20160317 Tages Anzeiger Rifferswil

Auf einen Schlag ein Fünftel mehr Steuern - News Zürich: Region - tagesanzeiger.ch
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Auf einen Schlag ein Fünftel mehr Steuern
Die Stimmbürger von Rifferswil haben gestern Abend im zweiten Anlauf einer Steuererhöhung um
22 Prozentpunkte zugestimmt. Damit wählten sie das kleinere von zwei Übeln.
Daniel Schneebeli
Redaktor Zürich
@tagesanzeiger
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Steuern
Artikel zum Thema
Wo der Fiskus am stärksten
zulangt
In Rifferswil gibts nun hohe Steuern und bald einen neuen Dorfplatz. Foto: Urs Jaudas
Der Bauboom ist unterdessen auch im äusseren Säuliamt angekommen. Das
Bauerndorf Rifferswil hat seit einigen Monaten mehr als 1000 Einwohner, und der
Gemeinderat rechnet damit, dass bald noch 300 dazukommen werden. Das
Wachstum bringt aber Probleme. Weil vorwiegend Familien mit kleinen Kindern
zuziehen, muss das Schulhaus ausgebaut werden – ein Projekt, das die finanziellen
Möglichkeiten der Gemeinde eigentlich sprengt. Und weil in Rifferswil gleichzeitig
auch die Einnahmen eingebrochen sind, brauchte das Dorf eigentlich fremde Hilfe.
Datenblog Ein Umzug kann die
Steuerrechnung verneunfachen, wie die
neusten Zahlen des Bundes zeigen. Ein
Vergleich ist mit unserer interaktiven Karte
schnell gemacht. Zum Blog
Von Iwan Städler. 08.05.2015
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Doch weil Rifferswil mit 2500 Franken Steuerkraft pro Kopf noch keine richtig arme
Gemeinde ist und mit 112 Prozent einen moderaten Steuerfuss erhebt, hat sie keinen
Anspruch auf substanzielle Zahlungen aus dem Finanzausgleich. Allerdings gibt es
derzeit eine Chance, an den ganz grossen Topf zu kommen: Rifferswil müsste den
Steuerfuss um 22 auf den maximal möglichen Wert von 134 Prozent anheben. Denn
für Gemeinden, die das tun, gibt es noch zwei Jahre lang den «Übergangsausgleich».
Es ist die klassische Defizitdeckung, die es im alten Finanzausgleich für arme
Gemeinden gab. Ein Ausgleich, der aber 2018 abgeschafft und durch ein anderes
Modell ersetzt wird.
Grosses Misstrauen im Volk
Diese Chance wollte der Gemeinderat im Dezember packen. Er beantragte der
Gemeindeversammlung eine Steuererhöhung von 22 Prozent, um 1,1 Millionen
Franken Übergangsausgleich zu bekommen. Er gab dabei das Versprechen ab, den
Steuerfuss in zwei Jahren wieder schrittweise zu senken. Doch das Misstrauen im
Volk war zu gross. 286 von 715 Stimmberechtigten waren gekommen und erteilten
dem Gemeinderat einen Korb. Hochkant lehnten sie das Budget und die
Steuererhöhung ab. Der Ärger über eine massiv höhere Steuerrechnung war grösser
gewesen als die Verlockung des schnellen fremden Geldes.
Das Zürich-Team der Redaktion versorgt Sie
hier mit Nachrichten aus Stadt und Kanton.
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Gestern Abend versuchte es der Gemeinderat an einer ausserordentlichen
Gemeindeversammlung erneut. Weit über 100 Stimmbürgerinnen und Stimmbürger
kamen wiederum in die Turnhalle. Finanzvorsteher Daniel Schneider appellierte an
die Versammlung, das Budget dieses Mal bitte anzunehmen. «Wir können nicht auf
dieses Geld verzichten, wir müssten sonst Land verkaufen, und das ist nicht
sinnvoll.» Der Gemeinderat habe das Budget vom kantonalen Gemeindeamt prüfen
lassen und habe eine positive Rückmeldung erhalten. «Speck haben wir da keinen
mehr drin.» Auch das neue Schulhaus sei keine Luxuslösung, sondern zweckmässig.
http://www.tagesanzeiger.ch/zuerich/region/steuern-auf-einen-schlag-ein-fuenftel-hoe... 17.03.2016
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Dies wurde der Gemeinde schriftlich bestätigt. Schneider betonte, dass Rifferswil
Anrecht auf dieses Geld habe.
Biss in den sauren Apfel
Aus der Versammlung kam gestern wenig Widerstand. «Wir müssen in den sauren
Apfel beissen», sagte ein Stimmbürger. Er ärgerte sich allerdings darüber, dass man
im Dorf als Oppositioneller dargestellt werde, wenn man kritische Fragen stelle. Das
dürfe nicht sein. «Wir sitzen schliesslich alle im gleichen Boot.» Der Mann wies
darauf hin, dass man nun mit Hochdruck über die Zukunft der Gemeinde
nachdenken müsse. Dieser Prozess ist bereits aufgegleist, wie Gemeindepräsident
Marcel Fuchs sagte. Es wurde eine Gruppe «Zukunft Rifferswil» gegründet, in der
fünf Stimmbürger und drei Behördenmitglieder dabei sind. Geleitet wird sie von
einem externen Berater. Als oberstes Ziel hat sich die Gruppe eine mögliche Fusion
mit einer Nachbargemeinde gesetzt.
Gegen die Zwangsverwaltung
Schliesslich stimmte die Versammlung mit allen gegen 11 Stimmen für die
Steuererhöhung von 22 Prozent. Damit hat Rifferswil ein ausgeglichenes Budget und
umgeht eine Zwangsverwaltung durch den Bezirksrat.
Die gleiche Versammlung stimmte mit 77:70 der Aufwertung eines Dorfplatzes für
160 000 Franken zu. Dazu gab es wütende Gegenstimmen. «Jetzt sind wir die
Allerletzten im Umzug im Kanton und bauen uns einen schönen Dorfplatz. Das geht
überhaupt nicht», sagte einer. Eine Stimmbürgerin verlangte, dass man zuerst die
Finanzen in Ordnung bringen müsse, bevor man jetzt auf Kosten des Kantons das
Dorf verschönere. Die Mehrheit glaubt aber das Geld gut investiert. «Ein schöner
Dorfplatz ist eben eine Visitenkarte für eine Gemeinde. Das brauchen wir», sagte ein
weiterer. (Tagesanzeiger.ch/Newsnet)
(Erstellt: 17.03.2016, 09:13 Uhr)
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