im Bewusstsein, dass blosses
Spenden allein keine Nachhaltigkeit kreiert.
Wir danken all den Menschen in und rund um unsere Projekte, unseren
Partnerorganisationen und unseren Hilti Mitarbeitenden für ihre direkte und indirekte Unterstützung. Und wir danken insbesondere auch den
Kunden der Hilti Gruppe, tragen sie doch wesentlich zur Realisierung
unserer Projekte bei.
5
Im Dialog
Christine Rhomberg
Geschäftsführung
Zu den Zielen der Hilti Foundation gehört es, mit ihren Aktivitäten so viele Menschen wie möglich zu erreichen und zu
fördern. Dies gilt auch für die Musikprogramme, die heute einen zentralen Teil der Stiftungsarbeit bilden. Die Programme sollen Kindern und
Jugendlichen in aller Welt zu Struktur und Sinn in ihrem Dasein verhelfen.
Besonderes Augenmerk legen wir dabei auf die Vernetzung der Initiativen untereinander, nicht nur unter dem Aspekt des gemeinsamen
Lernens, sondern auch als Mittel zur Motivation der Jugendlichen und
zur Schaffung von nachhaltigen Synergien zwischen den Initiativen.
Eine ganz besondere Aktivität in dieser Richtung war 2015 die Begegnung zwischen den Chören und Orchestern des venezolanischen Vorzeigeprojekts El Sistema und den jungen Musikerinnen und Musikern von
Sistema Europe, einem Dachverband europäischer Musikprogramme,
im Rahmen eines einwöchigen Summer-Camps in Mailand.
Ausdruck eines verstärkten Dialogs mit der breiten Öffentlichkeit ist
auch die Ausstellung «Osiris. Egypt’s Sunken Mysteries», die im Oktober
2015 im Pariser «Institut du Monde Arabe» eröffnet wurde. Diese Ausstellung zeigt die jüngsten Ergebnisse der Forschungen des französischen Unterwasserarchäologen Franck Goddio. Die Hilti Foundation fördert Goddios Arbeit in Ägypten seit zwanzig Jahren und begleitete ihn
auf seinem Weg von den ersten Sondierungsgrabungen bis zur Wiederentdeckung der antiken Städte Heraklion und Kanopus sowie der königlichen Quartiere von Alexandria. In einem Gespräch mit Franck Goddio
werfen wir einen Blick zurück in die Anfangszeit seiner Arbeit und zeichnen den Weg nach von den ersten vagen Vermutungen bis hin zu den
faszinierenden Entdeckungen unter Wasser.
6
7
Kultur, Wissenschaft und Bildung
2015
Side by side:
Venezuela
meets
Europe
«Bei El Sistema geht es nicht um
uns, nicht um die Lehrer, nicht
um die Betreuer. Es geht einzig um
die Kinder. Es geht um Engagement – und um Liebe», meint
Dirigent Gustavo Dudamel. Beim
Treffen von El Sistema Venezuela
mit Sistema Europe in Mailand
war deutlich spürbar, dass Dudamel weiss, wovon er spricht.
8
9
Vor vierzig Jahren begann
die Geschichte von El
Sistema mit 11 Musikern
in Caracas. Es war der
Beginn eines Traums. Und
heute seid ihr alle Teil
dieses Traums. Ihr seid
dieser Traum.
Gustavo Dudamel
Gustavo Dudamel wurde 1981 in Barquisimeto, Venezuela, geboren. Zunächst spielte er Geige, bewies
aber schon im Alter von 12 Jahren sein aussergewöhnliches Talent fürs Dirigieren. Heute arbeitet
Dudamel mit den führenden Orchestern der Welt,
bleibt aber gleichzeitig «seinem» Simón Bolívar
Symphony Orchestra treu, das er liebevoll und überzeugt als seine Familie bezeichnet. Musik als
Motor für sozialen Wandel in die Welt zu tragen,
dieses Ziel verfolgt er mit grosser und andauernder
Leidenschaft.
10
11
Es ist toll, gemeinsam zu
musizieren. Aber es ist
auch wichtig, sich gegenseitig zu unterstützen.
Ich habe viele Freunde
aus verschiedenen Ländern kennengelernt
und alle sind sehr freundlich zu mir. Und sie
unterstützen mich alle!
Lucas
Lucas Gebrehiwet ist Trompeter in «The Nucleo
Project» im Londoner Stadtteil North Kensington. Inspiriert vom venezolanischen El Sistema
bietet das Programm rund 200 Kindern die Möglichkeit, kostenlos ein Instrument zu erlernen und so
ihr Leben zu bereichern. Lucas kam mit acht Jahren
ins Projekt, lernte schnell und durfte 2015 – nach
nur vier Monaten Trompetenunterricht – als jüngster
Teilnehmer zum Sistema Europe Summer-Camp
nach Mailand reisen. Seinem Traum, Profifussballer
beim Chelsea Football Club zu werden, will er
aber trotzdem treu bleiben.
12
13
Mailand, Universität La Bicocca im August. Normalerweise ist
es ruhig hier in den Sommermonaten. Zu «Ferragosto» sind die Mailänder über­a ll, bloss nicht in Mailand. Dieses Jahr jedoch findet auf dem
Ge­lände der Universität das dritte Summer-Camp von Sistema Europe
statt. Rund 200 Jugendliche zwischen 8 und 18 Jahren haben sich zusammengefunden, sie stammen aus 27 Nationen. Mit dabei sind 55 Lehrer,
Projektleiter, Tutoren und Dirigenten. Insgesamt sind 17 Projekte vertreten. Vor ihnen allen liegt eine aufregende Woche, an deren Ende das
grosse Schlusskonzert stehen soll. Eine einzige Woche, um aus einem
bunt zusammengewürfelten, begeisterten Haufen junger und jüngster Musiker und Musikerinnen ein Orchester zu formen! Eine gewaltige
Aufgabe für die Tutoren!
Eine einzige Woche, um
aus einem bunt zusammengewürfelten, begeisterten
Haufen ein Orchester
zu formen!
Anlass für die Zusammenkunft sind zwei Ereignisse: zum einen
die Expo, die in diesem Sommer 2015 Tausende von Besuchern nach
Mailand lockt. Zum anderen die dreiwöchige Residenz von El Sistema
Venezuela an der Mailänder Scala, wo vier Orchester und zwei Chöre
das Sommerprogramm des weltbekannten Opernhauses gestalten.
Rund 1500 Venezolaner werden bei Sinfoniekonzerten, Kammermusik,
bei Chorkonzerten und Open-Air-Auftritten zu hören sein. Besonderer Höhepunkt: Das Simón Bolívar Symphony Orchestra wird unter der
Leitung von Gustavo Dudamel zum Opernorchester der berühmten
Scala, gespielt wird «La Bohème».
Eine Partnerschaft zeigt Wirkung
Seit dem Jahr 2007 pflegt die Hilti Foundation eine intensive Partnerschaft mit El Sistema Venezuela. Durch diese Partnerschaft kam
es zu einer vertieften Auseinandersetzung mit dem Thema «Sozialer
Wandel durch Musik». Inzwischen fördert die Hilti Foundation
rund zehn Projekte in diesem Bereich. Was die Projekte verbindet, ist
die Überzeugung, dass Musik ein zielführendes Mittel ist, um zur
Entfaltung junger Menschen beizutragen, sie aus der Anonymität der
Armut zu holen, sie konstruktive Werte zu lehren und ihnen eine
Perspektive für ihr Leben zu geben.
Dabei spielt die Vernetzung der Initiativen eine wichtige Rolle.
Sistema Europe wurde gegründet, um den Austausch zu fördern,
Potenziale und Synergien zu nutzen und gemeinsame Aktivitäten zu
organisieren. Für die Jugendlichen in den Projekten sind diese Aktivitäten Motivation und Ansporn, denn oft ist die Teilnehmerzahl limitiert, und nur die besten qualifizieren sich für eine Teilnahme. So
auch im Fall von Mailand.
14
Müde, aber zufrieden. Bis zu
sechs Stunden täglich proben die jungen Musikerinnen
und Musiker. Die Pausen
bieten Zeit zum gegenseitigen
Kannenlernen und zum
fachlichen Austausch.
Ein Maestro zum Anfassen.
Gustavo Dudamel beglückwünscht die Musiker von
Sistema Europe nach der
gemeinsamen Probe. Seine
Anwesenheit ist Auszeichnung und Motivation
zugleich.
Auf dem Weg zum Flashmob
auf der Expo. Ein spontaner
Auftritt beim Mailänder
Megaevent 2015 bringt Leben
in den venezolanischen
Pavillon.
15
Sistema Europe
Summer-Camp (SESC).
Facts and Figures
11Tage
2 Konzerte
3 Flashmobs
48 Stunden Probe
7 Workshops
8 Stimmgruppenproben
8 Tutti-Orchesterproben
5 Sistema-Events
im Teatro alla Scala
1900 Konzertbesucher
1200 Flashmob-Zuschauer
17 Länder
180 Musiker und Musikerinnen*
75 Betreuer*
43 Lehrer
5 Coaches
9 Begleitpersonen
14 Leiter von Musikprogrammen
4 Dirigenten Schweden
Dänemark
Schottland
England
Deutschland
Tschechische Republik
Schweiz
Österreich
Ungarn
Frankreich
SESC
Portugal
Kroatien
Serbien
255*
Spanien
Italien
Türkei
Venezuela
Herkunft der
Delegationen
17
Get-together in den Pausen.
Lucy Maguire (links im Bild)
hat viel Zeit in Venezuela
verbracht, um die Methodik
von El Sistema zu studieren. Heute unterrichtet die
junge Musikerin rund zweihundert Kinder in ihrem
eigenen Programm, «The
Nucleo Project» in London.
Für die angereisten Kinder und Jugendlichen gibt es in diesen
Tagen aber noch ein weiteres erstrebenswertes Ziel: ein Konzert in der
Mailänder Scala, side-by-side mit den Kollegen aus Venezuela. Rund
hundert europäische Musiker werden daran aktiv teilnehmen können,
die anderen hören zu. Eine erste Herausforderung für die Organisatoren von Sistema Europe besteht darin, diese Auswahl zu treffen. Auch
für Maria Majno. Sie ist Direktoriumsmitglied von Sistema Italia und
Sistema Europe und damit «the brain», was die anspruchsvolle Logistik
dieser Projektwoche angeht. «Wir von Sistema Italia waren von Anfang an in engem Kontakt mit El Sistema in Venezuela», so Majno. «Bis
heute verbindet uns eine enge Zusammenarbeit und Freundschaft.
So war es für uns geradezu selbstverständlich, Sistema Europe diesen
Sommer nach Mailand einzuladen, um den Austausch mit Venezuela
zu vertiefen.» Dass die Scala und Intendant Alexander Pereira die Idee
eines gemeinsamen Konzertes nicht nur aufgegriffen, sondern sie in
das offizielle Programm der Venezuela-Residenz aufgenommen haben,
hat die Aufmerksamkeit für die Aktivitäten von Sistema Europe nochmals erhöht. Maria Majno ist zufrieden.
Sozialprogramm oder
Talentschmiede?
Auf dem Campus haben inzwischen die Vormittagsproben begonnen.
48 Stunden, also mehr als die durchschnittliche Arbeitswoche eines
Erwachsenen, werden die Jugendlichen in den kommenden Tagen in
Sectionals, Workshops und Tutti-Orchesterproben verbringen.
Dazu kommen zwei grosse Konzerte und drei Flashmobs. Freizeit
gibt es aber schon auch. Sightseeing in Mailand, ein Besuch der Expo,
Zeit für Spiele und fürs gegenseitige Kennenlernen. Bei Letzterem
spielt nicht selten die Musik eine grosse Rolle.
«Diese Woche ist wie ein Laboratorium», schwärmt Etienne Abelin,
selbst Geiger, Lehrer und Mitinitiator von Sistema Europe. «Wir versuchen, soziale Wertvorstellungen in unsere tägliche Arbeit mit den
Kindern einzubauen. Wir lehren sie, zu fokussieren und zuzuhören. Sie
improvisieren und experimentieren, sie unterstützen einander und
18
Zeit für Spiele und fürs
gegenseitige Kennenlernen.
Bei Letzterem spielt nicht
selten die Musik eine grosse
Rolle.
19
lernen, wie sie mit ihrem Instrument musikalische Geschichten erzählen können. Und dann soll das Ganze auch noch Spass und Freude
machen», so Abelin weiter.
Das Vorhaben ist auf gutem Weg, ein erster Eindruck von der
Orchester-Tuttiprobe bestätigt dies. Die Stimmung ist aufgeregt und
gespannt, gleichzeitig aber wird gescherzt, geübt und diskutiert.
Die vielen unterschiedlichen Sprachen scheinen kein Problem zu sein.
Musik verbindet und funktioniert offenbar als gemeinsame Sprache
und überwindet Sprachbarrieren.
Gemeinsamkeit und Exzellenz
Lucas aus London, mit acht Jahren der jüngste Teilnehmer, sitzt auf
einem Posaunenkoffer, den man ihm auf einen Stuhl gestellt hat.
Nur so kann er den Dirigenten überhaupt sehen. Lucas spielt erst seit
fünf Monaten Trompete. Er hat das ganze Repertoire gelernt, um
nach Mailand mitfahren zu dürfen. Und schliesslich ist es ihm gelungen, sich zu qualifizieren.
Bruno Campo, Oboist und Dirigent aus Guatemala, leitet die Probe. Er hat viel Erfahrung in der Methodik von El Sistema. Campo
hat längere Zeit in Venezuela gelebt und danach El Sistema in seiner
Heimat Guatemala aufgebaut. Seit drei Jahren arbeitet er regelmässig in unterschiedlichen Projekten in Europa, u.a. leitet er das Superar
VIER FRAGEN AN …
JAANA – SUPERAR
SCHWEIZ,
ZÜRICH
Und wie wurdest du ausgewählt
für Mailand?
Es gab ein Vorspielen, wir mussten
uns qualifizieren. Das war spannend.
Als ich dann hörte, dass ich dabei
bin, habe ich mich riesig gefreut. Aber
ich war auch geehrt.
Die Konzentration spricht
aus den Gesichtern der
Flötistinnen, und die Motivation, hier Besonderes
zu leisten, ist spürbar. Für
viele ist es das erste Mal,
dass sie in einem international besetzten Orchester
spielen.
Was hat dich an dieser Woche am
meisten beeindruckt?
Wie bist du zu Superar Schweiz
gekommen?
Es gab eine Ausschreibung an meiner
Schule mit der Frage, wer Lust hätte,
ein Instrument zu lernen und in
einem Orchester zu spielen. Ich hatte
schon einmal zwei Jahre lang ein
Instrument gelernt, aber das hat mich
gelangweilt. Die Vorstellung, gemeinsam mit anderen in einem
Orchester zu spielen, hat mir gefallen,
und so habe ich mich gemeldet.
Zuerst wollte ich Schlagzeug lernen,
aber dann bin ich beim Kontrabass
gelandet. Inzwischen sind wir im
Orchester eine richtige Familie
geworden. Wir helfen uns gegenseitig
und haben viel Spass miteinander.
20
Der Besuch in der Scala mit dem Konzert des venezolanischen Kinderorchesters war toll. Die spielen,
obwohl sie so jung sind, unglaublich
gut. Und sie haben einen grossen
Willen, weiterzukommen. Vielleicht
mehr als wir hier in Europa. Auch die
Möglichkeit, so viele Kollegen aus
anderen Ländern kennenzulernen,
hat mir sehr gefallen. Am Anfang war
es ein bisschen schwierig wegen der
Sprache. Aber wir haben uns schnell
verstanden.
Wirst du mit der Musik weitermachen?
Ja, auf jeden Fall. Aber nicht beruflich.
Ich möchte gerne Innenarchitektin
Teamwork nicht nur innerhalb des Orchesters. Auch
die Dirigenten arbeiten
side-by-side in den Proben.
Vier europäische und drei
venezolanische Dirigenten
leiten im Verlauf der
Summer-Camp-Woche
die Proben und Konzerte.
werden, aber auch weiterhin Musik
machen, vielleicht mehr Unterhaltungsmusik als klassische Musik.
Jaana Weyeneth aus Zürich ist 14
Jahre alt und spielt Kontrabass im
Superar Schweiz Orchester an der
Schule Heumatt in Zürich.
21
Orchester in Wien. Daneben absolviert er sein Dirigierstudium in Graz.
Ihn begeistert die Geschwindigkeit der Entwicklung. «Wenn man bedenkt, dass wir erst vor drei Jahren mit einem Workshop in Wien begonnen haben, um an einem Treffen mit dem Venezolanischen Kinderorchester in Salzburg teilnehmen zu können, dann ist es unglaublich,
was heute daraus geworden ist», so Campo. Für ihn zählt vor allem
die Qualität, die musikalische Exzellenz, die bei aller Konzentration auf
soziale Aspekte eine ebenso grosse Rolle spielen muss. «Wir müssen
jeden Tag aufs Neue gefordert sein, damit wir weiterkommen. Wenn
die Jugendlichen das Gefühl haben, stehenzubleiben, dann verlieren
sie das Interesse.»
Side-by-side
Orchesterprobenraum im Teatro alla Scala. Der Raum ist berstend voll.
Knapp 200 Musiker aus Venezuela und Europa haben ihre Plätze eingenommen und warten auf Dietrich Paredes, Chefdirigent des Caracas
Youth Orchestra. Er wird das side-by-side Konzert leiten. Auch Gustavo
Dudamel ist da und verfolgt das Geschehen mit Interesse. In einer
kurzen Pause ergreift er das Wort und bestellt Grüsse von Maestro José
Antonio Abreu. Abreu ist der Gründer von El Sistema Venezuela.
«Es geht einzig um euch,
die Kinder. Es geht
um Engagement – und
um Liebe.»
Sistema Europe SummerCamp 2015 – ein Blick
zurück im Film.
22
Seinen Traum von El Sistema in Mailand kann er unglücklicherweise
aus gesundheitlichen Gründen nicht persönlich miterleben. «Bei El
Sistema geht es nicht um uns, die Dirigenten, nicht um die Lehrer, nicht
um die Betreuer», mahnt Dudamel. «Es geht einzig um euch, die Kinder.
Es geht um Engagement – und um Liebe.» Dudamel fährt fort: «Vor
vierzig Jahren begann die Geschichte von El Sistema mit 11 Musikern
in Caracas. Es war der Beginn eines Traums. Und heute seid ihr alle Teil
dieses Traums. Ihr seid dieser Traum.» Und dann gibt es eine grosse,
unerwartete Überraschung. Es ist Dudamel, der mit dem Orchester zu
proben beginnt. Dies ist zweifellos ein Moment, der allen unauslöschlich in Erinnerung bleiben wird.
23
Pianissimo! Dirigent
Alessandro Cadario
(Sistema in Lombardia) bei
der Generalprobe.
Das Konzert schliesslich ist ein voller Erfolg. Das Theater ist an
diesem Freitagmittag bis auf den letzten Platz gefüllt. Nicht etwa mit dem
gewohnten Scala-Publikum, sondern mit Hunderten von Menschen,
die vermutlich überhaupt noch gar nie im legendären Mailänder Opernhaus waren. Alexander Pereira hatte schon die Tage zuvor aus der
Not eine Tugend gemacht: Wenn schon die Mailänder ferienhalber fehlten und die Expo-Touristen ausblieben, dann sollten – mithilfe von
Sponsoren – Menschen kommen dürfen, die sich einen Besuch in der
Scala unter normalen Bedingungen gar nicht leisten können und
mit klassischer Musik wenig Erfahrung haben. Die Gäste waren restlos begeistert und spendeten den Musikern frenetischen Beifall.
«Es war der Beginn eines
Traums. Und heute seid ihr
alle Teil dieses Traums.»
Europe meets Venezuela –
eine riesige Orchesterbesetzung auf der Bühne der
Mailänder Scala. Dietrich
Paredes, Chefdirigent des
Youth Orchestra of Caracas,
hat die Situation im Griff.
Er hat Erfahrung mit grossen
Klangkörpern.
Mitten im tosenden Publikum sassen auch jene Teilnehmer vom
Summer-Camp, die diesmal nicht auf der Bühne dabeisein konnten.
Sie profitierten ebenfalls von der Kartenaktion und freuten sich über
den Erfolg ihrer Musikerkollegen. Eine unbezahlbare Inspiration
und für viele junge Musiker eine einzigartige, bleibende Erfahrung.
Was bleibt
Die Woche geht zu Ende. Letzter, aber wichtigster Programmpunkt:
das grosse Schlusskonzert. Im Teatro degli Arcimboldi haben sich
Familienangehörige, Freunde, Musikerkollegen und Gäste versammelt.
Das Orchester spielt, als hätten die Musiker nie etwas anderes getan,
als gemeinsam zu musizieren. Alle geben ihr Bestes. Das Orchester ist
zu einem einzigen Klangkörper zusammengewachsen, die Arbeit ist
gelungen, der Applaus begeistert.
Viel zu schnell ist die Woche vergangen. Hinter der Bühne liegen
sich Musiker und Musikerinnen, Dirigenten, Tutoren und Organisatoren
in den Armen. Alles ist gut gegangen, aber bei aller Freude schwingt
24
25
auch Traurigkeit mit darüber, dass die Woche zu Ende ist. Lucas bedankt sich professionell für die vielen Glückwünsche seiner «Fans».
Und Fans hat er einige! Für einen kleinen Jungen von acht Jahren ist das
verführerisch. Lucy Maguire, seine Lehrerin und die Gründerin des
Londoner «Nucleo Project», sorgt aber dafür, dass Lucas auf dem Boden
bleibt. Sie weiss, dass es nicht mit dem Unterrichten eines Instruments getan ist, wenn man sich wirklich verantwortungsbewusst um
«seine» Kinder kümmern will. Jeder dieser Lehrer ist auch Freund,
Mentor, Berater, Sozialarbeiter und vieles mehr.
«Wir, die wir in El Sistema arbeiten, wir leben es», so eine sichtlich zufriedene und erleichterte Maria Majno am Ende der Woche.
«Bei allem, was wir tun, geht es um die Kinder. Dabei ist Musik wie eine
Nahrung: für das Wachsen, für das Dasein, für die Liebe. Es ist ein
Spannungsfeld zwischen Magie und Realität, in dem wir uns bewegen.»
Sprichts und ist schon wieder mit Organisatorischem beschäftigt.
Schliesslich sind einmal mehr 250 Teilnehmer zu verköstigen.
Was von dieser Woche bleibt, sind weit mehr als schöne Erinnerungen. Für die Musiker war es ein Lernprozess: von der Qualifikation für die Teilnahme über die Integration in ein neu formiertes
Orchester, die Arbeit mit neuen Kollegen bis hin zum erfolgreichen
Auftritt vor einem grossen Publikum. Für manche von ihnen, zum
Beispiel für jene, die sich nicht für das side-by-side Konzert qualifizierten, war es aber auch eine Erfahrung im Umgang mit Enttäuschung,
mit dem Scheitern an einer Aufgabe. Sie mussten sich der Herausforderung stellen, wie man trotz persönlicher Enttäuschung Teil eines
Ganzen bleiben und sich am Erfolg der anderen mitfreuen kann. Eine
Situation also, die exemplarisch steht für vieles, was diese jungen
Menschen in der Zukunft, im täglichen Leben erwartet. Über die
Musik lernen sie, diese Herausforderungen zu bestehen.
VIER FRAGEN AN …
LUCAS – THE
NUCLEO PROJECT,
LONDON
Wie bist du ins «Nucleo Project»
gekommen?
Meine Mutter hat mir davon erzählt,
dann habe ich mir verschiedene
Instrumente angesehen und überlegt, dass ich gerne Trompete spielen
möchte. Mir gefällt der Klang und
dass man darauf richtig hohe Töne
spielen kann. Vor fünf Monaten
habe ich dann begonnen. Ich gehe
viermal pro Woche in die Musikschule und spiele immer zwei Stun-
26
den. Und ich habe zwei Brüder, die
auch im Núcleo spielen – Geige und
Kontrabass. Aber ich spiele auch
Fussball, das gefällt mir ebenso gut.
Was war der Grund dafür,
dass du nach Mailand fahren
durftest?
Ich habe alle Stücke gelernt und
gut gespielt, und so wurde ich ausgewählt. Wir sind neun Musiker
aus unserem Projekt. Es ist toll, hier
zu sein, aber ich war auch ein bisschen enttäuscht, als ich erfuhr, dass
ich nicht bei allen Stücken mitspielen darf. Wir sind zu viele Trompeter,
und alle müssen drankommen.
Was gefällt dir am besten an
dieser Woche?
Dass hier alle nett sind zu mir. Ich
habe viele Freunde kennengelernt –
aus Portugal, Kroatien, Italien.
Und sie helfen mir alle.
Wirst du später einmal Musiker
werden?
Nein, sicher nicht. Ich werde Fussballer beim Chelsea Football Club!
Jeder dieser Lehrer ist auch
Freund, Mentor, Berater,
Sozialarbeiter und vieles mehr.
Erleichterung und Freude
nach dem grossen Auftritt. Die Anstrengung während der ganzen Woche
hat sich gelohnt, das Strahlen
in den Gesichtern spricht
für sich. Und die Grossen
feiern den Kleinsten.
Lucas Gebrehiwet wurde in London
als Sohn äthiopischer Eltern geboren.
Er ist acht Jahre alt. «The Nucleo
Project» London ist seine musikalische
Heimat. Dort lernt er seit April 2015
Trompete. Seine Lehrerin Lucy
Maguire – sie hat das Projekt 2013
gegründet – bezeichnet ihn als
überdurchschnittlich begabt. Und
sie hat bei Lucas auch ein grosses
Talent für das Dirigieren festgestellt,
das sie fördern will.
27
28
29
Kultur, Wissenschaft und Bildung
2015
Lektion in
Sachen
Zivilisation
Seit nunmehr zwanzig Jahren
unterstützt die Hilti Foundation
die Arbeit des französischen
Unterwasserarchäologen Franck
Goddio und seines Teams in
Ägypten. Seit Oktober 2015 sind
nun die jüngsten Ergebnisse der
Forschungsarbeit in der Ausstellung «Osiris. Egypt’s Sunken
Mysteries» im Pariser «Institut
du Monde Arabe» zu sehen.
30
31
32
33
Im Mai 2016 wird die Schau im
British Museum in London
und ab Februar 2017 schliesslich
im Museum Rietberg Zürich
gezeigt. Eine gute Gelegenheit
für ein Gespräch mit Franck
Goddio.
Vor zwanzig Jahren begann Ihre Zusammenarbeit
mit der Hilti Foundation in Ägypten mit einer ersten
Sondierung. Warum gerade Ägypten?
Der Entscheidung, mein Leben ganz der Unterwasserarchäologie zu
widmen, gingen Besuche bei verschiedenen laufenden Projekten in
diesem Themengebiet voraus. So war ich eingeladen bei Jacques Dumas
in Ägypten, der zu dieser Zeit eine Ausgrabung von Napoleon Bonapartes Flaggschiff «L’Orient» vorbereitete, das 1798 in der Seeschlacht
bei Abukir gesunken war. Das Wrack hatte Dumas im Zuge einer
geophysischen Sondierung 1983 entdeckt.
Während dieses Aufenthaltes konnte ich mit mehreren ägyptischen
Archäologen die Möglichkeiten für ein Projekt im Bereich der Unterwasserarchäologie diskutieren. Dabei kam die Sprache auf mehrere verschollene Städte in der Gegend um Alexandria. Darauf hin habe ich
die gesamte vorhandene Literatur zu diesen Städten studiert und auch
die seit dem 19. Jahrhundert publizierten Berichte über archäologische Untersuchungen in der Region. So erfuhr ich unter anderem, dass
einige Wissenschaftler im frühen 20. Jahrhundert die Meinung vertraten, diese Städte könnten möglicherweise zur Gänze vom Mittelmeer
überschwemmt worden und deshalb bis anhin nicht gefunden worden
sein. Dies galt damals sowohl für den Grossen Hafen von Alexandria mit
den Palästen und Tempeln in den königlichen Bezirken, für die Stadt
Kanopus mit ihrem bedeutenden Osiris-Tempel, für Heraklion mit dem
berühmten Tempel des Amon Gereb, dem wichtigsten Heiligtum zur
Sicherung des Fortbestandes der Dynastien, wie auch für Thonis, das vor
der Gründung von Alexandria das Handelszentrum am Mittelmeer
war. Ich dachte ernsthaft über diese gewaltige Aufgabe nach, kam dann
aber aufgrund des riesigen Umfangs des Projektes und der offensichtlichen technischen Schwierigkeiten zum Schluss, dieses Unternehmen zu
verschieben. Damals existierte das notwendige geophysische Equipment
ja noch gar nicht. Ich war der Ansicht, dass man zuerst entsprechende
Sondierungstechniken entwickeln musste, bevor man sich an ein solches
Projekt heranwagen konnte.
34
35
Unsere Arbeit orientierte sich ausschliesslich entlang antiker Texte.
Wenn man ein solches Abenteuer beginnt, kann man nicht umhin,
manchmal zu zweifeln, ob das überhaupt realistisch ist. Die Texte konnten ja pure Erfindung sein. Ich hoffte damals, dass es uns wenigstens
gelingen würde, einige Hinweise auf archäologische Stätten zu finden,
die dann eventuell wiederum Hypothesen über deren Identität zulassen würden. Ich war weit davon entfernt zu glauben, dass es uns gelingen würde, all diese Stätten – und das in einem Zeitraum von nur fünf
Jahren – zu finden und zu identifizieren, geschweige denn, dass es ganze
Städte mit überaus gut erhaltenen Strukturen sein würden, die sich
unserer Neugierde erschliessen sollten.
Was waren Ihre Erwartungen zum damaligen
Zeitpunkt?
1992 beschloss ich, in Partnerschaft mit dem ägyptischen Ministry of
Antiquities ein Projekt in Ägypten zu gründen. Zuvor hatte ich – in
Zusammenarbeit mit der Französischen Agentur für Atomforschung
(CEA) – einen nuklearen Resonanz-Magnetometer entwickelt und
getestet. Ausserdem hatte ich gemeinsam mit meinem Team während
sieben Jahren in den Philippinen in Zusammenarbeit mit dem dortigen Nationalmuseum Erfahrungen auf dem Gebiet der unterwasserarchäologischen Forschung sammeln können. Ziel des Projektes in
Ägypten waren die Lokalisierung, Ausgrabung und das Studium der
verschollenen Städte von Kanopus, Heraklion und Thonis, Städte,
die verbunden waren durch ihre Geschichte und ihre geografische
Lage. Eine Wiederentdeckung dieser Städte würde viele geschichtliche
Fragen beantworten, und Ausgrabungen dieser Stätten könnten neue
Details zur Geschichte Ägyptens ans Tageslicht bringen.
1996 unterstützte die Hilti Foundation meine erste Ausgrabung
im «Portus Magnus» von Alexandria ebenso wie die elektronischen
Sondierungen in der Bucht von Abukir, wo wir nach den verschwundenen Städten Kanopus, Heraklion und Thonis suchten. Es war der
Beginn einer langjährigen Zusammenarbeit.
36
Wenn Sie auf diese zwanzig Jahre zurückblicken,
welches war der bedeutendste Moment aus
heutiger Sicht?
Wenn wir – mein Team und ich – heute zurückschauen, so waren es
mehrere Ergebnisse, die uns besonders begeistert haben. Dazu gehören
die Erstellung einer genauen Karte des «Portus Magnus», des Grossen
Hafens von Alexandria, die Entdeckung des Osiris-Serapis-Tempels in
Kanopus, aber auch die Wiederentdeckung von Heraklion. Gerade
die Arbeit in dieser berühmten und nahezu mythischen Stadt bringt uns
jedes Jahr aufs Neue unvergleichlich lohnende Erfahrungen. Die Identifizierung des Amon-Gereb-Tempels durch die Auffindung eines Schreins,
gehauen aus einem einzigen Steinblock, mit der entsprechenden Inschrift, oder auch die Entdeckung einer Stele unter einer Mauer dieses
Tempels, die uns Klarheit darüber brachte, dass wir uns in der Stadt
Thonis befanden, das alles sind unvergessliche Erinnerungen. Ein 2000
Jahre altes Rätsel wurde damit gelöst: Das griechische Heraklion, das
Herodot einst besucht hatte, war identisch mit dem berühmten ägyptischen Handelszentrum Thonis.
37
Auch die Entdeckung von Artefakten, einzigartig in ihrer Schönheit
und historischen Bedeutung, ist immer wieder eine Quelle der Freude.
Solch ein magischer Moment war das Heben einer Diorit-Statue der Königin Arsinoe II. mit ihrem transparenten und sich nass an den Körper
schmiegenden Gewand. Oder die Komplettierung des «Naos der Dekaden», eines der wichtigsten astronomischen Denkmäler Ägyptens
und der erste astrologische Kalender der Welt, auch das ist ein erinnerungswürdiger Moment. Der erste Teil dieses archäologischen Puzzles
war 1776 an Land entdeckt worden, weitere Fragmente tauchten in
den 1930er-Jahren auf, aber erst die Auffindung der fehlenden Teile im
Osiris-Serapis-Tempel in Kanopus konnte die mehr als 200 Jahre andauernden wissenschaftlichen Forschungen zu Ende bringen.
Ich möchte aber auch nach vorne schauen und glaube wir dürfen
stolz sein, dass wir mithilfe der Hilti Foundation ein Team auf bauen
konnten, das richtungsweisende Sondierungstechniken entwickelt hat
und höchste Kompetenz im Bereich von Unterwasserausgrabungen
besitzt. Auch die Gründung des Oxford Centre for Maritime Archaeology
der Universität Oxford (OCMA) und die Zusammenarbeit mit den
englischen Kollegen sind von grosser Bedeutung für unser Projekt. Die
dort erscheinenden wissenschaftlichen Publikationen setzen neue
Standards für die Unterwasserarchäologie.
Für die Hilti Foundation war es immer von besonderer Bedeutung, die Ergebnisse Ihrer Arbeit einem
breiten Publikum zugänglich zu machen. So haben
Sie nun, nach einer ersten überaus erfolgreichen
internationalen Ausstellungsserie von 2006 bis 2012
unter dem Titel «Ägyptens versunkene Schätze», eine
neue Ausstellung konzipiert mit dem Titel «Osiris».
Worum geht es in dieser Ausstellung?
Neben unseren wissenschaftlichen Publikationen betrachten wir es als
wichtige Aufgabe, unsere Forschungsergebnisse mit einer breiteren
Öffentlichkeit zu teilen. Wir tun dies auf unterschiedliche Art und Weise:
Wir publizieren Bücher für eine breite Leserschaft ebenso wie spezielle
Bücher für Kinder, Artikel in Magazinen mit dem Anspruch, die wissenschaftliche Integrität zu wahren und doch allgemein verständlich zu
sein. Dabei hilft uns auch das Bildmaterial, das wir in grossem Umfang
bei allen unseren Grabungskampagnen produzieren und das dem Betrachter die Magie der Unterwasserarchäologie zu vermitteln vermag.
Und wir produzieren Filme über die Arbeit unseres Teams und teilen
damit unsere Ergebnisse mit Millionen von Zuschauern.
Die interessanteste und attraktivste Art der Vermittlung aber sind
vermutlich internationale Ausstellungen. Sie konfrontieren den Besucher
unmittelbar mit den Artefakten, die manchmal wertvoll und aussergewöhnlich, manchmal aber auch einfache Zeugen des täglichen Lebens
sind. Sie rufen starke Gefühle beim Betrachter wach. Sie geben Zeugnis
davon, wie Menschen in vergangenen Zivilisationen gelebt, gebetet,
manchmal gekämpft haben. Und sie führen den Betrachter auch zu einer
Auseinandersetzung mit sich selbst. Die Unmittelbarkeit und Nähe zu
den Objekten ist Quelle für Wissen und Emotion.
Die derzeit laufende Ausstellung «Osiris. Egypt’s Sunken Mysteries»
zeigt knapp 300 Artefakte, von denen 250 aus unseren Ausgrabungen
stammen, ergänzt durch rund vierzig Meisterstücke aus ägyptischen Museen. Die Ausstellung kommt zu einer wichtigen Zeit und im richtigen
Moment: Sie zeigt einen der Gründungsmythen des Alten Ägypten, basierend auf den Ergebnissen unserer Arbeit in Kanopus und Heraklion. Es
ist ein Tauchgang in vergangene Religionen und Glaubenswelten, die
durch rund 4000 Jahre Bestand hatten. Die Ausstellung unterstreicht, wie
wichtig es ist, die Vergangenheit zu kennen, um eine bessere Zukunft
zu gestalten. In einem Moment, in dem archäologische Zeugnisse in
Kriegsregionen zerstört werden und in der die Erinnerung an die Vergangenheit ausgelöscht wird, wie im syrischen Palmyra, ist diese Ausstellung eine Lektion in Sachen Zivilisation.
Sunken cities: Egypt’s lost worlds
London, British Museum
19. Mai bis 27. November 2016
OSIRIS
Zürich, Museum Rietberg
9. Februar bis 13. August 2017
38
39
Von der Baugenossenschaft
zum stillen Örtchen
Bruno Walt
Geschäftsführung
Die Hilti Foundation folgt der Überzeugung, dass Hilfe vor
allem dann nachhaltig ist, wenn der Impuls, ein Projekt
zu starten oder weiterzuführen, von den Betroffenen selbst kommt. Das
bedeutet, dass bereits das Projektdesign im Dialog mit den begünstigten Partnern entstehen muss. Im Gespräch miteinander werden Bedürfnisse und pragmatische Lösungen gemeinsam definiert. Das Ziel,
dass die Begünstigten das Projekt nach einer Anschubunterstützung von
drei bis fünf Jahren eigenverantwortlich übernehmen, wird von Anfang
an mitbedacht.
So ist in Sambia ein Projekt entstanden, das einerseits mit einer Ausbildungsstätte für Krankenschwestern und Krankenpfleger die Gesundheitsversorgung in ländlichen Regionen sicherstellt. Darüber hinaus trägt
eine Wohnbaugenossenschaft dazu bei, dass die ausgebildeten Berufsleute den nötigen Wohnraum finden, um nicht in die städtischen Ghettos
abwandern zu müssen. Dass der so geschaffene Wohnraum über die
Mieteinnahmen schliesslich das jeweilige Spital mitfinanziert, stellt das
gesamte Projekt auf eine nachhaltige finanzielle Basis.
In Sambia hat sich ausserdem ein Nebenthema gezeigt, das exemplarisch
ist für die Lebensumstände Nicht-Privilegierter auf der ganzen Welt.
Ein Thema, über das man sprechen muss, obwohl es tabuisiert ist. Es gehört zu einem menschenwürdigen Leben, dass man seine Notdurft in
einer komfortablen, sauberen und für die Gesundheit sicheren Umgebung verrichten kann. Die Hilti Foundation unterstützt ein Projekt von
X-Runner für wasserlose Standard-Toiletten, die so konstruiert sind,
dass sich die Fäkalien als Kompost wiederverwerten lassen. Das Pilotprojekt, von dem wir hoffen, dass es universell einsetzbar sein wird,
wird derzeit in einem Slum in Lima getestet.
40
41
Beruf liche Aus- und Weiterbildung
2015
Diplom für
eine bessere
Zukunft
Fast die Hälfte der sambischen
Bevölkerung ist unter 15 Jahre alt
und arm. Mehr noch als die Armut
schmerzt junge Menschen, dass
sie kaum eine Chance haben, ihr zu
entkommen. Die Hilti Foundation
hat gemeinsam mit SolidarMed und
lokalen Kräften ein Pilotprojekt
im Gesundheitsbereich ins Leben
gerufen, das Perspektiven
schafft.
42
43
Die Sambier legen Wert
darauf, die Dinge auf
sambische Art anzupacken. Sie bringen viele
Ideen ein, das macht die
Diskussion mit ihnen
ausgesprochen interessant. Unsere Partner
nehmen ihre Aufgabe
sehr ernst und wir
wiederum können ihnen
viele Türen öffnen.
Martina Weber
Martina Weber ist Länderkoordinatorin bei
SolidarMed. Die Sozialpädagogin mit MBA absolvierte eine Zusatzausbildung im Gesundheitswesen. Die Mutter eines Sohnes ist eine ausgewiesene Sambia-Kennerin. Gemeinsam mit ihrem
Mann Klaus Thieme betreut sie das Hilti
Foundation-Projekt.
44
45
Irgendwann hören die Strommasten auf und dann fliegt das offene
Land vorbei, der afrikanische Busch mit Bäumen bis zum Horizont.
Mopanis, Regenbäume, Mahagonis und Baobabs, die in den Himmel
ragen wie Scherenschnitte. Es gibt nur wenige Dörfer, Dutzende von
Kilometern voneinander entfernt. Einfache Siedlungen mit einem Dorfplatz, wo sich die Menschen im Schatten eines Baumes zum Plaudern
treffen. Am Strassenrand liegen hin und wieder Bündel aus getrocknetem
Elefantengras. So kurz vor der Regenzeit werden die Strohdächer über
den Rundhütten frisch gedeckt. Ausser Elefantengras gibt es nichts
zu kaufen, nur ein paar Mangos und riesig schwere Säcke mit Holzkohle,
die man auf dem Fahrrad durch die Hitze nach Hause pedalt. Es ist
brütend heiss, 45 Grad.
Strom gibt es nicht, fliessendes Wasser gibt es nicht,
sanitäre Anlagen nur im
Ausnahmefall.
Keine 250 Kilometer östlich der sambischen Hauptstadt Lusaka
sind die Menschen arm. Sie essen, was sie selber anpflanzen. Gekocht
wird auf der Glut. Der einzige Luxus, den man sich hin und wieder
gönnt, ist ein geräucherter Fisch aus dem Sambesi-Fluss. Vorausgesetzt,
man hat genügend Geld für die Busfahrt zum Markt. Strom gibt es
nicht, fliessendes Wasser gibt es nicht, sanitäre Anlagen nur im Ausnahmefall. Der Alltag ist beschwerlich. Dazu kommt das bedrückende
Gefühl, dass man der Armut nicht entkommen wird. Es gibt zwar Schulen, aber keine weiterführende Ausbildung. Fachkräfte in ländlichen
Gebieten werden händeringend gesucht, aber auf dem Land gibt es gar
keine Institutionen, wo junge Leute eine vernünftige Ausbildung
bekommen können. Manche schaffen es in die Stadt. Sie kommen nie
wieder zurück, was für ländliche Regionen eine weitere wirtschaftliche Verödung bedeutet.
Im Human Development
Index 2014 liegt Sambia auf
Platz 141 von 187. Sobald
man die Hauptstadt Lusaka
verlässt, ist die Armut
überall sichtbar. So bieten
etwa strohgedeckte Hütten kaum Schutz vor den
sintflutartigen Regenfällen.
Für Kinder zwischen 7 und
14 Jahren besteht allgemeine
Schulpflicht. Da die Bevölkerung um jährlich 500 000
Menschen zunimmt, steht der
Staat vor gewaltigen Herausforderungen. Besonders
problematisch ist das Fehlen
weiterführender Bildung
nach der Primarschule in
ländlichen Gegenden.
8000 Pflegende fehlen
Gemeinsam mit SolidarMed und lokalen Partnern engagiert sich die
Hilti Foundation in einem Pilotprojekt, das jungen Menschen den
Ausstieg aus der Armut ermöglicht und mithelfen soll, dass die ausgebildeten Kräfte in ländlichen Regionen bleiben. In Sambia fehlen
derzeit 8000 Krankenschwestern, Krankenpfleger und Hebammen.
Tendenz steigend, denn jedes Jahr wächst die Bevölkerung Sambias
um rund 500 000 Menschen, was ungefähr einer Stadt wie Zürich
entspricht. In diesen Bereich zu investieren, macht Sinn. Zum einen,
weil Gesundheit die Voraussetzung bildet für Entwicklung und ein
selbstbestimmtes Leben. Zum anderen, weil die Absolventen der
Pflegeschule nach der Diplomierung jederzeit eine Stelle und so ein
Auskommen finden.
46
47
The Big Five:
Die grössten
Herausforderungen Sambias
WASSER
TREIBSTOFF
Im heissen Sambia Mangelware.
Bei Bohrtiefen von 65 Metern kann
nur die Solarkraft helfen, das Wasser
an die Oberfläche zu bringen. Im
Projekt der Hilti Foundation musste
ein zweites Bohrloch für die Unterkünfte angelegt werden, damit
die Wasserversorgung im Spital
nicht zusammenbricht.
In ländlichen Gebieten gibt es kaum
Tankstellen und wenn doch, ist
der Treibstoff oft ausverkauft.
Schlecht für die Mobilität und den
Betrieb von dieselbetriebenen
Stromgeneratoren.
STROM
In elektrifi zierten Gebieten kommt
es täglich zu mehrstündigen Stromunterbrüchen. In nicht elektrifi zierten
Gebieten haben die Menschen kein
Licht, keinen Strom zum Kochen,
keine Hilfe von Maschinen und keine
Möglichkeit, sich mit E-Learning
weiterzubilden.
48
BARGELD
Grösstes Problem für die Armen:
Wie komme ich an Cash? Subsistenzwirtschaft allein generiert kein
Bargeld. Ohne Bargeld keine Investmentmöglichkeiten, keine Mobilität, keine Anschaff ungen, keine
Bildung.
Auf dem Bauplatz: Schwester
Christina vom Katondwe
Sacred Heart Hospital und
Bauingenieurin Christel
Kappeler, welche die Bauarbeiter zuerst anlernen
musste, bevor gebaut werden
konnte. Baufachkräfte sind
auf dem Land kaum zu
bekommen.
Fliessendes Wasser, Schattendächer, sanitäre Einrichtung: Drei von vier geplanten
Personalhäusern sind inzwischen bezugsfertig. Die Häuser
helfen mit, Fachkräfte an
das Buschspital zu binden.
Not macht erfi nderisch:
Mit ausgedienten Plastiktüten
und Bast haben fussballbegeisterte Buben in Luangwa
einen Ball gebastelt.
PERSPEKTIVEN
Gerade in ruralen Gebieten sind die
Chancen, etwas aus sich und dem
Leben zu machen, extrem dünn gesät.
Solange es keine Weiterbildungsmöglichkeiten auf dem Land gibt, gibt
es nur einen Weg, den in die Stadt.
49
Gemeinsam anpacken
«Selber etwas auf die Beine zu stellen, ist nicht nachhaltig», erläutert
Martina Weber von SolidarMed. «Dann hat man zwar ein schönes
Projekt, aber sobald man sich zurückzieht, ist die Chance gross, dass
das Projekt zerfällt. Wir arbeiten eng mit den nationalen und regionalen Behörden und Partnern zusammen. Und wir wollten Partner
finden, die bereits in diesem Bereich tätig waren.» Fündig geworden ist
Weber in Mpanshya, wo Toddy Sinkamba am St. Luke’s Hospital seit
2009 damit beschäftigt war, eine Ausbildungsstätte für Pflegepersonal
aufzubauen. Sinkamba, ein blitzgescheiter Mann mit viel Humor,
kämpfte und kämpft noch immer mit unzähligen Herausforderungen, die er mit einer beeindruckenden Energie und Erfindungsgabe meistert.
Mangelware Wohnraum
Erstes empfindliches Problem: Es gab keinen Wohnraum, weder für
die Studenten noch für die Dozenten. In einer Region, in der Bargeld Mangelware ist, hat niemand das Kapital, Wohnraum zu bauen,
um ihn anschliessend zu vermieten. Die Spitäler, mit denen SolidarMed
zusammenarbeitete, waren diesbezüglich sich selbst überlassen und
konnten ihrem Personal aufgrund der angespannten Finanzlage nur
gerade Notunterkünfte anbieten. Das führte zur Absurdität, dass Menschen, die beruflich auf Hygiene ausgerichtet sind, privat keine Möglichkeit hatten, minimale Hygiene-Standards einzuhalten. Eine Dusche
nach stundenlanger körperlicher Anstrengung im Spital? Ein stilles
Örtchen mit fliessend Wasser? Ein wenig Ruhe und Erholung nach der
Arbeit? Kochen ohne den Gang zum Brunnen? Fehlanzeige! Die
Unterkünfte waren rudimentär und überbelegt und bildeten damit
einen weiteren Stressfaktor zum ohnehin schon belastenden
Arbeitspensum.
SOLIDARMED
GEGRÜNDET
1926
50
Die Schweizer Organisation für
Ge­sundheit in Afrika wurde 1926
gegründet. Als mittelgrosse Hilfsorganisation konzentriert sich
SolidarMed auf wenige Länder und
dort vorwiegend auf abgelegene
Gebiete. Konkret ist SolidarMed in
den Ländern Lesotho, Mosambik,
Tansania, Sambia und Simbabwe
tätig. Die Expertise von SolidarMed
ist gefragt. Sowohl die DEZA wie
auch private Partner, ganz besonders
aber Regierungen in den Zielländern und lokale Gesundheitsbehörden, schätzen den Rat und das
systemisch-medizinische Wissen
von SolidarMed.
Die qualitativ hochwertige Ausbil­­dung von Gesundheitspersonal ist ein
wichtiger Schwerpunkt des SolidarMed-Engagements. Die Organisation
vertritt den Standpunkt, dass erst
Gesundheit Entwicklung ermöglicht.
Pionierarbeit leistete SolidarMed
auf dem Gebiet der HIV/Aids-Behandlung. SolidarMed bewies, dass tech­nisch anspruchsvolle Laborunter­
suchungen in Afrika möglich sind und
zu einer dauerhaften Verbesserung
der Gesundheit von HIV/Aids-Patienten führen. Inzwischen erhalten
15 Millionen Menschen in Afrika
lebensrettende Medikamente.
Gute Wohnmöglichkeiten
sind ein unschätzbarer
Trumpf in der Bemühung,
qualifizierte Fachkräfte
zu rekrutieren und vor allem
zum Bleiben zu bewegen.
51
Fehlende Praxis
Zweites Problem: Wo sollten die Studenten praktische Erfahrungen
sammeln? In einem 100-Betten-Spital kommen mehrere hundert Auszubildende nicht zu der nötigen Übung. Den erforderlichen Prozentsatz
von 70 % Theorie und 30 % praktischer Erfahrung können in Sambia
viele Spitäler gar nicht einhalten. Toddy Sinkamba und seinem Team war
es wichtig, dass die Studenten ein qualitativ hochstehendes Praktikum
machen können. Sinkamba erläutert: «Momentan gibt es im Ministerium
die Diskussion, ob man den Pflegeberuf mit einem Universitätsabschluss
aufwerten soll. Der Minister hat aber betont, dass das Ziel der Ausbildung in jedem Fall die praktische Erfahrung sein soll. Wir brauchen nicht
nur mehr Gesundheitspersonal, sondern vor allem besser geschultes
Personal. Hier in Mpanshya legen wir grossen Wert auf die ständige
Qualitätsverbesserung.»
Wohnraum als unschlagbarer Trumpf
Gruppenarbeit in der
St. Luke’s School of Nursing.
Hier lernen die Jugendlichen, wie man eine bettlägerige Patientin wäscht. Die
Übungspuppe ist weiss,
schwarze Puppen konnte die
Schulleitung nirgends
bekommen.
Dank der Hilti Foundation und dem intensiven Engagement von
SolidarMed sowie der Schulleitung in Mpanshya konnten wegweisende
Lösungen entwickelt werden. So wurde eine Wohnbaugenossenschaft
gegründet, die inzwischen bereits sieben Personalhäuser gebaut hat.
Der Clou dabei: Mietüberschüsse fliessen ins Spital zurück und ermöglichen so weitere wichtige Anschaffungen wie z. B. ein Ultraschall-
Die Ausbildungshebamme
Chisyomo Matende übt mit
den angehenden Hebammen, wie man ein Bett für
Mutter und Kind fachgerecht vorbereitet.
Bisher war Hebamme eine
Zusatzausbildung, die nach
der Lehre zur Krankenschwester absolviert wurde.
In Zukunft werden die beiden Ausbildungen zusammengefasst, sodass alle ausgebildeten Pflegekräfte
auch Geburtshilfe leisten
können.
Equipment. Ausserdem ist es möglich, die Überschüsse für die Renovierung bereits vorhandener Bauten zu verwenden. Unterstützt wird die
Genossenschaft auch vom sambischen Staat, der dem Gesundheitspersonal Wohnzuschüsse bewilligt. Geleitet wird die Wohnbaugenossenschaft
von Mitgliedern der Spital-Administration. Diese haben ein natür­l iches
Interesse, die Geschäfte gut zu leiten. Reklamationen über unhaltbare
Wohnverhältnisse landen nämlich zuerst auf ihrem Tisch. Und sie sind
es auch, die oft vergeblich nach Fachpersonal Ausschau halten. Gute
Wohnmöglichkeiten anbieten zu können, ist ein unschätzbarer Trumpf
in der Bemühung, qualifizierte Fachkräfte zu rekrutieren und vor
allem zum Bleiben zu bewegen.
Fortsetzung auf Seite 60
52
53
Die WHO -Richtlinien
empfehlen, dass man das
Gesundheitspersonal
auf dem Land ausbildet.
Das erhöht die Chancen,
dass es nach der Ausbildung auch dableibt.
Unserer Erfahrung nach
stimmt das, denn 73%
unserer Absolventen
geben an, dass sie gerne
weiter auf dem Land
arbeiten würden.
Toddy Sinkamba
Toddy Sinkamba ist Schulleiter der St. Luke’s Nursing
School in Mpanshya. Der Krankenpfleger hat an
der Universität von Sambia einen Bachelor gemacht
und macht derzeit an einer indischen Fernuniversität den Master. Vor 2009 war der Vater von vier
Kindern bereits zehn Jahre an einer Pflegeschule im
Nordwesten tätig.
54
55
Ich arbeite sehr gerne mit
jungen Menschen zusammen. Zu sehen, wie sie
hierherkommen und am
Anfang praktisch nichts
wissen über die Krankenpflege, und sie dann
zu begleiten bis zum
Abschluss, das macht mir
grosse Freude. Ich will,
dass sie zu den Besten des
Landes gehören.
Alice Cilembo
Alice Cilembo kam 2007 in den Luangwa-Distrikt als
Leiterin von Gesundheitsprogrammen. Von 2009 bis
2012 war sie leitende Krankenschwester im Spital
von Katondwe. Seither arbeitet die Mutter von sechs
Kindern als klinisch-praktische Instruktorin.
56
57
in Katondwe,
geleitet von
Sr. Mira Gora
in Chongwe,
geleitet von
Dr. Eularia Chilala
in Nyimbe
(in Planung)
klinisch-praktische
Instruktoren
2012: 6
2015: 10
58
Wunschliste
❚
❚
❚
Solarstrom für
den Ausbau von
E-Learning
Grössere
Bibliothek
6 Stellen für
Theorie-Tutoren
231
dezentrale
Übungshospitale
3 Jahre für
Krankenpflege
4 Jahre für
Krankenpflege
& Hebamme
2015: 106
neue
Studentenunterkünfte
Ausbildungszeit
2009: 30
häuser
Studierende insgesamt
7
3
3
neue
Personal-
Studierende im 1. Ausbildungsjahr
Auf- und Ausbau einer
Schule für Krankenpflege
in Mpanshya am
St. Luke’s Hospital
59
Ein Krankenhaus auf dem
Land zu leiten, ist in Sambia
eine Herausforderung.
Wasser- und Strommangel
erfordern ein geschicktes
Timing. Geröntgt wird
nachts, da das Röntgengerät
tagsüber zu heiss wird
und nicht zuverlässig funktioniert.
Fortsetzung von Seite 53
Dank dem Investment von Hilti Foundation und dem Einsatz
von SolidarMed-Projektleiter Klaus Thieme konnten inzwischen sieben
Personalhäuser und drei Studentenunterkünfte gebaut werden. Die
Theorie-Tutoren, die klinisch-praktischen Instruktoren, aber auch die
Studenten sind begeistert. Sie schätzen diese Unterkünfte enorm, denn
schliesslich gelten fliessendes Wasser und ausreichend Privatsphäre
selbst in der Hauptstadt als Luxus. In der nächsten Projektphase sind
weitere Unterkünfte geplant, ebenso wie eine Stelle für den Unterhalt
der Gebäude. In Sambia ist die Witterung extrem. Sie schwankt zwischen extrem heissen Trockenperioden, sintflutartigen Regenfällen und
Zeiten mit eisig kaltem Wind, wo man in Mütze, Schal und dicken
Socken unterwegs ist. Der Materialverschleiss ist entsprechend hoch
und Fachkräfte, welche die naturbedingten Schäden reparieren
können, sind rar.
Dezentrale Ausbildung
Sambische Krankenschwestern und Krankenpfleger
tragen eine grössere Verantwortung als ihre Kollegen
in Europa. Sie übernehmen
viele medizinische Leistungen, für die es in Europa
einen Arzt braucht.
Auch das Problem der praktischen Übung wurde gelöst: Zwei weitere
Spitäler in Katondwe und Chongwe konnten in das Projekt integriert
werden. Sie nehmen Studierende auf und betreuen sie während ihres
Praktikums. Für beide Seiten ist das eine Win-win-Situation: Die
Studierenden lernen über die Rotation andere Pflegeschwerpunkte
ZWEI FRAGEN AN …
JOCHEN
EHMER
Tropenarzt und Geschäftsleiter
von SolidarMed
Es gibt Stimmen, die behaupten, Afrika sei ein Fass ohne
Boden. Entwicklungshilfe sei
nicht nur sinnlos, sondern
kontraproduktiv. Wie sehen
Sie das?
Unsere Erfahrung ist das nicht, wir
sind positiv gestimmt. SolidarMed ist
seit 1926 in Afrika tätig. Zentral ist
allerdings nicht die Frage, WAS
man macht, sondern WIE man hilft.
Bevor sich SolidarMed in einem Land
engagiert, wird zuerst eine Poten­
60
zialanalyse vorgenommen und
geprüft, ob es verlässliche Partner
gibt und ob eine Investition Sinn
macht. Wir bauen nicht einfach ein
Spital und gehen wieder. Wichtig
für uns sind Innovation, Effizienz
und Nachhaltigkeit. Gemeinsam mit
den lokalen Partnern wirken wir
darauf ein, das Gesundheitssystem
effizienter zu machen. Wenn wir
uns nach sieben bis zehn Jahren aus
einem Projekt zurückziehen, wird
es von lokalen Partnern weitergetragen. Das funktioniert nachweislich
gut. Es kam allerdings schon einmal
vor, dass wir ein Projekt abgebro­chen haben, weil sich die Partnerschaft nicht gut entwickelt hat.
Können Sie ein Beispiel nennen
für Systemveränderung?
SolidarMed will Afrika nicht entwickeln. SolidarMed kann aber dazu
beitragen, dass Afrika sich selbst entwickelt. Als Partner werden wir
ernstgenommen. In Sambia arbeiten
wir mit dem Gesundheitsministerium an der Definition medizinischer
Lehrpläne. Ein Beispiel ist das Curri­culum für sog. Hilfsärzte. Nach einer
verkürzten Ausbildung können sie
Kaiserschnitte vornehmen, Hernien
operieren oder Brüche fixieren. Hilfsärzte decken zwar nicht das gesamte
medizinische Spektrum ab, für die
medizinische Grundversorgung auf
dem Land jedoch sind sie hervorragend geeignet und unverzichtbar. Die
Tatsache, dass die Ausbildung jener
von Medizinern nicht gleichgestellt
ist, verhindert ihre Abwanderung
in wohlhabende Staaten. Viele arme
Länder haben mit diesem Modell
sehr gute Erfahrungen gemacht.
61
Für Europäer eher ungewohnt, für Sambier aber ein
Zeichen von Respekt und
Wertschätzung: die formelle
Begrüssung und ein Willkommenslied. Scannen Sie
den QR-Code mit Ihrem
Handy, um zu hören, wie
die Hilti Foundation
in Katondwe empfangen
wurde.
kennen und können sehr viel üben. So wird beispielsweise das Spital in
Katondwe von einer ausgezeichneten Chirurgin geleitet, der polnischen Ordensschwester Mira Gora. In unmittelbarer Nähe zum Sambesi-Fluss ist diese Art der medizinischen Spezialisierung denn auch
bitter nötig. Flusspferde kühlen sich tagsüber oft unter der Wasseroberfläche ab. Kollidiert ein Fischer mit dem Rücken dieses aggressiven
Tieres, kommt es zu lebensgefährlichen Stanzbissen. Knochenbrüche
von Krokodilschwanz-Schlägen oder Bisswunden von Leoparden,
die man versehentlich im hohen Gras aufgeschreckt hat, gehören ebenfalls zu lokal üblichen Verletzungen. Landeinwärts, das Spital von
Chongwe ist hingegen bekannt für seine gute Entbindungsstation. Hier
kommen pro Jahr fast 2000 Kinder zur Welt. Genügend Gelegenheit
also für die angehenden Hebammen, ihre Fähigkeiten unter professioneller Aufsicht zu üben.
Doch auch die Spitäler selbst profitieren: Sie verfügen ab dem
2. Ausbildungsjahr über mehr und besser ausgebildete Kräfte. Die Pflegequalität der involvierten Spitäler verbessert sich insgesamt. Erstens
weil sie Vorbildfunktion ausüben müssen und zweitens weil die Kontrollen durch die Standesvertretung «General Nursing Council» in
Ausbildungsspitälern besonders streng ist.
Das Gesundheitsministerium
überzeugen
Die Welt ist komplex. Das bedeutet, dass auch Lösungen gut durchdacht
und multisolutional sein müssen. Im Projekt der Hilti Foundation in
Sambia sind bereits nach drei Jahren die ersten Erfolge sichtbar. «Im Juni
waren nationale Abschlussprüfungen», erzählt Toddy Sinkamba. «Wir
haben kürzlich einen Brief vom Ministerium erhalten, in dem man uns
zu unserer ausgezeichneten Arbeit gratuliert. Unsere Absolventen
haben überdurchschnittlich gut abgeschnitten.» Dann lacht er. «Leider
war kein Scheck im Brief, aber ich hoffe, wir können das Ministerium
nach und nach davon überzeugen, dass es uns weitere, dringend benötigte Stellen für klinisch-praktische Instruktoren bewilligt.»
62
Wir haben kürzlich einen
Brief vom Ministerium
erhalten, in dem man uns
zu unserer ausgezeichneten Arbeit gratuliert.
63
Beeindruckendes Engagement
Beatrix Bättig Staud
Projektmanagerin der Hilti Foundation
Die Chaostheorie besagt, dass der Flügelschlag eines
Schmetterlings am Amazonas bei uns einen Wirbelsturm auslösen kann. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von Hilti
wissen, dass es auch andersherum geht. Gestrickte Socken, freiwillige Gehaltsabzüge und kleine Beiträge in die Kaffeekasse können
vieles in Ordnung bringen, denn sie befähigen Menschen in Sri
Lanka dazu, Ausserordentliches zu leisten.
2005 – im Jahr nach dem Tsunami – engagierte sich die Hilti Gruppe
mit einem namhaften Betrag für die Opfer des Seebebens in Sri Lanka.
Den Mitarbeitern war das nicht genug. Sie wollten über das Engagement ihres Arbeitgebers hinaus auch persönlich helfen und fanden ein
geeignetes Projekt.
Seit zehn Jahren halten die Hilti Mitarbeitenden «ihrem» Projekt nun
schon die Treue. Mit viel persönlichem Einsatz und einer unermüdlichen Hilfsbereitschaft haben sie dafür gesorgt, dass mehr als tausend
Jugendliche die Chance bekommen haben, einen Beruf zu erlernen,
der ihr Leben für immer verändert hat. Das SOS Vocational Training
Center in Monaragala ist eine verblüffende Erfolgsgeschichte und der
beste Beweis dafür, dass Gutherzigkeit eine echte Alternative ist.
64
65
Gesellschaftliche Entwicklung
2015
Handwerk
fürs
Leben
Manchmal macht das Schicksal
einen Umweg. So war das 2005,
als die Hilti Mitarbeitenden etwas für die Opfer des Tsunami tun
wollten. Weil es plötzlich ganz
viel internationales Hilfsgeld und
wenig vernünftige Projekte an
den Küsten von Sri Lanka gab,
entschied sich Hilti für die Finanzierung einer Berufsschule im
Dschungel. 10 Jahre später haben
über 1000 Menschen ein Diplom,
das ihr Leben verändert hat.
66
67
Acht Stunden mit dem Bus und genauso lange mit dem Tuc-Tuc. Wer nicht das
Glück hat, mit dem Auto unterwegs zu sein, muss auf die Autobahn verzichten und
den Weg durch das Gebirge nehmen, um von Colombo nach Monaragala zu kommen. Immerhin, seit drei Jahren ist die Strasse asphaltiert und zweispurig. Geblieben
sind Hunderte von Kurven und Steilhänge, schraffiert von den weisslichen Stämmen
der Kautschukbäume. Es gibt Zimtbäume und Pfeffer, der im Schatten von Wirtsbäumen in die Höhe wächst. In den Berglagen öffnet sich der Dschungel, die Hänge
sind bedeckt von Teesträuchern. Dort arbeiten Frauen im Akkord, gebeugt unter
der schweren Last der gepflückten Teeblätter. In Tieflagen wird Reis angebaut, auch
dies eine anstrengende Arbeit. Wochenlang verbringen die Reisbauern in der
Hocke. Jede einzelne Reispflanze wird von Hand in den lehmigen Sumpf gedrückt,
tausendfach bis zum Horizont.
Der Krieg untergrub das
Vertrauen zueinander und
ruinierte die Schulbildung
einer ganzen Generation.
Für den Westen mag Sri Lanka ein Ferienparadies sein. Für die Einheimischen im
Landesinneren jedoch, 180 Kilometer östlich der Hauptstadt, ist der Alltag vor
allem eins: eine eintönige Plackerei ohne Ende. Zur Armut gesellen sich die Folgen
des Bürgerkrieges, der erst 2009 zu Ende gegangen ist. Der Krieg hinterliess Tote,
Waisen, Verstümmelte, Traumatisierte. Er untergrub das Vertrauen der Menschen
zueinander und ruinierte die Schulbildung einer ganzen Generation. Wie soll
man lesen und schreiben lernen, wenn Panik und ständige Fluchtbereitschaft an
der Tagesordnung sind?
Rund 70 % der Trainees
im SOS Vocational Training
Center Monaragala sind
Externe. Sie kommen mit dem
Bus auf den Campus und
haben bei Arbeitsbeginn bereits eine lange Fahrt
hinter sich.
68
Die meisten Eltern der
Trainees in Monaragala
arbeiten als Tagelöhner in
der Landwirtschaft oder
betreiben Chena-Kulturen an
schwer zugänglichen Orten
im Dschungel. Bargeld ist
immer knapp, in vielen
Familien sind Alkoholismus
und Gewalt ein Thema.
CHENA-KULTUR
DIE LANDWIRTSCHAFT
DER ARMEN
Monaragala hat 45 000 Einwohner,
der Ort an sich besteht aber nur
aus einer Strassensiedlung mit einigen Betongebäuden und Privathäusern. Die meisten Menschen leben
tief im Dschungel, an unzugänglichen Orten. Sie betreiben sogenannte
Chena-Kulturen, eine uralte Form
der Landwirtschaft.
Mit Brandrodungen wird der Urwald
gelichtet. Danach wird der humusreiche Boden mit Getreide, Süsskartoffeln und Gemüse bepflanzt. Im
ersten Jahr kann mit einer reichen
Ernte gerechnet werden, doch bereits
im zweiten Jahr nimmt der Ertrag
ab. Im dritten Jahr ziehen die Wanderbauern weiter. Manche von ihnen
haben zwar einen festen Wohnsitz,
leben aber zur Erntezeit in Baumhütten und bewachen von dort aus
ihre Felder. Insbesondere Elefanten zerstören die Felder und räubern
die Beete.
Das Land gehört dem Staat, der die
Chena-Kultur toleriert, solange sie im
kleinen Rahmen betrieben wird.
Zum Ehrenkodex der Chena-Bauern
gehört, dass den Ertrag der Pflanzen und Bäume nur ernten darf, wer
sie gepflanzt hat. Zu den Armutsrisiken der Chena-Bauern zählt der
Klimawandel. Das unberechenbare Wetter führt zu Ernteausfällen
und damit zu einem kompletten
Verdienstausfall.
69
Die Kombination von Armut und Bürgerkrieg führte im Jahr 2000
dazu, dass SOS Children’s Village in Monaragala ein Kinderdorf eröffnete. Der Bedarf nach einem liebevollen Zuhause für Waisen und
Kinder, deren Eltern nicht mehr alleine zurechtkamen, war immens.
Vier Jahre später schnellte der Bedarf noch einmal in die Höhe, denn
das Seebeben, das in Sri Lanka fast 40 000 Todesopfer forderte, hinterliess unzählige Waisen und Halbwaisen. «Wir haben uns natürlich
gefragt, was aus den Kindern Sri Lankas werden soll, wenn sie Jugendliche sind », erzählt Divakar Ratnadurai, stellvertretender Direktor
Die Menschen hier haben
weder das Geld, ihre Kinder
an einen anderen Ort zu
schicken, noch ihnen eine
höhere Ausbildung zu
finanzieren.
von SOS Children’s Village Sri Lanka. «Auch im Zusammenhang mit
der Umsetzung der Kinderrechtskonvention sind wir auf das Problem gestossen, dass es in Monaragala nach der Primarschule keine
weiteren Bildungsangebote gab. In Monaragala sind die Menschen
wirklich arm. Sie haben weder das Geld, ihre Kinder an einen anderen
Ort zu schicken, noch ihnen eine höhere Ausbildung zu finanzieren.»
Als eine Mitarbeitende der Hilti Gruppe 2005 erstmals nach Monaragala reiste, um sich mit dem Projekt einer Berufsschule zu befassen, waren nur gerade die Fundamente zu sehen. Für die Fortsetzung
Sie haben es geschafft!
Erfolgreiche Alumni besuchen hin und wieder das
SOS Vocational Training
Center, um von sich zu
erzählen und die angehenden Berufsleute zu ermutigen. Auch Praktikumsplätze kommen dank
Ehemaliger gelegentlich
zustande.
des Projektes fehlte schlicht das Geld. Wer hätte gedacht, dass auf dieser
traurigen Baustelle zehn Jahre später eine Institution betrieben würde,
die landesweit Standards setzt und nicht privilegierten Jugendlichen eine
so ausgezeichnete Berufsbildung bietet, dass Arbeitgeber in ganz Sri
Lanka anerkennend nicken, wenn sie das Diplom aus Monaragala in den
Bewerbungsunterlagen entdecken? «Immer öfter kommen vermögende
Eltern vorbei, die ihre Kinder bei uns in die Ausbildung schicken möchten.», erzählt der Schulleiter Rohan da Silva. «Das ist aber nicht möglich.
Wir nehmen ausschliesslich Jugendliche aus Familien auf, die einen
staatlichen Bedürftigkeitsausweis haben.»
Sprungbrett für erstaunliche
Karrieren
PARTNER VON HILTI
SOS
KINDERDORF
70
SOS -Kinderdorf ist eine weltweit
tätige Organisation, die es Kindern
ermöglicht, in einer liebevollen,
stabilen Familie aufzuwachsen. Die
Kinder, die in einem Kinderdorf
leben, sind entweder Waisen, Halbwaisen oder Kinder aus Familien,
denen das Sorgerecht entzogen wurde
(Alkoholismus, Gewalt, Missbrauch,
Verwahrlosung etc.).
Es wird Wert gelegt auf eine kindgerechte, schöne Umgebung und Architektur. Die Kinderdörfer betreiben
überdies öffentliche Kindergärten,
Krippen, Schulen sowie Berufsschulen
für Jugendliche. SOS Kinderdorf ist
auch in der Prävention tätig, so unter-
hält die Institution beispielsweise Programme zur Stärkung von Familien.
Die Idee geht zurück auf den Österreicher Hermann Gmeiner, der 1949
nach dem Vorbild des Pestalozzidorfes
in Trogen (Schweiz) ein erstes Kinderdorf in Imst (Tirol) eröffnete, um
Kriegswaisen aufzunehmen.
SOS Children’s Village Sri Lanka betreibt auf der ganzen Insel sechs
Kinderdörfer und drei SOS Vocational
Training Centers ( VTC), darunter
jenes von Monaragala. Das VTC
Monaragala ist landesweit die einzige
Berufsschule mit «Quality Management System»-Zertifikat, ein Qualitätssiegel, das ISO 9001-2008 entspricht.
Für einmal haben die Armen ein Privileg und sie nutzen es. In den vergangenen zehn Jahren hat das SOS Vocational Training Center Monaragala über tausend Jugendlichen einen Beruf verschafft, der ihnen und
ihren Familien ein würdiges Leben ermöglicht.
Nicht selten wurde der idyllisch gelegene Campus mit Internat
zum Sprungbrett für erstaunliche Karrieren. Nicht wenige Ehemalige
haben sich selbstständig gemacht und das, obwohl es zu Beginn allen
an Startkapital und damit am nötigen Equipment fehlte. So erzählt der
Automechaniker R.M. Tneekshana Dilshan, wie er es angestellt hat,
sein eigener Chef zu werden: «Ich arbeitete zuerst als Autoverkäufer, war
aber mit dem Gehalt nicht zufrieden. Als ich ein kaputtes Motorrad
entdeckte, sagte ich mir: ‹Du kannst Autos reparieren, dann kannst du
auch ein Motorrad reparieren.› Ich kaufte es für wenig Geld, reparierte es und verkaufte es zum doppelten Preis. Unter dem Strich verdiente
ich 20 000 Rupien (ca. 140 USD). Damit konnte ich mir die ersten Werkzeuge kaufen.»
71
Es ist ein wunderbarer
Moment, wenn die Kunden ihre Kuchen abholen
und dann so begeistert
sind. Bei der ersten Bestellung gebe ich immer
noch etwas extra dazu.
Bei der zweiten Bestellung
fragen die Kunden nicht
einmal mehr nach dem
Preis. Sie wissen, dass sie
mir vertrauen können.
J.M. Sajani Senali
J.M. Sajani Senali schloss ihre Ausbildung als Bäckerin
2011 ab. Sie machte sich selbstständig und versorgt
heute die Gegend um Wadduwa mit Verlobungs-,
Hochzeits- und Babykuchen. Ihr Plan ist es, in zwei
bis drei Jahren einen eigenen Shop direkt an der
Strasse zu eröffnen und ihrerseits einen Trainee aus
Monaragala einzustellen.
72
73
Andere schafften den Sprung in «white collar»-Berufe, indem sie in
ihrem Beruf arbeiteten, sparten und sich weiterbildeten. Und einige
geben inzwischen ihr Wissen selber weiter, wie zum Beispiel Danushka
Nikalas. Der blutjunge Patisserie-Chef in einem internationalen Catering-Unternehmen verfolgt dabei klare Grundsätze, wenn er Mitarbeiter
anlernt: «Wenn meine Leute einen Fehler machen, frage ich sie immer:
‹Willst du es wirklich lernen?› Wenn sie es wirklich lernen wollen,
strenge ich mich an und gebe alles für sie. Sonst nicht.»
Aus sich herausgehen
Der Erfolg des SOS Vocational Training Center hat nicht nur mit der
Qualität des Unterrichtes zu tun, sondern auch damit, dass die Schulleitung grossen Wert legt auf die Persönlichkeitsentwicklung. Die Ausbildung ist kurz, und ein Osterspaziergang ist sie nicht. Um an eines der
begehrten Diplome für Bäcker, Automechaniker, Schweisser, Schreiner, Elektriker und Computeranwenderinnen zu kommen, wird den
Jugendlichen viel abverlangt: Engagement, Disziplin und Arbeit an der
eigenen Persönlichkeit. «Die meisten Jugendlichen kommen aus verwahrlosten Haushalten. Wir bringen ihnen bei, wie man den Arbeitsplatz und die private Umgebung sauber und ordentlich hält. Wichtig
ist uns auch, dass sich die Jugendlichen für die Gemeinschaft einsetzen
und Verantwortung für andere übernehmen. Aus diesem Grund war
der Bau der Veranstaltungshalle, welche auch die Hilti Mitarbeitenden
finanziert haben, so wichtig. Dort tagt jetzt jede Woche einmal der
Schülerrat, wo die Jugendlichen lernen, ihre Anliegen zu formulieren
und konstruktiv zu vertreten. Auch die Theatergruppe hilft, dass
sie lernen, aus sich herauszugehen», erklärt Rohan da Silva.
Zähne putzen, Geschirr spülen,
Kleider waschen: Die Trainees
werden dazu angehalten, sich
und ihre Umgebung sauber
und ordentlich zu halten. Von
guten Arbeitgebern wird diese
Sorgfalt sehr geschätzt.
Berufskleidung ist teuer:
Auf die Bitte der Schulleitung
stellt Hilti Overalls für
die Arbeit in den Werkstätten
kostenlos zur Verfügung.
Jeder Trainee wäscht seine
Sachen selber.
Fortsetzung auf Seite 84
EIN TAG AUF
DEM CAMPUS
8.30 Uhr
5 Uhr
10.30 Uhr
Aufstehen und Tee
6 Uhr
Buddhistische Morgenandacht,
danach praktische Ausbildung
in den Werkräumen
Teepause, danach praktische
Ausbildung in den Werkräumen
Allgemeine Reinigungsarbeiten auf dem Gelände
12 –13 Uhr
7.30 Uhr
bis 14.30 Uhr
8 Uhr
14.30 Uhr
Zimmer aufräumen, duschen
Frühstück
74
Gestaffeltes Mittagessen, 20 Minuten
Werkraum oder Englisch
Teepause
14.45 –16.30 Uhr
Arbeit im Werkraum
Zu den Arbeiten im Werkraum
gehört auch der Gruppenunterricht in Theorie.
16.45 –18.30 Uhr
Allgemeine Reinigungsarbeiten
oder Freizeit
18.45 – 20 Uhr
Studium, Arbeitstagebuch, Lektüre
20 Uhr
Abendessen und Fernsehen
21.30 – 24 Uhr
Bei Bedarf Nachhilfestunden für
die Lernschwachen bzw. Analphabeten
75
76
77
Ich habe die Regierung
gebeten, uns keine Briefe
mehr zu schreiben. Wir
wollen keine höhere Ausbildung anbieten. Das
Vocational Training Center richtet sich ganz
bewusst an Jugendliche
aus den ärmsten
Familien.
Divakar Ratnadurai
Der Programmdirektor und Vizedirektor von SOS
Children’s Village Sri Lanka leitete während zwei
Jahrzehnten ein Kinderdorf in Nuwara Eliya. Er war
massgeblich am Konzept und am Auf bau des SOS
Vocational Training Centers Monaragala beteiligt.
78
79
Was uns am meisten
behindert, das sind die
Eltern der Jugendlichen.
Sie verstehen oft nicht,
wie wichtig es ist, dass ihr
Kind eine Ausbildung
bekommt. Ohne die Unterstützung der Eltern
ist es für die Jugendlichen
sehr schwer, ihre Ausbildung durchzuhalten.
Rohan da Silva
Rohan da Silva wollte ursprünglich Priester werden.
Als sein Vater überraschend starb, musste er das
Priesterseminar abbrechen und als einziger Sohn die
Familie versorgen. Der innovative, qualitätsbewusste Schulleiter hat das VTC Monaragala zu einer
Institution gemacht, die landesweit Respekt geniesst.
80
81
Vocational
Trainig Center
in Monaragala
Dauer der Ausbildung
28 000 Rupien
196 USD
12 Monate
plus 6 Monate Praktikum
Schweisser
Automechaniker
Schreiner
Elektriker
ausgebildete
Berufsleute
bis 2015
Monatslohn
für Berufsanfänger
Studieninhalte
Ausbildungsspezifische
Theorie & Praxis
Mathematik & Englisch
Sozialkompetenz
Karriereplanung
6 Monate
plus 6 Monate Praktikum
Bäcker/innen
Computeranwender/innen
60 000 Rupien
420 USD
3-Zimmer-Wohnung in Colombo
20 000 Rupien
140 USD
1kg Reis
75–150 Rupien
0.5–1 USD
93
Studentinnen und Studenten
büffeln aktuell für das
begehrte Zertifikat:
1068
für erfahrenen Handwerker
DIPLOME
NATIONAL VOCATIONAL
QUALIFICATION
Anerkannt in Sri Lanka und im Ausland
In Colombo braucht ein
erfahrener Handwerker 1/3
seines Monatseinkommens
für die Miete,
82
ein Berufsanfänger hingegen
beinahe 2/3 des Einkommens. Auf dem Land ist das
Leben deutlich günstiger.
83
Fortsetzung von Seite 74
Jugendliche unter Druck
Am meisten Interesse bei den
Jugendlichen findet der
Automechaniker-Lehrgang.
Die Zuteilung auf die Kurse
findet nach eingehender
Prüfung statt, zu der
Eignungstests und persönliche Gespräche gehören.
Das VTC Monaragala lässt
auch Analphabeten zu.
Mit der ihm ganz eigenen Sensibilität hat da Silva auch jenen Mann zum
Lehrlingsbetreuer gemacht, dem die jungen Menschen auf dem Campus
am meisten vertrauen. K. Dinesh Kumara ist ein Hüne mit Humor und
Herz, überdies ein Mann mit vielen Talenten. Der Computerspe­zialist hat
Psychologie studiert, verfügt über eine Hypnoseausbildung und hat als
Ehemann einer Bankfachfrau einen guten Draht zum Thema Finanzen.
«Für die Jugendlichen ist es hier nicht immer einfach», erzählt er. «Wenn
sie am Wochenende nach Hause fahren und sehen, wie die Eltern sich
ohne ihre Hilfe auf den Feldern doppelt abrackern, leiden sie sehr. Manche Eltern machen ihnen auch viele Vorwürfe, weil sie aus ihrer Optik
nichts leisten. Die Jugendlichen haben oft Kummer, übrigens auch Heimweh, dann vertrauen sie sich mir an.» Kumara ermutigt die Jugendlichen, die Ausbildung trotzdem nicht abzubrechen. Er gibt ihnen
Tipps, versorgt sie mit Ratgeberbüchern, berät sie finanziell und stärkt
ihnen den Rücken, wenn sie zum Bewerbungsgespräch gehen. «Die
Jugendlichen kommen vom unteren Ende der sozialen Leiter. Sie sind
es gewohnt, dass man auf sie herabsieht. Sie sind Landeier, furchtbar
schüchtern Fremden gegenüber. Ich übe dann mit ihnen, wie man den
Kopf halten sollte, wie man Augenkontakt hält und höflich, aber
selbstbewusst auftritt», erzählt Kumara, der auch die Datenbank der
Ehemaligen unterhält. Selbst nach der Ausbildung hält die Schule
Kontakt und setzt sich für ihre Alumni ein, zum Beispiel wenn Arbeitgeber die Unerfahrenheit der Absolventen ausnützen.
Der Burger im Hintergrund
hat seine Berechtigung:
Das nationale Curriculum
für Bäcker ist abgestimmt
auf den realen Bedarf in der
Wirtschaft, in diesem Fall
auf die Anforderungen in der
Tourismus-Industrie.
Selbstbewusstsein entwickeln
Dass sie sich wehren müssen, ist eine Erfahrung, welche die angehenden
Berufsleute oft schon während der Ausbildung machen. Das Schulkonzept sieht vor, dass zwischen Ausbildung und Abschlussprüfung ein
Praktikum absolviert wird. Wenn es zu Abbrüchen in der Ausbildung
kommt, dann geschieht es fast immer in dieser «heissen» Phase. Die
Gründe dafür sind vielfältig. Gewisse Arbeitgeber nutzen die Lehrlinge
aus, indem sie ihnen eine unwürdige Unterkunft bieten, sie schlecht
bezahlen und behandeln, sie bis zu 18 Stunden täglich arbeiten lassen
oder sie ganz einfach mit berufsfremden Dingen beauftragen. Nur wenn
die Jugendlichen darüber sprechen, kann die Schule auch etwas unternehmen. Fehlbare Unternehmen kommen auf eine schwarze Liste, aber
oft schweigen die Jugendlichen aus Scham oder aus Angst, keinen anderen Praktikumsplatz zu finden. Ebenso problematisch ist es, wenn die
Lehrlinge dem Sirenengesang des Bargelds erliegen und sich von den
Unternehmen abwerben lassen. Viele Jugendliche verstehen nicht,
dass sie sich ohne Diplom vom aktuellen Arbeitgeber abhängig machen
und sich als billige Arbeitskraft die weitere Zukunft verbauen.
85
In anderen Institutionen
müssen sich die Teilnehmer
des Computer-Lehrgangs
einen einzigen Computer teilen. Nicht so in
Monaragala: Hier steht
pro Teilnehmerin ein
Computer zur Verfügung,
sodass ausreichend
geübt werden kann.
Der Schweisserlehrgang
hat die Vorprüfungen
bereits hinter sich.
Schweisser haben in Sri
Lanka ausgezeichnete
Berufsaussichten, denn die
Baubranche boomt und
Fachleute fehlen überall.
HILTI
MITARBEITENDE
ENGAGIERT
FÜR EINE
BESSERE
ZUKUNFT
86
Hier steckt das Vocational Training Center in einem Dilemma, denn
das Konzept der dualen Berufsbildung ist in Sri Lanka verhältnismässig
neu. Es braucht immer noch viel Überzeugungsarbeit seitens der Schule
bei den Unternehmen, um überhaupt Praktikumsplätze zu finden.
Handwerker in Sri Lanka werden zwar händeringend gesucht, aber nicht
alle Unternehmen sind bereit, jungen Menschen etwas beizubringen
und so das Ausbildungswesen des Landes insgesamt voranzubringen.
Die Regierung ist bereits aktiv und unternimmt grosse Anstrengungen,
um den Bedarf an qualifizierten Handwerkern sicherzustellen. Mit der
Regierung arbeitet das Vorzeigeprojekt SOS Vocational Training Center
Monaragala denn auch eng zusammen. «Wir hoffen, dass es irgendwann zu einem Gesetz kommt, das Arbeitgebern die Abwerbung von
Praktikanten während der Ausbildungszeit verbietet», hofft Divakar
Ratnadurai, der von sich selber sagt, er sei von Natur aus optimistisch.
Wenn man die zehnjährige Erfolgsgeschichte des SOS Vocational
Training Centers in Monaragala betrachtet, darf man zuversichtlich
sein, dass auch dieses Problem eines Tages gelöst sein wird.
Die Hilti Mitarbeitenden weltweit
unterstützen mit viel Engagement
und Kreativität nachhaltige Projekte,
und zwar mit
❙
❙
❙
❙
rträgen aus Weihnachtsaktionen
E
(Verkauf von Weihnachtskarten,
Handarbeiten und Gebäck)
Spenden aus der Kaffeekasse
Benefizkonzerten
Honorarverzicht bei Vorträgen
f reiwilligen automatisierten
Gehaltsabzügen
etc.
❙
Wenn man die zehnjährige
Erfolgsgeschichte des
SOS Vocational Training
Centers in Monaragala
betrachtet, darf man zuversichtlich sein.
Interessierte Hilti Mitarbeitende
wenden sich an die Geschäftsleitung
ihrer Hilti Organisation oder an die
verantwortliche Person für Corporate
Social Responsibility.
87
Finanzbericht
2015
Zahlen &
Fakten
Strategie & Zielsetzung
Die Hilti Foundation wurde 1996 als gemeinnützige Stiftung des Martin Hilti Family Trusts ins
Leben gerufen. Seit 2007 ist die Hilti Foundation eine
gemein­same Einrichtung des Martin Hilti Family
Trusts und der Hilti Gruppe.
Die Hilti Foundation unterstützt weltweit Projekte und Institutionen, die einen nachhaltigen
Beitrag zur gesellschaftlichen Entwicklung leisten.
Um die Lebensqualität von möglichst vielen Menschen langfristig zu verbessern und effektive Hilfe zu
bieten, setzt die Hilti Foundation auf eine Strategie
mit klar definierten Schwerpunktbereichen und einen
gemeinsamen Ansatz mit der Hilti Gruppe.
Die Hilti Foundation zielt mit ihren Aktivitäten
auf Nachhaltigkeit und stärkt Grundqualitäten einer
modernen Gesellschaft. Über ihre Projekte will sie
benachteiligten Menschen ermöglichen, ihr Leben aus
eigener Kraft zu verbessern (Hilfe zur Selbsthilfe).
Dabei legt die Hilti Foundation Wert auf betriebswirtschaftlich tragfähige Initiativen, die messbar und
multiplizierbar sind, um eine nachhaltige Entwicklung zu gewährleisten.
Weitere Informationen finden Sie auf:
www.hiltifoundation.org
88
Sechs Grundsätze
für erfolgreiche
Projekte
1
Fokussiertes Engagement:
Sechs Schwerpunktbereiche
Kultur, Wissenschaft und Bildung;
Bezahlbarer Wohnraum;
Katastrophenhilfe;
Berufliche Aus- und Weiterbildung;
Soziales Unternehmertum;
Gesellschaftliche Entwicklung.
2
Ziele gemeinsam angehen:
Dialog und Teamarbeit
Die Umsetzung der Projekte erfolgt
durch eine offene und konstruk­tive Zusammenarbeit zwischen der
Hilti Foundation, den lokalen
Organisationen der Hilti Gruppe
und den Partnerinstitutionen.
3
Sich sinnvoll vernetzen:
Ausgewählte Partnerschaften
Um die Bedürfnisse der ärmsten
Bevölkerungsschichten zu verstehen
und geeignete Lösungen zu entwickeln, arbeitet die Hilti Foundation
mit ausgewählten Organisationen
und Netzwerken zusammen. Voraussetzung für die Zusammenarbeit
ist die Übereinstimmung der Zielsetzungen sowie der Wirkungsgrad
der jeweiligen Organisation.
4
In die Zukunft denken:
Ganzheitliche und langfristige
Lösungen
5
Nicht nur Geld:
Finanzielles, intellektuelles
und soziales Engagement
Die Hilti Foundation unterstützt
innovative und replizierbare Ideen,
die langfristig zur Lösung gesellschaftlicher Probleme beitragen und
damit die Lebensqualität von möglichst vielen Menschen verbessern.
Die Hilti Foundation unterstützt die
Partnerorganisationen nicht nur
in Form von finanziellen Zuwendungen, sondern stellt auch unternehmerisches und produktionsrelevantes
Know-how zur Verfügung und
vermittelt Sozialwissen, beispielsweise durch den Zugang zu wichtigen
Netzwerken und Institutionen.
6
Nutzen nachweisen:
Wirkungsmessung
Zusammen mit ihren Partnern
will die Hilti Foundation Standards
entwickeln, die eine langfristige,
transparente und vergleichbare Wirkungsmessung erlauben.
89
Organisation
Finanzen
Die Hilti Foundation wird getragen vom
Martin Hilti Family und der Hilti Gruppe.
Die gemeinnützige Stiftung engagiert sich in
sechs defi nierten Bereichen. Es wird darauf
geachtet, dass die Unterstützung substanziell,
nachhaltig und im Hinblick auf eine selbsttragende Zukunft erfolgt.
in Mio. CHF
Intensiviert wurde das Engagement im
Bereich Kultur, Wissenschaft und Bildung. Dort
engagierte sich die Hilti Foundation mit insgesamt 5,7 Millionen Schweizer Franken (Vorjahr:
4,9 Millionen Schweizer Franken). Neben den
wissenschaftlichen Projekten von Franck Goddio
wurde der Fokus auf den sozialen Wandel
durch Musikunterricht gelegt.
2010
Ebenfalls deutlich gesteigert wurden die Ausgaben im Bereich bezahlbarer Wohnraum, nämlich um 800 000 Schweizer Franken auf 4,5 Millionen Schweizer Franken (Vorjahr: 3,7 Millionen
Schweizer Franken).
11,3
2014
2013
Präsident des Stiftungsrats
10,0
Egbert Appel
Trustee des Martin Hilti Family Trusts
2012
8
2011
8,5
Mitglieder des Stiftungsrats
6,8
2009
Michael Hilti
Mitglied des Verwaltungsrats der
Hilti Aktiengesellschaft und Trustee des
Martin Hilti Family Trusts
10,4
2008
7,8
2007
8
0
2
4
6
8
10
12
Unterstützungsleistungen 2015
Soziales
Unternehmertum
6 % | 0,8 Mio. CHF
Bezahlbarer
Wohnraum
34 % | 4,6 Mio. CHF
14
Dr. Michael Jacobi
Mitglied des Verwaltungsrats der
Hilti Aktiengesellschaft und Trustee des
Martin Hilti Family Trusts
Dr. Christoph Loos
Vorsitzender der Konzernleitung der
Hilti Aktiengesellschaft
Total 13,5 Mio. CHF
Kultur, Wissenschaft
und Bildung
43 % | 5,7 Mio. CHF
Jörg Kampmeyer
Mitglied der Konzernleitung der
Hilti Aktiengesellschaft
Geschäftsstelle
Um je 100 000 Schweizer Franken wuchsen
die Bereiche gesellschaftliche Entwicklung sowie
soziales Unternehmertum.
Dr. Christine Rhomberg, Bruno Walt
Geschäftsführung
Michèle Hilti
Kommunikation
Für das kommende Jahr wird erneut mit
einer leichten Steigerung des Vergabevolumens
gerechnet.
Beatrix Bättig Staud
Administration und Projekte
Gesellschaftliche
Entwicklung
3 % | 0,4 Mio. CHF
Katastrophenhilfe
2 % | 0,3 Mio. CHF
90
Der Stiftungsrat der Hilti Foundation setzt sich
aus Vertretern des Martin Hilti Family Trusts und
der Hilti Aktiengesellschaft zusammen.
13,5
2015
2015 erhöhte sich das Vergabevolumen dank
Zuflüssen aus der Hilti Gruppe deutlich um
2,5 Millionen Schweizer Franken auf insgesamt
13,5 Millionen Schweizer Franken (Vorjahr:
11 Millionen Schweizer Franken).
Mehr als verdoppelt wurden die Zuwendungen im Bereich berufl iche Aus- und Weiterbildung.
Sie wurden mit 1,7 Millionen Schweizer Franken
verbucht (Vorjahr 800 000 Schweizer Franken).
In diesen Bereich fallen Projekte in Sambia und
Peru.
Stiftungsrat
Zuwendungen 2007 bis 2015
Berufl iche
Aus- und Weiterbildung
12 % | 1,7 Mio. CHF
Corinna Salzer, Regula Schegg, Elisa Sologni
Projekte
91
Projekte der
Hilti Foundation
Kultur, Wissenschaft und Bildung
 Unterwasser-
archäologische
Forschungen von
Franck Goddio in
Ägypten. Aufarbeitung
und Publikation in
Zusammenarbeit
mit der Universität
Oxford
 Ausstellungen:
«Osiris. Egypt’s
Sunken Mysteries»
(Projekt siehe Seiten 30 bis 39)
 Changing lives
through music: El
Sistema Venezuela und
weitere Musikinitiativen in Südamerika,
Südafrika und Europa
(Projekt siehe Seiten 8 bis 29)
 Kooperationen
mit international
renommierten Festivals
im Bereich Jugend92
arbeit: Int. Stiftung
Mozarteum Salzburg,
Bregenzer Festspiele
und Lucerne Festival
Bezahlbarer Wohnraum
 Bauen mit Bambus
in Asien: Base Bahay,
Philippinen
 Genossenschaft­
licher Wohnungsbau im
ländlichen Sambia:
SolidarMed, Schweiz
(Projekt siehe Seiten 42 bis 63)
 Weltweite Ver­­gabe
von Kleinkrediten für
Wohnraumverbesse­
rungen: Habitat
for H
­ umanity International, USA
Katastrophenhilfe
 Medizinische
Betreuung in Krisenund Katastrophengebieten
 Syrien: Médecins
Sans Frontières,
Schweiz
Berufliche Aus- und Weiterbildung
 Berufsschule für
 Zementblock-­
Herstellung in Haiti:
Baufachleute in der
Build Change Inc.,
Republik Moldau: Liech- USA
tensteinischer EntStipendien für

wicklungsdienst, FürsSozialunternehmer:
tentum Liechtenstein
Ashoka Arab World,
 Bauarbeiterschulung Ägypten
in Kolumbien: Swisscontact, Schweiz
Gesellschaftliche Entwicklung
Krankenschwes­
t
ern­

 Medizinische
ausbildung im länd­
Betreuung mit mobilen
lichen Sambia:
Kliniken im Gebiet
SolidarMed, Schweiz
der Palästinensischen
(Projekt siehe Seiten 42 bis 63)
Autonomiebehörde:
 Weltweite ExperPhysicians for Human
­teneinsätze für lokale
Rights, Israel
Gewerbebetriebe:
Swisscontact – Senior
 Projekte von Hilti
Mitarbeitenden und
Expert Corps, Schweiz
Hilti Organisationen
weltweit: Hilti Gruppe
Soziales Unternehmertum
und Partner (Bauern
 Solarenergie-­
helfen Bauern, ÖsterInstallationen im
reich; Bookbridge,
­ländlichen Indien:
Schweiz; SOS KinderSimpa Networks ­
dorf, Sri Lanka etc.)
Inc., USA
(Projekt siehe Seiten 66 bis 87)
93
Impressum
Konzept Denken und schreiben, Nicole Müller, Zürich
Visuelles Konzept nordföhn. Visuelle Gestaltung.
Angela Reinhard, Zürich
Texte Denken und schreiben, Nicole Müller
Text «Venezuela meets Europe» und
«Lektion in Sachen Zivilisation» Christine Rhomberg,
Geschäftsleitung Hilti Foundation
Redaktion Denken und schreiben, Nicole Müller
Gestaltung nordföhn. Visuelle Gestaltung. Angela Reinhard
Übersetzung deutsch-englisch Dr. Elizabeth
Wollner-Grandville, Luzern; Lynda Matschke, Hamburg
(Seiten 7–29)
Korrektorat deutsch Dominik Süess, Zürich
Korrektorat englisch Julia Hickey, USA
Leitung Kommunikation Hilti Foundation Michèle Hilti
Fotografie
Vignetten Portraits:
Uli Reitz
Venezuela meets Europe:
Marco Caselli Nirmal
Diego Ravetti (Seiten 28/29)
Lektion in Sachen Zivilisation:
Christoph Gerigk
Diplom für eine bessere Zukunft:
Klaus Thieme
Handwerk fürs Leben:
Martin Walser
Nicole Müller (Seite 69)
Litho Thomas Humm dtp, Matzingen
Druck und Ausrüstung Kösel GmbH & Co. KG, Altusried
© 2016 Hilti Foundation, FL - S chaan
Alle Rechte vorbehalten
Herausgeberin
Hilti Foundation
Feldkircherstrasse 100
Postfach 550
9494 Schaan
Liechtenstein
T +423 234 4313
[email protected]
www.hiltifoundation.org
94
95
97